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Titel: Das Investitionsschutzregime im geplanten CETA-Abkommen. Eine Kritik.

Datum: 15. September 2014 um 9:42 Uhr
Rubrik: Erosion der Demokratie, Europäische Union, Globalisierung
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Sowohl das geplante CETA-Abkommen zwischen der EU und Kanada als auch das geplante TTIP-Abkommen zwischen der EU und den USA stehen seit Wochen im Kreuzfeuer der Kritik und dies obwohl bislang wenig über die Inhalte der Verhandlungen zwischen der EU und den USA sowie zwischen der EU und Kanada bekannt geworden ist. Die Kritik hat sich mittlerweile auch in politischen Handlungen manifestiert, so wird mit einer europäischen Bürgerinitiative versucht werden diese Abkommen zu verhindern. Doch was ist problematisch an CETA und TTIP? Dieser Frage soll hier anhand des im geplanten CETA-Abkommen garantierten Investitonsschutzregimes nachgegangen werden. Von Andreas Kerkemeyer[*].

Die EU hat den größten Anteil am Welthandel und ist damit schon lange einer der großen „Player“ bei der Aushandlung und dem Abschluss von Handelsabkommen. Verantwortlich für die Aushandlung der Handelsabkommen ist die EU-Kommission. Diese vertritt im Rahmen ihrer Handelspolitik schon seit langem neoliberale Positionen und ist hierzu auch nach Art. 206 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verpflichtet, der festschreibt, dass „die Union im gemeinsamen Interesse zur harmonischen Entwicklung des Welthandels, zur schrittweisen Beseitigung der Beschränkungen im internationalen Handelsverkehr und bei den ausländischen Direktinvestitionen sowie zum Abbau der Zollschranken und anderer Schranken bei.“ Was eine „harmonische Entwicklung des Welthandels“ sein soll, sei einmal dahingestellt. Jedenfalls klingen bei der Wendung „Beseitigung der Beschränkungen im internationalen Handelsverkehr“ doch deutliche Reminiszensen an Ricardos neoklassische Theorie der komparativen Kostenvorteile an, mit der gemeinhin die Idee des Freihandels gerechtfertigt wird.

Mit den anvisierten Abkommen CETA und TTIP, sollen die Handelsbeziehungen der EU zu den USA und Kanada auf eine ganz neue Stufe gestellt werden, indem weitere Handelshemmnisse abgebaut werden und InvestorInnen direkte Klagerechte gegen Kanada, die Mitgliedstaaten der EU und die EU erhalten sollen. Das zwischen Kanada und der EU angestrebte CETA-Abkommen kann dabei als Blaupause für das angestrebte TTIP-Abkommen zwischen den USA und der EU gelten, da es schon vor diesem In-Kraft-treten soll und die Regelungen weitgehend vergleichbar sein dürften.

Der von der ARD im August „geleakte“ Abkommensentwurf umfasst stolze 521 Seiten. Hier kann nur eine vorläufige und kursorische Würdigung des „geleakten“ Materials geleistet werden, ist dieses doch äußerst umfangreich. Dennoch lassen sich schon jetzt eindeutige Aussagen über die Stoßrichtung des CETA-Abkommens treffen. An dieser Stelle wird lediglich auf das vom CETA-Abkommen verfolgte Investitionsschutzregime eingegangen, was allerdings nur einer der problematischen Aspekte des geplanten Abkommens ist.

Investitionsschutz

Ein ganz wesentlicher Bestandteil von CETA ist der Investitionsschutz. Zentrale Bausteine sind dabei das Diskriminierungsverbot nach dem Art. X.6 für Investitionen aus Kanada in der EU und vice versa, die Vereinbarung einer Meistbegünstigungsklausel in Art. X.7 sowie der Grundsatz der fairen und gerechten Behandlung von ausländischen InvestorInnen (fair and equitable treatment), Art. X.9. Derartige Klauseln sind im Zusammenhang von internationalen Investitionsschutzverträgen alles andere als ungewöhnlich. Das bedeutet freilich nicht, dass sie unproblematisch sind.

Alle genannten Verbote setzen voraus, dass eine Investition gegeben ist. Was eine Investition ist, bestimmt, recht tautologisch, X.3 CETA-Abkommen. Investitionen sind danach alle Vermögenswerte (assets), die ein Investor besitzt oder indirekt oder direkt kontrolliert, wenn sie die „Charakteristiken einer Investition“ haben. Der Begriff der Investition ist also überaus weit, weil eine Investition beispielsweise auch schon dann vorliegt, wenn ein deutsches Unternehmen einige wenige Anteile an einem kanadischen Unternehmen erwirbt. Um diesen weiten Begriff etwas einzuschränken bestimmt X.3 CETA-Abkommen, dass es sich nur um Investitionen handelt, wenn die Investition für eine bestimmte Dauer eingegangen wird. Diese Einschränkung ist indes so unbestimmt formuliert, dass sie kaum relevant werden dürfte.

Der Grundsatz der fairen und gerechten Behandlung dürfte die meiste politische und juristische Sprengkraft bergen. Derartige Garantien sind in Investitionsschutzverträgen ein Dauerbrenner und gehören zum Standardrepertoire dieser Verträge.[1] An dieser Stelle soll lediglich auf den Aspekt der Stabilität der Rechtsordnung (stability of the legal and business environment) eingegangen werden, der von den angerufenen Schiedsgerichten als ein Unterfall des Rechts der fairen und gerechten Behandlung der Investition angesehen wird[2]. Was hierunter zu verstehen, hat die angerufenen Schiedsgerichte wiederholt beschäftigt. Dort wird betont, dass es auf die legitimen Erwartungen (legitimate expectations) der InvestorInnen zum Zeitpunkt der Investition ankomme und hierbei auch historische, politische, kulturelle und sozioökonomische Umstände im Staat, wo die Investition getätig wird, zu berücksichtigen seien.[3]

Das Problem liegt also darin, dass hier eine umfassende Abwägung von hoch komplexen Vorgängen vorgenommen wird und das insoweit zu absolvierende Prüfungsprogramm der Gerichte nicht weiter spezifiziert worden ist. Das führt dazu, dass seitens der Gerichte erhebliche Wertungsspielräume bestehen, was für ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit, sowohl auf Seiten der Staaten als auch auf Seiten der InvestorInnen, sorgt. Problematisch ist zudem, dass auf den Zeitpunkt der Investition abzustellen ist. Das hat zur Folge, dass es zur Beurteilung der politischen und sonstigen Umstände auf einen Zeitpunkt ankommt, der unter Umständen Jahre zurückliegt. Prinzipiell irrelevant ist es, wenn sich die Umstände deutlich verändern, etwa wenn sich die gesellschaftliche Einstellung zu gewissen legalen Drogen deutlich verändert oder die Gefahren der Kernenergie nun als gravierender eingeschätzt werden. Deshalb ist es zu begrüßen, dass es im geplanten CETA-Abkommen recht detaillierte Regelungen über die Befugnis der Vertragsparteien im Bereich des Umweltrechts regulierend tätig zu werden und erreichte Regulierungsstandards beizubehalten gibt. So ist etwa verankert in Kapitel XX Art. X.08 Nr. 2 verankert, dass keine Bestimmung des Abkommens so gelesen werden darf, dass die kommerzielle Nutzung von Wasser erlaubt werden muss. Auch gibt es Klauseln, die das Recht der Staaten und der EU bekräftigen hohe umweltrechtliche Standards beizubehalten (Kapitel XX Art. X.5) oder neue umweltrechtliche Regelungen zu erlassen (Kapitel XX Art. X.4). Allerdings ist hierbei zu beachten, dass diese Möglichkeiten als eine Ausnahme von den sonstigen Grundsätzen des Abkommens statuiert werden. Die angerufenen Schiedsgerichte dürften sie demnach eng auslegen, so dass derzeit nicht klar ist, was mit diesen Klauseln tatsächlich gewonnen ist. Ferner ist zu beachten, dass im CETA-Abkommen nur für gewisse Bereiche, etwa in den Bereichen Umwelt- und Arbeitsrecht, Ausnahmen vom allgemeinen investitionssschutzrechtlichen Regime gemacht worden sind.

Schutz vor Enteignungen

Ein weiteres wichtiger Baustein von CETA ist der Schutz vor Enteignungen. Das geplante CETA-Abkommen untersagt keine Enteignungen, schreibt allerdings vor, dass alle Enteignungen entschädigt werden müssen. Unter Enteignungen wird der endgültige Entzug eines Eigentumstitels durch einen hoheitlichen Akt verstanden. Das CETA-Abkommen schützt dabei nicht nur vor Enteignungen sondern auch vor so genannten faktischen Enteignungen. Gemeint sind damit staatliche Handlungen, die zwar den Eigentumstitel nicht offiziell entziehen aber dazu führen, dass das Eigentum faktisch nicht mehr in Anspruch genommen werden kann.

Der Schutz vor Enteignungen ist auch im Grundgesetz gewährleistet. So sind diese zwar nach Art. 14 Abs. 3 Grundgesetz zwar prinzipiell zulässig, müssen aber zum Wohle der Allgemeinheit erfolgen, durch oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen und sind zu entschädigen. Auch die Verfassungen der anderen Mitgliedstaaten der EU enthalten weitgehend vergleichbare Bestimmungen. Auch sind bislang keine Fälle bekannt geworden, in denen in der EU gezielt InvestorInnen aus Drittstaaten ohne Entschädigung enteignet worden sind. Es fragt sich deshalb warum derartige Verpflichtungen an dieser Stelle nochmals verankert werden müssen. Die Antwort hierauf dürfte sich im Wesentlichen aus den mit dem CETA-Abkommen neuen Klagemöglichkeiten für InvestorInnen zusammenhängen.

Die Krux des Abkommens: Klagerechte für InvestorInnen

Im CETA-Abkommen wird mit Art. X.17 Nr. 1 ein Klagerecht von InvestorInnen vor internationalen Schiedsgerichten geschaffen, das bei Verletzungen des Rechts der diskriminierungsfreien Behandlung von ausländischen InvestorInnen (d.h. von kanadischen in der EU und europäischen in Kanada) sowie des Rechts auf Investitionsschutz gilt. Somit bedarf es keines Rückgriffes von InvestorInnen auf nationale oder europäische Gerichte. Dieses Klagerecht dürfte, da es für riesige Volkswirtschaften besteht, zu einem weiteren Ansteigen der investitionsschutzrechtlicher Verfahren vor Schiedsgerichten führen.

Diese Klage-Möglichkeit ist in einer breiten Öffentlichkeit bereits äußerst kontrovers diskutiert worden. Die Idee nicht die nationalen oder supranationalen Gerichte über Investitionsschutzstreitigkeiten entscheiden zu lassen, ist erkennbar von einem Misstrauen gegenüber diesen Institutionen geprägt. Hauptgrund für dieses Misstrauen ist die Überlegung, dass die Gericht einer Vertragspartei im Zweifel bei der Auslegung der Investitionsschutzabkommen nicht objektiv sind. Dieses Argument ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Allerdings dürften auch Schiedsgerichte nicht immer vollkommen unparteisch sein, setzen sie sich doch zumeist aus einem exklusiven Kreis von SchiedsrichterInnen aus sozial recht homogenen Schichten zusammen. Hinzu kommt, dass im Rahmen von Investitionsschutzstreitigkeiten letztlich diverse unterschiedliche Rechtsfragen verhandelt werden, die auch Bezüge zu anderen Rechtsgebieten aufweisen, in den Verfahren aber der investitionsschutzrechtliche Blick dominieren dürfte, also eine deutliche Engführung komplexer tatsächlicher und rechtlicher Fragen auf den Schutz von Investitionen erfolgt.

Bei Schiedsgerichten handelt es sich nicht um staatliche sondern um private Gerichte. Sie nehmen Rechtsprechungsfunktionen in verschiedenen Rechtsstreitigkeiten wahr und können immer nur dann von den Parteien angerufen werden, wenn diese das vereinbaren. Insgesamt lassen sich drei Themenkomplexe identifizieren, mit denen sich Schiedsgerichte beschäftigen: Investitionsschutzstreitigkeiten, Streitigkeiten zwischen Privaten (meistens zwischen zwei Unternehmen) und Streitigkeiten zwischen Staaten. Die investitionsschutzrechtliche Schiedsgerichtsbarkeit ist in den vergangenen Dekaden verstärkt in Anspruch genommen worden. So gab es eine Vielzahl von Klagen gegen Argentinien, Venezuela, Ecuador, Mexiko und die Tschechische Republik.[4] Es ist sicher kein Zufall, dass gerade Staaten mit links-gerichteten Regierungen, wie Venezuela, Ecuador und Argentinien, vor internationalen Schiedsgerichten verklagt worden sind. Das verdeutlicht die politische Brisanz derartiger Verfahren.

Schiedsverfahren in Investitionsschutzstreitigkeiten bieten für die beteiligten Parteien, vor allem aber für die InvestorInnenseite, eine Reihe von Vorteilen. So verhandeln Schiedsgerichte in der Regel nicht öffentlich. Das ist durchaus problematisch, denn so wird eine öffentliche Diskussion der Verfahren verunmöglicht, da die Öffentlichkeit weder von den Verfahren weiß noch die Argumente der Parteien kennt. Diesem Umstand wird zwar im Entwurf des CETA-Abkommens ein Stück weit die Brisanz genommen, da in Annex I Nr. 39 bestimmt wird, dass die Parteien ihre Eingaben öffentlich zugänglich machen sollen. Allerdings stellt es Annex I Nr. 39 in das Ermessen der Parteien, ob sie die Öffentlichkeit von der Verhandlung ausschließen wollen. Da hieran keine weiteren Anforderungen geknüpft werden, dürfte also bei Schiedsverfahren nach dem CETA-Abkommen in aller Regel keine öffentliche Verhandlung stattfinden. Das ist nichts anderes als eine Justiz hinter verschlossenen Türen.

Hinzu kommt die vielfach kritisierte Besetzung der Schiedsgerichte mit nicht-hauptamtlichen RichterInnen. So werden die drei RichterInnen (die so genannten arbitrators), die in einem Rechtsstreit das Gericht ( genannt panel) bilden, von den Parteien selbst bestimmt, indem sie aus einem Pool an verfügbaren RichterInnen wählen. Meistens sind die RichterInnen dabei entweder Jura-ProfessorInnen oder aber AnwältInnen. Letztere stammen meist aus international tätigen Wirtschaftskanzleien (law firms). Auch im CETA-Abkommen wird diese Art der Besetzung der Schiedsgericht gewählt. Denn nach Art. 14.8 Nr. 1 CETA-Abkommen wird nach dem In-Kraft-treten des Abkommen ein Pool von insgesamt 15 RichterInnen gebildet, aus dem dann die RichterInnen für die zu bildenden Schiedsgerichte ausgewählt werden dürfen. In den Pool der RichterInnen wird aber nur aufgenommen, wer spezielle Kenntnisse im international Handelsrecht aufweisen kann Art. 14.8 Nr. 2 CETA-Abkommen. Das dürfte freilich nur bei einigen (wenigen) Jura-ProfessorInnen und bei AnwältInnen aus international tätigen Großkanzleien der Fall sein.

Der Fall Vattenfall

Dass die Gefahren, auf die an dieser Stelle hingewiesen worden ist, nicht nur theoretischer Natur sind, zeigt die Klage des schwedischen Staatskonzerns Vattenfall gegen die Bundesrepublik wegen des deutschen Atomausstiegs vor einem Schiedsgericht. Diese Klagemöglichkeit besteht, da auch die internationale Energiecharta, die von der Bundesrepublik ratifiziert worden ist, die Möglichkeit eröffnet ein Schiedsgericht anzurufen. Die anderen drei großen KraftwerksbetreiberInnen in Deutschland können diese Möglichkeit indes nicht nutzen, weil sie, anders als Vattenfall, keine internationalen Investitionen in Kraftwerke Deutschland getätigt haben. Deswegen klagen sie, wie Vattenfall übrigens auch, derzeit vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den Atomausstieg.

Vattenfall dürfte in seiner Klage argumentieren, dass der Atomausstieg eine (faktische) Enteignung darstellt. Die Frage, ob der Atomausstieg eine Enteignung darstellt ist juristisch heikel, weil mit der Festsetzung von Restlaufzeiten zwar das Eigentum an den Kraftwerken nicht entzogen wird aber dadurch, dass nur noch bestimmte Restlaufzeiten bestehen diese ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr von den EigentümerInnen genutzt werden können. Gelangt man zu dem Ergebnis, dass eine Enteignung vorliegt, wäre diese auch nach Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG zu entschädigen. Die Folge wäre, dass, aufgrund der damit einhergehenden hohen Kosten für die öffentliche Hand, der Atomausstieg kaum noch bezahlbar wäre. Jedenfalls ist es alles andere als ausgeschlossen, dass der Atomausstieg vom Bundesverfassungsgericht oder von angerufenen Schiedsgerichten als (faktische) Enteignung eingestuft wird.

Darüber hinaus dürfte sich Vattenfall vor dem angerufenen Schiedsgericht auch auf den Grundsatz der fairen und gerechten Behandlung von Investitionen berufen, da dieser, wie bereits ausgeführt, auch das Vertrauen der InvestorInnen in die Stabilität der Rechtsordnung schützt. Deswegen dürfte es entscheidend darauf ankommen, ob Vattenfall nachweisen kann, dass in dem Zeitpunkt als es seine Investitionen in den deutschen Energiemarkt tätigte, sprich: das vorherige Unternehmen aufkaufte, die legitime Erwartung hatte und haben durfte, dass es keinen Atomausstieg geben werde. Dabei dürfte das Unternehmen versuchen stark zu machen, dass es nicht mit einer derartigen Maßnahme seitens des Bundesgesetzgebers rechnen konnte, zumal die Atomkraftwerke in der Bundesrepublik sicher seien.

Über den Verlauf des schiedsgerichtlichen Verfahrens von Vattenfall gegen die Bundesrepublik lässt sich derzeit nur mutmaßenn, da keinerlei Informationen über diesen Rechtsstreit an die Öffentlichkeit gelangt sind. Auch wenn also alle Aussagen über die juristische Argumentation in diesem Verfahren mit einem gewissen Grad an Unsicherheit belastet sind, handelt es sich bei der Erörterung der möglichen juristischen Argumentation nicht um reine Spekulation, da die juristischen Argumente naheliegend sind und bekannt ist, dass Vattenfall sich mit dem Verfahren gegen den deutschen Atomausstieg richtet.

Ausblick

Es ist zu konstatieren, dass die Rechtsstellung von InvestorInnen mit dem geplanten CETA-Abkommen signifikant verbessert werden soll. Das geschieht insbesondere durch die Möglichkeit der investitonsschutzrechtlichen Streitigkeiten vor Schiedsgerichten. Das führt unweigerlich dazu, dass demokratische Entscheidungen durch InvestorInnen in Frage gestellt werden können. Sofern empfindliche Schadensersatzzahlungen von InvestorInnen erstritten werden können, wird dies unweigerlich dazu führen, dass der Handlungsspielraum der verurteilten Staaten/der EU noch kleiner wird.

Schon die Verhandlung von politischen Fragen in juristischen Arenen ist alles andere als unproblematisch. Man denke nur an die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Schwangerschaftsabbruch oder zu den Ostverträgen. Internationale Investitionsschutzstreitigkeiten vor Schiedsgerichten bergen aber die Gefahr, dass demokratisch zu Stande gekommene Grundsatzentscheidungen, in einem, zudem noch nicht einmal öffentlichen Prozess, zwar nicht endgültig revidiert werden können aber über die drohende Schadenersatzzahlung die öffentlichen Haushalte massiv belastet werden können. Das führt unweigerlich dazu, dass auch schon beim Erlass von Gesetze n in den Bereichen Umwelt- und Sozialrecht diese Möglichkeit mitgedacht werden muss, was die, ohnehin schon recht engen, gesetzgeberischen Handlungsspielräume weiter einschränkt. Das gilt auch, wenn man zugesteht, dass zumindest beim geplanten CETA-Abkommen einige Ausnahmen von dem Grundsatz des Investitionsschutzes gemacht worden sind. Denn diese sind immer nur punktuell und dürften als Ausnahmen vom Investitionsschutzregime eng auzulegen sein.

Das alles ist Grund genug mit der Verhinderung von CETA und TTIP Präsenzfälle zu schaffen, denn scheitern diese Abkommen dürften sowohl die EU-Kommission als auch die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten nicht so schnell wieder auf die Idee kommen derartige Abkommen anzustreben. Denn es lässt sich sowohl gegenüber der eigenen Administration als auch gegenüber dem „Block an der Macht“ (Antonio Gramsci) schwer rechtfertigen jahrelange und dadurch auch sehr kostspielige Verhandlungen zu führen, die letztlich keine Erfolge zeitigen.


[«*] Andreas Kerkemeyer ist Jurist und promoviert bei Prof. Dr. Andreas Fisahn, Uni Bielefeld zum Thema „Möglichkeiten und Grenzen bei der Regulierung von Derivaten“.

[«1] Tietje, in: Giegerich (Hrsg.), Internationales Wirtschafts- und Finanzrecht in der Krise, 2011, S. 11 (20).

[«2] Tietje, in: Giegerich (Hrsg.), Internationales Wirtschafts- und Finanzrecht in der Krise, 2011, S. 11 (21).

[«3] Duke Energy Electroquil Parntners and Elctroquil SA v. Republic of Ecuador, ICSID Case No. ARB/04/19, Award of 18 August 2008, Randnr. 340.

[«4] Roberts, The American Journal of International Law, Vol. 17 (2013), 45 (78)


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