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Titel: Lizenz zur Grausamkeit

Datum: 20. August 2007 um 15:33 Uhr
Rubrik: Innere Sicherheit, Sozialstaat, Wertedebatte
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Bei Telepolis erschien schon im Juli ein interessantes Interview mit dem Hamburger Kriminologen Fritz Sack über die „neue Straflust der Gesellschaft“. Lesenswert. Es geht um den Zusammenhang zwischen neoliberaler Ideologie und der Neigung, Menschen weg zu sperren und sie grausam zu behandeln statt ihre Wiedereingliederung zu fördern. Albrecht Müller.

Das ist ein weiteres Beispiel dafür, welche weit greifenden Folgen die neoliberale Ideologie und ihr Scheitern für uns hat.

Fritz Sack weist in dem Interview auch auf den Zusammenhang zwischen dem Abhandenkommen des Sicherheitsempfindens und der sozialen Sicherheit der Menschen einerseits und ihres Kriminalitätsempfindens andererseits hin. Letzteres überzeichnet die tatsächliche Kriminalität, vor allem bei Sexualstraftaten, um eine hohe Dimension.

Nebenbei zeigt das Interview auch noch, wie klischeehaft selbst kritischere Medien mit der jüngeren Geschichte, speziell mit den siebziger Jahren umgehen:

Das sagt der Interviewte:

Unser Konzept basiert auf sozialer Sicherheit, Jugendlichen muss eine Perspektive geboten werden, statt sie wegzusperren, aber auch Erwachsene brauchen eine gesicherte Existenz.

Und die Interviewerin antwortet darauf:

Das klingt ein bisschen nach der naiven 70er-Jahre-Ideologie, die stark marxistisch geprägt war, nach der jeder Mensch einen guten Kern hat, wir müssen nur fest daran glauben, und wenn doch etwas aus dem Ruder gerät, dann ist die Gesellschaft Schuld. Ist die Welt so simpel gestrickt?

Fritz Sack antwortet geduldig und verweist auf den bürgerlichen Juristen Franz von Liszt, der schon vor mehr als 100 Jahren erkannt habe, dass die beste Kriminalpolitik eine gute Sozialpolitik sei.

Ich kann aus meiner eigenen Erfahrung noch beisteuern, dass jene wie zum Beispiel der frühere Justizminister und spätere Bundespräsident Gustav Heinemann oder auch Horst Ehmke als Bundesjustizminister genauso wie sein Nachfolger Jahn nicht marxistisch geprägt waren und dennoch davon ausgingen, dass man den Versuch der Wiedereingliederung machen muss und dass es wirklich besser ist, die Gesellschaft sozial zu gestalten statt Menschen weg zu sperren.

Das auch in Kreisen, die sich für kritisch halten, geläufige Urteil über die siebziger Jahre ist klischeehaft und borniert, jedenfalls bar jeglicher Geschichtskenntnis.


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