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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages II
Datum: 5. September 2014 um 14:47 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Jens Berger
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Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
In terms of political balance, the liberal ALDE family is not underrepresented as initially thought. To the contrary, it has five portfolios, including two Vice Presidents. […]
Günther Oettinger, the incumbent energy commissioner, will get the trade portfolio in the next EU executive, according to the organigram, as Germany wanted. This means that Oettinger would also become chief negotiator for the controversial Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP).
Quelle: EurActiv
Quelle: Real World Economics Review
Anmerkung Orlando Pascheit: Dieser Beitrag von Sigrid Skarpelis-Sperk gehört zu einem Dossier, das die Bundeszentrale für politischen Bildung seit Juni ins Netz gestellt hat. Natürlich darf in einer Publikation einer Bundesbehörde nicht eine Skarpelis-Sperk vollkommen entgegengesetzte Auffassung nicht fehlen. Michael Hüther: “Die strenge Konsolidierung der öffentlichen und privaten Haushalte verbunden mit Strukturreformen in Griechenland, also die sogenannte Austeritätspolitik, ist schließlich das zentrale Krisenmanagement-Instrument, weil es die Hilfen der anderen Europäer erst legitimiert. … Man kann es drehen und wenden, wie man will. Es ändert sich nichts daran, dass Griechenland über seine Verhältnisse lebte und die Korrektur der Fehlentwicklungen nun in Griechenland selbst stattfinden und gelingen muss.” Nun weiß inzwischen jedes Kind , dass Griechenland bzw. deren Eliten eine nicht geringe Teilverantwortung für die Situation im Lande tragen, aber Hüther windet sich doch ziemlich billig aus der Affäre, wenn er meint: “Im Nachhinein ist man immer schlauer, und rückgängig lässt sich der Prozess ohnehin nicht machen.” Ziemlich regierungssprechermäßig seine Feststellung: “Die bisherigen Erfolge geben jenen Recht, die sich (1) gegen eine Vergemeinschaftung der Staatsschulden in der Eurozone durch Eurobonds oder ähnliches einsetzten, (2) für einen harten Reformkurs gegenüber Griechenland seitens der Troika bestehend aus IWF, der EZB und der EU-Kommission plädierten und (3) durch die Inkaufnahme eines Schuldenschnitts und abermaliger Hilfspakete einen griechischen Staatsbankrott verhinderten.” Welche bisherigen Erfolge? Cerstin Gammelin verneint diese Erfolge und betont z.B.: “Dass griechische Staatsanleihen wieder nachgefragt werden, hat insbesondere nicht-innergriechische Gründe”. Weiterhin verweist Gammelin darauf, dass die Troika Reformen verlange,” die in Deutschland undenkbar sind: etwa die Privatisierung der Trinkwasserversorgung. Oder das Aufheben des Apothekenzwangs für Medikamente – die soll es in Griechenland künftig auch im Supermarkt geben.” Steffen Vogel untersucht die “Politik der Austerität, die vor allem die deutsche Bundesregierung bislang für unerlässlich hält.” Michalis Pantelouris beschreibt die lange und einseitige Kampagne in verschiedenen deutschen Medien und sieht die “nationalen Vorurteile allerdings bis in die Sphären der hohen Politik reichen.”
Die blauen Balken zeigen den Cashflow der amerikanischen Unternehmen in Prozent ihres Umsatzes (rechte Skala). Sie haben sich seit dem Tiefpunkt im Jahr 2008 deutlich erholt. Die schwarze Kurve zeigt die Kapitalinvestitionen (Capital Expenditures, linke Skala) in Prozent des Umsatzes der Unternehmen. Das Vorkrisenniveau ist noch lange nicht erreicht. Die graue Kurve deutet an, dass die Unternehmen zwar sehr wohl von den niedrigen Zinsen Gebrauch machen: Die Kurve zeigt die langfristigen Schulden der Unternehmen in Prozent ihres Umsatzes. Ab dem Jahr 2010 zeigt die Kurve steil nach oben und hat ein Rekordniveau erreicht. Die Unternehmen nehmen also Kredit auf, doch das aufgenommene Geld fliesst kaum in Kapitalinvestitionen. Wohin denn?
Die Antwort gibt die graue, gestrichelte Kurve: Sie zeigt die Ausgaben für Dividendenausschüttungen und Aktienrückkäufe (d.h., wenn das Unternehmen seine eigenen Aktien zurückkauft). Sie sind ebenfalls seit 2009 sprunghaft angestiegen und haben ein Rekordniveau erreicht. Statt in zukunftsgerichtete Projekte zu investieren, schütten die Unternehmen ihr Geld also an die Aktionäre aus – und feuern damit den Boom an den Aktienmärkten weiter an. Die Haupterklärung für dieses Verhalten der Unternehmen dürfte in den kurzfristigen Anreizsystemen der Topmanager liegen.
Quelle: Never Mind The Markets
Anmerkung Orlando Pascheit: Mark Dittlis Erklärung, dass ein CEO (CEO = Chief Executive Officer. Amerikanische Bezeichnung für das geschäftsführende Vorstandsmitglied) eines Großkonzerns wohl kaum eine Milliarde Dollar in ein neues riskantes Fertigungswerk stecken würde, dessen Erfolg frühestens in fünf bis acht Jahren zu sehen sein würde, wenn er durch einen Aktienrückkauf im Umfang von einer Milliarde Dollar den Aktienkurs seines Unternehmens um zehn Prozent und den Wert seiner Optionen damit beträchtlich steigern könnte, kann allerdings nicht für die Gesamtwirtschaft herangezogen werden. Für die vielen kleineren und mittleren Unternehmen gilt wohl eher, dass die Aussichten für Investitionen in Europa angesichts der schwindenden Gesamtnachfrage (Private, Staat und Außenwirtschaft) eher prekär sind. – Dennoch wirft die die Untersuchung der beiden Ökonomen der OECD, Adrian Blundell-Wignall und Caroline Roulet, ein interessantes Schlaglicht auf die Angebotsseite unserer Wirtschaft.
Anmerkung Orlando Pascheit: Natürlich sollte unserer Regierung – das gilt selbstverständlich nicht nur für Regierungen – nicht automatisch dem Muster folgen, dass der Feind unseres Feindes unser Freund sei. Das zeigt gerade der Nahe Osten. Dass der syrische Ableger der PKK die einzige Gruppierung ist die sich erfolgreich gegen den IS behaupten konnten, führt nicht automatisch zum Schluss, dass Anhänger der PKK in Deutschland und in der Türkei der Gewalt zur Durchsetzung ihrer Ziel abgeschworen haben. Andererseits ist es ein Totschlagargument, wenn ein Sprecher des BMI erklärt, die PKK habe seit ihrem Verbot hierzulande von allzu militanten Aktionen abgesehen, aber festhält: “… ihr Verhältnis zur Gewalt bleibt jedoch taktisch motiviert”. Woher weiß das BMI so sicher, was “taktisch motiviert” ist. Wir sollten schon Kurden-Verbandschef Yüksel Koc ernst nehmen, wenn er sagt: “Der Gewaltverzicht ist nicht taktisch motiviert. Wenn jemand Gewalt verübt oder andere antidemokratische Dinge tut, dann soll er vor Gericht kommen, egal ob Kurde, Türke oder sonst wer. Wir lehnen Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele ab. … Man kann die PKK nicht an der Politik von vor 20 Jahren messen. Viele Dinge haben sich geändert. Die PKK ist selbstkritisch, es gab einen Paradigmenwechsel. … Selbst in der Türkei kann man mittlerweile ein Bild von Öcalan und PKK-Symbole zeigen. Hier gibt es immer wieder Verfahren deswegen. Die Kurden sind eine der größten Minderheiten in Deutschland. Das Verbot kriminalisiert pauschal alle Kurden, man denkt, wir seien gefährliche Menschen. Am Arbeitsplatz oder in der Schule hat man Angst, zu sagen, dass man Kurde ist.” Zumindest sollten wir nicht restriktiver mit Anhängern der PKK umgehen, als dies die Türkei zurzeit tut.
Anmerkung Orlando Pascheit: Ein Beispiel, wie tief und unerkannt “unsere” Vorurteile gegenüber “Zigeunern” verankert sind, gibt der Antiziganismus-Forscher Markus End. Er greift die Kritik eines Journalisten auf, der sich gegen die Pauschalisierung der “Armutszuwanderer” aus Rumänien und Rumänien einwendet, dass die meisten Migranten aus Rumänien und Bulgarien gar keine Armutszuwanderer seien, sondern qualifiziert oder hoch qualifiziert. Und weiter schreibt: “Wer so spricht, denkt an Sozialbetrüger und Kriminelle, an Roma-Familien, die ihre Kinder zum Betteln schicken, an Zuhälter, die Frauen zur Prostitution zwingen.” End dazu: “Betteln wird an das Roma-Sein geknüpft, Roma mit Sozialbetrug und Kriminalität in eine Reihe gestellt. Vor diesen Zuschreibungen möchte der Autor Rumänen und Bulgaren schützen und bestätigt die antiziganistischen Bilder.”
Anmerkung Orlando Pascheit: Hat sich seit 1835 viel verändert?
Anmerkung WL: Ich habe das Stück gesehen und kann einen Besuch nur empfehlen. Es ist ein hervorragend gespielter Einblick in eine bedrückende Zeit.
Gehen wir doch davon aus, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen der Ratlosigkeit der „marktkonformen“ Politiker, der Fassungslosigkeit von uns Bürgern in der „Zuschauer- Demokratie“ – und dem pausenlosen, dem bedrängenden Super-Markt-Geschehen, zum Beispiel einem völlig übersättigten Elektronikmarkt, der uns per flackernden Werbebotschaften weismachen will, dass wir unbedingt schon vom Auto aus den super teuren Kaffeeautomaten bedienen können müssen. Oder die Heizung anstellen aus der Ferne. Wir könnten ja sonst womöglich erfrieren.
Sämtliches Multitasking sehen wir als die superlative Herausforderung. High-tech allüberall.Online, online, online. Das pathologische Starren auf Minibildschirme. Die permanente Überanstrengung jedoch dürfen weder wir selber noch unsere gestressten Zeitgenossen bemerken. Denn das wäre sowas von uncool. Nein, wir strahlen weiter im Hochglanzformat, der glänzende Dauermodus, auch wenn das verzerrte Lächeln gefriert.
Das fatale Motto heißt: bloß keine Zeit verlieren! Angesichts der aktuellen extrem brutalen Kriegsschauplätze in der Welt wissen auch wir nicht mehr ein noch aus. Aber – auch wir sind kollektiv auf „stumm“ geschaltet. Als hätten wir nichts damit zu tun, als sei das – da draußen – „ein ganz anderer Film“.
Umso mehr forcieren sich die nimmermüden Angebotsdrogen der Spaßgesellschaft. Ob öffentlich-rechtliches Fernsehen oder die marktschreierischen Kommerzprogramme: zwischen den Horrormeldungen „frei Haus“ aus dem Irak, aus dem Gazastreifen, aus der Ukraine – es darf wie immer schallend gelacht werden. Business as usual, garniert von drallem Ulk. Unentwegt knallt uns die Unterhaltungsindustrie voll mit schrill buntem Programm. So, als sei nichts geschehen, als geschähe – in der Tat – nichts Gravierendes. Auch das aber ist eine Kriegserklärung, kriegerische Propaganda, auch so lärmt die coole Unerbittlichkeit des Turbokapitalismus, lähmt den Geist, die Seele, macht auch den Körper bleiern.
Wir stopfen uns voll mit junk food und chillen mit happy junk drinks. Oder eben die kostbare edle Bio – Variante. Herbeigedopter Autismus.
Sämtliche Flatrates – von früh bis spät im Einsatz. Wir – sind kaum noch anwesend, permanent irgendwo auf Achse. Sowas von flexibel Das Gespür für die anderen, das Gespür für die je eigene Existenz – es reduziert sich. Es scheint zu stören, das Spüren.
Ja, es stört ein roboterhaftes Funktionieren.
Was ist das bloß für ein erbärmliches Dasein. So haben die machtgeilen Scharfmacher in aller Welt ein leichtes Spiel.Marianne Bäumler
Quelle: Russische Botschaft in den Vereinigten Arabischen Emiraten via Twitter
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