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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 18. Juni 2015 um 8:30 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. Germany should look at itself in the mirror
  2. Wege aus der Krise im Süden
  3. Ausgemerkelt
  4. Europas Sparkurs: Gegen jede ökonomische Vernunft
  5. Bild Dir Deinen Sigmar!
  6. Wachstumsprognose: Ifo-Institut erwartet kräftigen Aufschwung
  7. 15,8 % der Bevölkerung waren 2010 armutsgefährdet
  8. Rentenlüge neuen Typs
  9. Walmart soll Milliarden in Steueroasen verstecken
  10. Uber gerät in den USA unter Druck
  11. Democrats Being Democrats – Die Demokraten als Demokratren
  12. Ursula von der Leyen stellt Parlamentsvorbehalt bei Auslandseinsätzen in Frage
  13. Vorratsdatenspeicherung: SPD-Spitze erhöht den Druck auf die Basis
  14. Postzustellung nahe am Erliegen
  15. Fremdmitarbeiter: Angestellte von Kunden werden Streikbrecher bei Post
  16. Die Deutsche Autobahn AG
  17. NSA und BND: Die Rückkehr der Ideologie
  18. US-Senat für Folter-Verbot bei Verhören

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Germany should look at itself in the mirror
    It has been argued for some years that one of the important consequences of Germany’s obsession with fiscal surpluses in recent years, articulated by Chancellor Merkel and Finance Minister Schäuble as the “Schwarze Null” austerity policy, is that Germany has been under-investing in its physical infrastructure. But it has taken the recent industrial unrest to bring that to the fore into the public debate. Even the IMF is now getting on the bandwagon. In its in-house journal (Finance and Development, Vol.52, No.2, June 2015) there was an article – Capital Idea – which says that “By increasing spending on infrastructure, Germany will help not only itself, but the entire euro area”. At present, Germany is trying to take the high moral ground in the Greece negotiations, but its motivations are obvious – it doesn’t want the generosity that the rest of the world has shown to it in the past (debt forgiveness) to be given to Greece now because that would allow the Greek government to stimulate growth and demonstrate that the austerity path is destructive and myopic. It doesn’t suit Germany’s own vision of itself (as articulated by its own crazy government) for an anti-austerity stance to be given any oxygen. But if it looks at itself in the mirror it would see an economy that is barely capable of economic growth itself, most recently has zero employment growth, has decaying physical infrastructure such that bridges are roads are becoming dangerous, has generated no meaningful real wages growth in years, and as a consequence, has a workforce that is now showing signs of open revolt. Some moral high ground.
    Quelle: Bill Mitchell | billy blog
  2. Wege aus der Krise im Süden
    In Südeuropa wurden in den Jahren vor der Finanzkrise unglaublich viele Fehler gemacht, die in Griechenland kulminierten: zu viel Korruption, zu hohe Militärausgaben, zu viele BeamtInnen, ein zu ineffizientes Steuersystem und zu wenig Augenmerk auf die Verbesserung der Wirtschaftsstrukturen. Doch viele dafür verantwortliche Regierungen wurden abgewählt (wie in Griechenland) oder stehen knapp davor (wie in Spanien). Es scheint, als würde nun endlich mit dem alten Klientelismus gebrochen und die notwendige Erneuerung der Institutionen, vom Steuersystem über den Arbeitsmarkt bis zum Sozialwesen, angegangen. Nur so können die sozialen Katastrophen von Massenarbeitslosigkeit und Armut überwunden werden, nur so kann eine wirtschaftliche Erholung gelingen.
    Quelle: blog.arbeit-wirtschaft
  3. Ausgemerkelt
    Der «Spiegel»-Kolumnist Wolfgang Münchau hatte völlig recht, als er nach dem Wahlsieg der Syriza im Januar 2015 schrieb: «In den vergangenen fünf Tagen ist das Ausmass von Angela Merkels katastrophaler Antikrisenpolitik so deutlich geworden wie nie zuvor. Die von ihr erzwungene Sparpolitik führte zu Deflation im Euroraum und zu Dauerrezession in Südeuropa.»
    Gescheitert ist vor allem Merkels Idee, dass man die Krise aussitzen könne. Bei vielen politischen Themen mag das möglich sein. Skandale kommen und gehen, Konflikte lassen sich eindämmen, wenn man sich mehr Zeit zur Kompromissfindung lässt. Aber bei der Europäischen Währungsunion ist dies genau der falsche Ansatz. Die Probleme werden grösser, nicht kleiner, wenn man zuwartet.
    Quelle: Tagesanzeiger
  4. Europas Sparkurs: Gegen jede ökonomische Vernunft
    Von Till van Treeck
    Dass marktliberal gesinnte PolitikerInnen Austeritätspolitik und Schuldenabbau um jeden Preis fordern, ist wenig überraschend. Aber warum sind arbeitnehmernahe Parteien in Europa kaum noch in der Lage, diesem kontraproduktiven und gefährlichen Denken etwas entgegenzusetzen?
    Quelle: Vorwärts
  5. Bild Dir Deinen Sigmar!
    Man könnte mittlerweile eine eigene Deutschstunde eigens für Sigmar Gabriels Beiträge einrichten. Von Woche zu Woche hat man das Gefühl, dass der Parteivorsitzende der Sozialdemokratie mit Wortbeiträgen verzweifelt darum bemüht ist, sein eigenes Profil zu schärfen. Nun wird vielleicht mancher Leser einwenden, wie sonst könne das politische Profil geschärft werden, wenn nicht mit aktuellen Ansichten zur politischen Lage? Nur zur Illustration: Angela Merkel ist es über die Jahre gelungen, durch strikte Dosierung von persönlichen Bekenntnissen das Image der besonnenen Fachfrau zu schaffen. Sigmar Gabriel entwickelt sich zunehmend und genüsslich zum parlamentarischen Arm der Bild-Zeitung. […]
    Ein Anruf der Bild-Redaktion und die Bitte für einen Gastbeitrag ist etwas, das für manche Politiker wie ein Sechser im Lotto oder eine Doppelportion Bockwurst mit Schrippe wirkt: das pure Glück.
    Für Gabriel muss es eine Dauerbockwurstparty sein, die ihn dazu bewegt, Politik mithilfe des Boulevards zu machen. Innerparteilich ist er schwach. Seine Parteigenossen haben mittlerweile keine Hemmungen, sich öffentlich von ihm zu distanzieren oder zu widersprechen. Wer aber regelmäßig in der Bild sprechen darf, hat fünfmal mehr Zuhörer als Mitglieder in der eigenen Partei. Und so hat er Aussicht auf mehr Zustimmung in der Bevölkerung und damit eine Form der Macht, die mächtiger als das Parteimandat ist.
    Natürlich geht es Gabriel in seiner Äußerung keine Sekunde lang über die griechischen Kommunisten (wer?) und ihre “überzogenen Wahlversprechen” (welche?), die vom deutschen Arbeitnehmer und seiner Familie (hier gleichzusetzen mit “der Bild-Leser”) alimentiert werden. Es geht um den Wunsch, wahrgenommen zu werden. Politiker wie Wolfgang Bosbach machen es vor. Sie verknüpfen ihr persönliches Schicksal mit dem Schicksal eines europäischen Mitglieds an der Ägäis und drohen mit Bosbexit. Sigmar Gabriel will von dem Graben, der in der Griechenland-Frage innerhalb der CDU herrscht, profitieren. Er schlägt sich auf die Seite der Grexit-Befürworter in der Hoffnung auf mehr Fans.
    Quelle: Mely Kiyak auf Zeit Online

    Dazu: Mann ohne Kompass
    Mag der eine oder die andere auch grummeln, letztlich wird die Partei ihrer Führung folgen. Die Krise der SPD ist nicht nur eine ihres Vorsitzenden, sondern auch derjenigen, die sich nicht gegen ihn auflehnen.
    Konstant um die 25 Prozent erhält die SPD in den Umfragen. Das ist noch erstaunlich viel, wie der Blick nach Griechenland zeigt. Anstatt wie ein deutsch-nationaler Stammtischbruder über die vermeintlich „überzogenen Wahlversprechen einer zum Teil kommunistischen Regierung“ zu wettern, sollte sich Gabriel besser genau anschauen, wie es zum Abstieg der einst stolzen Pasok und zum Aufstieg von Syriza gekommen ist. Wenn Sozialdemokraten nicht mehr als glaubwürdige progressive Alternative wahrgenommen werden, machen sie sich überflüssig.
    Quelle: Pascal Beucker in der taz

  6. Wachstumsprognose: Ifo-Institut erwartet kräftigen Aufschwung
    Das Ifo-Institut korrigiert seine Wachstumsprognose für das laufende Jahr: Die deutsche Wirtschaft wird nach Ansicht der Münchener Ökonomen um 1,9 Prozent zulegen – die Zahl der Erwerbstätigen auf ein Rekordhoch steigen.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung unseres Lesers U.D.: Meine Vorhersage aus der Glaskugel stimmt mit der IfO-Prognose nicht überein. Die Feststellung von IfO in Dresden, Sachsen, dass “…die Industrie skeptisch, der Handel höchst unzufrieden seien und die Ergebnisse der Umfrage von Mai 2015 einer Katastrophe gleichen (in Sachsen)…”, dürfte auch für viele Bundesländer zutreffen. Die politische Großwetterlage, die verfehlte Euro-Politik, das vorsätzliche Abschnüren der Russland-Exporte werden ihre negative Wirkung zeigen, da hilft auch kein Schönschreiben der unfähigen Regierungspolitik.

  7. 15,8 % der Bevölkerung waren 2010 armutsgefährdet
    15,8 % der Bevölkerung Deutschlands – das sind rund 12,8 Millionen Menschen – waren 2010 armutsgefährdet. Gegenüber 2009 (15,6 %) und 2008 (15,5 %) blieb die Quote damit auf einem vergleichbaren Niveau. Dies teilt das Statistische Bundesamt (Destatis) als ein zentrales Ergebnis aus der Erhebung LEBEN IN EUROPA 2011 mit. Dazu wurden 13 512 Haushalte und 24 220 Personen ab 16 Jahren zu ihren Einkommen und Lebensbedingungen befragt.
    Eine Person galt demnach im Jahr 2010 als armutsgefährdet, wenn sie nach Einbeziehung staatlicher Transferleistungen weniger als 11 426 Euro im Jahr beziehungsweise 952 Euro im Monat zur Verfügung hatte.
    Bei der männlichen Bevölkerung lag die Armutsgefährdung mit 14,9 % etwas unter dem Durchschnitt der gesamten Bevölkerung, bei Frauen war die Quote mit 16,8 % stärker ausgeprägt. Überdurchschnittlich fiel die Quote auch bei Personen zwischen 18 und 64 Jahren (16,4 %) aus. Die Armutsquote von Kindern, die jünger als 18 Jahre alt waren, lag mit 15,6 % leicht unter dem Bundesdurchschnitt. Bei den älteren Menschen ab 65 Jahren war die Quote mit 14,2 % noch niedriger. Alleinerziehende Elternteile und ihre Kinder gehörten mit einer Quote von 37,1 % auch 2010 zu den am stärksten von Armut betroffenen Bevölkerungsgruppen. Das galt auch für die alleinlebenden Personen – hier war etwa jede dritte Person (36,1 %) unter 65 Jahren armutsgefährdet. In Haushalten von zwei Erwachsenen unter 65 Jahren traf dies auf 11,3 % zu.
    Quelle: Statistisches Bundesamt
  8. Rentenlüge neuen Typs
    Weniger Teilhabe: Für die ostdeutschen Senioren hat sich die Lage nach 1990 verschlechtert
    »Was jedermann weiß, ist meistens falsch«, schrieb der US-Autor John Steinbeck in seinem Roman »Geld bringt Geld«. Als Beispiel wählte er die Vorstellung, Kinder bräuchten zum Einschlafen »Ruhe«. (Tatsächlich schlafen Kinder bei sonoren Geräuschen viel besser, wirkliche Stille macht ihnen eher Angst.) Eine Perle solcher Weisheiten ist die Vorstellung, es ginge ostdeutschen Rentnern heute »besser« als zu DDR-Zeiten. Angesichts der zunehmenden Altersarmut weiß die Super-Illu: »Aber so schlimm, wie es den DDR-Rentnern erging, kann es kaum werden.« Und Bundespräsident Joachim Gauck verriet unlängst Bild: »Der größte Teil der Rentner ist heute – auch im internationalen Vergleich – recht umfassend abgesichert«.
    Die Durchschnittsrente in der DDR betrug in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre 471 Mark. (Männer: 526 Mark, Frauen 418 Mark.) Tatsächlich war sie durch eine Reihe von Zusatzsystemen fast 100 Mark höher – aber bleiben wir beim Grundangebot von 471 DDR-Mark. Davon zahlte der Durchschnittsrentner 30 Mark Miete, 20 Mark für Strom und Wasser, allenfalls 100 Mark für Lebensmittel, fünf Mark für seine Kohlen (übers Jahr gerechnet). 155 Mark kosteten ihn also die »Essentials«. Ihm blieben noch 316 DDR-Mark. Was konnte er damit anfangen? Er konnte dreimal quer durch die DDR mit der Eisenbahn zu seinen Enkeln fahren (ermäßigt zusammen 25 Mark), fünfmal ins Kino gehen (zusammen zehn Mark), sich drei Gaststättenessen leisten (mit Getränk 15 Mark), drei Bücher kaufen (zwölf Mark), fünf Skat- und Bierabende mit Freunden veranstalten (insgesamt 12,50 Mark), einmal das Auto betanken (36 Mark), seiner neuen Flamme einen Blumenstrauß schenken (drei Mark), sich eine neue Hose kaufen (wenngleich nicht schick: 30 Mark). Dann konnte er immer noch dreimal ins Theater gehen, (für ihn als Rentner zusammen zehn Mark), einem Kegelverein angehören und einem Briefmarkenverein (beides für ihn gratis oder praktisch kostenlos). Er konnte zwei Tageszeitungen und vier Zeitschriften beziehen. (Zusammen 15 Mark.) Und die DDR ermöglichte den meisten ihrer Bürger sogar den gebührenfreien Empfang von Westfernsehen. Der DDR-Rentner hätte Leser der Deutschen Bücherei Leipzig und gleichzeitig der Berliner Staatsbibliothek sein können (je eine Mark Jahresbeitrag). Zusammengerechnet 170,50 Mark. Rentenhöhe und Preisstruktur der DDR hätten ihm ein erfülltes und kommunikatives Leben gestattet. Er hätte noch 145,50 Mark für Reparaturen, Geschenke, Sonderausgaben und eventuelle Urlaubsfahrten übrig gehabt. Genauer: 200,50 Mark als Mann und 92,50 als Frau. Für dieses Programm bräuchte der heutige Durchschnittsrentner in Brandenburg etwa doppelt so hohe Altersbezüge, wie er tatsächlich hat (mindestens 1.500 Euro).
    Quelle: junge Welt
  9. Walmart soll Milliarden in Steueroasen verstecken
    Der amerikanische Walmart-Konzern steht in vielen Disziplinen weltweit ganz oben. Nach der Rangliste des US-Magazins Fortune ist der Einzelhändler die größte Firma der Welt, vor einigen Öl- und Finanzfirmen. Der 1962 von dem knorrigen Sam Walton gegründete Konzern fällt seit langem durch niedrige Preise und ebenso niedrige Löhne auf. Nun legt eine neue Untersuchung nahe, dass der Supermarktriese mit 2,2 Millionen Beschäftigten auf dem ganzen Globus in einer besonders verschwiegenen Disziplin spitze ist: Beim Vermeiden von Steuern.
    Walmart soll in einem bisher verborgenen globalen Netzwerk in 15 Steueroasen Vermögenswerte von mindestens 76 Milliarden Dollar deponiert haben, ermittelt die amerikanische NGO “Americans for TaxFairness” in einer Studie, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. In all diesen Ländern, darunter sieben aus Europa, betreibt der Konzern keinen einzigen Laden. Der Vorwurf: Walmart benutzt dieses System womöglich, um Steuern in den USA und anderen Staaten etwa in Europa zu vermeiden, in denen es tatsächlich Supermärkte hat. Laut Studie gehören fast alle der 27 operativen Walmart-Töchter außerhalb der USA Dependancen in Steuerparadiesen, darunter das wichtige Geschäft in Großbritannien, China, Japan und Brasilien. Auf diese Weise seien 90 Prozent der Vermögenswerte von Walmarts internationaler Einheit in Ländern gebunkert, in denen die Finanzbehörden wenig Forderungen haben.
    Zentral bei dem Konstrukt ist erneut Luxemburg, dessen konzernfreundliche Politik bereits Ende 2014 von einem weltweiten Medienverbund, unter anderem der Süddeutschen Zeitung, enthüllt wurde. Laut der Studie lagern angeblich in Briefkastenfirmen 64 Milliarden Dollar, in den Niederlanden zwölf Milliarden, weiteres Geld in der Schweiz, Irland und den zu Großbritannien gehörenden Jungferninseln. Eine Strategie ist dabei wie von anderen Konzernen bekannt, Kredite aus den Steueroasen an Staaten zu vergeben, in denen tatsächliche Supermärkte stehen – und die Gewinnsteuern dann durch Zinszahlungen an die Steueroasen zu verringern. Auf diese Weise könnten auch europäischen Staaten Einnahmen entgangen sein.
    Quelle: SZ

    Anmerkung JK: Eine der größten Steueroasen liegt mitten in Europa. Und was wird dagegen unternommen? Richtig, nichts.

  10. Uber gerät in den USA unter Druck
    In Kalifornien gelten Uber-Fahrer künftig als Angestellte, nicht als Auftragnehmer. Die Entscheidung gefährdet das Geschäftsprinzip des Taxi-Konkurrenten.
    Uber bekommt auch in den USA rechtliche Probleme. Die für Arbeitsfragen zuständige Behörde von Kalifornien kommt nach einer Überprüfung zu dem Ergebnis, dass Uber-Fahrer nicht als Auftragnehmer, sondern als Angestellte anzusehen sind.
    Der Fahrdienst-Anbieter hatte im Zuge der Prüfung argumentiert, die Fahrer seien unabhängige Auftragnehmer und Uber selbst nur eine neutrale Vermittlerplattform. Dem widersprechen die Experten des Bundesstaates: Uber sei “in jeden Aspekt des Geschäfts” involviert, sodass ein Angestelltenverhältnis vorliege. […]
    Angriff auf das Geschäftsmodell
    Mit der Entscheidung greift die kalifornische Arbeitsbehörde die Geschäftsgrundlage von Uber an. So eröffnet die Einstufung als Angestellte den Fahrern einerseits die Möglichkeit, von Uber Einzahlungen in die Sozial- und Arbeitslosenversicherung zu verlangen. Dies würde die Kosten für Fahrten in die Höhe treiben und sich damit auf die Firmenbewertung auswirken, die derzeit auf mehr als 40 Milliarden Dollar geschätzt wird. Auf der anderen Seite ist die Betonung der reinen Vermittlerrolle für Uber essentiell, um die strikten Regulierungsvorgaben für das klassische Taxi-Gewerbe zu vermeiden.
    Quelle: ZEIT

    Anmerkung unsers Lesers J.A.: Wenn das Zahlen von Sozialversicherungsbeiträgen und die Beachtung von Regulierungsvorschriften sich so stark auf Fahrpreise und Firmenrendite auswirken, beweist das im Umkehrschluss, daß Ubers “Geschäftsmodell” einfach auf der Ausbeutung der Fahrer und dem Prellen von Sozialversicherungsbeiträgen – kurz: auf pseudo-legaler Schwarzarbeit – und auf dem Unterlaufen von Regularien beruht. Das “Geschäftsmodell” – unlauterer Wettbewerb durch Lohndumping und illegale Praktiken – ist so innovativ, das gibt es schon seit Jahrhunderten.

  11. Democrats Being Democrats – Die Demokraten als Demokratren
    Paul Krugman, NYT , 15.Juni 2015
    Am Freitag schockierten die Demokraten im Repräsentantenhaus fast alle mit ihrer Ablehnung zentraler Klauseln, die für den Abschluss der Transpazifischen Partnerschaft erforderlich wären, eines Abkommens, das das Weiße Haus will, ein Großteil der Partei aber nicht. Und am Samstag läutete Hillary Clinton offiziell ihren Wahlkampf für die Präsidentschaft ein und überraschte die meisten Beobachter mit einer unverblümt liberalen und populistischen Rede.
    Diese Ereignisse sind natürlich miteinander verbunden. Die Demokratische Partei steht mit immer größerer Bestimmtheit hinter ihren traditionellen Werten, was auch durch Mrs. Clintons Entscheidung, ihre Rede auf Roosevelt Island zu halten, unterstrichen wurde. Man könnte sagen, die Demokraten rücken nach links. Aber die Sache ist komplizierter und interessanter, als eine so simple Feststellung ausdrücken könnte.
    Quelle: The New York Times
  12. Ursula von der Leyen stellt Parlamentsvorbehalt bei Auslandseinsätzen in Frage
    Noch muss der Bundestag bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr zustimmen. Eine Europäische Armee könnte das ändern. „Es kann sein, dass wir das deutsche Recht ändern müssen“, sagt die Verteidigungsministerin.
    Quelle: Tagesspiegel
  13. Vorratsdatenspeicherung: SPD-Spitze erhöht den Druck auf die Basis
    Vor dem Parteikonvent am Wochenende warnt Generalsekretärin Yasmin Fahimi Netzpolitiker und Parteilinke, wegen der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung „die Regierungsfähigkeit aufs Spiel zu setzen“. Stellt SPD-Chef Gabriel den Delegierten damit indirekt die Vertrauensfrage?
    Die SPD-Führung erhöht in der Auseinandersetzung über die Vorratsdatenspeicherung den Druck auf die Parteibasis. Generalsekretärin Yasmin Fahimi äußerte sich mit Blick auf den Parteikonvent am Samstag in Berlin zuversichtlich, dass der Gesetzentwurf von Justizminister Heiko Maas und damit die vom Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel vorgegebene Linie bei den 235 Delegierten eine Mehrheit finden werde – „nicht zuletzt deswegen, weil ich glaube, dass die SPD zu klug ist, um wegen der Auslegung eines Grundrechtsartikels ihre Regierungsfähigkeit aufs Spiel zu setzen“.
    Laut „Stuttgarter Zeitung“ (StZ) soll sich dem Vernehmen nach auch schon der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel am Montag im Präsidium ähnlich geäußert haben. Die „StZ“ spekuliert Gabriel habe damit indirekt die Vertrauensfrage gestellt.
    Netzpolitiker und Teile der Parteilinken haben Anträge gegen die mit dem Koalitionspartner verabredete Speicherung von Telefon- und Internetdaten zur Verbrechensbekämpfung eingebracht.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: So sieht also beim Basta-Vizekanzler innerparteiliche Demokratie aus? Dann kann man den Parteikonvent eigentlich gleich streichen, wenn dort nur ein bißchen diskutiert und dann die Gabriel-Linie abgenickt werden kann.

  14. Postzustellung nahe am Erliegen
    “Quote sinkt mittlerweile auf 20 bis null Prozent”
    Die Postzustellung in Bayern kommt fast zum Erliegen. „In den unbefristet bestreikten Bereichen sinkt die Postzustellung mittlerweile auf 20 bis null Prozent“, berichtete Anton Hirtreiter von ver.di Bayern. Abhängig ist dies nur vom Anteil der verbeamteten Zustellkräfte, die nicht streiken dürfen.
    Quelle: Verdi Bayern
  15. Fremdmitarbeiter: Angestellte von Kunden werden Streikbrecher bei Post
    Die Post greift angesichts des Streiks zu einer ungewöhnlichen Strategie: Sie lässt die Mitarbeiter von Kunden bei sich Briefe und Pakete sortieren. Zweifel am Schutz des Postgeheimnisses werden laut.
    Angestellte von Geschäftskunden helfen während des Streiks in Sortierzentren der Deutschen Post aus. Eine Unternehmenssprecherin sagte am Mittwoch, “ein halbes Dutzend namhafter Unternehmen” schicke Mitarbeiter, um die Streikfolgen abzumildern.
    Einem Bericht der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” zufolge helfen Angestellte von Versandhäusern und Versicherungen in den nächstgelegenen Sortierzentren aus, damit ihre Sendungen nicht liegen bleiben. Dort kümmerten sie sich nicht speziell um die Briefe und Pakete des eigenen Unternehmens, sondern sortierten auch fremde Sendungen.
    “Das ist eine großartige Geste und zeigt die Verbundenheit und Solidarität unserer Kunden”, zitierte die “FAZ” aus einer E-Mail des Post-Betriebschefs für Briefe und Pakete, Uwe Brinks. Der Chef der Kommunikationsgewerkschaft DPV kritisierte das Vorgehen und sieht dadurch das Brief- und Postgeheimnis in Gefahr. “Die Sicherheit und Vertraulichkeit des Postbetriebes ist in keiner Weise mehr gewährleistet”, sagte er dem Blatt.
    Der nordrhein-westfälische Verdi-Fachbereichsleiter für Postdienste, Uwe Speckenwirth, kritisierte zudem, dass die Post versuche, Großkunden wie Amazon durch eine bevorzugte Behandlung bei Laune zu halten.
    Quelle: WELT

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Einfach unglaublich. Da arbeitet die alte Deutschland AG zusammen, um Gewerkschaften und Arbeitnehmer zu schädigen. Daß man es dabei mit Recht und Gesetz nicht so eng nimmt, macht die Regierung vor (Tarifeinheitsgesetz).

  16. Die Deutsche Autobahn AG
    Ohne Finanzkorsett und Länderproporz bietet sich die Chance für bessere Verkehrswege: Eine Bundesgesellschaft für Autobahnen könnte viel erreichen. Doch die Zeit drängt. […]
    Die Idee, alle Autobahnen oder sogar alle Bundesfernstraßen in einer Bundesgesellschaft für Bau, Betrieb und Finanzierung zu bündeln, ist so neu, dass sie nicht mal im Koalitionsvertrag steht. Das Problem indes, das sie lösen helfen soll, ist älter: Deutschlands Infrastruktur bröckelt. Straßen, Schienen und Brücken müssen saniert werden; angesichts des andauernden Verkehrswachstums müssen sie an einigen Stellen aus- und neugebaut werden, wenn sie nicht zur Mobilitätsbremse werden sollen für Bürger und Wirtschaft. Damit das klappt, braucht man zwei Dinge: Geld und eine effiziente Entscheidungs- und Verwaltungsstruktur, damit dieses Geld auch sinnvoll ausgegeben wird.
    Es fehlt an Planern, die das Geld verbauen
    Finanzminister Wolfgang Schäuble teilt inzwischen die Diagnose einer chronischen Unterfinanzierung der Infrastruktur. Der Zehn-Milliarden-Investitionsetat von Verkehrsminister Alexander Dobrindt erlebt deshalb in den nächsten Jahren einen „Hochlauf“ auf bis zu 14,5 Milliarden Euro 2018. Damit ist das Geld der Steuerzahler zwar eingestellt, aber noch lange nicht verbaut. Nur wenige der Länder, die im Auftrag des Bundes Fernstraßen bauen, verfügen noch über genug Planer und Pläne. Die Abteilungen sind in den vergangenen Jahrzehnten gestutzt worden, um zu sparen. Die Länder können nicht mehr aus dem Vollen schöpfen, es fehlt (außer in Bayern) an planungsreifen Vorhaben. Skeptiker zweifeln deshalb daran, dass die zusätzlichen Milliarden wirklich in dringendste Projekte fließen werden. Schlimmstenfalls müsste sogar ungenutztes Geld nach 2018 in den allgemeinen Etat zurückgehen.
    Mit einer privatrechtlich organisierten Deutschen Autobahn AG – oder wie auch immer eine solche Fernstraßengesellschaft später hieße – könnte der Bund das Netz transparenter planen und bewirtschaften, länderübergreifende Vorhaben bündeln und mit verlässlicher Mittelausstattung Prioritäten setzen und dabei Lebenszyklus-Kosten bedenken. Das klingt verlockend. Als Vorbild kann neben der Netz AG der Deutschen Bahn vor allem die österreichische Autobahngesellschaft Asfinag dienen, die sich aus Steuern und Maut finanziert. Auch hierzulande werden Lkw- und Pkw-Maut bald eine größere Rolle spielen.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unsers Lesers J.A.: Warum drängt eigentlich plötzlich die Zeit für dieses Wahnsinnsprojekt, wenn die Infrastruktur schon seit 20 Jahren auf Verschleiß gefahren wird? Inwiefern soll die Pkw-Maut – aktuell bestenfalls ein zweihundert Millionen Euro im Jahr – in der Zukunft eine größere Rolle spielen – weiß die FAZ mehr? Warum fällt der Kommentatorin für die Finanzierung nicht die logischerweise billigste Finanzierung über Staatsverschuldung oder – noch viel besser – über höhere Steuereinnahmen z. B. aus der Körperschaftsteuer ein? Und warum sagt die Kommentatorin nichts zu der wahnsinnigen Pseudo-Sparpolitik, die sie selbst so charakterisiert: “Nur wenige der Länder, die im Auftrag des Bundes Fernstraßen bauen, verfügen noch über genug Planer und Pläne. Die Abteilungen sind in den vergangenen Jahrzehnten gestutzt worden, um zu sparen.”

  17. NSA und BND: Die Rückkehr der Ideologie
    Mit dem Ende der rot-grünen Bundesregierung schien in der deutschen Politik kein Platz mehr für ideologischen Ballast zu sein. Weit gefehlt, wie die Aufregung um die Zusammenarbeit zwischen BND und NSA zeigt.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Mit der Grundgesetztreue ist es bei der FAZ doch nicht so weit her – eine genaue Überprüfung der des verfassungswidrigen NSA-BND-Verbindung ist also “Ideologie”. Dafür weiß die FAZ – ohne weitere Überprüfung, das wäre ja Ideologie – das die “Hinweise” zu den Bundestags-Hackern “Richtung Osten deuten”. Für mich ist das ideologisch in den 1980er Jahren im Kalten Krieg hängen geblieben – aber ich bin ja auch kein Top-Journalist.

  18. US-Senat für Folter-Verbot bei Verhören
    Der US-Senat zieht Konsequenzen aus dem Folterbericht der CIA. Mit deutlicher Mehrheit stimmten die Abgeordneten für ein Verbot sogenannter verschärfter Verhörmethoden.
    Für den Antrag zur Änderung des betreffenden Gesetzes stimmten in Washington 78 Senatoren, 21 votierten dagegen. Das Vorhaben wurde von allen anwesenden Demokraten der Kongresskammer sowie von 32 Republikanern unterstützt.
    Zu ihnen zählte auch der einflussreiche Senator John McCain, der den Änderungsantrag mit eingebracht hatte.
    Um die Reform zu verabschieden, muss neben dem Senat auch die zweite Kongresskammer, das Repräsentantenhaus, für das umfassende Vertragswerk stimmen. In Kraft treten kann es erst nach seiner Unterzeichnung durch US-Präsident Barack Obama.
    Quelle: DW


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