- Ein-Euro-Jobs in Frankfurt verdrängen mindestens 25 % reguläre Arbeitsplätze
Nach einem kürzlich veröffentlichten Bericht des Bundesrechnungshofes von 2006 haben mindestens 25 Prozent aller bundesweit vergebenen Ein-Euro-Jobs reguläre Arbeitsplätze verdrängt. Weitere 50 Prozent sind in dieser Hinsicht zumindest zweifelhaft. Insgesamt 4555 Arbeitsgelegenheiten wurden 2005 bei verschiedenen Trägern eingerichtet, so die Auskunft des Frankfurter Magistrats. Am besten im Geschäft mit Ein-Euro-Jobbern seien die Werkstatt Frankfurt, der Internationale Bund, der Caritas Verband, die GFFB gGmbH, das Dia-konische Werk und die Arbeiterwohlfahrt, Kreisverband Frankfurt. Bei der GEW-Tagung wurde Enttäuschung darüber laut, daß diese Organisationen sich mißbrauchen ließen, Tarifrecht zu brechen.
Quelle: junge Welt
- Lehrer als Saisonarbeiter
Im Sparjahr 2004 wurden in Hessen 1000 Beamtenstellen gestrichen, seitdem knirscht es gehörig im Räderwerk. Doch wegen der demografischen Entwicklung wolle sich das Land nicht mit Neueinstellungen binden, so Dorothee Henzler, schulpolitische Sprecherin der FDP im hessischen Landtag: “In Hessen ist man dazu übergegangen, mit Fristverträgen auch den regulären Unterricht abzudecken” – besonders häufig an Grundschulen.
Quelle: Spiegel Online
- Gewerkschaften planen bundesweite Hartz-IV-Tribunale
Bei einer Fachtagung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Frankfurt am Main wird nicht über das so genannte Kerngeschäft gesprochen. Diskutiert wird stattdessen über die etwa fünf Millionen Menschen, die in Deutschland inzwischen für Löhne unter der Armutsgrenze arbeiten. Kollegen packen aus: Es geht um das Geschehen jenseits von Tarifbindung. Erschütternde Berichte über Hartz IV, Minijobs, Teilzeit, befristete Verträge, Leiharbeit, Praktika und Scheinselbständigkeit und die etwa 300000 »Ein-Euro-Jobs« sind zu hören.
Quelle: junge Welt
- Harsche Kritik an Reform der Unfallkassen.
Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbände haben den Druck auf Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) erhöht, die geplante Reform der gesetzlichen Unfallversicherung doch noch zu verschieben. “Es besteht keine Notwendigkeit für eine überhastete Reform”, heißt es in einem der Berliner Zeitung vorliegenden Schreiben der Spitzen von IG Metall, Sozialverband VdK, Sozialverband Deutschland und Volkssolidarität an den Minister. In dem Brief warnen sie: “Mit den konkreten Vorschlägen im Arbeitsentwurf befürchten wir, dass bestehende Defizite durch neue Ungerechtigkeiten und Unwägbarkeiten mit einem wesentlich komplizierteren, kaum praktikablen Verwaltungsverfahren abgelöst werden.” Durch die Reformpläne gerät der Vizekanzler und SPD-Politiker – nach der von ihm forcierten Einführung der Rente mit 67 – erneut in die Kritik.
Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt kritisierte, dass Unfälle auf dem Arbeitsweg weiter versichert sein sollen. Dieser Ansatz wurde unterdessen von IG Metall und Sozialverbänden im Schreiben an Müntefering ausdrücklich gelobt und verteidigt.
Quelle: Berliner Zeitung
- Verbraucherschützer sehen Verschleuderung von Volksvermögen
Die scheidende Chefin des Dachverbands der Verbraucherzentralen (VZBV), Edda Müller. macht gegen Bahnprivatisierung mobil.
Nach dem Einstieg privater Investoren sei die Stilllegung von bis zu 9000 Kilometer Strecken vor allem in Ostdeutschland und Bayern zu befürchten. “Die Pläne von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee sind wirklich unglaublich und in keiner Weise hinnehmbar … Wir hoffen sehr, dass die Bundesländer im Bundesrat diesen Unsinn stoppen, wenn es schon der Bundestag nicht tut.”
Quelle: FR
- Neues aus dem Casino:
Moody’s attackiert Private Equity
von Francesco Guerrera und James Politi (New York)
Die Ratingagentur Moody’s greift die boomende Private-Equity-Branche frontal an. Ein Gutachten attestiert Finanzinvestoren kurzfristige Investitionsstrategien und gefährliche Verschuldung – Wasser auf die Mühlen von “Heuschrecken”-Gegnern.
Quelle: FTD
- 14% weniger Unternehmensinsolvenzen, aber 24,7% mehr Verbraucherinsolvenzen gegenüber 2006
Von Januar bis April 2007 wurden 9.560 Insolvenzen von Unternehmen (– 13,1%) und 34.686 Insolvenzen von Verbrauchern (+ 22,4%) verzeichnet.
Quelle: Statistisches Bundesamt
Anmerkung: Auch das ein Beleg dafür, wem es in unserem Land besser und wem es schlechter geht.
- Nebeneinkünfte, der Tag danach
Einen Tag nach der Veröffentlichung der Nebeneinkünfte präsentieren die Medien die ersten Schnellauswertungen.
Quelle: LobbyControl
- Sarkozy kann einen Dammbruch auslösen
Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy ist wegen der von ihm geplanten Verzögerung der Haushaltssanierung auf scharfe Kritik anderer Euro-Staaten gestoßen. Zudem verlang er eine wachstumsorientiert Zinspolitik der Europäischen Zentralbank und beklagt, dass ein zu starker Euro die europäische Exportwirtschaft schwäche.
Quelle 1: Reuters
Quelle 2: SZ
Anmerkung: Sarkozy ist zu kritisieren, dass er mit seinen Reformen den gleichen Weg einschlägt, den die Deutschen gegangen sind und erst einmal mit Steuersenkungen und Arbeitszeitverlängerungen anfängt.
Er hat jedoch völlig Recht, wenn er kritisiert, dass die EZB seit Jahren durch ihre Hochzinspolitik den wirtschaftlichen Aufschwung abbremst und es wäre höchste Zeit, dass auf EU-Ebene über Wirtschaftspolitik gestritten würde. Warum hat denn Europa seit gut fünfzehn Jahren sein Wachstumspotential nicht ausschöpfen können?
Die Deutschen spielen, wie bei Maastricht, mal wieder den stabilitätspolitischen Musterknaben, dabei sind sie doch die ersten gewesen, die den Stabilitätspakt nicht einhalten konnten. Wenn Steinbrück jetzt Sarkozy meint belehren zu müssen, dass er erst 2012 keine Neuverschuldung mehr zulassen will, sitzt er doch selbst im Glashaus. Auch er überschreitet das anscheinend magische Datum 2010 um ein Jahr.
Wehe wenn die weltwirtschaftliche Konjunktur wieder nachlassen sollte, dann endet Steinbrück wie Eichel, als sparpolitischer Bettvorleger.
Wie meinte doch die Chefin des Wirtschafts- und Währungsausschusses im EU-Parlament, Pervanche Berès:
Die USA haben eine Strategie für den Dollar, die zwischen der Regierung und der US-Notenbank abgesprochen ist. Wenn Europa bei internationalen Währungsfragen nicht nur die Anpassungsvariable sein will, müssen wir mit den anderen Währungsräumen in einen Dialog treten. Das geht nur, wenn die Politiker ihn führen.”
- Goldman-Sachs-Ökonomen: Ungleichheit in den Industrieländern müsse zunehmen, damit die Ungleichheit weltweit sinkt.
Die Studie von Goldman Sachs kommt zu dem Schluss, dass in den USA, Japan und der Euro-Zone nicht nur der Anteil der Lohneinkommen am Volkseinkommen auf historisch niedrige Niveaus gesunken ist. Auch die Einkommensverteilung der Haushalte, die Kapitaleinkommen mit einschließt, wurde ungleicher. Allerdings sei dieser Trend in den USA deutlich stärker als in Japan und in Euroland. Zudem gebe es in Euroland große Unterschiede. Während die Einkommensverteilung in Frankreich und Italien stabil blieb, wuchs die Ungleichheit in Deutschland seit Anfang der 90er-Jahre.
Quelle: FTD
Anmerkung: Diese Logik erschließt sich nur weltweit agierenden Finanzdienstleistern.
- Ehemaliger Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag tritt der Linken bei
Der ehemalige Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, Leo Stefan Schmitt, hat nach fast 36 Jahren Mitgliedschaft die SPD verlassen und wechselt zur Partei Die Linke. Schmitt begründete seinen Parteiwechsel mit der Politik der SPD und mit den Möglichkeiten, die die neue Partei biete. Er sehe in der SPD keine Zukunft für sich und auch keine Zukunft für die „unsoziale Politik“ der SPD.
Quelle: FAZ Net
- Oskar Lafontaine: Ein armutsfester Sozialstaat ist die Voraussetzung der Freiheit
Der Kapitalismus setzt sich nach Ansicht des Vorsitzenden der „Linken“, Lafontaine, über Regeln hinweg. Schlüsselbereiche der Wirtschaft sollen deshalb einer gesellschaftlichen Kontrolle unterworfen werden. Die Konzerne haben zu viel Macht. Privatisierung bewirkt mehr Privilegien für eine Minderheit.
Quelle: Die Linke
(Der Beitrag ist in der FAZ im Internet nicht komplett zugänglich.)
Anmerkung: Ein sozialdemokratischer Leser hat uns heute vorgehalten, dass wir mit der Linken nicht genauso kritisch umgingen, wie mit der SPD, der CDU, der FDP oder den Grünen. Dazu zunächst unser grundsätzlicher Hinweis: Wir verstehen uns als ein Informationsorgan gegen den Mainstream der veröffentlichten Meinung und deswegen sehen wir angesichts der weit verbreiteten Kritik an der Linken, speziell an Oskar Lafontaine, keinen besonderen Bedarf an zusätzlicher Kritik – auf die Ebene, dass Lafontaine als „Urenkel Ulbrichts“ attackiert wird oder dass der Vorstandsvorsitzende des Axel Springer Konzerns, Mathias Döpfner Lafontaine wiederum als „nationalistisch-sozialistisch“ apostrophiert, wollen wir uns schon gar nicht begeben. Nehmen Sie doch einfach Döpfners Beitrag und kontrastieren ihn mit Lafontaines FAZ-Artikel, Sie werden feststellen, der Springer Chef geht auf kein einziges Argument ein, er ruft nur zum Kampf auf.
Wir haben uns mehrfach auch kritisch mit Lafontaine auseinandergesetzt, etwa zu dessen Verwendung des Begriffes „Fremdarbeiter“ oder unlängst Albrecht Müller im Freitag. Wir werden das auch künftig tun.
Was wir uns wünschten, wäre eine inhaltlich-politische Debatte und nicht nur „Schlag“-worte, die nichts als „Schläge“ aber keine Argumente sind.
- Geständnisse des Tony Blair: “Ich bin weniger Labour als Ihr alle”
Die Distanz Blairs zur eigenen Partei zeigten, laut Campbell, seines ehemaligen Pressesprechers, Äußerungen des Premiers wie die, dass “Teile des Thatcherismus durchaus richtig waren”.
Quelle: FR
Anmerkung: Als ob wir es geahnt hätten.
- Warum hält die Bundesregierung an der Lagerung amerikanischer Atom-Waffen in Deutschland fest?
In Zukunft gibt es nur noch einen aktiven Atomwaffenstandort in Deutschland. Beim Jagdbombergeschwader 33 in Büchel lagern in elf Atomwaffengrüften weiterhin etwa 20 atomare Bomben. Im Ernstfall sollen sie durch Tornados der deutschen Luftwaffe zum Einsatz gebracht werden. Jede der Atomwaffen in Büchel hat ein Vielfaches der Zerstörungskraft der Atomsprengsätze, die Hiroshima und Nagasaki auslöschten.
Experten bezweifeln, dass die Nuklearwaffen in Deutschland noch einen nachvollziehbaren, militärischen Zweck erfüllen.
Quelle: Tagesspiegel
- Frankreichs Zeitungen bangen um Unabhängigkeit
Frankreichs Zeitungsbranche steht vor einer Neuordnung. Besitzerwechsel, Streiks und Berichte über politische Einflussnahme bewegen die Medien. Jüngster Streitpunkt ist der geplante Verkauf der Wirtschaftstageszeitung “Les Echos” an den Unternehmer Bernard Arnault. Dass Industrielle Zeitungen und Sender kaufen, ist in Frankreich an der Tagesordnung. Rüstungskonzerne, Bauunternehmen oder bankennahe Geschäftsleute haben in den vergangenen Jahren Millionen in Medien investiert. Was nicht nur Journalisten Angst macht: Viele der Besitzer und Anteilseigner führender französischer Zeitungen und TV-Sender stehen Präsident Nicolas Sarkozy nahe.
Quelle: FTD
Anmerkung: In Venezuela nennt man es Entzug der Pressefreiheit in Frankreich heißt es Marktwirtschaft.
Im Jahre 1996 veröffentlichte die “Harvard Business Review” unter der Überschrift “Den Staat besser managen – nur wie?” den Aufsatz eines der weltweit führenden Management-Professoren. Professor Henry Mintzberg geht in diesem Beitrag der Frage nach, wie staatliche Institutionen zu führen seien bzw. welche Aufgaben eher von staatlicher oder privater Hand zu erledigen seien.
Der Aufsatz endet mit folgendem Resümee:
Heute entspricht es der vorherrschenden Stimmung, öffentliche Dienstleistungen besser zu privatisieren. Dafür spricht gewiss manches. Doch in einem guten Teil der Fälle wäre es dumm. Und wenn wir schon erpicht darauf sind, alles genau zu prüfen, was nicht unter staatliche Regie gehört, warum sollten wir dann nicht ebenso fleißig bemüht sein, einmal in Augen- schein zu nehmen, was nicht in den Sektor der Privatwirtschaft gehört?
Nehmen Sie zum Beispiel die Zeitungen. Kann es sich eine demokratische Gesellschaft leisten, alle Zeitungen im Privatsektor anzusiedeln, besonders wenn sie sich in wenigen Händen konzentrieren, die gegebenenfalls großen politischen Druck ausüben können? Andere Eigentumsmodelle sind sehr wohl denkbar und tatsächlich auch bei einigen der angesehendsten Zeitungen der Welt realisiert – etwa bei dem Nicht-Besitzer-Modell des englischen “Guardian” und den vielfältigen genossenschaftlichen Eigentumsverhältnissen (Redakteure und Leser samt einigen Stiftungen) bei “Le Monde” in Paris.
Lassen Sie uns nicht vergessen: Zweckbestimmung der Demokratie ist ein freies Volk, nicht freie Institutionen. Darum tun wir gut daran, wenn wir den Kräfteausgleich in unseren Gesellschaften gründlich verfolgen – ehe der Kapitalismus wirklich ganz und gar triumphiert.”