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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 27. Januar 2015 um 9:05 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Jens Berger
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/JB)
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Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Anmerkung AM: Bravo, endlich!
Anmerkung JK: Hallo Herr Gabriel, hallo Herr Oppermann, bitte ganz genau durchlesen.
Anmerkung JK: Trotz allen Bedenken muss man die griechischen Bürger für ihre Wahl beglückwünschen. Der Ausgang der griechischen Parlamentswahlen ist ein schlagender Beweis, dass die Demokratie gerade in deren Mutterland noch funktioniert und zwar nicht im Sinne der merkelschen Marktkonformität. Die griechischen Bürger haben den massiven Erpressungsversuchen, die gerade auch aus Berlin und Brüssel kamen, widerstanden und auch das alte korrupte Parteiensystem von der politischen Bühne gefegt. Das Wahlergebnis zeigt, Widerstand gegen den Neoliberalismus und der von ihm in Griechenland verursachten humanitäre Katastrophe ist möglich.
In Spanien, werden im Dezember ebenfalls Wahlen stattfinden. Auch dort liegt die linke Partei PODEMOS in den Umfragen vorn, die sich, wie die Syriza, explizit gegen die irrsinnige Austeritätspolitik stellt. Sind die griechischen Wahlen so der Anfang vom Ende des deutschen Austeritätsdiktates über Europa? Die entscheidende Frage wird sein wie werden die herrschenden Eliten und die Finanzindustrie auf diese Entwicklung reagieren? Die unverhohlenen Drohungen des Bundesbankpräsidenten Weidmann und des Vorsitzender der Euro-Gruppe Dijsselbloem lassen nichts Gutes ahnen und geben tiefe Einblicke in das Demokratieverständnis in Berlin und Brüssel. Den Vogel schoss dabei wieder Vizekanzler Gabriel (SPD) ab, der sogleich im Springerblatt BILD verlautbarte, die Anstrengungen in Griechenland, die Schulden zu reduzieren müssten weitergehen. Die Not und das Elend der Menschen in Griechenland scheinen Gabriel dabei völlig kalt zu lassen. Einen folgsameren Apologeten des Neoliberalismus finden die herrschenden Eliten aktuell wohl kaum in der SPD.
Dazu weitere Hintergrundinformationen zur Wahl in Griechenland:
Griechenland hat gewählt – Und nun?
Tsipras hat eine Chance verdient
Aus dem Sieg von Alexis Tsipras lässt sich leicht ein Horrorszenario stricken. Doch ebenso gut könnte die Wahl in die Geschichte eingehen. Als jener Tag, an dem die Griechen ihr Schicksal endlich in die eigene Hand nahmen.
Wann immer deutsche Politiker oder Publizisten über die Krise in Griechenland räsonieren, kommen sie selten ohne zwei vermeintliche Wahrheiten aus.
Erstens: Hauptschuld an der Krise trägt die verkommene Wirtschafts- und Politikelite des Landes. Griechische Oligarchen begriffen den Staat als Beute. Korrupte Politiker waren ihnen zu Diensten.
Zweitens: Um die Krise zu überwinden, sollten die Griechen bloß keine Experimente wagen, sondern bitte die Koalition aus konservativer Nea Dimokratia und sozialistischer Pasok im Amt bestätigen. Alles andere gefährde die wirtschaftliche Erholung des Landes.
Ganz schön paradox, schließlich haben diese beiden Parteien Griechenland über drei Jahrzehnte in den Abgrund regiert. Und denen hätten die Griechen jetzt erneut ihre Zukunft anvertrauen sollen?
Sie haben sich entschieden, genau das nicht zu tun – und niemand kann es ihnen verdenken. Das Wahlergebnis ist ein überwältigender Regierungsauftrag für Alexis Tsipras und seine Syriza. Und eine überfällige Abrechnung mit der alten politischen Elite.
Vielleicht wird der gestrige Wahltag auch in die Geschichte eingehen als das Datum, an dem nach der wirtschaftlichen endlich auch die politische Erneuerung Griechenlands begann. Vielleicht hat Tsipras tatsächlich den Mut, sich mit den griechischen Reederei- und Medienmagnaten anzulegen und sich von ihnen jene Steuereinnahmen zu holen, die er für seine Sozialprogramme braucht. Es wäre ein überfälliger Schritt, denn die Privilegien dieser unproduktiven Elite haben die etablierten Parteien bislang kaum beschnitten.
Quelle: SPON
Anmerkung JK: Interessante Töne auf SPON. Bisher war der Spiegel als neoliberales Zentralorgan einer der radikalsten Verfechter der „Sparpolitik“ gerade gegenüber Griechenland. Siehe dazu auch den weiter unten stehenden Hinweis „Brandstifter Tsipras“. Zumindest beweist der Beitrag die Wendigkeit der Spiegel-Journalisten. Letztes Jahr spuckte Rickens noch ganz andere Töne:
Griechenland vor Neuwahl: Na dann viel Glück, Herr Tsipras
Wie gering die Akzeptanz der Reformen bei den Griechen wirklich ausfällt, dürfte sich bei den vorgezogenen Neuwahlen Anfang 2015 zeigen. Dann hat der linke Kandidat Alexis Tsipras gute Chancen, zum neuen Premierminister zu werden. Er tritt mit klaren Wahlversprechen an: Stopp des Schuldendienstes, Stopp der Privatisierungen, stattdessen neue Jobs im Öffentlichen Dienst und niedrigere Steuern.
In weiten Teilen ist das ein wirtschaftliches Selbstmordprogramm. Wenn Griechenland irgendetwas ganz sicher nicht benötigt, dann sind das zusätzliche Beamte. ….
Sollte Tsipras einen Schuldenschnitt heraushandeln (oder einfach aufhören, Griechenlands Gläubigern ihr Geld zu überweisen), hätte das noch einen zweiten wichtigen Effekt: Die Griechen könnten und müssten ihr wirtschaftspolitisches Schicksal endlich selbst in die Hand nehmen. Endlich könnten sie für ihre Misere nicht mehr Angela Merkel/Mario Draghi/die EU/den Weltwährungsfonds/die Troika verantwortlich machen. Auch dieser bequeme Mechanismus der Verdrängung würde dann nicht mehr funktionieren.
Quelle: SPON
In einem offenen Brief an das “Handelsblatt” wendet sich A. Tsipras an die Deutschen:
Liebe Leser des Handelsblatts,
Der griechische Staat ist seit 2010 nicht mehr dazu in der Lage, seine Schulden zurückzuzahlen. Unglücklicherweise beschloss man auf offizieller europäischer Seite, so zu tun, als könne man diesem Problem mittels des größten in der Menschheitsgeschichte je gewährten Kredites und der strikten Durchsetzung eines finanz- und strukturpolitischen Anpassungsprogramms Herr werden. Und das, obwohl dies mit mathematischer Gewissheit das Zusammenschrumpfen des Inlandseinkommens zur Folge haben musste, aus welchem die Abzahlung neuer wie alter Kredite finanziert wird.
Es hätte nicht mehr als gesunden Menschenverstand gebraucht, um zu erkennen, dass das konsequente Festhalten am „Extend and Pretend“-Dogma für mein Land in einer Tragödie enden würde. Es hätte nicht mehr als gesunden Menschenverstand gebraucht, um zu verstehen, dass man, statt Griechenland zu stabilisieren, nur Öl ins Feuer einer sich immer wieder aufs Neue selbst entfachenden Krise goss, die Europa bis in seine Grundfesten bedroht. Die im Mai 2010 verabschiedete Kreditvereinbarung wurde von meiner Partei und mir entschieden abgelehnt. Nicht weil wir glaubten, Deutschland und unsere anderen Partner hätten uns nicht genügend Geld zur Verfügung gestellt, sondern weil wir der Auffassung waren, dass sie uns weit größere Summen haben zukommen lassen als angemessen, weit mehr als anzunehmen wir berechtigt gewesen wären. Geldsummen, die weder der griechischen Bevölkerung zugute kommen würden, da sie nur dazu bestimmt waren, in ein Schuldenfass ohne Boden geworfen zu werden, noch das Anwachsen der Staatschulden, deren Last unsere Partner unweigerlich immer wieder auf Ihre Bürger abwälzen würden, würden verhindern können.
Weniger als ein Jahr darauf hatte sich unsere Einschätzung als richtig erwiesen. Die Kombination aus Neuaufnahme enormer Kreditsummen und massiven Kürzungen hatte es nicht nur nicht vermocht, die Schuldenproblematik zu zähmen, sondern darüber hinaus auch die Schwächsten unserer Gesellschaft hart getroffen. Gewissenhafte Arbeitnehmer waren arbeits- und obdachlos geworden und fühlten sich vor allem ihrer Würde beraubt. Die massiven Einkommensverluste trieben Tausende Unternehmen in den Ruin und verhalfen den verbliebenen dazu, sich als Oligopole zu etablieren und an Stärke zu gewinnen.
Trotz des fulminanten Scheiterns dieser Strategie hält man bis zum heutigen Tag an der erwähnten Logik der Verlängerung und Täuschung fest. Mit der im Jahr 2012 getroffenen Kreditvereinbarung lud man eine noch größere Schuldenlast auf die ohnehin schon schwachen Schultern Griechenlands und löste eine neue Rezession aus, während die Gelder unserer Partner in die Finanzierung eines Systems persönlicher Bereicherung und Vorteilsnahme verwendet wurden und der damals vorgenommene Haircut vornehmlich die Einlagen der Sozialversicherungs- und Rentenkassen beschnitt.
Quelle: Radio Korfu
Anmerkung JK: Der Brief erschien noch vor der Wahl am 13.01. im Handelsblatt. Ist aber dennoch interessant, da er die Position von Tsipras und der Syriza erläutert.
Anmerkung JK: Eine schöne Presseschau, die belegt wie die „Qualitätsmedien“ es mit Meinungsfreiheit, -pluralität und objektiver journalistischer Berichterstattung nach wie vor wirklich halten.
Dazu: „Syriza steht für die Rückkehr zur Korruption“
Der griechische Soziologe Michael Kelpanides fürchtet, dass Griechenland mit einer Syriza-Regierung „den letzten Rest von Respekt und Glaubwürdigkeit im Westen verlieren wird“. Ein Gespräch über den rasanten Aufstieg einer Splitterpartei zur stärksten politischen Kraft. […]
Wofür steht Syriza?
Für die Rückkehr zu dem System der Korruption, des Nepotismus und des Klientelismus, das Griechenland ruiniert hat – auch wenn die Partei behauptet, das Gegenteil zu wollen. Die Vorgeschichte von Syriza beginnt 1968, als eine Gruppe Intellektueller sich von der stalinistischen und moskauhörigen Kommunistischen Partei Griechenlands abspaltete, und seitdem, unter wechselnden Namen und Flaggen, bis zur Krise als Mini-Partei vier oder fünf Prozent der Stimmen erhielt. Sie war stets das Lieblingskind der Intellektuellen und Akademiker. Ihren kometenhaften Aufstieg verdankt die Partei allein dem Protestvotum als Folge der Austeritäts- und Sparpolitik. Sie wurde auf einmal nicht mehr nur von Intellektuellen gewählt, sondern von den breiten Schichten, die Opfer der Misswirtschaft von korrupten politischen Eliten wurden. Von Eliten freilich, die die Griechen in regulären parlamentarischen Wahlen gewählt hatten. Pasok und Nea Dimokratia, die in drei Jahrzehnten die Staatsschuld auf 170 Prozent des Bruttoinlandsprodukts trieben, waren ja nicht etwa eine Junta, die mit einem Putsch die Macht ergriffen hätte. Sie wurden gewählt.
Quelle: FAZ
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Nur noch dreist – aber natürlich muß der SYRIZA-Wahlsieg sofort von den Konservativen umgedeutet werden. In dem Interview (?) wird mal eben unterschlagen, daß die Korruption schon deshalb nicht zurückkehren kann, weil sie nie weg war und unter ND und Pasok gehegt und gepflegt wurde. Die Verantwortung dafür einer Partei unterzuschieben, die schon mangels Regierungsbeteiligung gar nicht korrupt sein konnte, ist Rufmord. Und welche Glaubwürdigkeit, die SYRIZA “verspielen” könnte, haben denn Samaras oder die Pasok besessen, die nun nachweislich das Land in den Abgrund geführt haben? Die Glaubwürdigkeit als Merkels Marionetten? Umgekehrt werden ND und Pasok von ihrer Verantwortung exkulpiert, weil sie demokratisch gewählt worden sind – der Mann muß noch mal über Logik in der Argumentation nachdenken.
Anmerkung Niels Kadritzke: Das ist ein ausgezeichneter Text!
Anmerkung JK: Nun, was soll man sagen, für den Profit ging das Kapital schon immer über Leichen.
Dazu aber auch: Politischer Missbrauch von Auschwitz
Ulrich Schneider ist außer sich. Richtig außer sich. Zahlreiche Staats- und Regierungschefs werden am 27. Januar bei den Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz durch die Rote Armee anwesend sein. Ja selbst Bundespräsident Joachim Gauck, das Staatsoberhaupt jenes Landes, aus dem die Täter einst stammten, die das industrielle Morden perfektioniert haben, wird vor Ort sein. Der einzige, der fehlen wird, ist ausgerechnet Russlands Präsident Wladimir Putin. Für den Generalsekretär der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer ein Skandal, weshalb er zur Feder griff und einen Protestbrief an den polnischen Botschafter in Berlin verfasste: […]
Nur wurde der russische Präsident wirklich missachtet, weil er anscheinend als einziger von der polnischen Regierung keine Einladung zu dem 70. Jahrestag erhielt, wie der Kreml in seinen Stellungnahmen suggerierte?
Diese Frage kann man nur mit einem klaren Nein beantworten. Für die Organisation der Gedenkfeier ist das Museum Auschwitz verantwortlich. Warschau verschickte lediglich diplomatische Noten, in denen es über die Feierlichkeiten informierte und anfragte, ob Vertreter eventuell anreisen würden. Keiner erhielt jedoch eine gesonderte Einladung. Weder Bundespräsident Gauck oder gar Ukraines Petro Poroschenko, wie von russischen Auslandsmedien behauptet wurde. Doch während 40 Staatsoberhäuptern und Regeierungschefs die diplomatische Note ausreichte, um ihre Anwesenheit anzukündigen, war diese Wladimir Putin offenbar zu wenig. Ob aus politischem Kalkül oder verletzter Eitelkeit, das weiß der russische Präsident nur allein.
Falls man jedoch gerne Protestbriefe schreibt, sind beide ausreichende Gründe für solche Schreiben. Diese jedoch nicht an den polnischen Botschafter in Berlin, so wie es Ulrich Schneider getan hat, sondern an dessen russischen Kollegen. Denn eins muss man klar feststellen: Putins Abwesenheit bei den morgigen Feierlichkeiten in Auschwitz ist nicht ein Affront der polnischen Regierung, sondern des russischen Präsidenten gegen die letzten Überlebenden des Naziterrors sowie dessen sowjetischen Befreier.
Und dass Putin keiner speziellen Einladung bedarf, um dieser vor Ort zu gedenken, zeigte er vor 10 Jahren. Damals reiste er nach Polen, um an dem 60. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz teilzunehmen, obwohl er ebenfalls nur eine diplomatische Note aus Warschau erhielten hatte.
Quelle: Thomas Dudek auf Telepolis
Anmerkung JB: Die Frage, warum Putin nicht in Auschwitz erscheint, ist also keineswegs so einfach zu beantworten, wie es einige Internetseiten versuchen. Selbstverständlich wissen jedoch auch wir nicht, was sich hinter den Kulissen abgespielt hat. Man sollte jedoch Polen genau so fair behandeln, wie man es für die Behandlung Russlands immer wieder einfordert.
Dazu auch: Paul Krugman – Greece: Think Flows, Not Stocks
How should we think about the bargaining that may or may not now take place between the new Greek government and the troika? (No bargaining if the troika basically says no concessions.) Most discussion is framed in terms of what happens to the debt. But as both Daniel Davies and James Galbraith point out — with very different de facto value judgments, but never mind for now — at this point Greek debt, measured as a stock, is not a very meaningful number. After all, the great bulk of the debt is now officially held, the interest rate bears little relationship to market prices, and the interest payments come in part out of funds lent by the creditors. In a sense the debt is an accounting fiction; it’s whatever the governments trying to dictate terms to Greece decide to say it is.
Quelle: New York Times
Anmerkung JB: Schön, dass Artikel der NachDenkSeiten nun schon vom Nobelpreisträger Krugman verlinkt werden.
Dazu: Amerikas Haushalt – Das Steuerdilemma der Republikaner
Eigentlich hatten die Republikaner versprochen, die Steuern zu senken. Doch immer mehr konservative Gouverneure erhöhen jetzt die Steuern, um ihre Haushalte in den Griff zu bekommen. […]
Tatsächlich sind einige der Gouverneure in ihre Wahlkämpfe gezogen mit dem Versprechen, die regionale vom jeweiligen Bundesstaat erhobene Einkommensteuer komplett abzuschaffen, nach dem Vorbild von Texas. Der eloquenteste Vertreter dieser Idee ist der Gouverneur von Kansas, Sam Brownback.
Seine Steuersenkungen in der ersten Wahlperiode haben dem Bundesstaat Kansas ein so großes Defizit beschert, dass er bei den jüngsten Wahlen im Kernland der Republikaner beinahe nicht wiedergewählt wurde. Nun hat er seine Steuerpläne revidiert: Die Einkommensteuersenkungen werden auf geschoben, neue Steuern für Alkohol und Zigaretten werden dem Parlament vor geschlagen. Die Ratingagenturen Standard & Poors und Moody’s hatten die Staatsanleihen von Kansas herab gestuft.
Quelle: FAZ
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Putzig – auch die US-Republikaner müssen sich irgendwann der Realität beugen, daß ein Staat ohne ausreichende Steuereinnahmen irgendwann bankrott ist. Würde allerdings die FAZ hier nicht sachlich berichten, sondern dieselben Maßstäbe anlegen wie z. B. an Alexis Tsipras, dann müßte sie Kübel von Häme ausschütten über die verrückten Politikvorstellungen von Grover Norquist & Co. Typisch für die Konservativen ist natürlich die Erhöhung der regressiven Steuern (Verbrauchssteuern), während die sehr niedrige (progressive) Einkommensteuer höchstens gesenkt werden darf.
Anmerkung JK: Hartz IV als Sicherungssystem gegen Armut zu bezeichnen ist ein zynischer Euphemismus.
Anmerkung JK: Auf diesen Beitrag wurde schon am Freitag vergangener Woche hingewiesen. Dazu sollte man sich noch einmal die flammenden Appell der Mainstreammedien für Meinungsfreiheit, -pluralität und objektive journalistische Recherche vor dem Hintergrund des Anschlages auf Charlie Hebdo ansehen. Wie korreliert dieses Bekenntnis mit dieser verleumderischen und diffamierenden Hetze gegen Erwerbslose? Die Überschrift lautet dabei, anders als Am Freitag in den Hinweisen zu lesen: „Schlecht ausgebildet, viele Kinder? Dann leben Sie besser mit Hartz IV“, und bedient dabei alle Stereotype über Menschen die dem repressiven Hartz IV System ausgeliefert sind. Im Text geht es genau so weiter. Vom angeblichen Fachkräftemangel bis zur unterstellten Faulheit der Erwerbslosen reiht sich eine Verdrehung und Unterstellung an die andere. Wieso halten es eigentlich Focus-Redakteure für völlig selbstverständlich, dass Menschen für Löhne zu arbeiten haben die unter dem Existenzminimum liegen, das ja durch Hartz IV definiert ist? Es fällt einem sehr schwer hier nicht das L-Wort in den Mund zunehmen.
Anmerkung Orlando Pascheit: Natürlich muss man Skandal rufen, nur erfasst mich eine unendliche Müdigkeit und Mutlosigkeit angesichts der zahllosen persönlichen Verquickungen von Politik und Wirtschaft. Nicht nur in Deutschland vermischt sich in einem sich krebsartig ausbreitenden Lebensbereich unserer Gemeinschaft der Eigennutz von Personen, das Profitinteresse von Firmen mit öffentlichen Institutionen zu einem unauflöslichen Amalgam. Wem können wir noch glauben, wenn Politiker das Wort Allgemeinwohl in den Mund nimmt? Und wie plausibel klingen oft ihre Begründungen für den politischen Laien, für den Nichtfachmann in Sachen Wirtschaftspolitik, Sozialpolitik, Außenpolitik, Verteidigungspolitik usw. – selbst bei höchst dummen Projekten. Eines der Großprojekte der Politik und Wirtschaft bildet die Grundlage für den Aufstieg der Deutschen Annington oder der Gagfah: Das Privatisierungsprojekt. Grundgedanke war und wurde unendlich oft wiederholt, bis er sich in unsere Gehirne gebrannt hatte: Die Privatwirtschaft arbeitet effizienter und ist deshalb für uns Bürger kostengünstiger als der Staat. Dass die Privatwirtschaft Profite maximieren möchte, wurde anscheinend dabei übersehen. Gerade im Fall der Deutschen Annington, die mit etwa 210.000 Wohnungen das größte deutsche Wohnungsunternehmen ist, wurde in der Vergangenheit besonders deutlich die Renditeerwartung der Investoren und die Erwartungen des Managements über das Wohl der Mieter gestellt. Die Deutsche Annington versteckt diesen Umstand nicht einmal. So hieß es im Mai 2012 in einer internen Präsentation: “Kunden bislang nicht im Fokus unseres Handelns.” Die Sache sei ganz einfach, sagte ein Insider aus dem Konzern: Es gebe einen Zielkonflikt zwischen Renditeerwartung und Mietererwartung. – Müde und mutlos macht einen aber auch die Stimmung in der Republik, so etwa in Gesprächen mit Bekannten, Nachbarn oder mit Fremden in Restaurants oder Geschäften, die angesprochen auf die Geschäftmacherei der Politiker, signalisieren, dass sie nicht abgeneigt wären, in einer solchen Position das Maximum für sich herauszuholen. Und wer wäre nicht dagegen gefeit, eine kleine Schweinerei zu begehen z.B. für die Absicherung des Lebensabends?
Wer den Fall Sebastian Lange vertiefen möchte sei auf den Artikel von Martin Reyher verwiesen: “Vertrauter von SPD-Minister wechselt als Lobbyist zu umstrittenen Immobilienriesen“.
Passend dazu: Gretchenfragen des Nahostkonflikts
Nach dem Anschlag in Paris und den Anti-Terroreinsätzen in Belgien wird in vielen jüdischen Gemeinden in Europa über ein Anschwellen des Antisemitismus und eine Auswanderung nach Israel diskutiert. Der Geschichts- und Philosophieprofessor Moshe Zuckermann hält dies für einen falschen Weg, weil die Juden in Israel aufgrund des Konflikts mit den Palästinensern seiner Ansicht nach einer weit größeren Gefahr ausgesetzt wären. Er begründet diesen Gedanken ausführlich in seinem neuen Buch: Israels Schicksal – Wie der Zionismus seinen Untergang betreibt.
Herr Zuckermann – welche Rolle spielt Religion ihrer Ansicht nach im Nahen Osten?
Moshe Zuckermann: Für den Nahen Osten insgesamt gesprochen spielt die Religion (spätestens seitdem der fundamentale Islam auf der Vorhut ist) eine sehr große, sogar zentrale Rolle. Dass beim Arabischen Frühling in Ägypten Staatspräsident Mubarak von dem Muslimbruder Mohammed Mursi abgelöst wurde, kommt nicht von ungefähr.
Darüber hinaus spielt in Israel die Religion spätestens seit den 70er Jahren, im Grunde genommen bereits seit 1967, als die ehemals moderate Nationalreligiöse Partei sich zunehmend radikalisierte, zum Sprachrohr der gesamten Siedlerbewegung avancierte und gewissermaßen einen Staat im Staat errichtete, gleichfalls eine zentrale Rolle.
Das ist insofern relevant, als in einer Gesellschaft, die bis dahin eine säkulare war, ein extrem religiöser Faktor hinzugekommen ist: Jetzt konnten die Siedlungsgebiete nicht mehr zurück gegeben werden, weil sie in der Bibel als gottverheißenes Land apostrophiert waren. Für die nationalreligiösen Siedler ist dieses Land bis zum heutigen Tag überhaupt nicht verhandelbar.
Jede Regierung hat sich seitdem in eine Sackgasse manövriert, indem sie die Siedlerbewegung gefördert und sich selbst damit den Weg zur Lösung des Konflikts verbaut hat. Gleichwohl möchte ich betonen, dass ich den Nahostkonflikt nicht als einen Religionskrieg betrachte, sondern als einen Territorialkonflikt. Wenn dieser gelöst werden könnte, würden sich auch die religiöse Komponenten abschwächen, beziehungsweise sie würden entfallen.
Quelle: Telepolis
Anmerkung Orlando Pascheit: Die NachDenkSeiten sind bereits kritisch auf eine Untersuchung der TU Dresden eingegangen. Die Untersuchung des WZB widerspricht dieser Studie (Langfassung erscheint Ende Januar). Es seien keineswegs “normale” Bürger in Dresden versammelt. Die Zustimmung zu rechtsextremen Positionen sei hoch, obwohl die Befragten zum moderaten Teil von Pegida gehörten. Interessant ist, dass das Team um Dieter Rucht die Teilnehmerzahl an den Pegida-Demonstrationen in Dresden und Leipzig deutlich niedriger sieht, als die Polizei angibt. Auch das Göttinger Instituts für Demokratieforschung ist mit einer Umfrage in das Thema “Wer ist Pegida” eingestiegen.
Anmerkung CR: Sollte der derzeitige SPD-Bundesvorsitzende auf solche “Qualitätsjournalisten” hören, was angesichts seiner permanent vorgeführten Wandlungsfähigkeiten nicht ausgeschlossen werden kann, dann wäre ihm tatsächlich kaum noch zu helfen.
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