Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL/AT)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Hauptdarsteller im Schuldendrama – Schäuble und Varoufakis beim IWF
- Griechenland: Arme Patienten
- Neu: Frickes Welt – Abschied vom Markt
- Gemeinschaftsdiagnose der Institute (GD) – Der Junkie bekommt die nächste Spritze
- Europa lässt Italien im Stich
- Wenn selbst die „gute Bank“ zur „Bad Bank“ wird
- Höherer Steuerfreibetrag für Alleinerziehende
- Selbstsucht des christlich geprägten Mittelstands
- Kein Pakt mit „Arbeitgebern“ und Regierung gegen das Streikrecht! – Offener Brief an die Vorsitzenden der IG Metall
- Gutachten: mangelhaft
- Dankbarkeit, nicht Eigennutz ist der Kitt der Gesellschaft
- G7-Außenminister auf Distanz zu Kiew
- Prorussischer Journalist erschossen
- Russland liebäugelt mit China
- Die Dynastie gewinnt
- Bundeswehr: Von der Leyen gerät in G36-Affäre selbst unter Druck
- Bildungsgewerkschaft begrüßt Pläne der Großen Koalition für “Personaloffensive”
- Erster Giftgaseinsatz vor 100 Jahren im Ersten Weltkrieg – Gedenken und Verantwortung heute
- Der Vater des lateinamerikanischen Linksrucks
- Juliane Nagel – Ist diese Frau wirklich so gefährlich?
- Zu guter Letzt: TV-Kritik Nuhr im Ersten 16.04.2015: Finale Vorlage für das Wörterbuch BILD – Nuhr / Nuhr – BILD
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Hauptdarsteller im Schuldendrama – Schäuble und Varoufakis beim IWF
Erst müht sich Schäuble auf Englisch, dann folgt der in dieser Sprache deutlich eloquentere Varoufakis.
Schäuble: Ich selbst will gar nichts von Griechenland, aber Europa will, dass jeder zudem steht, was vereinbart wurde.
Varoufakis: Ich würde gern, sehnlichst und mit voller Begeisterung alle Bedingungen akzeptieren, wenn sie Sinn machen. […] Wie sinnvoll ist es denn, staatliches Vermögen zu verkaufen, wenn die Preise im Keller sind und wenn man die paar Pfennige, die man dafür bekommt, auch noch in ein Fass ohne Boden kippen soll, sprich, auf unsere nicht mehr tragfähigen Schulden. Ich glaube, das ist kein vernünftiger Umgang mit öffentlichem Vermögen. Wir sind nicht gegen Privatisierung, aber gegen diese Form von Notverkäufen, die nicht mal unsere Schuldnerposition verbessern.
Quelle: Theo Geers im Deutschlandfunk [mp3]
Dazu: Der Ökonom Paul Krugman rechnet mit Wolfgang Schäuble ab
Harte Kritik übte Krugman in diesem Zusammenhang an Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Noch immer stelle dieser die Bekämpfung der Staatsdefizite ins Zentrum der europäischen Politik, obwohl bewiesen sei, dass die Wirtschaft wegen fehlender Nachfrage stagniere. Der Markt biete Europas Regierungen so niedrige Zinsen wie noch nie in ihrer Geschichte, aber sie könnten das nicht zuletzt wegen des Widerstands der Bundesregierung nicht nutzen, um nötige Investitionen zu finanzieren. Schäuble habe wohl „in den vergangenen fünf Jahren nichts gelernt“.
Im Fall Griechenlands sieht Krugman pure Sturheit am Werk. Nach „fünf Jahren des Schreckens“ habe das Land die Löhne um rund 20 Prozent gesenkt und damit einen „großen Teil der Anpassung“ schon erbracht. Insofern habe es mit einem Ausstieg aus dem Euro und einer Abwertung mittels eigener Währung wenig zu gewinnen. Es sei zwar unabdingbar, dass die griechische Regierung keine Defizite mehr mache. Darüber hinaus sollten die Kreditgeber das Land so lange von der Pflicht entbinden, Schulden zu bezahlen, bis die Wirtschaft wieder wachse. „Die Lösung für Griechenland könnte ganz einfach sein.”
Quelle: Harald Schumann im Tagesspiegel
- Griechenland: Arme Patienten
Die Sorge um Arbeitsplätze haben die Griechen auch – vor allem um die im Gesundheitswesen. Überlastetes Klinikpersonal und teure Krankenversicherungen sind dort schon lange ein Problem. Doch die Krise und die Sparpolitik haben die Situation dramatisch verschärft. Über abstrakte Zahlen ist in den letzten Wochen viel gesprochen worden. Mit den betroffenen Menschen eher weniger. Und deshalb hat plusminus die aktuelle Lage von Ärzten und Patienten einmal genauer unter die Lupe genommen.
Quelle: plusminus im Ersten
- Abschied vom Markt
Seit den 80ern sind Finanzmärkte liberalisiert, Kapitalkontrollen abgeschafft, Zölle gekappt und Regulierungen auf dem Arbeitsmarkt in fast jedem Industrieland abgebaut worden. Überall sanken Spitzen- und Unternehmensteuersätze. Es folgte eine Freihandelszone der anderen. Nie zuvor konnten die Europäer in einem Binnenmarkt so frei handeln. Nie zuvor konnte auch im Sekundentakt so viele Geld bewegt werden. Nach Lehrbuch hätte all das Wachstumswunder auslösen müssen, die auf Dauer allen zugutekommen. Hätte. Tatsächlich ist die wirtschaftliche Leistung in den Jahren nach 1980 im weltweiten Schnitt weniger gewachsen als in den Jahrzehnten davor. Kein Produktivitätswunder. Und was an Wohlstand geschaffen wurde, kam auch nicht bei allen an. Nie zuvor sind Einkommen und Vermögen so auseinandergedriftet – gerade dort, wo die Märkte am freiesten waren: In den USA verdient die untere Hälfte der Einkommensempfänger heute nicht mehr als vor 30 Jahren.
Quelle 1: Neue Kolumne von Thomas Fricke in der Süddeutschen
Quelle 2: WirtschaftsWunder
- Gemeinschaftsdiagnose der Institute (GD) – Der Junkie bekommt die nächste Spritze
Ich will heute nur einen kurzen Kommentar zu der gestern veröffentlichten GD abgeben, weil wir nächste Woche zwei Stücke über die Konjunktur machen, wo wir das Gutachten ausführlich kommentieren können. Die gestern schon verbreiteten Kommentare nach dem Motto „Deutschland boomt“ (so gestern eine Meldung bei ntv) sind natürlich – wie immer in solchen Fällen – weit überzogen. Mehr als erstaunlich ist aber, mit welcher Leichtigkeit, um nicht zu sagen, Unverfrorenheit, die Institute die stark steigenden deutschen Außenhandelsüberschüsse hinnehmen. So weit ich es sehe, gibt es nicht einmal den Versuch einer kritischen Auseinandersetzung mit dieser Frage. In der Prognose wird aber unterstellt (siehe Original-Tabelle), dass der deutsche Leistungsbilanzüberschuss (also die Neuverschuldung des Auslandes) in diesem Jahr um sage und schreibe um 36 Milliarden Euro auf über 250 Milliarden Euro steigt. Wenn das keine Leistung ist?
Quelle: flassbeck-economics
- Europa lässt Italien im Stich
Die EU hat die Unterstützung für Italien in der Flüchtlingsfrage gekürzt. Inzwischen etabliert sich dort ein Ausbeutungssystem für die Betreiber von Unterkünften. Der wahrscheinliche Tod von 400 Migranten vor der libyschen Küste, der die deutsche Öffentlichkeit mal wieder an eine menschliche Katastrophe am Rande er EU erinnert hat, war für die meisten italienischen Medien keine Top-Nachricht. Wichtiger war den Redaktionen die Debatte über 6.500 zusätzliche Schlafplätze, die das italienische Innenministerium in aller Eile einrichten muss, um allen Asylsuchenden eine Unterbringung zu sichern.
Ähnlich wie beim “Notstandplan-Nordafrika” aus dem Jahr 2011 plant die Regierung derzeit vor allem, private Einrichtungen und Hotels zu Notunterkünften umzufunktionieren. Für einen Eklat sorgte dabei der Chef der xenophoben Partei Lega Nord, Matteo Salvini, der damit drohte, mit seinen Anhängern die Unterkünfte zu besetzen, um die Unterbringung weiterer von ihm so genannter “Scheinasylanten” zu verhindern.
Etwa 64.600 Menschen haben im vergangenen Jahr einen Asylantrag in Italien gestellt. Das ist mehr als doppelt so viel wie 2013. Italien ist somit zum drittwichtigsten Aufnahmeland Europas nach Deutschland und Schweden geworden. Mehr als die Hälfte davon sind in den armen südlichen Regionen untergebracht.
Quelle: Fabio Ghelli in Zeit Online
- Wenn selbst die „gute Bank“ zur „Bad Bank“ wird
Der Österreich-Schock frisst sich in die Bücher von Geldhäusern wie der Deutschen Pfandbriefbank. Eine aufgekündigte Bürgschaft Kärntens schockt vor allem das deutsche Geldwesen. Viele Banken sehen nur einen Ausweg. Eigentlich sollte die Deutsche Pfandbriefbank (pbb) die „gute Bank“ sein. Das Münchener Institut ist die Nachfolgerin der Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE), die in der Finanzkrise vor dem Aus gestanden hatte. Die HRE wurde damals aufgespalten, die guten Teile der Bank wurden auf die pbb übertragen, die schlechten HRE-Wertpapiere landeten in der FMS Wertmanagement. Doch es zeigt sich: Auch die pbb hat Papiere in ihren Büchern, die einst als solide galten und sich jetzt als Ausfälle entpuppen. Forderungen von insgesamt 395 Millionen Euro gegenüber der österreichischen Heta sind das Problem. Die Heta ist die „Bad Bank” der Hypo Alpe Adria. Auch das Kärntner Institut hatte sich verspekuliert, musste vom österreichischen Staat aufgefangen werden und wird nun unter dem Namen Heta Asset Resolution abgewickelt.
Quelle: Handelsblatt
- Höherer Steuerfreibetrag für Alleinerziehende
Alleinerziehende in Deutschland haben künftig mehr auf dem Konto als bisher. Die Koalition einigte sich darauf, den steuerlichen Entlastungsbetrag von derzeit 1308 Euro auf 1908 Euro im Jahr anzuheben. Für das zweite und jedes weitere Kind soll der Entlastungsbetrag um je 240 Euro erhöht werden. Die Regelung muss noch von Kabinett und Bundestag beschlossen werden, soll aber rückwirkend ab Januar 2015 gelten.
Die SPD setzte sich offenbar gegen Finanzminister Wolfgang Schäuble durch, der zwar eine Erhöhung von Kindergeld und Kinderfreibetrag, nicht aber die Entlastung von Alleinerziehenden vorgesehen hatte. Familienministerin Manuela Schwesig und SPD-Chef Sigmar Gabriel protestierten – schließlich war die Entlastung im Koalitionsvertrag vereinbart worden…
Die Grünen kritisierten die Einigung als Mogelpackung. „Die finanziellen Wohltaten, die Frau Schwesig jetzt verteilen will, muss sie an anderer Stelle im eigenen Hause einsparen“, sagte deren familienpolitische Sprecherin Franziska Brantner der Frankfurter Rundschau.
Quelle: Daniela Vates und Katja Tichomirowa in der FR
- Selbstsucht des christlich geprägten Mittelstands
Es ging beim Betreuungsgeld ja auch nie um gleiche Lebensverhältnisse, sondern um ein Tauschgeschäft, das die CSU zwei Koalitionspartnern und der Kanzlerin abpresste, um ihre Klientel zu bedienen im Süden der Republik. Dort leben die Besserverdiener und die meisten noch verbliebenen Mütter, die sich in der Hausfrauenehe verwirklichen, zumindest eine Weile. Eigentlich brauchen solche Familien kein Betreuungsgeld, aber egal. Ein Statement sollte her, ein Zeichen gegen die Zeit, die nach Kita-Ausbau schreit, nach Frühförderung für Einwanderkinder oder Bildungsarme. Im wohlhabenden Bayern und bei der CSU wollte man das nicht hören. Sollten sie in den verkommenen Metropolen doch heulen und die im Osten und die Forscher, die vor Altersarmut bei Müttern warnen. Das Weltbild ging vor, die Selbstsucht des christlich geprägten Mittelstands.
Quelle: Constanze von Bullion in der Süddeutschen
- Kein Pakt mit „Arbeitgebern“ und Regierung gegen das Streikrecht! – Offener Brief an die Vorsitzenden der IG Metall
Lieber Kollege Wetzel, lieber Kollege Hoffmann,
Ihr habt mehrfach erklärt, dass Ihr, bzw „die IG Metall“ die Gesetzesvorlage für „Tarifeinheit“ begrüßt. Ihr behauptet, dass dadurch das Streikrecht nicht eingeschränkt würde. Aber zahlreiche Gutachten, einschließlich des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags ebenso wie viele namhaften Arbeitsrechtler/innen bestätigen das Gegenteil. Wenn das Gesetz so durchkommt, gilt: eine Gewerkschaft, die in einem Betrieb nicht die Mehrheit hat, darf weder Tarifverträge für ihre Mitglieder abschließen, noch dafür Streiks oder Warnstreiks organisieren. Zugleich bestätigt die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), dass es ihr darum geht, Streiks auszuschließen.
Quelle: LabourNet [PDF]
- Gutachten: mangelhaft
Hunderttausende von Gerichtsprozessen werden jährlich in Deutschland geführt. In vielen davon ist die Beweislage dünn. Dann werden Gutachter zurate gezogen. Sie verfügen über eine große Macht – oft zu unrecht! Jedes Jahr werden in Deutschland rund 170.000 Ehen geschieden. Davon sind etwa 140.000 Kinder betroffen. Elmar Bergmann hat als Richter unzählige Gutachten in Auftrag gegeben. Seit seiner Pensionierung arbeitet er als Anwalt für Familienrecht. Sein Urteil nach 40 Jahren Berufserfahrung ist eindeutig: Mehr als die Hälfte der familienpsychologischen Gutachten sind unbrauchbar. Die angeblichen Sachverständigen sind häufig unqualifiziert. Ihre Empfehlungen beruhen allzu oft auf Vorurteilen und Bauchgefühl. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass viele Gutachter pseudo-wissenschaftliche Testverfahren verwenden.
Quelle: 3sat
Passend dazu: Video: Gutachten: Mangelhaft
Psychologische Gutachten bei Gericht fehlerhaft: Hunderttausende von Gerichtsprozessen werden jährlich in Deutschland geführt. In vielen davon ist die Beweislage dünn. Dann werden Gutachter zurate gezogen. Sie verfügen über eine große Macht – oft zu unrecht!
Quelle: 3sat Mediathek
- Dankbarkeit, nicht Eigennutz ist der Kitt der Gesellschaft
Die meisten heutigen Ökonomen und Wirtschaftspolitiker glauben, dass der Eigennutz und der Tausch über den Markt der Motor unserer Wirtschaft und gleichzeitig das Fundament der Gesellschaft sei. Das ist leider ein grober Irrtum.
Die Überlieferung will es, dass der schottische Moralphilosoph und Ökonom Adam Smith (1723 bis 1790) als erster klar formuliert hat, dass der Eigennutz und das Streben nach Gewinn die Triebfeder des Fortschritts ist: “Es ist nicht die Wohltätigkeit des Metzgers, des Brauers oder des Bäckers, die uns unser Abendessen erwarten lässt, sondern dass sie nach ihrem eigenen Vorteil trachten”, schrieb Adam Smith im ersten Buch seiner Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations. Aus demselben Buch stammt der geflügelte Begriff der „unsichtbaren Hand“, die Eigennutz in Wohlstand für alle verwandelt.
Quelle: Werner Vontobel auf flassbeck economics
Anmerkung unseres Lesers M.H.: […] In der Schulökonomie werden die zwei Werke von Smith als zueinander im Widerspruch stehend interpretiert. Es erleichtert mich und stimmt mich hoffnungsvoll, dass der Autor eine harmonisierende Deutung anbietet, die mir plausibel erscheint. […]
- G7-Außenminister auf Distanz zu Kiew
Gehen die G7-Staaten vorsichtig auf Distanz zur nationalukrainischen Regierung in Kiew? Jedenfalls finden sich in der Abschlusserklärung des Lübecker Außenministertreffens vom 15.4.2015 zwei Sätze, in denen überraschend nicht der russischen Regierung im Verbund mit den Separatisten alle Schuld und Verantwortung für Verletzungen der Minsk-2-Vereinbarung zugewiesen wird, sondern Distanz zu beiden Seiten erkennbar wird.
»We call on all sides to fully assume their responsibility and to implement their commitments under the Minsk agreements. Further and verifiable progress is required in particular as regards respect for the ceasefire and withdrawal of heavy weapons.«[1] Bei »all sides« ist unmissverständlich auch die Kiewer Regierung mit gemeint. Die Distanz der G7-Außenminister zu Kiew dürfte nicht zuletzt dem jüngsten OSZE-Beobachterbericht geschuldet sein.
Dieser listet nicht nur die zahlreichen Verstöße der Separatisten gegen den Waffenstillstand auf, sondern weist auch der nationalukrainischen Seite Verstöße nach.[2] Der taz-Korrespondent Bernd Clasen resümiert die aktuellen Ergebnisse auf dem Schlachtfeld: »Militärisch scheinen die jüngsten Kämpfe Kiew zu nützen. Die Aufständischen beklagen seit einigen Tagen Gebietsverluste und eine Verdoppelung der Verletzten.« (taz vom 15.4.2015)
Quelle: Uli Cremer in Sozialismus Aktuell
- Prorussischer Journalist erschossen
Der Kiewer Journalist Busina, der aus seiner Nähe zu prorussischen Positionen nie einen Hehl gemacht hatte und bei den letzten Parlamentswahlen für die Partei „Russischer Block“ kandidiert hatte, hatte mehrere Monate in einer eigenen Kolumne in der Segodnja regelmäßig den Krieg im Osten des Landes beklagt. Vielen Lesern ist Businas Beschreibung von zwei Freunden in Erinnerung, die beide an der Front gefallen sind. Der eine auf der ukrainischen Seite, der andere auf der Seite der Aufständischen.
Bereits am Mittwoch Abend war der Politiker Oleg Kalaschnikow mit mehreren Schüssen vor seiner Wohnung niedergestreckt worden. Kalaschnikow, der ein Jahr für Viktor Janukowitschs „Partei der Regionen“ im Parlament als Abgeordneter gesessen hatte, war den Anhängern des Maidan besonders verhasst, soll der 52-jährige doch der Organisator der Schlägertrupps des „Antimaidan“ gewesen sein. […]
Mit den Morden an Busina und Kalaschnikow sind bereits zehn Männer, die als prorussisch gelten, seit Anfang des Jahres aus dem Leben geschieden. Am 23. März war Viktor Janukowitsch jun., der Sohn des ehemaligen Präsidenten Janukowitsch, bei einem Autounfall auf dem vereisten Baikalsee ums Leben gekommen.
Quelle: Bernhard Clasen in der taz
- Russland liebäugelt mit China
Das Verhältnis zwischen der Europäischen Union und Russland ist seit der Annexion der Halbinsel Krim im März letzten Jahres schwer belastet. Die EU-Sanktionen gegenüber Moskau werden wegen der fortdauernden Ukraine-Krise wohl mindestens bis Ende 2015 verlängert. Der Ost-West Konflikt treibt Russland immer weiter in die Arme Chinas. Obwohl Moskau dem mächtigen Nachbarn im Osten immer noch mit Misstrauen gegenübersteht, wird das Reich der Mitte für die russische Wirtschaft immer wichtiger.
Quelle: arte
- Die Dynastie gewinnt
Die Clintons und Bushs sind schwere Wiederholungstäter. Amerikaner, die jünger als 38 Jahre alt sind, haben in ihrem Leben nur eine Wahl erlebt (2012), bei der kein Mitglied dieser Familien Präsident oder Vizepräsident werden wollte. Ganz zu schweigen von Senatoren-, Gouverneurs- und Ministerposten, die den Eindruck festigen: Hier halten sich Macht und Einfluss auf eine Art, die Fragen aufwirft. In diesem Land kann es jeder nach oben schaffen, bis ins Präsidentenamt – aber manchen fällt es eben leichter. Bill Clinton wäre durchaus ein Beispiel dafür, dass der Weg auch aus einfachen Verhältnissen ins Weiße Haus führen kann. Sieht man einmal davon ab, dass der vermögende Bruder seines ganz und gar nicht vermögenden Stiefvaters ihm nicht nur den Start in ein exzellentes Studium ermöglichte, sondern auch half, seine ersten Schritte in die Politik zu finanzieren. Bei den Bushs dürfte der Einfluss des Geldes größer gewesen sein: Der erste Präsident aus der Familie, George H.W., brachte es im Ölgeschäft schon mit 40 zum Millionär. Sein Vater Prescott Sheldon Bush war Senator. Beides dürfte den Aufstieg zur Macht erleichtert haben.
Quelle: Zeit Online
- Bundeswehr: Von der Leyen gerät in G36-Affäre selbst unter Druck
tInterne Dokumente belasten Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in der Affäre um die mangelnde Treffsicherheit des Sturmgewehrs G36. Demnach hat sie noch im Mai 2014 vor einem Parlamentsausschuss behauptet, es lägen keine neuen Erkenntnisse zu den Problemen des Gewehres vor. Dabei hatte der Bundesrechnungshof nach SPIEGEL-Informationen einen Monat zuvor ihrem Ministerium den Entwurf eines Berichts zukommen lassen, in dem er über das Verteidigungsministerium schreibt: “Die Ursachen der von Experten der Bundeswehr als inakzeptabel bewerteten Präzisionseinschränkungen hat es bis heute weder folgerichtig aufgearbeitet noch zweifelsfrei aufgeklärt.”
Quelle: Spiegel Online
- Bildungsgewerkschaft begrüßt Pläne der Großen Koalition für “Personaloffensive”
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat die Pläne der Großen Koalition für eine “Personaloffensive für den wissenschaftlichen Nachwuchs” begrüßt und Anforderungen an deren Ausgestaltung formuliert. “Die GEW hat bereits 2013 in ihrem ‚Köpenicker Appell‘ einen ‚Pakt für verlässliche Karrierewege‘ in der Wissenschaft vorgeschlagen. Union und SPD greifen diese Idee jetzt auf. Eine ‚Personaloffensive für den wissenschaftlichen Nachwuchs‘ darf aber nicht die Fehler der bisherigen Bund-Länder-Programme wiederholen, die zur Ausweitung befristeter Beschäftigung an den Hochschulen beigetragen haben. […]
Die Bildungsgewerkschaft schlägt vor, so genannte Tenure-Track-Modelle an den Hochschulen einzuführen und zu fördern. Ein Tenure Track eröffne Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Perspektive einer dauerhaften Beschäftigung, wenn sie mit ihrer Einrichtung vereinbarte Entwicklungsziele in Forschung, Lehre und Wissenschaftsmanagement erreichen. „Ein neues Bund-Länder-Programm muss gezielt Anreize für die Hochschulen setzen, auf Grundlage einer vorausschauenden Personalentwicklungsplanung berechenbare Karrierewege zu schaffen“, sagte der Hochschulexperte. Um die Geschlechtergerechtigkeit in der Wissenschaft zu fördern, sollten außerdem mindestens 50 Prozent der geförderten Tenure-Track-Stellen mit Wissenschaftlerinnen besetzt werden.
Entscheidend sei weiter, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen verändert werden. „Ein neues Bund-Länder-Programm kann die überfällige Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes nicht ersetzen – finanzielle Anreize und rechtliche Vorgaben sind zwei Seiten einer Medaille. Für Daueraufgaben muss es Dauerstellen geben, für Zeitverträge müssen Mindeststandards gelten, Wissenschaftskarrieren sind familienfreundlich zu gestalten – diese Grundsätze müssen im Gesetz verankert werden. Die GEW erwartet, dass die Bundesregierung zügig einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegt“, machte Keller deutlich.
Quelle: GEW in TeachersNews
- Erster Giftgaseinsatz vor 100 Jahren im Ersten Weltkrieg – Gedenken und Verantwortung heute
Am 22. April 1915 setzte das deutsche Militär erstmals Chlorgas gegen die alliierten Truppen ein. Fritz Haber, der Chemienobelpreisträger von 1918, hatte den Angriff an der Westfront bei Ypern (Belgien) vorbereitet und führte ihn mit seiner „Gastruppe“ durch. Der Einsatz von über 160 Tonnen Chlorgas forderte bei diesem Angriff der deutschen Truppen über 1.000 Tote und 4.000 Verletzte.
„Der erste Giftgaseinsatz als chemische Massenvernichtungswaffe erfolgte durch deutsche Truppen im Ersten Weltkrieg und war ein klarer Verstoß gegen die Haager Landkriegsordnung. Wir gedenken der Opfer und ihrer entsetzlichen Leiden unter dem Giftgas Chlor“, so Dr. Thomas Geelhaar, Präsident der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh). Er nimmt am 21. April 2015 an einer Gedenkveranstaltung zu 100 Jahren Einsatz chemischer Waffen als Massenvernichtungsmittel im belgischen Ypern teil, zu der die 2013 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Organisation für das Verbot chemischer Waffen (Organisation for the Prohibition of Chemical Weapons, OPCW) eingeladen hat.
Die GDCh gab sich 1995 einen Verhaltenskodex, dem sich alle GDCh-Mitglieder verpflichten und der Bestandteil der GDCh-Satzung ist. Darin heißt es u. a.: „Die GDCh und ihre Mitglieder unterstützen und fördern eine nachhaltige und dauerhafte Entwicklung in Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt. Sie handeln stets auch im Bewusstsein ihrer Verantwortung gegenüber künftigen Generationen. Sie beachten die für ihre Arbeit und deren Ergebnisse und Wirkungen geltenden Gesetze und internationalen Konventionen und stellen sich gegen den Missbrauch der Chemie, z. B. zur Herstellung von Chemiewaffen und Suchtmitteln.“…
Quelle: Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V. auf idw
Anmerkung: Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG)erklärt dazu in einer Pressemitteilung: „Bis heute stellt sich BAYER nicht seiner Mitverantwortung für das Völkergemetzel 1914/18. Seit 100 Jahren weigert sich der Konzern, zu den Verbrechen der chemischen Kriegsführung, der Kriegstreiberei, der Zwangsarbeit und der Sprengstoff-Produktion Stellung zu beziehen. BAYER distanziert sich nicht einmal vom damaligen Generaldirektor Carl Duisberg, der damals auf den Auslieferungslisten der Alliierten stand und eine Anklage als Kriegsverbrecher fürchten musste.“ In Dortmund und Lüdenscheid wurden kürzlich Carl-Duisberg-Straßen wegen dessen Verantwortung für Giftgas-Einsatz und Zwangsarbeit umbenannt. Entsprechende Verfahren laufen auch in Bonn, Frankfurt, Dormagen und Marl.
BAYER stellte während des Krieges auch Gasmasken her und stieg zum größten Sprengstoff-Produzenten Deutschlands auf. Dank staatlich garantierter Preise stiegen die Profite in ungeahnte Höhen.
Insgesamt geht die Forschung von 60.000 Kampfgas-Toten im 1. Weltkrieg aus. Auch die nächste Generation von Giftgasen, Organophosphate wie SARIN und TABUN, entstammt den Laboren von BAYER. Entwickelt wurden die Substanzen 1936 bzw. 1938 in Wuppertal von Dr. Gerhard Schrader (das „S“ in Sarin steht für Schrader). Bis zum Ende des 2. Weltkriegs wurden in der Giftgas-Fabrik in Dyhernfurt rund 12.000 Tonnen Tabun produziert. Gerhard Schrader leitete nach dem Krieg die Pestizidabteilung von BAYER.
- Der Vater des lateinamerikanischen Linksrucks
Am Montag ist ein großer Literat verstorben. Ein wortgewaltiger Mann. Seine Themen waren der Kolonialismus und sein Kontinent. Und die Einsicht, dass der Reichtum Südamerikas die Armut beflügelt. Er war nicht ganz so berühmt wie der, der am selben Tag wie er starb. Schade eigentlich.
Quelle: Heppenheimer Hiob
- Juliane Nagel – Ist diese Frau wirklich so gefährlich?
Für die einen ist die Linken-Politikerin Juliane Nagel eine radikale Aufrührerin der Autonomen – für die anderen eine Heldin im tiefkonservativen Sachsen. Die Frage ist, was davon stimmt..
Das Parlament, der Ort, an dem Gesetze beschlossen werden: Viele Politiker sehen ihren Einzug hier als Anfang, als Beginn von Macht, Einfluss, Möglichkeiten. Juliane Nagel aber fürchtete, es sei das Ende.
Seit 15 Jahren macht die 36-Jährige Politik in Leipzig. Im Stadtrat, auf der Straße. Dann fragte ihre Partei, die Linke, ob sie im Leipziger Süden für den sächsischen Landtag kandidieren wolle. Und Nagel haderte. “Ich hatte dieses Bild vor Augen: Man verbringt viele Tage in Sitzungen, ohne dass etwas dabei rauskommt”, sagt sie. Sie wollte das nicht.
Erst nach einigem Drängen gab sie nach und trat an. Als Zählkandidatin, wie viele glaubten: Traditionell gewinnt die CDU sämtliche Wahlkreise in Sachsen direkt. Nagel aber ließ den Kandidaten der CDU mit 1051 Stimmen Vorsprung hinter sich. Eine Sensation nannte das die Lokalpresse.
Sie, die radikal Linke, die umstritten ist wie kaum eine andere Politikerin in dem Land: Für die einen ist Nagel die einzig aufrechte Widerstandskämpferin im tief konservativen Sachsen, Sprecherin der Schwachen, würdig des Leipziger Friedenspreises, den etwa auch schon Revolutionspfarrer Christian Führer erhalten hat. Für die anderen ist sie Anführerin der Antifa, Aufwieglerin der Autonomen – unmöglich, unwählbar, undemokratisch gar.
Quelle: Anika Kreller in Zeit Online
- Zu guter Letzt: TV-Kritik Nuhr im Ersten 16.04.2015: Finale Vorlage für das Wörterbuch BILD – Nuhr / Nuhr – BILD
Immer wenn der Zuschauer glaubt, mit dieser Sendung habe der „Komiker“ (zutreffende Selbstbezichtigung auf Facebook) Dieter Nuhr den Tiefpunkt von Kabarett (im ERSTEN!) erreicht und den blasierten Verrat an dessen mutigen Größen längst vergangener Zeiten erneut getoppt, setzt der Merkel-Verweser noch einmal einen drauf. Aber die Mitarbeiter des Münchner Südfriedhofs müssen sowieso am Morgen nach jeder Nuhr-im-Ersten-Sendung ausrücken, um die frischen Erdaufhäufungen auf dem Grab von Dieter Hildebrandt wieder einzuebnen. Wahrscheinlich war auch das, was Nuhr gestern Abend in seinen moderierenden Passagen absonderte, noch gar nicht die neoliberale Klimax von Kabarett im Jahr 2015?
Die satirische, vor allem aber die moralische „Fallhöhe“ des Genres beim Thema Griechenland konnte derjenige ermessen, der tags zuvor den Beitrag des ARD-Magazins Plusminus zur humanitären Katastrophe in der Hellenischen Republik, ausgelöst durch die von Schland et al. geforderte Austeritätspolitik, gesehen hatte. Aber: What the fuck is humanity? … insbesondere für einen “Komiker”, der seine Pointen aus den phänotypischen Eigenheiten einer Camilla Parker Bowles stricken muss. […]
Ach, was: Ob Sieber, Claus von Wagner, Max Uthoff, HG Butzko, Volker Pispers oder wie die satirischen Fürsprecher mit Empathie für die Opfer des Irrsinns von Kapitalismus und Finanzwirtschaft auch immer heißen mögen: Sie neiden Dieter Nuhr ja nur seinen Beitrag zur Innovation des Genres: Kabarett staatstragend zu machen! Plus Machogedöns, vorgetragen in einer raumgreifenden und atemberaubenden Arroganz und Selbstgefälligkeit…
Quelle: Satire Senf