Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/WL/AM/AT)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- #ThisIsACoup (Das ist ein Staatsstreich)
- Das wird hart!
- Erpressung Griechenlands
- Spaltung Europas
- Deutschland und die Schulden – Nicht durch eine Austerity-Politik!
- Spanien: Ökonomische Trendwende durch stillen wirtschaftspolitischen Kurswechsel
- Heiner Flassbeck zur Rolle der Medien in der Griechenlandkrise
- Sigmar Gabriel – Isch over
- Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss bleibt gleich
- Erbschaftssteuer
- Bertelsmann-Stiftung macht weiter Lobbyarbeit zu TTIP
- Massaker in Srebrenica Falsche Mythen
- Strategische Kommunikation
- Rechte Milizen werden zur Bedrohung für Kiew
- Das Letzte – Dieter Nuhr hat recht!
- Das Allerletzte: Warum ein Nobelpreisträger auf Deutschland losgeht
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- #ThisIsACoup (Das ist ein Staatsstreich)
- Heiner Flassbeck: Was ist geschehen?
Viele Leser fragen entsetzt, was jetzt geschehen ist, vor allem stellt sich die Frage, wie der griechische Ministerpräsident diesem Paket zustimmen konnte. Nun ja, wenn jemand eine Pistole am Kopf hat, ist er zu manchem bereit. Ich vermute, in Griechenland gibt es unglaublich viel Wut, aber am Ende wird auch das griechische Parlament seiner eigenen Entmachtung zustimmen. Wir haben das schon einmal erlebt, das Land hieß Zypern und die Ergebnisse waren genauso katastrophal.
Griechenland hat gar keine Wahl, weil es den Grexit als einfache Alternative nicht gibt, weil die Regierung kein Mandat dazu hat und weil sich kein neugewählter junger Regierungschef dieser Welt vorstellen kann, die Verantwortung für eine solche Operation zu übernehmen.
Ich will nicht auf Einzelheiten dieses Paktes eingehen. Es lohnt sich nicht, weil es um Einzelheiten einfach nicht geht. Dieses Paket, wie alle in den letzten fünf Monaten diskutierten Pakete, ist ein Restriktionspaket. Es wird die griechische Wirtschaft weiter abstürzen lassen, wenn nicht ein Wunder geschieht….
Was wir gestern und heute erlebt haben, ist in der Tat ein historischer Moment. Man wird sich an diesen Tag erinnern als den Tag, an dem eine bornierte und starrsinnige deutsche Politik in einer Weise Europa aufgezwungen wurde, die so viel Widerstand bei den Menschen in Europa und in der ganze Welt hervorgerufen hat, dass Europa von da an nur noch eine Schimäre war. Eine Vorstellung nämlich von der Zusammenarbeit der Völker und einem fairem Umgang untereinander, die im Würgegriff der deutschen Restriktionspolitik erstickt wurde.
Quelle: flassbeck-economics
Anmerkung JK: Die Frage ist, ob das geneigte Publikum die historische Dimension des Geschehens wirklich begreift? Wir erleben gerade das Ende eines demokratischen Europas. Merkel, Schäuble und ein sogenannter Vize-Kanzler haben eine demokratisch gewählte Regierung eines EU-Mitgliedlandes durch brutale Erpressung in die Knie gezwungen. Das ist auch das Ende der Hoffnung mit der Syriza könne sich eine politische Bewegung der neoliberalen Irrsinns-Ideologie entgegenstemmen. Die Annahme des „Reformpaketes“ wird die Regierung Tsipras politisch nicht überleben. Auch dieses Ziel wurde somit erreicht. Griechenland ist das Chile Europas. Der 13. Juli 2015 wird als einer der schwärzesten Tage Europas in die jüngere Geschichte eingehen. Ein europäisches Land wird zu einem Protektorat herabgewürdigt.
Obwohl Tsipras vor der nackten Gewalt durch die Androhung eines Grexits bedingungslos kapitulieren musste und letztendlich die gnadenlose neoliberale Austeritätspolitik fortsetzen und der griechischen Bevölkerung neue Entbehrungen aufbürden muss, ist ihm kein Vorwurf zu machen. Ein Grexit hätte vermutlich Griechenland ins Chaos gestürzt und die Not der Bevölkerung noch einmal potenziert. Für keine Regierung, die noch einen Funken Verantwortungsgefühl gegenüber den Bürgern ihres Landes besitzt, hätte dies eine Option sein können. Man darf gespannt sein, wer nun aus den korrupten Reihen der PASOK und ND den Kollaborateur für Merkel und Schäuble spielen wird.
- Verrat an der europäischen Idee
Was die Staats- und Regierungschefs der Eurozone an diesem Montagmorgen beschlossen haben, das stellt zum größten Teil die Fortsetzung einer gescheiterten “Rettungspolitik” dar. Einer Politik, die auf zwei Säulen ruht: erstens der Ideologie vom Sanieren durch nichts als Sparen. Und zweitens dem Vorrang nationaler Interessen vor dem Aufbau einer echten Europäischen Union…
Es gibt also Schuldige an der Misere, und die sitzen auch, aber keineswegs nur in Athen. Niemand plädiert dafür, das alte Spielchen weiter zu spielen. Schon gar nicht Alexis Tsipras. Er bezweifelt im übrigen auch, dass es sinnvoll ist, astronomische Milliardenbeträge an neuen Krediten aufzunehmen (nichts anderes sind die jeweiligen “Hilfsprogramme”), um alte Kredite abzulösen. Was die Schuldenlast um keinen einzigen Cent senken wird. Diese Politik verlängert das Leben des griechischen Staates am Rande der Pleite immer weiter…
Europa wird zerbrechen, und es wird zur Beute nationalistischer Populisten werden, wenn nicht endlich die demokratischen Kräfte ein funktionierendes Modell entwickeln. Wer den Euro nicht scheitern sehen will, muss aufhören, ihn zum Mittel nationaler Interessen zu machen, wie Deutschland das von Anfang an getan hat…
Quelle: Stephan Hebel in der FR
- Paul Krugman: Die Vernichtung des europäischen Projekts
Angenommen, man hielte Tsipras für eine inkompetente Flasche. Angenommen, man wolle Syriza gerne entmachtet sehen. Selbst angenommen, man begrüßte die Aussicht, die ärgerlichen Griechen aus dem Euro drängen zu können. Selbst wenn all das zuträfe, wäre die Liste der Forderungen der Eurogruppe ein Wahnsinn. Der aktuelle Hashtag ThisIsACoup sieht das ganz richtig. Das ist jenseits von harsch und die reine Rachsucht, eine totale Zerstörung der nationalen Hoheitsgewalt ohne jede Hoffnung auf Erleichterung. Das mag als Angebot gedacht sein, das Griechenland nicht annehmen kann, aber auch so ist es ein grotesker Verrat an allem, wofür das europäische Projekt angeblich stehen sollte.
Gibt es noch irgendetwas, das Europa vom Rand des Abgrunds retten kann? Es wird gemunkelt, dass Mario Draghi wieder etwas Vernunft in das Ganze zu bringen versucht, und dass Hollande endlich ein bisschen von dem Widerstand gegen Deutschlands moralstückartige Wirtschaftspolitik aufbringt, den er bisher so sehr hat vermissen lassen. Aber ein Großteil des Schadens ist bereits angerichtet. Wer wird jetzt noch jemals wieder auf Deutschlands gute Absichten vertrauen?
Quelle: The New York Times
- Die Politik des Staatsstreichs
Mit einer beispiellosen Machtdemonstration hat Berlin die Regierung Griechenlands gedemütigt, an den Rand des Zusammenbruchs getrieben und Athen seiner Souveränität in zentralen Bereichen staatlichen Handelns beraubt. Dies ist das Resultat des Eurogruppen-Gipfels, der am heutigen Montag zu Ende gegangen ist. Wie aus Brüssel berichtet wird, erhält Griechenland nicht den benötigten Schuldenschnitt, sondern muss mit einem neuen “Hilfsprogramm” aus Brüssel vorlieb nehmen. Um es zu erhalten, muss Athen in Zukunft wichtige politische Entscheidungen zunächst Vertretern von EU, EZB und IWF vorlegen, bevor es das eigene Parlament überhaupt mit ihnen befasst. Griechenland wird damit de facto zu einer Art Protektorat nicht demokratisch gewählter Finanzinstitutionen. Griechenlands Parlament soll nun zentralen Forderungen ultimativ binnen zweier Tage zustimmen; andernfalls droht dem Land der vollständige Kollaps. Die Beschlüsse der Eurogruppe entsprechen weitestgehend deutschen Vorstellungen. Forderungen insbesondere aus Frankreich, die eine Erleichterung für Athen bedeutet hätten, wurden sämtlich von Berlin kalt abgeschmettert. In der griechischen Hauptstadt werden inzwischen Neuwahlen in Aussicht gestellt. Man könne den deutschen Zumutungen nicht zustimmen, erklärt Arbeitsminister Panos Skourletis. Bereits gestern Abend hatten prominente US-Ökonomen den deutschen Kurs aufs Schärfste verurteilt und festgestellt, Berlin ziele faktisch auf einen Staatsstreich in Athen.
Quelle: German Foreign Policy
- Das ist ein Putsch gegen die alte BRD
Es hat unendlich viel Arbeit im Grossen und Kleinen und viel Geld der USA gekostet, um nach 1945 mit den anderen Staaten Europas wieder so weit ins Reine zu kommen, dass sie sich auf eine Zusammenarbeit mit Deutschland eingelassen haben. Adenauer in Moskau, Brandt in Warschau, das sind nur die bekanntesten Beispiele dafür, wie man früher die Sache angepackt hat: Demütig. Überhaupt nicht als Herrenmensch…
Jetzt hat eine Boulevardzeitung Merkel mit einer Pickelhaube gekrönt und das europäische Volk lernt gerade, was „die heimliche Herrscherin Europas“ in der Realität bedeutet: Ultimaten, um überhaupt in Verhandlungen einzusteigen und Gesetze, die in Brüssel geschrieben werden, und in drei Tagen durch das Parlament der Griechen gebracht werden sollen. Nur um „Vertrauen herzustellen“. Wie demütigend die Verhandlungen dann selbst ausgehen, ist unklar.
Für geschichtsbewusste Deutsche ist es diesmal schwierig, eine formschöne Antwort zu finden, wenn andere Länder morgen Begriffe wie „Kanonenbootpolitik“ verwenden. Oder „Münchner Abkommen“. Oder daran erinnern, dass Anweisungen für zu erlassende Gesetze in anderen Ländern zumindest in Westeuropa aus gutem Grund nach 1945 nicht mehr üblich sind…
„Vertraut uns“, war das Credo der deutschen Europapolitik der letzten 70 Jahre. „Befolgt unsere Anweisungen, wenn ihr wollt, dass wir euch vertrauen“, ist das neue Motto, und leider ähnelt es dem, was davor unter dem Joch der Deutschen in Konflikten üblich war….
Quelle: Frankfurter Allgemeine Blogs
Anmerkung JK: Leider absolut wahr, wir erleben gerade etwas, was man 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der Nazi-Barbarei nicht für möglich gehalten hätte. Der Hass und die Hetze, die von den deutschen „Qualitätsmedien“ und Politikern in den letzten Wochen gegen Griechenland verbreitet wurde, hat jedes Maß überschritten und ist von einer völligen Kaltschnäuzigkeit speziell gegenüber dem Leid und der Not der griechischen Bevölkerung gekennzeichnet. Nicht minder erschütternd, dass die Mehrheit der Deutschen wieder einmal jenen widerspruchslos folgt, die Hass und Verachtung gegenüber anderen Nationen predigen. Ist Merkel, Schäuble und ihrem Vize-Kanzler genannten Erfüllungsgehilfen überhaupt bewusst, was sie hier anrichten? Wer konnte ahnen, dass man sich je wieder für eine deutsche Regierung schämen muss.
Treffend auch der Hinweis auf die Nazi-Kollaborateure Finnland und der baltischen Staaten, deren Regierungen ja von den deutschen „Qualitätsmedien“ gerne zitiert werden, wenn es um eine harte Haltung gegen Griechenland geht.
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Leider auch nur im Feuilleton, während unter Politik & Wirtschaft ernsthaft von einem Kompromiss gefaselt wird, der für Griechenland vorteilhaft wäre. Ach ja: Regeln müssen beachtet werden, sonst geht das mit der EU ganz schlimm aus! Wer sich heute fragt, wie ein ganzes Volk zu Nazis, zu Helfern und zu Helfershelfern von Nazis werden konnte, bekommt zurzeit instruktiven Geschichtsunterricht.
- Twitter-Gewitter gegen Merkel und Schäuble
Beinahe im Minutentakt feuert Jeffrey Sachs gerade Tweets ab. Das Ziel: Die deutsche Regierung und ihre – nach Meinung vieler US-Ökonomen – verfehlte Griechenland-Politik. Jeffrey Sachs ist wütend auf Wolfgang Schäuble. Richtig wütend. Man muss dazu nur verfolgen, was der amerikanische Ökonom am Sonntag auf Twitter verbreitet, während in Brüssel die Euro-Gruppe um die Griechenland-Rettung ringt. Es ist eine ganze Serie von Tweets, und sie haben nur ein Thema: Wie Deutschland – und vor allem Schäuble – die Krise handhabt. “Ich habe so etwas noch nie gesehen”, schreibt Sachs, einer der bekanntesten Wirtschaftswissenschaftler der Welt in einem seiner Tweets. Schäuble sei absolut gegen Griechenland, sein Verhalten völlig irrational.
Quelle: Ulrich Schäfer in der SZ
- Das wird hart!
Wer sich heute in den Straßen von Athen umhörte, traf auf ratlose Menschen: “Drei Mal so schlimm wie erwartet”, so kommentiert eine arbeitslose Akademikerin das mit Brüssel ausgehandelte Spar- und Reformprogramm. Nikos, ein Arbeitnehmer, prophezeiht Massenentlassungen.
Fotis Bellos starrt auf die Titel der griechischen Presse. Auf den Zeitungen ist Alexis Tsipras abgebildet, daneben Überschriften wie “EURO THRILLER” oder “Deutschland zerstört wieder Europa”.
Der Rentner fürchtet, dass das griechische Schuldenproblem mit der Einigung auf die nächsten Generationen übertragen wird.
“Was ich meine: Unsere Enkel werden zahlen. Und wenn ich sehe, dass die Europäische Kommission, wann immer sie will, hier oder in Luxemburg ist, das ist das Schlimmste für Griechenland. Das Land ist reich, es hat Tourismus und Ölvorkommen. Privatisierungen sind der Tod für Griechenland.”
Er hält ein Dutzend Zettel in der Hand. Bezahlte Stromrechnungen von fast 1000 Euro, sagt er. Über 15 Wohnungen gehören ihm in Athen, die er vermietet. Er selbst hat sein Geld nach Deutschland gebracht, befürwortet aber trotz aller Schwierigkeiten, dass Tsipras Reformen doch zugestimmt hat:
“Es ist besser so. Müssen wir nicht zurückzahlen? Wir haben unsere Rechnungen nicht beglichen. Wir haben so viel gefressen. Das Volk muss jetzt zahlen, der Grieche hat noch Fett, er hat noch Geld.”
“Wir werden arbeiten, um zu zahlen”
Ein paar Straßen weiter im Zentrum Athens sitzt Irini Papadimitriou auf einer weißen Marmorplatte, dreht sich eine Zigarette. Sie ist enttäuscht vom Ergebnis der Verhandlungen und stellt sich auf harte Zeiten ein.
“Verglichen mit allem, was hätte rauskommen können, ist es mindestens drei Mal so schlimm. Wir werden sehr leiden, aber wir können ja nichts machen. Wir werden arbeiten, um zu zahlen. Falls wir Arbeit haben.”
Die 36-Jährige ist studierte Kommunikationswissenschaftlerin und lebt von 340 Euro Arbeitslosengeld im Monat. Sie ist enttäuscht von Alexis Tsipras, der noch im Wahlkampf ganz andere Dinge versprochen hatte.
“Er ist eingeknickt. Weil wenn er als Chef einer linken Regierung ein Referendum macht und sagt: Ich mache das, was das Volk will und ich zerreiße die Spardiktate, wenn er uns so etwas verspricht, dann ist es doch glasklar: Er ist eingeknickt.”
Der junge Nikos Voultsos mit Glatze und dunklem Vollbart, klebt sich einen “OXI-Sticker” auf seine Brust. NEIN zur Einigung steht drauf.
“Diese Einigung ist eine Katastrophe für die Griechen und für alle Arbeitnehmer. Es sind Massenentlassungen, Rentenkürzungen, erhöhte Steuern – es ist die Fortsetzung der politischen Barbarei der letzten Jahre, die uns erst hier her gebracht hat.”
Quelle: Deutschlandradio Kultur
- Erpressung Griechenlands
- Yanis Varoufakis full transcript: our battle to save Greece
The full transcript of the former Greek Finance Minister’s first interview since resigning.
YV: …But the inside information one gets… to have your worst fears confirmed … To have “the powers that be” speak to you directly, and it be as you feared – the situation was worse than you imagined! So that was fun, to have the front row seat…
The complete lack of any democratic scruples, on behalf of the supposed defenders of Europe’s democracy. The quite clear understanding on the other side that we are on the same page analytically – of course it will never come out at present. [And yet] To have very powerful figures look at you in the eye and say “You’re right in what you’re saying, but we’re going to crunch you anyway.”…
You put forward an argument that you’ve really worked on – to make sure it’s logically coherent – and you’re just faced with blank stares. It is as if you haven’t spoken. What you say is independent of what they say. You might as well have sung the Swedish national anthem – you’d have got the same reply….
Schäuble was consistent throughout. His view was “I’m not discussing the programme – this was accepted by the previous government and we can’t possibly allow an election to change anything. Because we have elections all the time, there are 19 of us, if every time there was an election and something changed, the contracts between us wouldn’t mean anything.”
So at that point I had to get up and say “Well perhaps we should simply not hold elections anymore for indebted countries”, and there was no answer. The only interpretation I can give [of their view] is “Yes, that would be a good idea, but it would be difficult to do. So you either sign on the dotted line or you are out.”…
I was warning the Cabinet this was going to happen [the ECB shut our banks] for a month, in order to drag us into a humiliating agreement. When it happened – and many of my colleagues couldn’t believe it happened – my recommendation for responding “energetically”, let’s say, was voted down…..
But I’m not going to betray my own view, that I honed back in 2010, that this country must stop extending and pretending, we must stop taking on new loans pretending that we’ve solved the problem, when we haven’t; when we have made our debt even less sustainable on condition of further austerity that even further shrinks the economy; and shifts the burden further onto the have nots, creating a humanitarian crisis. It’s something I’m not going to accept. I’m not going to be party to.
Quelle: NewStatesman
Anmerkung WL: Ein hochinteressantes und vermutlich sehr ehrliches Interview, das einen tiefen Einblick in den Politikbetrieb auf europäischer Ebene und das Verhalten z.B. von Schäuble erlaubt. Wenn wir es schaffen, werden wir das Interview übersetzen, einen Eindruck auf deutsch siehe hier.
- Ausverkauf binnen 17 Stunden
Alles was die Griechen mit dem Referendum abgelehnt hatten, wurde heute Tsipras endlich aufgezwungen. Mehr noch: Nach dem Eurogipfel gleicht das Land nun einem Protektorat der Märkte. Egal was Alexis Tsipras und seine Regierungsmitglieder auch sagen und beschönigen werden, der 17 Stündige Gipfel-Marathon von Sonntag auf Montagmorgen war eine totale, ja vernichtende Niederlage für ihn und Syriza. Erst im Januar war das Linksbündnis mit dem Mandat der Griechen angetreten, um die Memoranden und die Austeritätspolitik der Troika zu beenden. Seitdem scheint eine Ewigkeit Vergangen zu sein, in der sich aber die Partei und ihre einst progressive Dynamik unter den Mühlen der Troika im Zeitraffer abgenutzt haben. Zurückgekehrt ist Syriza nun mit einer verschärften Dosis genau jener Politik, die sie bekämpfen wollte.
Syriza war auch angetreten, um Griechenland ein Gefühl von Würde und Souveränität zurückzugeben, die Quittung ist ein beispielloser Akt der Demütigung. Freilich war dies alles bereits im Vorfeld zu erwarten. Doch bei allen taktischen und strategischen Fehlern, welche die junge Partei und ihre Verhandlungsführer auch gemacht haben mögen, kann man ihr die Verantwortung für dieses Desaster nicht einmal zur Last legen. Tsipras, Varoufakis und Euklid Tsakalotos hatten keine Chance und keine Wahl – denn auch den Grexit will die Mehrheit der Griechen nicht.
Der „Kompromiss“, der auf dem EU-Gipfel ausgehandelt wurde, spottet jeder Beschreibung. Nein, das war kein Kompromiss, das war psychologische Folter, ein stundenlanges Weichklopfen Tsipras‘, eine Erpressung. Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis wusste, warum er zurücktrat – und man bekommt nun langsam eine Vorstellung davon, was er mit den Umschreibungen „fiskal-waterboarding“ und „ökonomischen Terrorismus“ meinte.
Quelle: Le Bohemien
- Bundesregierung hat Syriza erpresst
Die beiden stellvertretenden Linken-Fraktionsvorsitzenden Dietmar Bartsch und Sahra Wagenknecht haben der Bundesregierung vorgeworfen, die von Alexis Tsipras geführte griechische Regierung “gnadenlos erpresst” zu haben. “Dass Syriza diesem Diktat trotzdem zustimmt, ist nicht ihr freier Wille”, heißt es in einer politischen Bewertung der beiden Politiker zum von der EU geplanten neuen Rettungspaket.
Quelle: Tagesspiel
- Spaltung Europas
- Schäubles Griechenland-Diplomatie: Europas Rückfall
Die Bundesregierung hat an einem einzigen Wochenende siebzig Jahre Nachkriegsdiplomatie zunichte gemacht. Der Vorschlag eines vorübergehenden Austritts von Griechenland als Druckmittel während des Marathongipfels vom Wochenende war am Ende der Hebel für eine Kapitulation Griechenlands. Wolfgang Schäubles Taktik hatte einen großen Sieg errungen – ganz im Sinne von Michel Foucault, der die Politik in Umkehrung des berühmten Clausewitz-Zitats als “Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln” verstand.
Was am Wochenende in Brüssel passierte, war die Rückkehr Europas zurück zu Machtgefügen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, in denen der Stärkere dem Schwächeren seinen Willen aufzwang. Es war nebenbei auch der Anfang vom Ende der Währungsunion. Sie ist zu einem festen System mit gemeinsamem Zahlungsmittel und ohne gemeinsamer Politik degradiert.
Griechenland muss jetzt nicht nur die Sparmaßnahmen erfüllen, die es im Referendum vor einer Woche ablehnte. Es muss alle verpassten Reformen der Vergangenheit umsetzen, auch solche, die selbst in Deutschland nicht diskutierbar wären, wie eine vollständige Abschaffung der Ladenschlusszeiten, das Ende der Privilegien geschützter Berufsstände oder das Ende des Tarifmonopols. Selbst konservative griechische Parteien haben diese Reformen in der Vergangenheit abgelehnt.
Was Deutschland und die anderen Kreditgeber Athen da aufdrängen, ist so extrem, dass man nicht nur in Griechenland schockiert ist. Es wird einige Tage dauern, bis man dort die Ereignisse des Wochenendes verdaut hat.
Für das, was jetzt beschlossen wurde, gibt es in Griechenland niemanden, der inhaltlich dahintersteht. Es ist das Programm einer feindlichen ausländischen Macht.
Die politische Konsequenz der Vereinbarung ist eine Beschädigung von Premierminister Alexis Tsipras. Ich nehme an, auch das war das Ziel der deutschen Verhandlungsstrategie. Drei weitere Jahre der Sparpolitik, der Rezession, der weiter steigenden Arbeitslosigkeit wird politische Spuren hinterlassen. Für Leute, die in Europa oder in den USA eine keynesianische Wirtschaftspolitik befürworten, bleibt in Griechenland nur noch die Wahl zwischen der Kommunistischen Partei und der rechtsradikalen Partei Goldene Morgenröte.
Quelle: Wolfgang Münchau auf Spiegel Online
- Will Angela Merkel die EU spalten?
Papier des Bundesfinanzministers löste in einigen Mitgliedsländern am Wochenende Bestürzung aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel will einen “karthagischen Frieden”, schrieb am Sonntag die Washington Post. Es reiche nicht, dass Athen sich unterordnet, es müsse auch noch gedemütigt werden. Tatsächlich liest sich der Wortlaut des Papiers, das Finanzminister Wolfgang Schäuble am Wochenende mit offensichtlicher Rückendeckung durch die Bundeskanzlerin als Antwort auf die jüngsten Vorschläge der Athener Regierung herumschickte, genau so.
Quelle: Telepolis
- Warum noch für Europa kämpfen?
Auch auf dem Theaterfestival in Avignon ist Griechenland eines der bestimmenden Themen. Es werden Fragen gestellt und Antworten gesucht, auf und neben den Bühnen. So fordert der französische Philosoph Alain Badiou zum Widerstand gegen ein rein ökonomisch strukturiertes System auf. Auch Festival-Direktor Olivier Py scheut die klare Meinung nicht.
Alain Badiou lernte als Sohn eines Résistance-Kämpfers sehr früh das Vertrauen in die grundsätzliche Veränderbarkeit der Welt, und setzt es hier gegen eine ökonomisch strukturierte und als feststehend behauptete Ordnung der Dinge. Sie korrumpiere unsere Fähigkeit, die Wirklichkeit von ihren Maskierungen zu unterscheiden und ihren Kern in den Blick zu bekommen. Gemeint ist damit ein Moment der Erkenntnis, die allein die Erfahrung des Glücks ermögliche. Badiou prangert die “subjektive Unterwerfung unter eine Realität an, von der die Ökonomie prahlt, die letzte Weisheit zu sein”.
“Das Problem entsteht dadurch, dass das griechische Volk sagt: Wir wollen die Sparpolitik nicht und die anderen Europäer sagen: Die müsst ihr aber wollen. Und wenn ihr mit eurem Nein weitermacht, dann werdet ihr schon sehen, was passiert. Es wird gedroht. Was passiert mit Menschen, die die freiwillige Unterwerfung ablehnen? Keiner kann das derzeit besser beantworten als die Griechen.”
Während Alain Badiou versucht, seine Philosophie mit konkreter Zeitgeschichte zu synchronisieren, geht Festivaldirektor Olivier Py einen Schritt weiter. Er opponiert offen gegen den immer wieder als Option gehandelten Grexit. “Wenn Europa nur ein profitorientiertes Arrangement zwischen Banken ist, von dem die Völker nichts haben, was hat Europa dann für einen Sinn? Wenn wir Griechenland aufgeben, warum sollten wir dann noch für Europa kämpfen.”
Quelle: deutschlandfunk
- Deutsche Regierung als Totengräberin Europas
Die deutsche Regierung zerstört Europa. Mit ihrer Forderung nach einer bedingungslosen Unterwerfung Griechenlands unter das Austeritätsdiktat werden Schäuble, Merkel und Gabriel zu den Totengräbern Europas. Aus der europäischen Idee einer immer intensiver werdenden Gemeinschaft macht die Bundesregierung ein Monstrum aus sozialem Kahlschlag und Demokratieabbau. Jeder Versuch einer Alternative zur Kaputtsparpolitik wird mit Gewalt unterbunden. Mit Recht sprach einer der griechischen Verhandler in Brüssel von einer an den Kopf gehalten Pistole.
Quelle: attac
- Europäische Presseschau: “Brüssel legt Athen auf die Folterbank”
“Die Vorteile einer Einigung überwiegen die Nachteile”, sagte Angela Merkel nach einer Nacht ohne Schlaf. Die Bundeskanzlerin bewertete das Ergebnis der Verhandlungen in Brüssel mit ihrem griechischen Kollegen Alexis Tsipras und den Regierungschefs der übrigen 17 Euroländer als positiv. Auch eine Reihe anderer Regierungschefs äußerten sich erleichtert, dass es am Ende doch noch eine Einigung gegeben hat, die Griechenland erlauben soll, im Euro zu bleiben.
Aber wie ist die Einschätzung des Kompromisses in den übrigen Ländern der Eurozone? Wie bewerten die nationalen Zeitungen dort die Einigung, für die die Regierungschefs 17 Stunden verhandelt haben?
Quelle: ZEIT
Anmerkung JK: Es ist zu hoffen, dass es den anderen europäischen Nationen langsam dämmert, dass ihnen das gleiche Schicksal wie Griechenland blühen kann, wenn Sie es wagen sollten von der deutschen neoliberalen Agenda abzuweichen.
Ergänzende Anmerkung AT: Nach dem Wochenende muss man sagen: Nicht nur Russland stellt das „Recht des Stärkeren gegen die Stärke des Rechts“. Angela Merkel, die diesen Satz prägte, tut es auch, wenn aus ihrer Sicht die Vorteile die Nachteile überwiegen.
- Deutschland und die Schulden – Nicht durch eine Austerity-Politik!
Rückblick auf die Londoner Schuldenkonferenz 1953, als Deutschland die Reparationszahlungen los wurde und seine Schuldenlast erheblich reduzieren konnte. Die Gläubiger hatten politische Gründe…
Es hat also an gewaltigen Schuldenschnitten nicht gefehlt. Dennoch kann man nicht sagen: „Deutschland hat nie bezahlt“, wie das Interview mit Thomas Piketty in der „Zeit“ überschrieben ist. Reparationen hat die Bundesrepublik nicht zahlen müssen. Die Londoner Schuldenkonferenz hatte sie nämlich ausgeklammert. Dafür steht der berühmte Artikel 5, Absatz 2 des Schuldenabkommens. Er verwies alle Forderungen von Staaten oder Staatsangehörigen, was Reparationszahlung anging, auf die Regelungen eines noch zu formulierenden Friedensvertrages.
Zu dem kam es bis heute nicht. Der Artikel 5, Absatz 2 diente Jahrzehnte lang als Argument zur Abweisung von Entschädigungsleistungen. Die Gläubigerländer hatten sich darauf eingelassen, weil Abs immer wieder darauf hingewiesen hatte, dass die Reparationsverpflichtungen der Weimarer Republik Deutschland Hitler in die Arme getrieben habe….
In seiner schon zitierten Rede erklärte Hermann Josef Abs: „Nicht durch Einschränkung des Handels, der Produktion, des Verbrauchs und nicht durch eine Austerity-Politik kann das Problem unserer Transferverpflichtungen gelöst werden.“
Die deutsche Regierung konnte zwar in London viel herausschlagen. So setzte sie gegen die Alliierten durch, dass die deutsche Wirtschaft durch den Schuldendienst nicht aus dem Gleichgewicht gebracht werden durfte. Das war eines der Kriterien, denen der Schuldenabbau untergeordnet werden musste. Die Schulden wurden erheblich gekürzt und endlos gestreckt. Was darauf hinauslief, dass Deutschland nie mehr als fünf Prozent seiner Staatsausgaben zur Bezahlung dieser Schulden aufwenden musste.
Das große Entgegenkommen der Gläubiger hatte einen wichtigen Grund: den Kalten Krieg.
Quelle: Arno Widmann in der FR
- Spanien: Ökonomische Trendwende durch stillen wirtschaftspolitischen Kurswechsel
Die spanische Wirtschaft gilt einmal mehr als Vorzeigemodell: Harte Spar- und Reformpolitik sei für das neuerdings überdurchschnittliche Wachstum verantwortlich. Tatsächlich zeigt sich jedoch, dass die Arbeitslosenrate mit 23% nach wie vor hoch und die Wirtschaftsleistung weiter unter Vorkrisenniveau liegt. Gleichzeitig sind erste Verbesserungen nicht auf die Reformagenda, sondern vor allem auf einen stillen budgetpolitischen Kurswechsel und die Politik der EZB zurückzuführen.
Bei den fast flächendeckenden Regional- und Kommunalwahlen Ende Mai gab es ein Debakel für die mit absoluter Mehrheit regierende Volkspartei (PP). Die neuen Mehrheitsverhältnisse brachten einen Linksruck, der in den Großstädten – allen voran Madrid und Barcelona – von Linksbündnissen geführte Stadtregierungen ermöglichte. Diese gingen aus den Widerstandsbewegungen gegen die Kürzungen bei öffentlichen Ausgaben und ArbeitnehmerInnenrechten hervor. Ministerpräsident Rajoy wolle zwar aus dem Debakel Konsequenzen ziehen, lehnte aber gleichzeitig einen wirtschaftspolitischen Kurswechsel ab, denn nur so könne die wirtschaftliche Erholung ermöglicht und Beschäftigung geschaffen werden.
Was das nun wirtschaftspolitisch bedeutet, ist allerdings unklar, nachdem Diskurs und Praxis seit Ende 2013 nicht mehr zusammenpassen. Während weiterhin exportorientierte Strukturreformen propagiert wurden, war es vor allem die anziehende Inlandsnachfrage, die zur ökonomischen Trendwende führte. Wie diese Entwicklung in Spanien zustande kommen konnte, ist auf den ersten Blick verwunderlich.
Quelle: Georg Feigl, im Blog arbeit-wirtschaft.at
- Heiner Flassbeck zur Rolle der Medien in der Griechenlandkrise
Quelle: antikriegTV auf YouTube
dazu: Der Plattmacher
Porträt Rolf-Dieter Krause fällt mit deftiger Polemik in der Griechenlandkrise aus der Rolle des neutralen Berichterstatters. Rolf-Dieter Krause ist nicht der einzige, aber ein besonders profilierter Vertreter der in Europa herrschenden Lehre. Er ist der Prototyp eines Korrespondenten, “der nach langen Jahren in Brüssel an einer Art Stockholm-Syndrom leidet” und nur noch in der stahlblauen Rationalität der Macht denkt, wie Georg Diez auf Spiegel Online schrieb. Leider regt die Netzgemeinde sich meistens nur dann auf, wenn Rolf-Dieter Krause aus der Rolle fällt und seine Meinung offen sagt, statt sie dem Publikum in der Verkleidung des Berichterstatters unterzuschieben.
Quelle: der freitag
- Sigmar Gabriel – Isch over
Das Griechenland-Drama ist auch ein Drama für Sigmar Gabriel. Er hat in den vergangenen Tagen seine Anwartschaft auf die Kanzlerkandidatur verspielt…
Gabriel hat die große Bewährungsprobe nicht bestanden, ausgerechnet beim derzeit größten Thema. Ausnahmsweise geht es dabei mal nicht um Angela Merkel und das, was sie im Griechenland-Drama getan oder unterlassen hat. Sie muss nichts beweisen, sie ist schon Kanzlerin. Nein, wer ins Amt will, steht dagegen in der Beweispflicht, dass er es beherrschen könnte. Der muss Kanzlerqualität zeigen. Nach drei Kriterien: Verlässlichkeit, Stetigkeit, Grundsätze. Nerven und politischer Instinkt für das angemessene Verhalten in der konkreten Situation inklusive…
Also, behauptet wird: Gabriel hat durch seine vermittelnde Rolle zwischen Merkel und den Sozialisten-Sozialdemokraten, nicht zuletzt François Hollande, die Lösung in Brüssel maßgeblich mit ermöglicht. Er soll es gewesen sein, der half, den Vorschlag „Grexit auf Zeit“ vom Tisch zu bekommen.
Ein verständlicher Entlastungsversuch in bedrängter Lage – aber er beruht auf Legendenbildung. Tatsache ist erstens: Merkel braucht Gabriel zur Vermittlung bei Hollande oder auch dem Italiener Matteo Renzi nicht. Wie man immer wieder sieht. Und zweitens: Gabriel selbst wollte doch den „Grexit“, ganz so wie Schäuble. Wie man mehrmals gehört hat.
Erst wollte der SPD-Chef einen temporären „Grexit“ vorurteilsfrei geprüft sehen, öffentlich. Dann, als er merkte, dass das für ihn in seiner SPD gefährlich wurde, wie sich an den sozialen Netzwerken in Echtzeit ablesen ließ, konnte er nicht schnell genug davon wegkommen. Aber geglaubt hat ihm da schon keiner mehr…
Quelle: Stephan-Andreas Casdorff im Tagesspiegel
Anmerkung WL: Eigentlich kann man nur noch hinzufügen: Hoffentlich hat Casdorff Recht. Das Bild das Gabriel liefert ist nur noch peinlich.
- Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss bleibt gleich
Im vierten Jahr in Folge hat die Caritas 2015 die Daten der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss ausgewertet. Das Ergebnis: Die Quote liegt 2013 deutschlandweit 5,6 Prozent und ist damit erstmals im Vergleich zum Vorjahr unverändert geblieben.
Während der Anteil der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss in den letzten Jahren stetig gesunken ist (von 6,9 Prozent im Jahr 2009 auf 5,6 Prozent im Jahr 2012), blieb er von 2012 auf 2013 bundesweit zum ersten Mal seit der Caritas-Erhebung konstant und liegt bei bei 5,6 Prozent. In den Bundesländern spiegelte sich das wider durch leicht ansteigende Quoten in Bremen, Schleswig-Holstein, NRW, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Sachsen und Thüringen. Gesunken sind die Quoten in Niedersachsen, Hessen, Baden-Württemberg, Bayern und Brandenburg. In Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Hamburg sanken die Quoten sogar über einen Prozentpunkt. Dies allerdings – mit Ausnahme von Hamburg – von einem überdurchschnittlich hohen Niveau aus. Insgesamt ist die Bandbreite der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss in den Bundesländern groß und lag zwischen 4,4 Prozent in Hamburg und Bayern und 9,6 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern.
Quelle: Caritas
Anmerkung WL: Auf dem groß gefeierten Bildungsgipfel 2008 wurde das Ziel ausgegeben, die Quote der Schulabgänger ohne Abschluss von acht auf vier Prozent zu halbieren. Dieses Ziel wird nun nach 6 Jahren immer noch deutlich verfehlt.
- Erbschaftssteuer
- Paradies für Reiche – Hölle für Arme
Firmenerben zahlen in Deutschland kaum Erbschaftsteuer. Bei kleinen Erbschaften langt der Staat aber kräftig zu, wenn der Erblasser auch nur kurzzeitig Sozialleistungen bezogen hat.
Das Geschacher um die vom Bundesverfassungsgericht angemahnte Erbschaftsteuerreform ist vorerst beendet. Die Koalition hat sich, ein wenig überraschend, doch noch vor der parlamentarischen Sommerpause auf einen Kompromiss geeinigt. Am Mittwoch soll das Bundeskabinett den Gesetzentwurf von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) beschließen. Der Bundestag wird dann voraussichtlich gleich nach der Sommerpause darüber debattieren. […]
Keine Überraschung ist: Deutschland ist und bleibt auch künftig ein Erbschaftsteuer-Paradies, vor allem für Firmenerben. Mehr als 150 Milliarden Euro werden hierzulande jährlich vererbt. Die Erbschaftsteuersätze sind niedrig und die Freibeträge im internationalen Vergleich sehr hoch. So nahm der Fiskus im vergangenen Jahr gerade einmal 5,5 Milliarden Euro aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer ein. Das entspricht weniger als einem Prozent des gesamten Steueraufkommens.
Quelle: heise online
- Große Koalition reformiert Erbschaftssteuer – “Schutzmacht der Reichen”
Das Bundeskabinett hat die umstrittene Reform der Erbschaftssteuer für Betriebsübergänge auf den Weg gebracht. Michael Schlecht, wirtschaftspolitischer Sprecher der Linken, hält den Gesetzentwurf für einen skandalösen Kniefall vor den Superreichen. Im DLF forderte er, die Freibeträge lieber in Kindertagesstätten und in den Pflegebereich zu stecken.
Heinemann: Herr Schlecht, Unions-Fraktionschef Volker Kauder fordert in der “FAZ” heute Nachbesserungen. Auch aus der CSU und der Wirtschaft hagelt Kritik. Aus Sicht der Linken ein gutes Zeichen?
Schlecht: Das ist ja abenteuerlich. Dieser ganze Gesetzentwurf ist ein skandalöser Kniefall der Union und auch der SPD vor den Superreichen, und man muss sagen, die Große Koalition erweist sich mit diesem Gesetzentwurf wieder einmal als Schutzmacht der Reichen und Superreichen in unserem Lande, und das ist schon wirklich skandalös in Anbetracht der sehr ungerechten Vermögens- und Einkommensverteilung hierzulande.
Heinemann: Wo ist der Skandal und wo berührt das Knie den Boden?
Schlecht: Der Skandal liegt darin, dass jetzt jemand, der bis zu 26 Millionen Betriebsvermögen erbt, wie es hier auch schon gesagt wurde, im Grunde gar keine Erbschaftssteuer zahlen muss, möglicherweise in bestimmten juristischen Konstruktionen selbst bis zu 52 Millionen nicht, und das ist natürlich ein abenteuerlicher Betrag, der dort freigestellt wird. Da gibt es zwar auch noch mal bestimmte Konditionen, die eingehalten werden müssen, aber die sind relativ einfach einzuhalten und das ist wirklich skandalös. Wir wissen, wenn man das nicht machen würde, allein nur diese eine Regelung beim Betriebsvermögen, dann wäre die Möglichkeit, mindestens 10, 11, 12 Milliarden mehr an Erbschaftssteuer einzunehmen. Es ist im Übrigen auch ein Skandal, dass Treiber dieser Entwicklung – – Schäuble, der nun wahrlich ein Konservativer ja ist, der wollte ursprünglich nur 20 Milliarden. Das ist jetzt nach oben getrieben worden. Und diejenigen, die dafür mit gesorgt haben, dass es nach oben getrieben wird, diese Freigrenze, sind zum Teil Sozialdemokraten, hier aus Baden-Württemberg der Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid. Der hat sogar dafür geworben, bis zu 100 Millionen freizustellen. Das ist doch wirklich sehr abenteuerlich.
Quelle: Deutschlandfunk
Anmerkung JK: Vor dem Hintergrund der ganzen Hetzpropaganda gegen Griechenland tritt dieser absolut skandalöse Vorgang, es werden hier Gesetze für die Interessen der Geldelite maßgeschneidert, völlig in den Hintergrund. Der Zynismus dabei ist doch, dass man bezüglich Griechenland beständig die Tatsache kritisiert, das die griechischen Superreichen keinen Cent Steuern zahlen. Wenn die deutsche Geldelite für sich in Anspruch nimmt ebenfalls keine Steuern zu zahlen, ist das dagegen völlig in Ordnung.
- Bertelsmann-Stiftung macht weiter Lobbyarbeit zu TTIP
Heute beginnt die nächste TTIP-Verhandlungsrunde in Brüssel. Wir nehmen dies zum Anlass die Bertelsmann Stiftung erneut für ihre fragwürdigen Aktivitäten rund um die Verhandlungen zu kritisieren. Die Stiftung hat massiv für das Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU geworben. Zugleich ist der Bertelsmann-Konzern selbst möglicher Nutznießer des TTIP und unterstützt Lobbygruppen, die sich für das Freihandelsabkommen einsetzen. Die Stiftung verletzt damit weiterhin ihren eigenen Grundsatz, nicht zu Handlungs- und Geschäftsfeldern des Bertelsmann-Konzerns zu arbeiten.
Gemeinsam mit mehr als 18.900 Bürgerinnen und Bürgern haben wir die Stiftung dazu aufgefordert ihre TTIP-Aktivitäten einzustellen. Bis heute fehlt jede öffentliche Stellungnahme oder Rückmeldung von Seiten des Vorstandsvorsitzenden der Stiftung Aart de Geus. Wir haben der Bertelsmann-Stiftung nun erneut geschrieben und ihr die Unterschriften zugeschickt. Wir sind gespannt, ob sie diesmal reagieren wird.
Bereits 2013 hat die Bertelsmann-Stiftung im Rahmen ihres Projektes „Global Economic Dynamics“ mehrere Interviews, Graphiken und Videos zum Thema TTIP bereitgestellt. Diese waren sehr einseitig. Dort werden ausschließlich vermeintlich positive Effekte von TTIP dargestellt. Meist basieren diese auf einer Studie, die das ifo-Institut im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung durchführte. Wie aussagekräftig diese Studie ist, zeigt schon, dass das ifo-Institut im gleichen Jahr eine Studie für das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie durchführte, bei der sie zu einem völlig anderen Ergebnis kam. Unabhängig davon, wie fragwürdig die Ergebnisse der von der Bertelsmann-Stiftung in Auftrag gegebenen Studie sind, sollte die Bertelsmann-Stiftung gemäß ihres Grundsatzes, nicht zu den Geschäftsbereichen des Konzerns arbeiten zu wollen, überhaupt nicht Stellung zu TTIP nehmen.
Quelle: LobbyControl
- Massaker in Srebrenica Falsche Mythen
Die Morde von Srebrenica waren die giftige Frucht einer Gesellschaft, die es heute nicht mehr gibt: der jugoslawischen. Es war die Angst vor einander, die alle drei Volksgruppen dazu trieb, sich zu bewaffnen…
Zwar wurde der Massenmord an sieben- bis achttausend bosnischen Muslimen tatsächlich von Serben und nicht bloß „im serbischen Namen“ begangen. Eine serbische Gesellschaft aber, aus der die Taten und die Täter hervorgegangen wären, gab es nicht…
Geht man vorurteilsfrei heran, so erweist sich ausgerechnet dasjenige Kollektiv als schuldig, das viele Nostalgiker als positives Gegenbild gegen den Nationalismus der 90er Jahre hochhalten. Die multinationale, bosnische und jugoslawische Gesellschaft der Vorkriegszeit war auf eine Weise organisiert, die ins Verhängnis führte. Sie zwang jeden, sich eine „nationale“ Identität zuzulegen und ordnete ihn der Gemeinschaft unter. Nur wer sich an den jugoslawischen Mythos herantraut, wird dem ewigen blame game ein Ende setzen können.
Quelle: Norbert Mappes-Niediek in der FR
Anmerkung Albrecht Müller: Die pauschale Wertung des letzten Absatzes kann ich aufgrund praktischer Erfahrung nicht nachvollziehen.
- Strategische Kommunikation
Die Bundesregierung verstärkt ihre Aktivitäten gegen Russlands Medienpräsenz insbesondere in Osteuropa. Besonderes Augenmerk gilt den baltischen Staaten, in denen große, massiv diskriminierte russischsprachige Minderheiten leben. Bereits Mitte Mai hat die staatsfinanzierte “Deutsche Welle” ein Kooperationsabkommen mit estnischen, lettischen und litauischen TV-Stationen unterzeichnet und beliefert die Sender seitdem mit Programminhalten in russischer Sprache. Die Organe der Auswärtigen Kulturpolitik wie das Goethe-Institut steigern ebenfalls ihre Aktivitäten in Osteuropa. Auch auf internationaler Ebene nehmen entsprechende Bemühungen zu. Die Europäische Union hat ihrerseits einen “Aktionsplan zu strategischer Kommunikation” erstellt; das in Riga ansässige “Nato Strategic Communications Centre of Excellence” wendet sich gleichermaßen verstärkt gegen Russland.
Quelle: German Foreign Policy
- Rechte Milizen werden zur Bedrohung für Kiew
Eine Schießerei in der Westukraine, die mit drei Toten und einem Dutzend Verletzten endete, hat am Wochenende zu einer militärischen Auseinandersetzung zwischen bewaffneten Anhängern des rechtsextremen Freiwilligen-Bataillons Pravij Sektor (Rechter Sektor) und ukrainischen Polizeikräften geführt. Diese wiederum hatte die Blockade des Präsidentenpalasts in Kiew und die Forderung nach Neuwahlen zur Folge. Präsident Petro Poroschenko hat aus Sorge um die Eskalation der Lage am Montag den Innenminister, den Generalstabschef, die Chefs der Sicherheitsdienste und Premier Arsenij Jazenjuk zu einer Sitzung zusammengerufen.
Ausgelöst worden war die höchst besorgniserregende Entwicklung durch eine Konfrontation von Freiwilligen des Rechten Sektors in dem südwestukrainischen Ort Mukatschewe mit Milizen, die im Sold eines Abgeordneten stehen; nach Angaben des Pravij Sektor hat man den Zigarettenschmuggel über die slowakische und ungarische Grenze stoppen wollen, von dem eine lokale Mafia rund um den Abgeordneten profitiere. Der wiederum sagt, die Freiwilligen hätten ihn aufgesucht, um mit ihm über eine Unterstützung für rückkehrende Frontsoldaten zu sprechen; nach dem Treffen hätten die Männer des Pravij Sektor begonnen, auf seine Leute und auf Zivilisten zu schießen.
Der genaue Ablauf der Konfrontation in der Karpatenregion ist nach wie vor unklar. Offenbar haben sich die rechten Freiwilligen nach der Schießerei in den Wälder rund um Mukatschewe vor der anrückenden Polizei versteckt und werfen den Polizisten nun vor, sie seien an dem Schmugglernetz beteiligt. Es sei der Pravij Sektor, der Ordnung schaffen müsse, weil die Behörden das nicht täten. Die Sicherheitskräfte versuchen bisher vergeblich, die Gruppe zu entwaffnen.
Quelle: SZ
Anmerkung JK: Ja, wer hätte das gedacht. Nun wird man die Geister, die man rief, nicht mehr los.
- Das Letzte – Dieter Nuhr hat recht!
Das Referendum in Griechenland hat gezeigt: Es gibt ein paar Dinge auf der Welt, wo die Demokratie nichts zu suchen hat. Schulden zum Beispiel.
Dabei hat Nuhr lediglich auf eine Selbstverständlichkeit hingewiesen: Verträge sind durch Abstimmungen eines einzelnen Vertragspartners nicht kündbar. Geltendes Recht darf nicht gebrochen werden, Rechtsbruch bleibt Rechtsbruch. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn sich der Rechtsbruch durch einen Mehrheitswillen zu legitimieren trachtet. Wenn der Hausvater beschließt, aus welchen Gründen auch immer, seinen Hauskredit nicht zurückzuzahlen, dann ist ihm diese Entscheidung natürlich unbenommen. Er muss freilich, ob er will oder nicht, bereit sein, die Konsequenzen zu tragen. Am Ende schickt ihn womöglich sogar ein Strafrichter in das Gefängnis.
Es mag für den Hausvater erträglicher sein, wenn er sich bei seinem Rechtsbruch auf den Willen der ganzen Familie berufen kann. Dann erspart er sich hinterher die Vorwürfe seiner Frau, sie habe doch immer gesagt, der Hausbau sei zu aufwendig, mit dem Kredit habe man sich übernommen – und überhaupt dürfe man nicht über seine Verhältnisse leben. Aber es bleibt dabei: Das Verfahren, durch welches die Entscheidung des Rechtsbruchs zustande kam, ändert nichts am Tatbestand des Rechtsbruchs selbst.
Quelle: FAZ
Anmerkung JK: Es ist schon erstaunlich wie offen einer der exponiertesten Propagandisten des Neoliberalismus in Deutschland, der Chefredakteur des Wirtschaftsteils der FAZ, Rainer Hank, in aller Öffentlichkeit zugibt, was Neoliberale von Demokratie halten, nämlich nichts. Und dazu die völlig primitive Vorstellungswelt der Neoliberalen entlarvt, für die ein schwäbischer Häuslebauer offenbar komplett dasselbe ist wie eine Volkswirtschaft mit Millionen Menschen.
- Das Allerletzte: Warum ein Nobelpreisträger auf Deutschland losgeht
Paul Krugman ist ein Ökonom mit klaren Feindbildern – und schließt sich einer Hasskampagne gegen Deutschland an.
An einem mangelt es Paul Krugman nicht, und das sind Feindbilder. Leute, die die Wettbewerbsfähigkeit verbessern wollen, beschimpft der heute 62-jährige Starökonom schon mal als “Pop-Internationalisten”. Seine Kollegen teilt er ein in dumme “Süßwasser-Ökonomen” (die vornehmlich aus Chicago am Michigansee kommen und Angebotspolitik betreiben) und gute “Salzwasser-Ökonomen” (die, wie er selbst, an einer der Elite-Universitäten an der Ostküste lehren und die Nachfrage stärken wollen). Aber auch ein Salzwasser-Ökonom wie Kenneth Rogoff von Harvard ist vor Krugman nicht sicher. Ihm hielt er vor, sich mit einer Staatsschulden-Studie zum “Gespött” gemacht zu haben.
Quelle: Nikolaus Piper in der SZ
Anmerkung JK: Wenn es eines Beweises bedurfte in welcher bizarren Scheinwelt deutsche „Qualitätsjournalisten“ leben, dann kann man das hier lesen. Deutschland ist Opfer einer „Hasskampagne“, das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Und in erschreckender Weise erinnert dies an Altbekanntes: „ … wir werden diesen Kampf bestehen gegen eine Welt von Feinden.” So Wilhelm Zwo am 6. August 1914. Wenn jemand in den letzten Monaten Hass auf andere Nationen, explizit Griechenland, geschürt hat, dann war es gerade die deutsche „Qualitätspresse“. Und Schaum vor dem Mund hat allein Piper, der seit jeher auf jeden publizistisch eindrischt, der es wagt das neoliberale Dogma in Frage zu stellen.
Ergänzende Anmerkung AT: Außerdem hat sich Kenneth Rogoff tatsächlich zum Gespött gemacht. Und zwar mit einer Studie, auf die sich die gesamte Austeritätswelt (also vor allem Merkel, Schäuble und ihre Anhänger) immer wieder stützen. Leider enthält diese Arbeit einen peinlichen Rechenfehler, den Piper nicht zu kennen scheint, Krugman aber anprangerte. Bekannt ist die Geschichte übrigens unter Reinhart-Rogoff Fiasko, nachzulesen unter anderem auf den NachDenkSeiten.