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Titel: Hinweise des Tages
Datum: 27. April 2007 um 9:57 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
Anmerkung AM: Der Kolumnist der Financial Times Deutschland stellt mit Genuss und mit Recht heraus, mit welchen schrägen Theorien die hierzulande herrschenden Nationalökonomen hantieren. Drei Hinweise möchte ich ergänzen:
Erstens: Der Niedergang ab dem Jahr 2001 hatte nicht nur die von Fricke genannten Gründe, er war auch die Folge einer grotesken Fehleinschätzung der Lage durch die meinungsführenden Nationalökonomen, insbesondere durch den Sachverständigenrat, und einer dieser falschen Beratung entsprechenden falschen Geld- und Fiskalpolitik. Ich erinnere daran, dass der Sachverständigenrat in seinem am 15.11.2000 präsentierten Gutachten angesichts von 4 Millionen Arbeitslosen dennoch behauptete, die Konjunktur laufe rund. In einer ähnlichen Gefahr, nämlich die wirtschaftliche Belebung viel zu schnell als Boom zu bezeichnen und abzuhaken, stehen wir übrigens auch jetzt wieder.
Zweitens: Unser eigentliches Problem ist, dass der dominante Teil der deutschen Wirtschaftswissenschaft von Makroökonomie nichts verstehen will und sich die Mehrheit von Politik und Publizistik dem anschließt.
Darauf wiesen drittens schon vor fast fast drei Jahren der amerikanische Nobelpreisträger Robert Solow und der Chefökonom von Goldman Sachs, Jim O’Neill, in Interviews mit der Wirtschaftswoche und der Zeit hin. Ich zitiere Robert Solow aus seinem Interview mit der Wirtschaftswoche vom 9.9.2004:
»Die deutsche Wirtschaft schwächelt nun schon seit einer Dekade.
Wenn ich ein Manager wäre, würde ich meine Produktion auch nicht ausweiten, solange die Märkte nicht erkennbar expandieren.«
An dieser klaren Erkenntnis gehe man in Deutschland jedoch ständig vorbei, und zwar parteiübergreifend und angefeuert von einer ökonomischen Wissenschaft und Publizistik, über die Solow sagte:
»Klar, Makropolitik beherrscht vermutlich niemand perfekt. Aber mir scheint offensichtlich: in Deutschland könnte man sie wesentlich besser machen«.
So ist es.
Anmerkung Orlando Pascheit: Am Beispiel Deripaskas wird deutlich, dass die Präsidentschaft Putins sich nur vordergründig als Antithese zu jener Jelzins eignet. Kaum zuvor in der Wirtschaftsgeschichte ist in einem Land in so kurzer Zeit einer Oberschicht so sagenhafter Reichtum beschert worden, wie unter Jelzin. Putin mag die politischen Ambitionen dieser Klasse beschnitten haben, aber bis auf strategisch wichtige Bereiche wie die Energiewirtschaft, blieb es beim Ausverkauf des nationalen Wirtschaftsbestandes an Unternehmer, die die Sowjetwirtschaft zum eigenen Vorteil ausschlachten können – während die Allgemeinheit darbt. Die gegenwärtige ökonomische Stabilisierung beruht nicht auf einer besonderen wirtschaftspolitischen Leistung des Putin-Regimes, sondern ist allein dem Anstieg der Rohstoffpreise geschuldet. Russland bleibt eine Großmacht mit der Wirtschaft eines Entwicklungslandes.
Anmerkung: Der Spiegel setzt seine Aufschwungkampagne fort. Typisch Spiegel: Erst schreibt er ein Thema runter, dann wieder hoch und man wird es absehen können, dass der Aufschwung wieder herabgeschrieben wird.
Zu den „phantastischen“ GfK-Zahlen über die Zuversicht der Verbraucher verweise ich auf den letzten Vergleich zwischen Stimmung und Realität. Schon Anfang des Jahres hat die GfK ein steigendes Konsumklima erfragt. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zum Einzelhandelsumsatz waren ernüchternd: Der Umsatz ist real um 1,6% gesunken.
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