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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 4. September 2007 um 8:55 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Kai Ruhsert
(KR/WL)
Anmerkung WL: Wichtig wäre, dass die Gewerkschaften nicht mehr länger nur eine Strategie nach dem Motto verfolgten, „das Schlimmste zu verhindern“. Sie müssten auch konsistente politische Alternativkonzepte zur herrschenden Wirtschafts- und Sozialpolitik entwickeln und vertreten. Wer sich auf die Logik der angebotsorientierten Wirtschaftsideologie einlässt, begibt sich auf eine Rutsche, auf der es für die Lohnabhängigen keinen Halt mehr auf dem Weg nach unten gibt. Dann bleiben nur noch moralische Appelle.
Anmerkung: Die sechs neuen Professoren, die zu den bisherigen zehn dazu kommen, dürfen also Wissenschaft im Sinne des Stifters betreiben. Und nach zehn Jahren dürfen dann die Professuren, das Folgepersonal und die notwendige, sächliche Grundausstattung vom Staat finanziert werden. So unterwandert man mit 24 Millionen eine wirtschaftswissenschaftliche Fakultät.
Und die Presse feiert diese „großzügige Gabe“ natürlich.
Quelle: Westdeutsche Zeitung
Anmerkung WL: Nachdem die Konsumklimaschätzungen der GfK seit Monaten über den realen Konsumdaten des Statistischen Bundesamtes lag, müssen nun die Turbulenzen auf den Finanzmärkten als Begründung für das schlechtere Konsumklima herhalten. Wenn die Löhne seit über einer Dekade stagnierten oder netto sogar sanken, wenn den Menschen seit der Agenda beigebracht wird, dass sie Geld fürs Alter oder für Notlagen zurücklegen sollten, wenn das Vertrauen in die sozialen Sicherungssysteme als sog. Stabilisierungsfaktoren zerstört worden ist, braucht man sich nicht zu wundern, dass der Konsum stagniert. Wie weit diese Art von Konsumforschung an der Wirklichkeit vorbeigeht, beweist folgender Satz: „Auch bei den Arbeitslosen ging die Lust zu größeren Einkäufen sehr stark zurück.“
Und der Zweckoptimismus im letzten Absatz bedarf für NachDenkSeiten-Leser sicher keiner Kommentierung.
Zitat aus dem Artikel:
Ein weiterer, wichtiger Grund für die sinkenden Durchschnittsrenten sind nach DRV-Angaben eben jene Brüche in der Erwerbsbiografie. Längere Ausbildungszeiten und hohe Arbeitslosigkeit erlauben weniger Einzahlungen und senken damit den Rentenanspruch. … Besonders hart trifft das diejenigen, die bereits jetzt schon nur wenig zum Leben haben. Für Langzeitarbeitslose ist es nach der Einführung von Hartz IV und dem weiterhin gerade für Ältere schwierigen Arbeitsmarkt unwahrscheinlich, eine Rente zu bekommen, die über der Grundsicherung liegt. Hinzu kommt, dass die meisten Hartz-IV-Empfänger und Geringverdiener weder eine betriebliche noch private Altersvorsorge erbringen konnten. Um ihnen dennoch ein monatliches Einkommen zwischen 600 und 650 Euro zu ermöglichen, greift in solchen Fällen die Grundsicherung im Alter, eine Form der Sozialhilfe. Laut Statistischem Bundesamt haben sich die Ausgaben für die Grundsicherung seit ihrer Einführung im Jahr 2003 auf rund drei Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Deutschlandweit sind 600.000 Menschen auf diese Zusatzzahlung angewiesen. In Berlin ist die Zahl der Empfänger nach Angaben der Senatsverwaltung für Soziales in den vergangenen sechzehn Monaten um fast 30 Prozent gestiegen. Ende 2005 waren es 23 890, im April 2007 bezogen bereits 30 090 Berliner über 65 Jahre die Grundsicherung.
SPD-Chef Kurt Beck lässt derweil auf der Homepage der SPD verkünden:
Ich sage es in aller Deutlichkeit. Wer von den heute Beschäftigten privat vorsorgt, dessen Lebensstandard wird sich im Alter verbessern.
Mit der gesetzlichen Rente alleine, warnte er, könne niemand seinen Lebensstandard im Alter halten.
Quelle: SPD
Anmerkung WL: „Kalt und streberhaft“, das ist zumindest für Steinbrück und Steinmeier eine ziemlich treffende Charakterisierung. Beide sind Karrierebeamte, die immer politische Vordenker brauchten, um ihre streberhafte Umsetzungsarbeit im Apparat leisten zu können, koste es was es wolle. „Kurs halten“ war mangels eigener politischer Vorstellungen schon Steinbrücks Hauptbotschaft bei der epochalen Wahlniederlage in NRW, und Steinmeier war der Consigliere seines Bosses Schröder, der jeden Coup geplant und umgesetzt hat. Es scheint wohl so zu sein, dass solche Leute, die höchst selten durch kreative Ideen hervorgetreten sind, sich umso hartnäckiger an den vorgegebenen Konzepten festklammern müssen. Sie können allenfalls noch die vom wirtschaftspolitischen Mainstream propagierten Ziele streberhaft umsetzen. Wie bei allen Strebern besteht ihr Erfolgserlebnis allein darin, den von anderen vorgegebenen Stoff besser als die anderen rekapitulieren zu können.
Für sie ist eine kritische Partei nur ein lästiger, oft unbotmäßiger Haufen, die man allenfalls zum persönlichen Machterhalt braucht.
Steinbrück und Steinmeier machen ihr kaltes Strebertum zum gesellschaftlichen Leitbild.
Sie propagieren die Chancengleichheit der angepassten Streber, und wer nicht mithält, ist eben selber schuld und ein Versager.
Steinbrück hat das in einem Zeit-Interview auf den Punkt gebracht: „Soziale Gerechtigkeit muss künftig heißen, eine Politik für jene zu machen, die etwas für die Zukunft unseres Landes tun: die lernen und sich qualifizieren, die arbeiten, die Kinder bekommen und erziehen, die etwas unternehmen und Arbeitsplätze schaffen, kurzum, die Leistung für sich und unsere Gesellschaft erbringen. Um die – und nur um sie – muss sich Politik kümmern.“
“So einen Scheiß lasse ich mir nicht mehr bieten”, schimpfte Kurt Beck der Berliner Zeitung zufolge auf einer Sitzung des Parteirats. Es wäre ja schön, wenn er damit die kalten Streber in der SPD gemeint hätte.
Anmerkung: Die absolute Zahl an abgeschlossenen Ausbildungsverträgen ist wenig aussagekräftig, weil die Zahl der sog. Altbewerber tunlichst nicht genannt wird. Da sähe die Sache nämlich gleich ganz anders aus:
“Die Gesamtzahl der Lehrstellenbewerber, die in Alternativen zu einer Ausbildungsstelle (erneuter Schulbesuch, berufsvorbereitende Maßnahme, Jobben, Praktikum) einmünden, ist hoch. 2006 betrug sie 348.000. Das war fast jeder zweite gemeldete Bewerber. Ihr offizieller Status als „versorgt“ darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie oft weiterhin an einem Ausbildungsplatz interessiert sind.”
Quelle: bibb [PDF -232 KB]
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