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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 26. Februar 2015 um 8:25 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (RS/WL/AT)

Hier die Übersicht. Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert.

  1. Griechenland
  2. Mindestlohn
  3. Regierung: Leiharbeit wird nicht gefördert
  4. Erwerbstätigkeit in Deutschland im europäischen Vergleich
  5. Studie IT-Fachkräftemangel: Dienstleister statt Jobs
  6. Soziale Sicherung unter dem Brennglas –
  7. Wirtschaftspolitische Herausforderung 2015
  8. Al-Masri: Regierung prüft Gesuch an USA
  9. Daimler: Feuern aus vier Rohren
  10. Die Macho-Branche boomt wieder
  11. Bahnchef Grube rechnet weiter mit Streiks
  12. Zu wenig Geld für Bus und Bahn – Nahverkehr auf dem Abstellgleis
  13. Steueraffäre erschüttert Commerzbank
  14. Die Barbaren sind unter uns
  15. Meinungsmache und Marketing auf Bildungsmesse didacta
  16. Meinungsmacht-Debatte: Schlüsse für die Forschung
  17. Über Eliten und über Diskurse
  18. Siehe weitere Beiträge zur Meinungsmacht-Debatte
  19. Verschwörungstheoretiker des Tages: Wesley Clark

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Griechenland
    1. Das Unheil, das die Troika brachte
      Sie erpresste Minister, spielte sich zum Gesetzgeber auf und machte gemeinsame Sache mit den Eliten. So stürzte die Troika die Krisenstaaten wissentlich in die Rezession. Wenn Antonis Manitakis von seiner Zeit als Minister in Athen erzählt, kann er seinen Zorn nur schwer verbergen. Er sei “erpresst” worden, von Leuten, die “Angst und Schrecken verbreiten”, sagt er dann, und spricht von “Demütigung” und “Unterwerfung”. Aber er meint keine Kriminellen. Seine Gegner waren Beamte des Internationalen Währungsfonds (IWF), der EZB und der EU-Kommission, jenen Institutionen also, die als Troika seit 2010 europäische Geschichte schreiben.
      Quelle: Harald Schumann in der Zeit

      Anmerkung unseres Lesers M.L.: Zum Teil erschreckende (unwissend oder böswillig wirkende) Kommentare.

    2. Sahra Wagenknecht: “Schäuble lügt zu Griechenland”
      Die Vizefraktionsvorsitzende der Linken über das neue EU-Finanzpaket für Griechenland, die Politik der deutschen Regierung und Auswege aus der Krise.
      Wenn am Freitag dieser Woche im Bundestag über das neue EU-Finanzpaket für Griechenland abgestimmt wird, steht vor allem die Linksfraktion vor ein Dilemma: Lehnt sie das Maßnahmenpaket ab, setzt sie sich dem Vorwurf aus, den Genossen der in Griechenland regierenden Syriza in den Rücken zu fallen. Nimmt sie es an, stimmt sie damit indirekt für den Hardliner Wolfgang Schäuble. Telepolis sprach über die Einschätzung der aktuellen Situation in Athen mit Sahra Wagenknecht, der stellvertretenden Vorsitzenden der Linksfraktion. Die Videofassung des Gesprächs finden Sie bei dem Portal weltnetz.tv
      Quelle 1: Telepolis
      Quelle 2: Weltnetz TV

      Anmerkung RS: Offenbar haben viele Linke nicht ganz verstanden, was Syriza in dieser Phase eigentlich wollte, nämlich etwas Zeit, um die von ihr vorgesehenen Reformen in Gang zu bringen, aber mit genügend Flexibilität, etwas gegen die humanitäre Katastrophe zu machen und von Ramschverkäufe von öffentlichem Eigentum abzusehen. Das haben sie bekommen. Was sie nicht bekommen haben, waren der Schuldenschnitt und einen Zahlungsaufschub.
      Während dieser Zeit will die Syriza Regierung einen Plan aushandeln, der es Griechenland ermöglicht, seine Schulden zu bedienen, seine Wirtschaft wieder auf Vordermann bringen und den Menschen wieder eine Perspektive zu geben.
      Sahra Wagenknecht scheint dies zu verstehen, aber offenbar tun das manche Parteigenossen nicht.
      Wenn Die Linke nicht zustimmt, fällt sie Syriza tatsächlich in den Rücken.

      Ergänzende Anmerkung JB: Es ist schade, dass Teile der Linken offenbar nicht über ihren Schatten springen können und den Kompromiss einer befreundeten Partei akzeptieren können, der gleichzeitig auch von der Bundestagsmehrheit befürwortet wird. Wenn morgen abgestimmt wird, müssten – gemäß dem Inhalt des Kompromisses und der eigenen Positionen – sich eigentlich CDU und CSU enthalten oder mit „nein“ stimmen und SPD, Grüne und(!) die Linke zustimmen. Und da wundere sich noch jemand über die Parteienverdrossenheit.

      Dazu:

    3. James K. Galbraith: Reading The Greek Deal Correctly
      Alexis Tsipras stated it correctly. Greece won a battle – perhaps a skirmish – and the war continues. But the political sea-change that SYRIZA’s victory has sparked goes on. From a psychological standpoint, Greece has already changed; there is a spirit and dignity in Athens that was not there six months ago. Soon enough, new fronts will open in Spain, then perhaps Ireland, and later Portugal, all of which have elections coming. It is not likely that the government in Greece will collapse, or yield, in the talks ahead, and over time the scope of maneuver gained in this first skirmish will become more clear. In a year the political landscape of Europe may be quite different from what it appears to be today.
      Quelle: Social Europe
  2. Mindestlohn
    1. Treffen im Kanzleramt – Prüfung bei Mindestlohn
      Gut vier Stunden haben die Koalitionsspitzen verhandelt: Die Mietpreisbremse kommt, den Makler muss der Besteller bezahlen. Bei anderen wichtigen Themen werden Lösungen aber vertagt. […]
      MINDESTLOHN: Die Regeln zum Anfang des Jahres eingeführten Mindestlohn von 8,50 Euro sollen bis Ostern auf überflüssige Bürokratie überprüft werden. Zunächst sollen die problematischen Bereiche der Pflicht für Arbeitgeber aufgelistet werden, Arbeitszeiten zu dokumentieren. Nach Ostern solle es dann zu einer gemeinsamen Bewertung kommen. Damit komme in die festgefahrene Auseinandersetzung der Koalitionspartner Bewegung, hieß es. Ferner werde ein Signal an besorgte Unternehmer gesendet.
      Quelle: FAZ

      Dazu:

    2. Arbeitgeber tricksen und täuschen beim Mindestlohn
      Rund 35 Sekunden. Länger darf die Zustellung für einen Brief oder eine Zeitung nicht dauern. Zumindest seit er den Mindestlohn bekommt. Das hat sein Arbeitgeber so ausgerechnet. Und Jürgen Schlüns aus Witzwort weiß: Das ist nicht zu schaffen. Schließlich trägt er schon seit elf Jahren Briefe und Zeitungen aus. 6,50 Euro hat er bislang im Schnitt pro Stunde verdient. Er wurde pro Zeitung bezahlt. Seit Anfang des Jahres wird er nun nach Stunden bezahlt, denn er muss den Mindestlohn bekommen, 8,50 Euro in der Stunde. Doch ein Blick auf die erste Abrechnung des Jahres zeigt: Den Mindestlohn bekommt er nur auf dem Papier. “Ich habe es ausgerechnet. Im Januar habe ich 26,5 Stunden umsonst gearbeitet”, so Schlüns. Denn nur mit dieser Mehrarbeit hat er die unrealistische Arbeitszeitvorgabe seines Arbeitgebers ausgleichen können. Nach den Berechnungen seiner Chefs hat Schlüns für seine Tour nur 52 Minuten Zeit. Damit bekommt er dann monatlich ungefähr so viel ausbezahlt, wie zuvor. Doch tatsächlich braucht er bis zu zwei Stunden. Lohnsteigerung durch Mindestlohn? Nicht bei ihm.
      Quelle: Panorama
  3. Regierung: Leiharbeit wird nicht gefördert
    Die Bundesregierung wiederspricht der Behauptung, dass die Bundesagentur für Arbeit (BA) eine Vermittlung von Arbeitslosen in Zeitarbeitsverhältnisse besonders fördert. Das unterstreicht sie in ihrer Antwort (18/4022) auf eine Kleine Anfrage (18/3879) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Darin heißt es, dass die BA darauf hinzuwirken habe, dass auch Arbeitgeber aus der Zeitarbeitsbranche geeignete Arbeitnehmer erhalten. „Es wäre unzulässig, Zeitarbeitsunternehmen bei der Suche nach Arbeitnehmern die Unterstützung zu verweigern“, betont die Regierung. Die Zusammenarbeit der BA mit Zeitarbeitsunternehmen im Rahmen von Kooperationsvereinbarungen begründe keine besondere Partnerschaft zwischen BA und diesen Unternehmen und beinhalte auch keine besondere Förderung. Jedoch habe die BA ihr Zielsystem neu ausgerichtet, wonach die Nachhaltigkeit der Integration in den Arbeitsmarkt nun höher bewertet werde, heißt es weiter.

    Aus der Antwort geht ferner hervor, dass im Juni 2014 insgesamt rund 779.000 Menschen in der Zeitarbeit beschäftigt waren. Das entspricht einem Anteil von 2,6 Prozent an allen sozialversicherungspflichtigen Jobs. Von Dezember 2013 bis November 2014 verzeichnete die BA rund 2,3 Millionen Abgänge arbeitsloser Personen in den ersten Arbeitsmarkt. Davon waren einen Monat später noch rund 1,9 Millionen Menschen in sozialversicherungspflichtiger Arbeit registriert und von diesen waren rund 325.000 und damit 17,4 Prozent in der Arbeitnehmerüberlassung tätig. BA und Jobcenter vermittelten rund 312.000 der 2,3 Millionen Stellen. Von diesen waren einen Monat später 30,7 Prozent in der Zeitarbeitsbranche registriert.
    Quelle: Deutscher Bundestag

  4. Erwerbstätigkeit in Deutschland im europäischen Vergleich
    Im vorliegenden Report werden die Erwerbstätigenquoten europäischer Länder untersucht, um Teilzeiteffekte bereinigt und nach Geschlechtern aufgeschlüsselt. Die positive Entwicklung des deutschen Arbeitsmarkts seit 2005 bestätigt sich und ist (beinahe) unabhängig von Teilzeiteffekten. Jedoch täuscht das nominell hohe Niveau der Erwerbstätigkeit durch den vergleichsweise hohen Teilzeitanteil und den geringen Stundenumfang der Teilzeitstellen in Deutschland. Dementsprechend liegt bei den korrigierten Erwerbstätigenquoten (in Vollzeitäquivalenten) Deutschland in Europa derzeit auf Platz 11 statt wie bei den nominellen Quoten auf Platz 5. Die Länder, bei denen die teilzeitbedingte Korrektur groß ist, weisen tendenziell eine geringere korrigierte Erwerbstätigenquote von Frauen im Vergleich zu Männern auf.
    Eine alternative Erwerbstätigenquote unter Berücksichtigung der Erwerbsneigung führt zu keiner grundlegend veränderten Beurteilung.
    Quelle: Sven Schreiber im IMK Report 103 Januar 2015
  5. Studie IT-Fachkräftemangel: Dienstleister statt Jobs
    Zahlreiche IT-Abteilungen in Deutschland leiden zumindest zeitweise unter Personalmangel. Der ist zwar zum größten Teil hausgemacht, trotzdem will man das Problem durch Outsourcing von IT-Aufgaben und nicht durch Neueinstellungen lösen. Zwei Drittel der IT-Abteilungen in Deutschland haben zeitweise zu wenig Personal. Die meisten der davon betroffenen Firmen und öffentlichen Einrichtungen (63 Prozent) sind für diesen Mangel jedoch selbst verantwortlich, weil sie Stellen nicht genehmigt oder gestrichen haben. Nun will man bevorzugt externe Dienstleister einschalten.Das jedenfalls hat die Studie „“IT-Fachkräftesituation““ herausgefunden, die das Marktforschungshaus techconsult im Auftrag von HP erstellt hat.
    Quelle: Heise Online
  6. Soziale Sicherung unter dem Brennglas
    Altersarmut und Alterssicherung bei Beschäftigten im deutschen Sozialsektor Expertise  im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung in WISO Diskurs vom Januar 2015 Zentrales Ergebnis ist, dass für Beschäftigte im Sozialsektor der Aufbau einer eigenständigen Alterssicherung zwar grundsätzlich möglich ist (bei erheblichen Differenzen zwischen den hier betrachteten Berufsgruppen). Voraussetzungen dafür sind aber eine Bezahlung nach Tarif, dass es sich um Vollzeitbeschäftigung handelt und ein langer Verbleib im Beruf gelingt. Alle drei Aspekte sind aber problematisch angesichts einer abnehmenden Tarifbindung im Sozialsektor und eines Bedeutungsverlusts der „Leitwährung“ TVöD, einem hohen – teils zunehmenden – Anteil an Teilzeitbeschäftigung und belastenden Arbeitsbedingungen.
    Zusammengenommen zeigt sich, dass für viele Beschäftigte dieser Sektor mit Blick auf die Alterssicherung keine guten Aussichten bietet.
    Von dieser Situation sind vor allem Frauen betroffen, die im Sozialsektor die Mehrheit der Beschäftigten stellen. Die Kombination von rentenrechtlich wenig ergiebiger Beschäftigung mit Phasen der Erziehungs- und Pflegearbeit – die nach wie vor häufiger von Frauen übernommen werden – führt dazu, dass insbesondere Frauen Probleme haben, eine eigenständige Alterssicherung aufzubauen.
    Abschließend geht die Studie auf Handlungsmöglichkeiten ein. Neben Handlungswegen im Rentensystem – die auch Beschäftigten außerhalb des Sozialsektors zugute kommen –, sind Lösungen innerhalb des Sektors zu suchen, bei verbesserter Entlohnung und besseren Arbeitsbedingungen.
    Quelle: Florian Blank und Susanne Schulz in WISO Diskurs FES
  7. Wirtschaftspolitische Herausforderung 2015
    • Die größte wirtschaftspolitische Herausforderung wird 2015 die Überwindung der Krise des Euroraums sein. Diese manifestiert sich seit längerem in einer hartnäckigen Tendenz zur Deflation. Damit verliert die Geldpolitik, die den Euroraum bislang entscheidend stabilisiert hat, an Wirksamkeit. Sie bedarf dringend der Flankierung durch die Finanzpolitik, die mittels höherer Investitionen die Wirtschaft im Euroraum stimulieren und so die Deflations- und Stagnationsgefahr bannen kann.
    • Anhand von Modellrechnungen lassen sich hohe Wachstumseffekte eines solchen Vorgehens aufzeigen. Eine Ausdehnung der öffentlichen Investitionen um 1 % des BIP für die Dauer von drei Jahren würde das Euroraum-BIP im selben Zeitraum durchschnittlich um 1,6% steigern.
    • Es deutet sich denn auch breits ein Wechsel des finanzpolitischen Kurses an. Damit ist die bisherige Strategie, die den Euroraum durch einen harten Sparkurs aus der Krise führen sollte, gescheitert. Nunmehr werden vielfach Konzepte entwickelt, die die Investitionstätigkeit beleben sollen. Sie sind jedoch quantitativ und konzeptionell bislang unzureichend.

    Quelle: Gustav Horn et al. In IMK Report 102

  8. Al-Masri: Regierung prüft Gesuch an USA
    Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
    Berlin: (hib/SCR) Die Bundesregierung prüft in Folge des US-Senatsberichts über das umstrittene Inhaftierungs- und Verhörprogramm der CIA nun doch ein Rechtshilfegesuch hinsichtlich internationaler Haftbefehle gegen CIA-Mitarbeiter an die USA zu stellen. Dies teilte ein Vertreter der Bundesregierung am Mittwochmorgen den Mitgliedern des Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz mit. Die US-Geheimdienstler sollen 2003 an der Verschleppung des deutschen Staatsbürgers Khaled al-Masri aus Mazedonien nach Afghanistan beteiligt gewesen sein. Das Amtsgericht München hatte entsprechende Haftbefehle bereits 2007 erlassen.
    Auf Nachfragen eines Vertreters der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verteidigte der Regierungsvertreter die bisherige Zurückhaltung der Bundesregierung in dem Fall. Die USA hätten seinerzeit mit Verweis auf nationale Sicherheitsinteressen erklärt, ohnehin nicht auf eventuelle Gesuche zu reagieren. Dies habe auch das Verwaltungsgericht in Köln bestätigt, dass eine Klage al-Masris gegen das Nicht-Handeln der Bundesregierung in seinem Fall abgewiesen und der Bundesregierung einen großen Ermessensspielraum zugestanden hatte. Mit dem jetzt in Prüfung befindlichen Gesuchen an die USA könne ein „Signal“ gesetzt werden, betonte der Vertreter der Bundesregierung, auch wenn keine Aussichten auf Erfüllung seitens des Vereinigten Staaten bestünden.
    In Bezug auf den veröffentlichten Bericht des US-Senats berichtete ein Vertreter der Bundesregierung, dass der Generalbundesanwalt weiterhin den im Dezember veröffentlichten, geschwärzten Bericht prüfe. Strafrechtlich infrage kämen etwa Verletzungen der Paragraphen 7 (Verbrechen gegen die Menschlichkeit) und 8 (Kriegsverbrechen gegen Personen) des Völkerstrafgesetzbuches. Wie lange die Prüfung andauern werde, sei nicht prognostizierbar. Der Vertreter der Bundesregierung betonte, dass noch kein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sei. Ein Rechtshilfegesuch an die USA, um den ungeschwärzten Bericht zu erhalten, sei daher noch nicht gestellt worden. Die USA hätten ohnehin erklärt, diesen nicht zu überstellen. Vertreter der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen erkundigten sich in diesem Zusammenhang nach der Zusammenarbeit mit Straf- und Justizbehörden etwa in Italien und Polen.
    Quelle: Deutscher Bundestag

    Anmerkung WL: Die „Prüfung eines Gesuchs“ dürfte wohl lange dauern. Warum geht man nicht vor den internationalen Strafgerichtshof. Sicher die USA haben sich der internationalen Strafgerichtsbarkeit entzogen, aber jedenfalls könnte ein Verfahren wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen gegen Personen angestrebt werden.

  9. Daimler: Feuern aus vier Rohren
    Der Daimler-Konzern fährt Rekordgewinne ein, sein Chef Dieter Zetsche ein Rekordgehalt (8,4 Millionen), und das beflügelt ihn zu martialischen Aussagen. Bei der Präsentation der glänzenden Bilanz im Februar sagte der 61-Jährige: “Wir feuern aus allen Rohren.” Unser Autor nimmt die Rohre unter die Lupe…
    An welche Rohre Zetsche genau gedacht hat, ließ er unerwähnt. Tatsache ist, dass bei Daimler der Profit aus drei, mitunter auch aus vier Rohren befeuert wird. Nummer eins zielt mit den Massen-Pkw auf die Lohnabhängigen. Nummer zwei mit der verchromten Oberklasse auf die Reichen und Vermögenden. Nummer drei mit den Nutzfahrzeugen auf die Nachfrage von Unternehmen und Nummer vier mit Rüstungsgütern auf die Nachfrage des Staates. Dieser Dauereinsatz der Rohre eins bis vier, mit einer gewissen zeitlichen Flexibilität, machte den Daimler zu dem, was er ist: zu einem der profitabelsten Konzerne.
    Bereits im Ersten Weltkrieg spielte der Rüstungsbereich bei den Vorgängergesellschaften des heutigen Daimler-Konzerns, bei den Unternehmen Benz und Daimler, eine herausragende Rolle. Während der NS-Herrschaft dominierte dieser Bereich das Unternehmen, das inzwischen zur Daimler-Benz AG zusammen geschlossen war…
    Anfang der 1970er-Jahre verkaufte der frühere NS-Förderer und Daimler-Benz-Großaktionär Friedrich Flick sein Aktienpaket an die Deutsche Bank. Damit war diese wieder – wie in der Periode 1925–1945 – wichtigster Großaktionär des Unternehmens. Anfang der Achtzigerjahre, in der Ära von Edzard Reuter als Vorstandsvorsitzendem (1987–1995), übernahm Daimler-Benz eine Reihe Rüstungshersteller, so MTU (Triebwerke), Dornier (Luft- und Raumfahrt), AEG (Elektronik) und MBB (Raumfahrt, Raketen, Panzer). Gleichzeitig beteiligte sich der Konzern an Airbus und übernahm Fokker (beides Flugzeughersteller). Die Rüstungs-, Luft- und Raumfahrt-Sektoren wurden später in der Daimler-Tochter Dasa (Deutsche Aerospace Aktiengesellschaft) zusammengefasst. Der Chef dieser Konzernsparte war Jürgen Schrempp. Dasa bildete im Jahr 2000 einen der zwei Grundbestandteile bei der Bildung des neuen, deutsch-französischen Rüstungskonzerns EADS.
    Quelle: Winfried Wolf in Kontext:Wochenzeitung

    Dazu:

  10. Die Macho-Branche boomt wieder
    Es ist, als wäre nie etwas gewesen: kleinere Autos, spritsparend, umweltschonend. Scheinbar eine Debatte von gestern. Die Konzerne setzen auf Groß und Stark, die Autoindustrie kommt wieder als kraftstrotzende Macho-Branche daher.
    Quelle: Winfried Wolf in Kontext:Wochenzeitung

    Hinweis: Auch diese Woche wieder eine Reihe interessanter Artikel in Kontext:Wochenzeitung u.a.:

    • Raus aus den Hinterhöfen: Ja zu einer Moschee mitten in Stuttgart – aber nicht um jeden Preis. Ja nur, wenn sie offen ist für alle, wenn die Muslime ihre Strukturen offen legen und sich zur Gleichberechtigung der Geschlechter bekennen. Sagt die Alewitin und Grünen-Politikerin Muhterem Aras.
    • Der Mörder von nebenan: Krawalle, hitzige Debatten, ein Sprengstoffanschlag: Die Wehrmachtsausstellung, die vor 20 Jahren eröffnet wurde, war die umstrittenste historische Exposition, die je in Deutschland gezeigt wurde.
    • Eine einfache Denkfigur: Die parlamentarische Aufklärung des Schwarzen Donnerstag geht zuerst in die Pause und dann in eine Verlängerung. Grüne und Sozialdemokraten wollen weiterhin versuchen, den endgültigen Beweis für politischen Druck auf die Polizei zu führen.
    • Streit um Täter: Hinter den Kulissen schwelt ein neuer Konflikt in Korntal. Es geht um die Täterseite der Opferhilfe Korntal, die seit Herbst vergangenen Jahres im Netz steht. Sie störe die gerade anlaufende Aufarbeitung des Missbrauchs in den Kinderheimen der Evangelischen Brüdergemeinde, meinen die einen. Sie treibe sie im Gegenteil voran, meinen die anderen.
    • Kein Zurück: Dank der Anhörung von Sachverständigen im Stuttgarter NSU-Untersuchungsausschuss hat die Aufklärung des Mordes an der Polizistin Michèle Kiesewetter eine neue Dynamik bekommen. Denn noch bevor die Beweiserhebung überhaupt richtig begonnen hat, ist klar: Offizielle Erklärungen, auch solche von Innenminister Reinhold Gall (SPD), lassen sich nicht halten.
    • Die Magie der Zahlen: Nach dem Ausscheiden des umstrittenen S-21- Projektsprechers Wolfgang Dietrich soll alles besser werden. Vor allem der Wahrheitsgehalt der Informationen. Daran darf man Zweifel haben – nach den jüngsten Erfolgsmeldungen des Kommunikationsbüros.
    • Der Studentenführer in Hitlerpose:  Rudi Dutschke, Galionsfigur der 68er-Studentenbewegung, wäre am 7. März 75 Jahre alt geworden. Dass er schon 1979 starb, war die Folge eines Mordanschlags. Viele machten den Springer-Verlag für das Attentat verantwortlich, dessen Zeitungen monatelang gegen “linke Randalierer” gehetzt hatten. Eine Schaubühne mit Karikaturen aus dieser Zeit.
    • Blutdiamanten: Unser Wetterer Peter Grohmann über Schweizer und andere Banken.

    Kontext:Wochenzeitung erscheint mittwochs online auf kontextwochenzeitung.de und samstags als Beilage zur taz.

  11. Bahnchef Grube rechnet weiter mit Streiks
    Nach Kritik aus den eigenen Reihen verzichtet die GDL auf den angedrohten 100-Stunden-Streik. Doch Bahnchef Grube sieht die Gefahr nicht gebannt. Und spricht im F.A.Z.-Interview über die Möglichkeit einer Zwangsschlichtung. […]
    Zum Vorschlag einer Zwangsschlichtung in festgefahrenen Tarifkonflikten sagte Grube: „Ich bin kein Freund von Zwang. Wenn Sie allerdings einen Tarifpartner dabei haben, der partout nicht abschließen will, der also die Tarifautonomie gar nicht wahrnehmen will, dann gibt es nur noch eine Möglichkeit, um Kunden und Mitarbeiter zu schützen“, sagte Grube.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung André Tautenhahn: Die Bahn als Opfer handelt also nur in Notwehr.

  12. Zu wenig Geld für Bus und Bahn – Nahverkehr auf dem Abstellgleis
    Der öffentliche Nahverkehr (ÖPNV) ist eigentlich eine Erfolgsgeschichte: Seit Jahren steigen die Nutzerzahlen. Das entlastet die Straßen täglich um rund 20 Millionen Autofahrten. Doch dieser Erfolg ist in Gefahr, denn der Bund sorgt dafür, dass der Nahverkehr ausblutet. Er ist gesetzlich verpflichtet, den Ländern jedes Jahr die so genannten Regionalisierungsmittel zuzuweisen, mit denen sie dann die notwendigen Bahn- und Buslinien in ihren Bundesländern bestellen. Jetzt aber schlagen Fachleute Alarm, weil die finanziellen Mittel nicht ausreichend erhöht werden. Was dazu führt, dass die Passagiere entweder mehr zahlen oder wahrscheinlich Strecken gestrichen werden müssen. Die Landesregierungen laufen Sturm dagegen – doch der Bund sitzt am längeren Hebel, beim Geben und Nehmen. Frontal21 zeigt, welches Kalkül des Bundes dahintersteckt – zum Nachteil der rund zehn Milliarden Nutzer jährlich im öffentlichen Nahverkehr.
    Quelle: ZDF
  13. Steueraffäre erschüttert Commerzbank
    Die Commerzbank ist weit tiefer in die neue Steueraffäre verstrickt, als das zweitgrößte deutsche Geldhaus anfangs zugegeben hatte. Das geht aus Unterlagen hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen und die aus den Beständen der Mossack Fonseca Group in Panama stammen, einem weltweit agierenden Anbieter von Briefkastenfirmen. Solche Firmen dienen vor allem dazu, Vermögen vor dem Fiskus zu verstecken.
    Quelle: Süddeutsche

    Anmerkung André Tautenhahn: Wie heißt es doch in dem Fernsehspot doch gleich, in 140 Jahren Bankgeschichte gibt es nicht nur Erfolge.

  14. Die Barbaren sind unter uns
    …Die amerikanische Regierung glaubte, im Irak und in Afghanistan die Demokratie herbeibomben zu können. Aber als die Gewaltherrscher besiegt waren, vergaß man, legitime, leistungsstarke und gerechte Verwaltungsstrukturen aufzubauen. Oder es war den Politikern zu mühevoll. Vielleicht hatten sie auch vergessen, dass, wenn es darum geht zu verhindern, dass ein Land in Barbarei versinkt, eine legitime rechtsstaatliche Ordnung, eine funktionierende, nicht korrupte Bürokratie, eine Verwaltung, die die Angehörigen der verschiedenen Stämme und Glaubensrichtungen, die Sunniten, Schiiten, Aleviten und Christen gleichermaßen anerkennt, allemal wichtiger ist als eine formale Demokratisierung, noch dazu als eine, die in ungehemmter Anwendung des Mehrheitsprinzips die Exklusion und soziale Frustration der Minderheiten betreibt und damit den Boden für Terrorismus bereitet.
    Die barbarischen Demütigungen und Folterungen im Gefängnis von Abu Ghraib im Jahre 2004 waren die Taten zivilisierter, zu Disziplin und Gesetzestreue erzogener amerikanischer Soldaten. In den Kleinstädten des mittleren Westens, aus denen sie stammten, kannte man sie als freundliche und zuverlässige junge Leute. Aber nun waren sie in einer fremden, bedrohlichen Umgebung, verstanden die Sprache nicht, die die Menschen hier sprachen, kannten nicht die Bräuche, begriffen nicht, nach welchen Regeln diese fremde Gesellschaft funktionierte, sahen sich außer Stande, halbwegs zuverlässig zwischen Freund und Feind zu unterscheiden. In dieser ohnehin prekären Situation verschoben ihre militärischen und politischen Autoritäten die moralischen Koordinaten, setzten Bestimmungen der Genfer Konvention außer Kraft, erklärten die Folter unter Umständen für rechtens. Der kürzlich veröffentlichte Bericht des Kongresses über die Folterpraktiken der CIA zeigt das ganze Ausmaß der offiziellen Verrohung, die dem Schock vom 11. September 2001 folgte. Es war, als würden verängstigte und bissige Hunde von der Leine gelassen. Der eigene Präsident, George W. Bush, rief in der berüchtigten West Point Address vom 3. Juni 2002 den Ausnahmezustand aus, in dem, wenn es gegen das Böse geht, alles, auch ein Präventivkrieg, auch gezielte Tötung von Zivilisten, und eben auch Folter erlaubt ist: „If we wait for threats to fully materialize, we will have waited to long.“ – „Wenn wir warten, bis Bedrohungen Wirklichkeit werden, haben wir zu lange gewartet.“
    Die Folterer von Abu Ghraib waren biedere Menschen, die in einem Ausnahmezustand taten, was sie sich selbst vorher wohl niemals zugetraut hätten, von dem sie wohl tatsächlich nicht wussten, dass es als Möglichkeit zur Barbarei von Anfang an in ihnen schlummerte. Sie hätten eine sie stützende, ihnen Grenzen aufzeigende, auch den Feind einbeziehende Rechtsordnung gebraucht, um nicht a-sozial, nicht unmenschlich zu werden. Die aber war von höchster Stelle aufgekündigt worden und mit ihr der Kompass verinnerlichter Normen…
    Quelle: Johano Strasser in Blätter für deutsche und internationale Politik
  15. Meinungsmache und Marketing auf Bildungsmesse didacta
    Meinungsmache und Marketing sind an Schulen keine Ausnahme mehr. Unternehmen stellen ganze Lerneinheiten bereit oder schicken ihre Mitarbeiter als „Experten“ in Schulen. Vor zwei Jahren haben wir dazu ein vielbeachtetes Diskussionspapier veröffentlicht.
    Auch auf der Bildungsmesse didacta sind viele Unternehmen und Verbände vertreten. Einige davon sind in der Vergangenheit durch fragwürdige Aktivitäten an Schulen aufgefallen. Ein Team von LobbyControl ist heute auf der didacta in Hannover und sammelt Beispiele für Marketing und Meinungsmache an Schulen. Die Ergebnisse dokumentieren wir in diesem Live-Blog und über Twitter.
    Quelle: LobbyControl
  16. Meinungsmacht-Debatte: Schlüsse für die Forschung
    Uwe Krüger hat sich mit genau der Forschungsfrage befasst, die derzeit klärungsbedürftig erscheint: Es geht ihm «erstens um die Nähe von Journalisten zur Macht und zweitens um Leerstellen und Tabus in der Berichterstattung, um Konformität der journalistischen Inhalte mit der Eliten-Diskussion». Weniger wissenschaftlich formuliert spürt er der Frage nach, inwieweit führende Journalisten, die in Leitmedien meinungsprägend wirken, zu eng mit den Machteliten verbandelt sind, um noch hinreichend distanziert und unabhängig berichten zu können…
    Krügers Befunde: Leitende Redaktoren der deutschen meinungsführenden Medien sind «ausserhalb ihrer unmittelbaren journalistischen Pflichten vielfältig mit Politik- und Wirtschaftseliten verbunden». Eine solche Einbindung könne «als Ausdruck der Bemühung der Journalisten um hochrangige Quellen, um Information und Orientierungswissen aus dem Umfeld jener Akteure, die den grössten Einfluss haben, gesehen werden». Doch dieses «journalistisch durchaus ehrenwerte Bemühen» habe bedenkliche Begleiterscheinungen: Das «embedding» der Journalisten führe dazu, dass diese die Sichtweisen der Entscheider-Eliten übernähmen – oder es würden eben nur solche Journalisten in die entsprechenden Hintergrundkreise, Stiftungen, Think-Tanks und zu nichtöffentlichen Konferenzen eingeladen, die deren Sichtweisen von vorneherein teilten.
    Quelle: European Journalism Observatory

    Dazu:

  17. Über Eliten und über Diskurse
    Uwe Krügers Dissertation „Meinungsmacht“ fand in der Öffentlichkeit große Beachtung. Sie führte zu einer Debatte über das Rollenverständnis meinungsführender Journalisten. Die Diskussion zwischen dem Autor und seinem Kritiker Neuberger um die wissenschaftliche Qualität der Arbeit hatte das EJO im vergangenen Jahr dokumentiert. Nun schaltet sich der Gutachter der Arbeit, Michael Haller ein, um zu den Vorwürfen, die indirekt auch ihn treffen, Stellung zu nehmen. Haller, der bis vor kurzem Journalistik-Professor in Leipzig war, fasst im Folgenden zuerst Fragestellung und Methode der Studie nochmals zusammen, damit diejenigen folgen können, die das Buch von Krüger nicht kennen. Anschließend erörtert er den Kern der Neubergerschen Kritik (im Medium-Magazin wie auch auf der EJO-Website). Abschließend trifft er zwei wissenschaftsethische Feststellungen.
    Quelle: European Jounalism Observatory
  18. Siehe weitere Beiträge zur Meinungsmacht-Debatte
    Quelle: European Journalism Observatory
  19. Verschwörungstheoretiker des Tages: Wesley Clark
    Er war Oberbefehlshaber der NATO-Streitkräfte Europa von 1997 bis 2000, befehligte 1999 den ersten Angriffskrieg der NATO – damals gegen Jugoslawien – und bemühte sich 2004 sogar um die US-Präsidentschaftskandidatur der Demokraten. Wesley Clark gehört noch immer zum US-sicherheitspolitischen Establishment und behauptete nun öffentlich und bei klarem Verstand am Mittwoch auf CNN, was hierzulande mit Blick auf den »Islamischne Staat« als »Verschwörungstheorie« abgetan wird: »ISIS wurde durch finanzielle Unterstützung von unseren Freunden und Verbündeten geschaffen. Dafür haben sie Eiferer und religiöse Fundamentalisten rekrutiert, damit sie bis zum Tod gegen die Hisbollah kämpfen.« Clark hütete sich, die »US-Freunde und Verbündeten« beim Namen zu nennen, aber schwer ist nicht zu erraten, wen er außer Israel meinte. Laut Clark scheinen auch die USA direkt verwickelt. Denn der General fuhr im Plural fort: »Wir haben Frankenstein geschaffen.« Das würde erklären, was in einem Kommentar des britischen Internetportals middleeasteye.net am Dienstag »Geheimnis des Islamischen Staats (IS)« genannt wurde. Gemeint war die schnelle geopolitische Expansion des IS trotz geringer Begeisterung in der Region für die Terrororganisation.
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung Orlando Pascheit: Vor einigen Tagen erreichten die NachDenkSeiten etliche Hinweise auf diese oder ähnliche Meldungen zum Interview von Ex-General Wesley Clark. Sicherlich kritisieren die NachDenkSeiten viel häufiger die Meinungsmache der Mainstreammedien, ob nun ideologisch- oder interessengeleitet. Leider sind auch “linke” Medien nicht frei davon und man ertappt sich nicht selten dabei, zu sehr aus dem eigenen Standpunkt heraus zu argumentieren. Kritik an den USA fällt leicht, den die Großmacht hat oft gefehlt. Aber die Kritik z.B. an US-Regierungen, wobei dann das Wort Regierung oft allzu schnell durch das Wort USA oder einfach durch Amerika ersetzt wird, verliert schnell an Wirksamkeit, wenn dann jeder Vorgang sehr pauschal mit Vietnam, Irak, Afghanistan, Libyen oder Guantanamo abgetan wird. Es werden verschiedene historische Perioden, diverse Präsidenten, das Wirtschaftssystem einfach auf eine Schiene gesetzt, die in das imperialistische Amerika oder in die berühmten amerikanischen Verhältnisse münden. Gänzlich unglaubwürdig wird die Kritik, wenn einzelne Vorgänge mit Gewalt in ein Bild gepresst werden, die dem eigenen Vor-Urteil entspricht. Kritik gehört belegt und nicht unwichtig ist dabei, dass man z.B. die Äußerungen politischer Leitfiguren zur Gänze wiedergibt und nicht nur das Passende aussucht. Und selbst wenn man ein Dokument zur Gänze kennt, zeigt sich z.B. beim Statement der Eurogruppe zu Griechenland oder dem Brief der griechischen Regierung an diese, dass der Interpretationen keine Grenzen gesetzt sind. Das beginnt bei der Übersetzung. Wie leicht lässt sich durch ein einziges Wort der Charakter einer Aussage ändern.
    In obigem Fall wird suggeriert, dass letztlich die USA den sogenannten “IS” geschaffen hätten. Was hat der Ex-General nun gesagt:

    “CLARK: […] Look, ISIS got started through funding from our friends and allies, because as people will tell you in the region, if you want somebody who will fight to the death against Hezbollah, you don’t put out a recruiting poster and say sign up for us. We will make a better world.

    You go after these zealots and you go after these religious fundamentalists. That’s who fights Hezbollah

    BALDWIN: General, I’m hearing you on…

    CLARK: It’s like a Frankenstein.”

    Im Grunde ein alter Hut, und die “junge Welt” übersetzt einigermaßen korrekt: “ISIS wurde durch finanzielle Unterstützung von unseren Freunden und Verbündeten geschaffen. Dafür haben sie Eiferer und religiöse Fundamentalisten rekrutiert, damit sie bis zum Tod gegen die Hisbollah kämpfen.” Allgemein wird davon ausgegangen, dass die Türkei, Katar und wahrscheinlich auch die anderen Golfstaaten den ISIS und dessen Vorgängerversionen unterstützt haben. Ob die USA direkt daran beteiligt waren, wissen wir nicht, genauso wenig, ob sie es geduldet haben. Manche behaupten, die US-Regierung hätte sogar davor gewarnt. Auf jeden Fall reichte der US-Einfluss nicht so weit, um diese Unterstützung zu verhindern. Aber das, was die “junge Welt” als Beleg herausstellt, wurde nie gesagt: “Wir haben Frankenstein geschaffen.” ISIS wird einfach als ein Frankenstein-Monster bezeichnet: “It’s like a Frankenstein.”
    Kein Wort zu den USA, kein Wort dazu, welche “Freunde und Verbündete” Clark meint. Es ist einfach billig, wie ein weiteres Feindbild, nämlich Israel, bedient wird. Es ist nicht bekannt, ob Israel ISIS unterstützte. Ob die Israelis wirklich solch eine radikale Gruppe unterstützen würde, die dann Israel ins Visier nehmen könnte? Die Erwähnung der Hisbollah durch Clark reicht nicht aus, um eine Beteiligung Israels an der Gründung von ISIS zu belegen. Man sollte nicht vergessen, das die Wurzeln der Bewegung in der Gründung eines schiitischen Gottesstaates lag und die Hisbollah heute eine maßgebliche Rolle in syrischen Bürgerkrieg spielt. – Die “junge Welt” begibt sich mit diesem Beitrag selbst auf das weite Feld der Verschwörungstheorien, das von Webseiten wie “Alles Schall und Rauch” geprägt wird.


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