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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 30. April 2007 um 8:15 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Kai Ruhsert
(WL/KR)
Anmerkung Orlando Pascheit: Das alles erinnert etwas an die Rhetorik und die voreiligen Wachstumsversprechungen des Binnenmarktprojektes. Da etwas liberalisieren, dort etwas deregulieren und schon blühen die europäische Landschaften. Vor lauter Überlegungen, wer mit wem Handel treiben soll, gerät die Frage außer Sichtweite, welche Produktion denn unseren Wohlstand aber auch den der anderen sichert. Geschweige denn, dass die Frage gestellt wird, ob denn Ideen, die in “Kreisen deutscher und US-amerikanischer Unternehmer geboren” wurden, immer dem Gemeinwohl dienen.
Anmerkung: Bedrückend müsste sein, dass nur 40.000 der noch 560.000 verbliebenen SPD-Mitglieder sich an der Befragung beteiligt haben.
Die Fragen sind so gestellt, dass man eigentlich keines dieser Statements als „unwichtig“ einstufen kann. Entscheidende Fragen, etwa zur Rente mit 67, zur privaten Vorsorge, zu den Arbeitsmarktreformen oder zur Steuergerechtigkeit wurden gar nicht erst gestellt. Eine Rubrik „falsch“ war nicht vorgesehen.
Die NachDenkSeiten fühlen sich mit ihrer Kritik am Entwurf des Grundsatzprogramms durch die Formulierung der Fragen und durch die Umfrageergebnisse bestätigt:
„Über das neue Grundsatzprogramm sind alle froh, jeder in der SPD, wo er auch stehen mag, kann seine Versatzstücke aus dem Programm für seine Sonntagsreden holen.
Es ist eben ein Grundsatzprogramm mit beliebig vielen Grundsätzen, aber eine sozialdemokratische Linie ist nicht erkennbar – „soziale Demokratie“ als Bauchladen, der für jeden etwas bietet. Was die SPD außer Vertröstungen in die Zukunft politisch anpacken will, welche Projekte sie sich vornimmt, darüber erfährt man in diesem Grundsatzprogramm viel zu wenig. Die SPD wird mit diesem Programm noch weniger greifbar sein, von dem Programmentwurf ging nicht der geringste Anstoß für eine öffentliche Debatte aus. Er ist schlicht uninteressant – kein Wunder, dass die SPD in den Umfragen immer weiter absackt.“
Das haben wir am 20. Dezember 2006 auf den NachDenkSeiten geschrieben. Mit der Prognose des weiteren Absackens der SPD in den Umfragen lagen wir jedenfalls nicht falsch. Nach der jüngsten Forsa-Umfrage liegt die SPD bei 27%.
Anmerkung Orlando Pascheit: Falsche Diagnose, falsche Empfehlung: Die SPD leidet, weil ihre Spitzenpolitiker sich als völlig inkompetent in makroökonomischer Politik erwiesen haben, was sie allerdings von anderen Parteien kaum unterscheidet. Die SPD leidet, weil sie einem Aktionismus gefrönt hat, der auf den Rücken der abhängig Beschäftigten, der Arbeitslosen, der Kranken und Alten betrieben wurde und wird. Sie hat im Verein mit den Grünen härteste Fakten geschaffen, indem sie der Gesellschaft ein zutiefst inhumanes Menschenbild, welches nur unzulänglich mir Neoliberalismus umschrieben werden kann, als zentralen Wirkungsmechanismus eben derselben aufgezwungen hat – wie es eine CDU/FDP Koalition nie gewagt hätte. Sie hat nicht nur mit den Wölfen geheult, sondern den Wolf in uns allen freigesetzt. Sie hat mit ihren Reformen Hab- und Machtgier eine Form gegeben.
Siehe dazu auch:
Das Netzwerk der christlich konservativen Familienschützer
Quelle: taz
Anmerkung: Wir machen diesen Hinweis, weil nach unserer Beobachtung über diese Aktion in den meisten Medien eher wie über einen kriminellen Akt oder über die Handlung irgendwelcher Spinner berichtet worden ist. In den meisten Fernsehberichten und fast allen Printmedien wurden die Banner mit der Persiflage der Präambel des Grundgesetzes „Die Wünsche der Wirtschaft sind unantastbar“ oder die Überdeckung des im Reichstag eingemeißelten Schriftzugs „Dem deutschen Volke“ durch den Spruch „Der deutschen Wirtschaft“ sicherlich bewusst nicht gezeigt. Als hingegen etwa die INSM ihre Aktionen vor dem Reichstag durchführte oder die privaten Krankenkassen gemietete Demonstranten für ihre Interessen demonstrieren ließen, konnte man die Botschaften auf den Bannern deutlich lesen.
NachDenkSeiten-Leserinnen und –Leser wissen, dass wir einen Teil der Kritik der Aktivisten teilen, dass wir jedoch auch viele Positionen für eher naiv und unpolitisch halten. Diese unseren Leserinnen und Lesern zur Kenntnis zu geben, halten wir dennoch für unsere Informationspflicht.
Anmerkung: Statt eines Kommentars lassen wir Sinn für sich selbst sprechen:
„Die Wirtschaft entwickelt sich nun einmal in Zyklen. Fünf Jahre geht es rauf, fünf Jahre runter.“ Und gegen diese ökonomische „Gesetzmäßigkeit“ ist der Ökonom Sinn machtlos, weil es in seinem Modell nur „strukturelle Reformen“ zur Verbesserung der Angebotsseite gibt, aber keine aktive Konjunkturpolitik.
Die SPD habe den „Schröderschen Kurs beerdigt“. Wann fand die Beerdigung statt?
„Die Globalisierung hat Gewinner und Verlierer. Die Verlierer sind die Klientel der SPD.“ So ist das, wenn sich die SPD um diese Klientel nicht mehr kümmert.
Durch Mindestlöhne werden „viele Menschen dauerhaft aus dem Arbeitsmarkt gedrängt.“ In Deutschland gilt, was in 20 anderen EU-Ländern offenbar nicht gilt?
Der Aufschwung erklärt sich für Sinn folgendermaßen: „Es ist diese ungewöhnliche Konstellation der Weltkonjunktur, die alles treibt. Hinzu kommen gewisse Effekte durch die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe. Einst gut gestellte Arbeitslose sind plötzlich bereit, zu niedrigeren Löhnen zu arbeiten. Dadurch kommt einiges in Bewegung.“
„In Deutschland gibt es eine Unterschicht. Die aber hat der Sozialstaat hervorgebracht.“ In den angelsächsischen Ländern, die Sinns ökonomische Rezepte befolgen, gibt es also definitionsgemäß keine Unterschicht?
„Frankreich, das auf dem Entwicklungspfad Richtung Sozialstaat weiter ist als wir, zeigt, was uns blühen könnte: Dort haben wir zwei Jahre hintereinander Herbstkrawalle von arbeitslosen Jugendlichen gesehen.“ Der französische Sozialstaat ist also an den Krawallen in den französischen Vorstädten schuld?
„Der Wunsch, Vermögen zu akkumulieren, reicher zu werden, voranzukommen ist die Triebkraft des Ganzen.“ Und daraus leitet sich Sinns komplettes ökonomisches Denken ab.
Siehe dazu auch:
Quelle 2: DLF
Anmerkung: Wenn eine Außenministerin einem anderen Staatschef „diplomatische“ Vokabeln wie „lächerlich“ vorhält, dann spricht das entweder für eine maßlose Arroganz oder für ein bewusstes Schüren von Konfrontation.
Anmerkung: An diesem Hungertuchszenarium zeigt sich, wo der große Unterschied zwischen deutschen privaten Hochschulen oder öffentlichen Stiftungshochschulen liegt: Es ist der Kapitalstock. Das vergessen die Prediger der privaten Finanzierung der Hochschulen (etwa durch Studiengebühren) regelmäßig und systematisch.
Anmerkung: Die Aussage, dass die hohen Studiengebühren an den Elite-Unis 60% der Kosten decken, trifft meines Wissens nicht zu. Selbst an den teuersten Privatunis an den USA machen die Gebühren nur einen Anteil von 4% (Caltech) bis 19% an der Finanzierung der Hochschulen aus.
Anmerkung: Dieser bemerkenswert kritische Beitrag in Capital gegenüber privaten Hochschulen bestätigt meine These, dass es in Deutschland keinen Bedarf oder keinen „Markt“ für private Unis gab. Grund: Obwohl bodenlos schlecht geredet, waren die staatlichen Unis einfach zu gut verglichen mit der privaten Konkurrenz. Mit der Gründung privater Unis und dadurch, dass sie von den Medien hochgejubelt wurden, ist aber durchaus ein Ziel erreicht worden: Die staatlichen Unis wurden inzwischen zu staatlich subventionierten „unternehmerischen“ Hochschulen umgewandelt, die in ihren Strukturen wie Privatunis funktionieren. Die Wirtschaft kann sich also von ihrem „Mäzenatentum“ für private Hochschulen zurückziehen, sie kann sich die von ihr gewünschten staatlichen Hochschul- und Ausbildungsstrukturen vom Steuerzahler finanzieren lassen.
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