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Titel: Wie stürzt man eine Regierung – das beschreibt eine Spiegelserie aus dem Jahr 2005

Datum: 31. Juli 2015 um 14:36 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Erosion der Demokratie, Lobbyismus und politische Korruption, Strategien der Meinungsmache
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Dieser zweiteilige Artikel mit dem Titel die Revolutions-GmbH ist sehr aktuell. Die sechs Spiegel-Autoren berichten über eine professionell organisierte Schattenarmee für bestellte Regierungsumstürze. Es wird berichtet, dass und wie eine Gruppe von jungen Aktivisten, meist ehemalige Studenten, sich darauf spezialisiert hat, Regierungswechsel zu erwirken. Sie nennen das Demokratisierung. Und sie waren bis 2005 schon tätig in Jugoslawien, in Georgien, in der Ukraine.- Es ist ausgesprochen interessant, dass diese aufregende Analyse des Spiegel aus dem Jahre 2005 bei der Kommentierung und Bewertung aktueller Vorgänge keinerlei Rolle gespielt hat: Vermutlich war die Revolutions-GmbH in welcher Formation auch immer in der Ukraine erneut, in Syrien, Libyen, Ägypten und anderen Ländern des sogenannten arabischen Frühlings tätig. Es ist sehr zu empfehlen, die beiden Texte aus Spiegel Nr. 46 [PDF – 1.3 MB] und Nr.47 [PDF – 956 KB] zu lesen. Albrecht Müller.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Die beiden Spiegel-Artikel sind voller ideologischer Wertungen. Selbstverständlich kämpfen aus Sicht der Spiegel-Autoren die Teilhaber der Revolutions-GmbH für die „Demokratie“. Trotz dieser ideologischen Einbindung des Textes in die westliche Propaganda und Politik werden in diesen Artikeln eine Reihe wertvoller Informationen und Einblicke in Zusammenhänge, die heute besonders wichtig sind, transportiert.

Es werden zum Beispiel die Arbeitsweise und die Methoden der Revolutions-GmbH und ihrer Partner beschrieben:

  • Man diskreditiere einen Staatschef als Autokrat, Diktator oder Tyrann – unabhängig davon, ob er gewählt wurde oder nicht.
  • Man werfe ihm Korruption, Wahlfälschung und andere Verbrechen vor.
  • Man wähle ein einprägsames Symbol, zum Beispiel eine Rose, eine Tulpe, eine Farbe oder eine Faust.
  • Man schaffe ein Motto, man einige sich auf Slogans. Im Falle Jugoslawiens mit Milosevic waren das: „Er ist fertig“. „Es ist Zeit.“ – Im Falle Putins und Russlands hieß es: „Putin kaputt“.
  • Man organisiere emotional aufwühlende und medienwirksame Demonstrationen.
  • Man achte darauf, dass die Kampagne spielerisch, unterhaltsam und unprofessionell wirkt, und auch darauf, dass die Zielpersonen des Regime Change der Lächerlichkeit preisgegeben werden.
  • „Sie sind die Kinder von Gandhi, Gates und Coca-Cola – und die Helden von heute“, so heißt es wörtlich im Spiegel über die Aktivisten.
  • Die Strategien der Revolutions-GmbH wurden aus den Werbe- und Verkaufspraktiken der Multis abgeleitet. Merke: Wo Demokratie draufsteht, sind Heuschrecken drin.

Wir erfahren von den Partnern der Revolutions-GmbH und ihrer Finanzierung. Damit die NachDenkSeiten-Leser/innen sehen können, wie der Spiegel arbeitet, zitieren wir ihn in diesem Zusammenhang wörtlich:

„Revolutionen von innen sind immer Eingriffen von außen vorzuziehen, sagen sie, (die Aktivisten, AM), selbst erlernte Demokratie der von den USA verordneten Demokratie. Deshalb mögen die meisten der Aktivisten zwar Amerika, seine Medien und seine Werte, halten aber Distanz zur Bush-Regierung.

Geht das? Benötigt die Revolutions-GmbH für ihren Kampf nicht erhebliche Geldmittel, und stammen diese nicht häufig von regierungsnahen amerikanischen Stiftungen, gelenkt von Neokonservativen oder wie Freedom House und das International Republican Institute, gar von Politikern mit CIA-Verbindungen? Müssen die Demokratiemacher nicht fürchten, instrumentalisiert oder gar ferngesteuert zu werden?“

Das ist ein wunderbares und Spiegel-gemäßes Zitat. Es wird infrage gestellt, was ein Faktum ist. Der Spiegel selbst nennt die Institute, die im Hintergrund tätig sind, und es sind heute, zum Beispiel bei der neuen Revolution und beim Staatsstreich in der Ukraine, die gleichen.

Der Spiegel nennt auch die damals geflossenen Geldmittel. Im Falle Jugoslawiens seien es vermutlich über 40 Millionen gewesen, aus verschiedenen Quellen, zum Beispiel vom NED (National Endowment for Democracy) und vom IRI (International Republican Institute). In Kiew wurde laut Spiegel bei der Orangenen Revolution 2004 das Bargeld kofferweise aus dem Flugzeug geladen. Frau Nuland, die in den USA für Europa verantwortliche Mitarbeiterin des State Departments, nannte, wie bekannt, die Gesamtsumme der in die sogenannte Demokratisierung investierten US-Dollar: 5 Milliarden.

Der Spiegel ordnet die Tätigkeit der Revolutions-GmbH auf interessante Weise ein.

Die Autoren schreiben über die Revolutionsaktivisten: „Viele erkennen die Manipulationsgefahr und sind doch selbstbewusst genug, auf ihre Unabhängigkeit zu pochen. Sie machen Fehler. Sie sind mancherorts schon dabei, die Ideale ihrer Volksaufstände aufzugeben. Aber sie sind bei aller Unvollkommenheit so etwas wie der positive Gegenentwurf zu dieser anderen globalisierten postmodernen, vernetzten und dezentralisierten Macht – des bösen Kraken al-Qaida, des weltweiten Dschihadismus.“

Der helle Wahnsinn!

Wer von uns erinnert sich noch an die beiden Spiegel-Artikel aus dem Jahr 2005? Vermutlich niemand mehr.

Das hat viel damit zu tun, dass von unseren Medien (und der Politik sowieso) der Zusammenhang zwischen aktuellen Ereignissen und alten Erfahrungen nicht hergestellt wird. Wenn wir also ab Herbst 2013 erleben, wie sich auf dem Maidan in Kiew die sogenannte Zivilgesellschaft und demokratische Bewegung versammelt und wie Abgesandte der Heinrich-Böll-Stiftung über Menschenrechte und Demokratie reden, dann erinnern wir uns nicht an den Spiegel vom Jahr 2005. Auch die Medien greifen ihre früheren Erkenntnisse nicht auf. Das ist kein Zufall.


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