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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 7. Dezember 2007 um 9:28 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

(KR/AM)
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind.
Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Mindestlohn
    • Propaganda-Trommelfeuer gegen Mindestlohn – leider auch im WDR
      Eine Leserin schrieb uns: Wie nicht anders zu erwarten war, ist nach der Entscheidung für Post-Mindestlöhnen nun das große Trommelfeuer der neoliberalen Meinungsmache dagegen gestartet worden. Selbst auf dem nicht gerade konservativen WDR sind derzeitig nur solche “Experten” zu hören, die für unreguliertes Lohndumping plädieren.
      Aktuelle Beispiele:
      Quelle 1: WDR
      Quelle 2: WDR
      Quelle 3: WDR

      Es ist deprimierend, dass die neoliberalen Meinungsmacher nach wie diese Geschütze ohne entlarvenden Widerspruch auch in den öffentlich-rechtlichen Sendern auffahren können.
      Ihr gestriger 2. Tageshinweis “Das Zeitalter der Propaganda” wird also aktuell vehement bestätigt. Gott sei Dank gibt es ja noch die Nachdenkseiten!

      Anmerkung: Die völlig unkritischen Fragen der WDR-Redakteure sind wirklich erschütternd.

    • Fast alle wollen Mindestlohn
      Der Mindestlohn für Briefzusteller erntet großen Beifall: Acht von zehn Deutschen (81 Prozent) finden es richtig, dass es diese Regelung gibt. Fast genauso viele (78 Prozent) fordern eine Ausdehnung auf andere Branchen. Das ermittelte Infratest dimap im Auftrag von ARD-Tagesthemen und Frankfurter Rundschau.
      Quelle: FR
  2. Hypothekenkrise
    • Die Legende vom lockeren Geld
      Die meisten Volkswirte sind sich einig darüber, dass die Geldpolitik der US-Notenbank für die Immobilienkrise verantwortlich ist. Ein Blick in die Geschichte lehrt: Diese Erklärung ist falsch. Von Sebastian Dullien.
      Quelle: FTD

      Kommentar: Lesenswert.

    • Bush friert Hypotheken-Zinsen ein
      Die US-Regierung und führende Kreditinstitute haben sich auf einen Notfallplan für ausfallbedrohte Immobilienkredite geeinigt. Medienberichten zufolge sollen demnach die automatisch steigenden Zinssätze der sogenannten Subprime-Kredite für zunächst fünf Jahre eingefroren werden. Damit sollen weitere Notverkäufe, Zwangsversteigerungen und Kreditpleiten in Milliardenhöhe vermieden werden. Der Notfallplan verhindert somit, dass auf die Kreditnehmer, die derzeit noch die niedrigen Einführungsraten zahlen, eine Zinssteigerung von 30 Prozent oder mehr zukommt.
      Quelle: Berliner Zeitung

      Kommentar Orlando Pascheit: Es ist schon seltsam: Die USA, das gelobte Land der freien Marktwirtschaft, setzen die Marktwirtschaft aus, und keiner merkt es. Kein Aufschrei in unseren wirtschaftsliberalen Blättern. Wir beobachten doch einen in der jüngsten Wirtschaftsgeschichte ziemlich einmaligen Vorgang. Da pumpen diverse Notenbanken innerhalb kürzester Zeit in einem Ausmaß Liquidität in die Märkte wie nie zuvor, da bilden die amerikanischen Banken einen Notfallfonds von 85 Mrd. USD, und jetzt verpflichtet das US-Finanzministerium die im Hypothekengeschäft engagierten Banken hohe Zinsausfälle hinzunehmen, um eine Ausweitung der Krise zu verhindern.
      Natürlich ist das sinnvoll, da die durch Zinserhöhungen ausgelösten Kreditpleiten unweigerlich Zwangsversteigerungen nach sich ziehen würden, was sowohl die Schuldner als auch die Gläubiger treffen würde. Der so erzielte Verkaufserlös würde nämlich erheblich unter der Darlehensschuld und den in der Zwischenzeit nicht bezahlten Zinsen liegen. So bluten zwar die Hypothekenbanken und die Investoren in Wertpapiere, die mit Subprime-Krediten besichert sind, aber ein Einbruch an breiter Front, der, wie wir inzwischen wissen, nur vordergründig nur die US-Wirtschaft betrifft, wird zunächst verhindert.

      Wie gesagt, diese Intervention ist sinnvoll, aber es muß auch einmal ausgesprochen werden: Der Markt hat versagt. Und es liegt nicht an den armen ‚Schweinen‘, die mit wenig Sicherheiten (subprime) sich den Traum von eigenen Haus verwirklichen wollten, oder nur beschränkt an denjenigen, die auf ewig steigende Hauspreise gesetzt haben und sich nun verspekuliert haben – sondern vor allem an einem aus den Fugen geratenen Weltfinanzsystem, in dem größenwahnsinnige, profitgeile Akteure, die altbekannten Smithschen Nutzenmaximierer, im Namen des freien Marktes ohne jegliche Kontrolle schalten und walten konnten.
      Die amerikanische wie die globale Konjunktur hängen anscheinend am Erfolg dieser staatlichen Intervention. May God bless us!

  3. Zukunft auf dem Sofa
    In der Stellungnahme der rot-grünen Bundesregierung zum 12. Kinder- und Jugendbericht hieß es: »Das erste Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts soll zum Jahrzehnt der Kinder und ihrer Familien werden. Hier liegt die Zukunft der Gesellschaft.« Das war im Oktober 2005. Neun Monate vorher hatte Rot-Grün Hartz IV eingeführt. Seitdem hat sich die Zahl der Kinder, die auf Sozialhilfeniveau leben, auf 2,5 Millionen verdoppelt. Immer mehr Kinder in Deutschland sind nicht nur arm, sondern auch krank.
    Quelle: Jungle World
  4. Kassen entfachen Streit um Beiträge
    Die Gesundheitsreform ist noch nicht einmal umgesetzt, da ist bereits ein Streit über ihre Folgen für die Beitragssätze der Krankenkassen ausgebrochen. Im Mittelpunkt der Kritik steht der geplante Gesundheitsfonds.
    Quelle: FTD

    Kommentar: Hier wie auch bei Hartz IV und den anderen Hartz-Gesetzen wird sichtbar, wie sehr entgegen anders lautenden Bekenntnissen die so genannten Reformen zu mehr Bürokratie führen können. Da wird viel von Markt geredet, tatsächlich sind viele auch der konservativen Gesetzgeber in der Praxis ziemlich dirigistisch veranlagt.
    So nebenbei fällt in diesem Text noch auf, mit welcher Selbstverständlichkeit inzwischen die eingetrichterten Parolen übernommen werden. Der Verband Forschende Arzneimittelhersteller spricht ganz selbstverständlich von Alterskrise, wenn der Altersdurchschnitt der Gesamtbevölkerung von 42,6 auch 48,8% bis zum Jahr 2030 steigen wird. Im letzten Jahrhundert hatten wir so gesehen ständig Alterskrisen. Die Meinungsmache hinterlässt ihre Spuren.

  5. Schleichwerbung der Bundesregierung – wie geheim gehalten wird, wer von getarnten Werbefeldzügen profitiert
    Nicht nur das Bundesfamilienministerium, sondern auch das Bundeswirtschaftsministerium beauftragten Werbeagenturen, vorproduzierte Beiträge mitsamt Moderationsvorschlägen und O-Tönen über deren Projekte für den Hörfunk zu liefern und im redaktionellen Bereich unterzubringen. Doch auch nach dem Bekanntwerden dieser Praktiken weigert sich die Bundesregierung, über die PR-Agenturen und ihr Auftragsvolumen Auskunft zu geben.
    Quelle: Telepolis

    Kommentar: Es fällt auf, mit welcher Chuzpe staatliche Stellen heikle Daten zurückhalten und für geheim erklären – hier bei Schleichwerbung genauso wie bei vielen Privatisierungsprojekten.

  6. Aust, keine Tragödie
    Der Vertrag des langjährigen Spiegel-Chefredakteurs wird nicht verlängert. Ein Nachfolger wird gesucht. Doch sollte man kühlen Kopf bewahren, zur Freude gibt’s keinen Anlass. Der Spiegel war selbst zu der Zeit, in der ihn sein Begründer Augstein »im Zweifelsfall« auf Seiten der Linken sah, kein linkes Blatt und wurde nicht ohne Grund die »Montagsbild« genannt. In Zeiten, in denen sich der Spiegel freiwillig als einen Konkurrenten von Stern und Focus sieht und man für Spiegel Online auch schon mal Journalisten der Bild abwirbt, ist nicht einmal eine Verbesserung des intellektuellen Niveaus der Artikel denkbar.
    Das, was unter Augstein nicht schlecht war, und das war nicht viel, hat Aust, der eher als Tatmensch denn als Denker gilt, wo es ihm möglich war, entsorgt. Es steht nicht zu hoffen, dass ein Nachfolger gleich welcher Couleur das ändern wird.
    Quelle: Jungle World
  7. Südafrika verzichtet auf Biosprit aus Mais
    Zu viel Kraftstoff, zu wenig Lebensmittel: In Südafrika sorgt sich die Regierung, die Herstellung von Biosprit gehe zu Lasten der Lebensmittelsicherheit. Deshalb reduziert das Land die Produktion von Benzin aus pflanzlichen Rohstoffen – und Mais soll nun gar nicht mehr dazu verwendet werden.
    Quelle: SPIEGEL online
  8. Wie du mir, so ich dir
    Wenn nach dem 10. Dezember keine Verhandlungslösung in Sicht ist, will die Regierung des Kosovo die Unabhängigkeit erklären – im Widerspruch zu einer Resolution des UN-Sicherheitsrats von 1999, die die »territoriale Unversehrtheit« Jugoslawiens garantiert. Eine serbische Reaktion darauf würde nicht lange auf sich warten lassen.
    Quelle: Jungle World
  9. Gewaltstatistik: Berlin – Hauptstadt der Kindesmisshandlungen
    Blaue Flecken, Knochenbrüche, Essensentzug: In Berlin ist die Zahl von gemeldeten Übergriffen gegen Kinder viermal so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Experten machen dafür die Armut verantwortlich – und die Tatsache, dass Misshandlungen immer öfter angezeigt werden.
    Quelle: SPIEGEL online
  10. Big Brother im Betrieb
    Wie Chefs ihre Mitarbeiter am Arbeitsplatz ausspionieren.
    Quelle: WDR
  11. Hinweis auf den „Freitag“
    Morgen erscheint der Freitag 49 u.a. mit folgenden Themen:

    Kommentar AM: Den Optimismus von Peter Hettling, es komme in dieser Legislaturperiode nicht mehr zum Börsengang der Bahn, teile ich nicht. In dieser Absicht stecken so mächtige Interessen derer, die am Privatisierungsvorgang verdienen wollen, dass man versuchen wird, auf welchen Wegen auch immer größere Teile zu verscherbeln. Siehe auch die nächste Meldung.

  12. Zum gleichen Thema aus anderen Quellen:

    Bahn verkauft 50 Bahnhöfe in Hessen
    Die Deutsche Bahn hat 50 Bahnhöfe in Hessen verkauft und damit fast jeden zehnten ihrer insgesamt 470 Bahnhöfe und Haltepunkte im Land. Die Gebäude gingen nach Angaben eines Bahn-Sprechers vom Donnerstag an ein Bieterkonsortium aus dem Londoner Finanzinvestor Patron Capital und dem Hamburger Immobilienentwickler Procom Invest. Der Kaufpreis wurde nicht mitgeteilt. “Die Investoren haben sich verpflichtet, die Gebäude instandzusetzen”, sagte der Bahn-Sprecher. Bundesweit belaufen sich die Investitionen in 490 verkaufte Gebäude nach Angaben der Bahn auf 15 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren. Wie die Immobilien dann
    genutzt würden, sei Sache des neuen Besitzers.
    Quelle: FR

    Bahn plant Zukauf in England
    Die Deutsche Bahn setzt ungeachtet ihrer ungewissen und politisch umstrittenen Teilprivatisierung den Expansionskurs im Ausland fort. Der Konzern will nach FTD-Informationen das britische Eisenbahnunternehmen Chiltern Railways übernehmen.
    Quelle: FTD

    Kommentar AM:

    • So wird weiter verscherbelt. Wir hatten schon über mehrere Fälle berichtet, über den Verkauf der Immobilientochter Aurelis und des Busunternehmens Touring zum Beispiel. So bessert der jetzige Bahnvorstand sein Ergebnis auf und verweist dann darauf, wenn die Vorstandsbezüge erhöht werden sollen. Eben ergebnisbezogen.
    • Mit weltweiten Zukäufen hatte der jetzige Chef der Bahn auch seinen früheren Arbeitgeber, die Heidelberger Druckmaschinen AG, in Probleme gebracht.


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