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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 5. November 2007 um 9:46 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
(KR/WL)
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind.
Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Anmerkung MB und AM:
Anmerkung Jörg Reichert: Kurze Zusammenfassung der “Argumente” und ein paar sarkastische Anmerkungen:
Der Umstand, dass die Bahn weit unter Wert verschleudert wird, wird erst gar nicht erwähnt.
Siehe dazu frontal 21:
Transnet reagiert – mit falschen Behauptungen
Die Behauptungen von Transnet sind falsch. Richtig ist vielmehr, dass wir mit dem Transnet-Vorstandsmitglied und Vorsitzenden der Tarifgemeinschaft Transnet/GDBA Alexander Kirchner ein Interview geführt haben und ihn zu den kritischen Punkten befragt haben. Der Interviewausschnitt ist in den Beitrag eingeschnitten und ausgestrahlt worden, er findet sich auch in der Online-Version des Beitrages. Das ist der Transnet bekannt.
Quelle: ZDF
Siehe auch: Die verscherbelte Bundesdruckerei, von Hermann Zoller
Anmerkung: Vor allem der letzte Absatz ist interessant: „Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid zufolge glauben 80 Prozent der Befragten, dass die Neuausrichtung der SPD reine Wahltaktik sei. Selbst unter den ausgewiesenen SPD-Wählern glauben nur 28 Prozent an eine Kurskorrektur aus Überzeugung.“
Anmerkung: Wunderbar ist Buffets Plädoyer gegen die Abschaffung der Erbschafssteuer: “Das wäre so, als würde man das Olympiateam für 2020 aussuchen, indem man die ältesten Söhne der Goldmedaillengewinner der Spiele von 2000 wählt.”
Deutschlands Wirtschaft wächst wieder. Besonders erfreulich ist die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt: 40 Millionen Menschen haben einen Job – das ist der höchste Stand seit der Wiedervereinigung. Dieser Aufschwung ist auf die Anstrengungen von Unternehmen und Arbeitnehmern zurückzuführen. Ohne die Reformen der vergangenen Jahre hätten diese aber nicht erfolgreich sein können.
Gerade auf dem Arbeitsmarkt hat sich viel verändert. Die Veränderungen waren zum Teil mit schmerzhaften Einschnitten für den Einzelnen verbunden. Insgesamt haben sie aber geholfen, die Arbeitslosigkeit auf den niedrigsten Stand seit über zehn Jahren zu senken. Diesen Weg müssen wir weitergehen.
Wer das Reformrad jetzt zurückdreht, gefährdet die Chancen von Erwerbslosen, eine neue Stelle zu finden: Das ist unsozial und schadet unserer Wirtschaft. Eine Rücknahme der erfolgreichen Reformen, wie sie jetzt in Teilen der Politik diskutiert wird, lehnen wir deshalb entschieden ab. Wir fordern stattdessen eine kontinuierliche Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen, damit noch mehr Beschäftigung und Wachstum in Deutschland entstehen können.
An diesem Aufruf der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) beteiligen sich die Professoren Hans-Werner Sinn, Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Thomas Straubhaar, Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI), Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW), Klaus F. Zimmermann, Direktor des Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit (IZA Bonn) sowie die Politiker Florian Gerster, Staatsminister a.D. (SPD), Dr. Heinrich L. Kolb, Rentenpolitischer Sprecher der FDP, Wolfgang Clement, früherer Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit (SPD), Rainer Brüderle, Wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP.
Quelle 1: Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft
Anmerkungen Martin Betzwieser: Die aufgelisteten (Ex-) Politiker und Pseudowissenschaftler profitieren alle persönlich auf ihre eigene Art von den Reformen und deren Folgen, ob es im Einzelfall die Individualisierung und Kommerzialisierung der Rentenversicherung, die Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge oder die explosionsartige Zunahme von Leiharbeit ist.
In loser Folge sind da (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
Bundesminister a.D. Wolfgang Clement ist im Aufsichtsrat der Dussmann-Gruppe. Dussmann verdankt sein Firmenimperium in weiten Teilen der Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen und beschäftigt laut eigenen Angaben weltweit 50.500 Dienstleister/innen. Ein Großteil davon arbeitet als Reinigungskräfte, Köch/innen und Beschäftigte im Wachschutz, deren Stundenlöhne schon per Tarifvertrag zu den Billiglöhnen zählen. Dussmann ist bekannt für besonders niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen. Vorstand einer Tochtergesellschaft von ADDECO, einem Marktführer der Leiharbeit.
Quelle 2: Indymedia
Clement berät als Senior Advisor den Bankenriesen Citigroup. Er ist Mitglied im Aufsichtsrat der Zeitarbeitsfirma DIS und er ist Vorsitzender des neuen ‚‚Adecco Institute’’ zur Erforschung der Arbeit. Adecco ist „Weltmarktführer für Personaldienstleistungen“, Das Unternehmen handelt mit Arbeitnehmern, vor allem mittels Zeitarbeit, Outcourcing und Personalvermittlung.
Der Stern nannte Clement „Mr. Zeitarbeit“.
Quelle 3: NachDenkSeiten
Der stellvertretende Partei und Fraktionsvorsitzende der F.D.P. Rainer Brüderle ist freier Mitarbeiter des Privatisierungsberaters Rudolf Scharping (genau der).
Quelle 4: NachDenkSeiten
Der Basar-Ökonom Hans Werner Sinn will die Riester-Rente zur Pflicht machen und ist im Aufsichtsrat der Hypo-Vereinsbank.
Quelle 5: Hypo-Vereinsbank
Der F.D.P.-Bundestagsabgeordnete Heinrich Kolb propagiert regelmäßig die private Altervorsorge. Er war einer der Abgeordneten, die gegen die Anzeigepflicht von Nebentätigkeiten klagte – aus gutem Grund: Er ist als Beirat in der Finanzbranche tätig.
Quelle 6: LobbyControl-Datenbank Nebeneinkünfte
Das Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) wird über Umwege von der Deutschen Post AG finanziert. Im Beirat (Policy-Fellows) finden wir vorsichtig geschätzt die halbe Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, auch den Mitunterzeichner Florian Gerster den neuen Präsident des Arbeitgeberverbandes Postdienste, über dessen Versagen als Präsident der Bundesagentur für Arbeit muss hier nicht viel Text produziert werden muss.
Quelle 7: IZA
Ein Kommentar, den ich heute in anderem Zusammenhang las, ist hier sehr zutreffend: „Man nennt diese Anschlusskarrieren auch indirekte Korruption.“
Anmerkung Orlando Pascheit: Leider beschäftigt Ursula Weidenfeld viel zu sehr die Brutalität von “Reformen”, so dass sie gar nicht zur Frage vordringt, ob Reformen auch richtig sind. Vielmehr entsteht der verheerende Eindruck, dass ein immanentes Kennzeichen rationalen Handelns seine Brutalität sei und dadurch ein Vermittlungsproblem entstünde.
Die Ausflüge in die Verhaltensökonomie hinterlassen einen schalen Geschmack. “Statt die völlige Umgestaltung von Politikfeldern anzukündigen, ist es klüger, Kontinuität als vorteilhaft zu kennzeichnen und nötige Veränderungen mit einer Fortentwicklung des Status quo zu begründen. … Andererseits aber würde sie an einmal vereinbarten Reformen festhalten und lernen, über Details hinwegzusehen. Nur durch Stetigkeit lässt sich jenes Vertrauen erwerben, das Reformpolitiker als Startkapital dringend benötigen.” Abgesehen davon, dass dies eine Empfehlung zur Täuschung des Wahlvolkes ist, wird die Tugend der Stetigkeit auf eine veräußerlichende Weise so überhöht, dass von einer Korrektur einer falschen “Reform” wegen des Anscheins von Unstetigkeit abzuraten ist. Fehlt nur noch der Name Beck.
Es ist eine Schande, die Worte Ludwig Erhards zur sozialen Marktwirtschaft zur Werbung um die emotionale Zustimmung der Menschen zu degradieren. Er hat einfach die Grundlage verantwortlicher Politik formuliert: „Alle müssen am Erfolg teilhaben. Es ist der soziale Sinn der Marktwirtschaft, dass jeder wirtschaftliche Erfolg dem Wohle des ganzen Volkes nutzbar gemacht wird.“
Wirtschafts- und Sozialpolitiker sind in ganz anderer Weise dabei, den “Status quo zu desavouieren”, als die Autorin meint. So sitzt Wolfgang Clement in den Aufsichtsräten verschiedener Zeitarbeitsfirmen (siehe den vorhergehenden Hinweis), nachdem er als Bundesminister noch den gesetzlichen Rahmen für Leiharbeit liberalisiert hatte. Oder der ehemalige Arbeitsminister Walter Riester, der über Vortragsreisen bei Veranstaltungen der Banken und Versicherungswirtschaft sein Produkt propagiert und dafür mindestens 180.000 € pro Jahr kassiert (Nebentätigkeit als Abgeordneter) usw.
Anmerkung AM: Der Artikel von Frau Weidenfeld dient vor allem der Festigung des Glaubens, die Reformen hätten uns das (bisschen) wirtschaftliche Belebung gebracht. Der Ausflug in die Verhaltensökonomie soll Kompetenz signalisieren. Das ist alles.
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