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Titel: Hinweise des Tages
Datum: 22. Juni 2007 um 8:03 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
- Nobelpreisträger George Akerlof greift Neoklassiker scharf an
Der Ökonomienobelpreisträger und derzeitige Präsident der American Economic Association, George Akerlof, nutzte seine Ansprache bei der Jahrestagung des Vereins für eine Generalabrechnung mit der Neoklassik – und für eine Rehabilitation des Keynesianismus.Jetzt ist die viel beachtete Rede Akerlofs im “American Economic Review” erschienen.
Sein zentraler Kritikpunkt: Die Annahmen, die neoklassische Ökonomen über das menschliche Verhalten treffen, seien viel zu eng und realitätsfremd. Die heutige Makro-Ökonomie blende wichtige Motivationen des menschlichen Verhaltens aus. Menschen orientierten sich nicht nur an ihrem eigenen Nutzen, sondern auch an gesellschaftlichen Normen.
Quelle: Handelsblatt
Anmerkung: Nach Solow nun auch Akerlof. Aber unsere herrschende Lehre hält zäh und blind an ihren neoklassischen Modellen fest.
- OECD räumt negative Effekte der Globalisierung auf die Arbeitnehmer ein
In ihrem «Employment Outlook» kommt die Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) zu dem Schluss, dass die Regierungen der Industrieländer ihre Anstrengungen verstärken müssen, um Arbeitnehmer vor negativen Globalisierungseffekten zu schützen. Sie verschweigt nicht die Möglichkeit, dass die Globalisierung die Verhandlungsposition von Arbeitnehmern in Industriestaaten geschwächt und zu einer verstärkt ungleichen Einkommensverteilung beigetragen hat.
Quelle: NZZ
Anmerkung: Typisch für die wirtschaftsnahe OECD werden jedoch zur Abwehr der negativen Effekt weitere „strukturelle Reformen“ empfohlen, d.h. Erhöhung der Mobilität der Arbeitskräfte, weniger Kündigungsschutz, Reformen von zu großzügigen Sozialsystemen. Der Teufel soll also mit dem Beelzebub ausgetrieben werden.
- Arbeitnehmer tun sich schwer mit der Nutzung von Langzeitkonten
Die Mehrheit der befragten Beschäftigten (60 Prozent) will weniger als 50 Prozent ihrer jährlichen Überstunden in Zeit sparen. Nur 18 Prozent der Befragten sind bereit, mehr als die Hälfte ihrer Mehrarbeit auf ein Zeitkonto “einzuzahlen”, um zum Beispiel früher in Rente gehen zu können. Als Ursachen für diesen Trend nennen die Forscher stagnierende Reallöhne sowie die große Unsicherheit von langfristigen Spareinlagen.
Quelle: idw
- IAB-Betriebspanel: Tarifbindung nimmt weiter ab
1996 arbeiteten in Westdeutschland 69 Prozent der Beschäftigten in Betrieben, in denen ein Flächentarifvertrag galt. Im Jahr 2006 waren es nur noch 57 Prozent. In Ostdeutschland sank der entsprechende Anteil der Beschäftigten von 56 auf 41 Prozent. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet das einen Rückgang um zwei Prozentpunkte im Westen bzw. um einen Prozentpunkt im Osten. Die Erosion der Flächentarifverträge ist zumindest im Westen bislang nicht gestoppt.
Quelle: idw
- Anleger sind sauer über den Fonds-Giganten Allianz-Dit – und auf Günter Netzer
Das Plus (“Return”) eines von Netzer beworbenen Allianz-Fonds schmolz wie Butter unter der Zins-Sonne. Zuerst krebsten die Allianz-Produkte noch knapp über der 1-Prozent-Linie, seit 2007 rutschten sie sogar ins Minus. Die Anleger schauten, erstarrten – und flüchteten aus den Flopp-Fonds.
Quelle: Focus
Anmerkung: Vielleicht sollte sich Netzer, wie Manfred Krug, einfach bei den Leuten entschuldigen, die er als Werbeträger verführt hat.
- Gut jeder dritte Arbeitnehmer steuert auf Armut im Rentenalter zu
So schätzt der Sozialverband Deutschland. Selbst ein Durchschnittsverdiener müsse 37 Jahre lang in die Rentenversicherung einzahlen, um auf eine “armutsvermeidende Rente” zu kommen. Die Armutsgrenze setzt der Verband dabei bei einer heutigen Kaufkraft von 650 Euro an. Wenn aber so viele Arbeitnehmer in mittleren oder jüngeren Jahren wissen, dass sie höchstwahrscheinlich genauso viel Altersruhegeld bekommen wie ein Hartz-IV-Empfänger, dann stürzt das unser Rentensystem in eine Legitimationskrise.
Quelle: taz
Anmerkung: Der Redakteurin für Sozialpolitik der taz möchte man nur zu gerne zurufen:
Verehrte Frau Dribbusch, Sie fangen allmählich an zu begreifen, worum es bei den gesamten Rentenreformen der letzten Jahre und vor allem mit der Einführung der Riester-Rente eigentlich ging: die gesetzliche Rente in eine Legitimationskrise zu führen, um damit den Übergang in die völlige Privatisierung der Altervorsorge zu schaffen.
Vielleicht sollten sie jetzt allmählich auch über die Legitimationskrise der kapitalgedeckten Vorsorge nachdenken und sich z.B. mit den Zusammenbrüchen der Kapitalfonds oder den betrügerischen Renditeversprechen beschäftigen.
- Die Linkspartei klagt gegen den Geheimdienst
Wer der Linken vorwirft, dass sie wirtschaftspolitisch vom Mainstream abweicht, kann auch Heiner Geißler und den Papst unter Beobachtung stellen. Die haben auch schon über die Auswüchse des Kapitalismus geklagt. Und die FDP mit ihrem Hass auf den Sozialstaat wäre dann gleich der nächste Kandidat für den Verfassungsschutz. Die “Systemfrage” wird eben nicht nur von der Linken gestellt.
Quelle: taz
- Klage gegen “Klein-Guantanamo”
Die “Käfighaltung” von über 1000 G8-Gegnern in Rostock hat Folgen: Ein Hamburger Student reicht jetzt die erste Klage ein, Amnesty International ermittelt, und Attac fordert einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss.
Quelle: stern
- In Sachsen wurden 40 Akten-Kopien zu Strafsachen geschreddert
Die Kritik an Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) wegen seiner Verantwortung in der sächsischen Korruptionsaffäre spitzt sich zu. Nach einer nichtöffentlichen Sitzung des Landtags-Innenausschusses, in der Details zum im Landesamt für Verfassungsschutz vernichteten Akten bekannt wurden, sieht die Opposition das vorzeitige Ende der Minister-Laufbahn näher gekommen.
Quelle: Die Welt
Anmerkung: Das Phänomen der Aktenvernichtung im Zusammenhang mit Korruptionsaffären ist ja nicht ganz unbekannt: Nach der Bundestagswahl 1998 sind bekanntlich zwei Drittel der Computerdateien im Kanzleramt sowie Akten zu Vorgängen im Zusammenhang mit der Verkauf der Leuna-Raffinerie verschwunden oder manipuliert worden.
- Von Humboldt zu Bologna: Der atemberaubende Untergang der deutschen Universität.
In diesen Jahren spielt sich ein Drama ab, dessen Tragweite in der Öffentlichkeit kaum begriffen wird. Es handelt sich um den Untergang der deutschen Universität, wie sie vor allem von Wilhelm von Humboldt vor 200 Jahren konzipiert wurde. 2010, zum Jubiläum der 1810 gegründeten Berliner Universität, wird dieser Untergang besiegelt sein. Denn dann soll der “Bologna-Prozess” auch in Deutschland abgeschlossen werden, der schon jetzt keinen Stein auf dem anderen lässt in den höheren Bildungsanstalten. Man kann den Verdacht äußern, dass das “Jahr der Geisteswissenschaften” dazu dient, von der entscheidenden Phase dieses Prozesses abzulenken.
Quelle: SZ
- Deutsches Studentenwerk: “Im Hochschulpakt fehlen Mittel für die soziale Infrastruktur!”
“Im Hochschulpakt fehlen Mittel für die soziale und wirtschaftliche Infrastruktur des Studiums. Eine Kalkulation ausschließlich in Studienplätzen greift zu kurz. Die vielen zusätzlichen Studierenden der kommenden Jahre werden überwiegend die neuen Bachelor- und Master-Studiengänge belegen und höhere Anforderungen an die Service- und Beratungsangebote der Studentenwerke stellen. Die Länder müssen die Studentenwerke stärker unterstützen.” Allein den Bedarf an zusätzlichen Wohnheimplätzen veranschlagt DSW-Präsident Dobischat mit 20.000 bundesweit, wofür 400 Millionen Euro Länder-Zuschüsse nötig sind.
Quelle: idw
- Mal wieder Bertelsmann, diesmal zur Einwanderungspolitik
Die Stiftung des deutschen Medienkonzerns Bertelsmann verlangt eine Revision der europäischen Einwanderungspolitik. Wie es in einem Strategiepapier der deutschen Einflussorganisation heißt, ist das “Nachkriegsvermächtnis” des Flüchtlingsschutzes nicht mehr aktuell. Statt an überkommenen “ideologischen Stützpfeilern” müssten sich die Einwanderungsgesetze an den ökonomischen Bedürfnissen der G8-Staaten ausrichten.
Quelle: German-Foreign-Policy
- Tom Schimmeck über seine journalistischen Kollegen: Haltungen, Popper und Moneten
Die Binnenwelt der Medien gibt sich gerne glamourös, gebiert aus dem Nichts Stars, die sich bei Galas über rote Teppiche schieben. Man zeigt, interviewt, feiert und lobt sich gegenseitig, hängt sich allerlei Medaillen um. So entsteht ein klebriges Miteinander. Dabeisein ist die Währung. Könige sind jene Fernsehgesichter, die durch Dauerpräsenz einen Extra-Marktwert zu schaffen verstehen, oft mit Hilfe öffentlich-rechtlicher Anstalten und ihrer Gebührenzahler. Um solche Prominenz alsdann in klingende Münze umzuwandeln – schon weil sie ab einem bestimmten Wiedererkennungswert als Werbeträger taugen. Journalisten verwandeln sich hier in käufliche Kaufleute. Während das Publikum in Billigformaten zunehmend kannibalisiert, sich selbst zum Fraße vorgeworfen wird.
Quelle: FR
- Fünf Jahre Schleichwerbung der INSM
Heute gibt es ein kleines „Jubiläum“ zu „feiern“: vor fünf Jahren lief die erste Marienhof-Folge in der ARD mit verdeckter Schleichwerbung der Arbeitgeber-Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Insgesamt ließ die INSM für 58 670 Euro in sieben Folgen der ARD-Serie Marienhof ihre Botschaften platzieren.
Quelle: LobbyControl
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