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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 17. Juli 2014 um 8:34 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (RS/WL)
Hier die Übersicht. Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert.
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Oligarchen gibt es nicht nur in Russland. In den USA nutzen die Brüder Charles und David Koch ihr Milliardenvermögen, um ihre rechtslibertäre Doktrin durchzusetzen. Dass Milliardäre einen Konservativen an der Spitze der Regierung sehen wollen, ist so erstaunlich nicht. Dass der im Ölgeschäft engagierte Mischkonzern Koch Industries von Klimaschutz nichts wissen will und daher »Energie: Die Erzählung ändern« auf die Tagesordnung setzt, überschreitet auch noch nicht den üblichen Rahmen des Lobbyismus. Ungewöhnlicher ist schon, dass auf einer solchen Tagung über Bücher diskutiert wird – allerdings nur über sehr spezifische politische Literatur wie »In Pursuit of Happiness and Good Government« von Charles Murray, die marktextremistische Ideen propagiert. Es geht nicht allein um Deregulierung und Steuersenkungen, angestrebt wird eine Gesellschaft von Einzelkämpfern ohne soziale Absicherung, in der nur Justiz und Landesverteidigung staatliche Aufgaben sind. »Die größten gesellschaftlichen Probleme sind in jenen Bereichen aufgetreten, die als am besten von der Allgemeinheit kontrolliert gelten; die Atmosphäre, die Gewässer, Luft, Straßen, die Körperpolitik und menschliche Tugend«, schreibt Charles Koch in seinem Buch »The Science of Success«. Diese Bereiche »funktionieren viel besser, wenn Methoden ersonnen werden, um ihnen die Charakteristika des Privateigentums zu geben«.
Der Kapitalist wird zum Oligarchen, wenn sein Vermögen so konzentriert ist, dass er dessen Verwendung kontrollieren kann und er diese Möglichkeit politisch nutzt. Bill Gates nutzte seine Marktmacht vornehmlich, um einem mittelmäßigen Betriebssystem ein Monopol zu verschaffen, hat aber mit der Bill & Melinda Gates Foundation ein Subunternehmen gegründet, das mit einem Kapital von mehr als 40 Milliarden Dollar im vorigen Jahr etwa 1,7 Milliarden Dollar verdiente. Die Stiftung nimmt erheblichen Einfluss auf die globale Bildungs- und Gesundheitspolitik. Gates gilt als liberal, trägt aber dazu bei, einem weiteren traditionell unter öffentlicher Kontrolle stehenden Bereich »die Charakteristika des Privateigentums zu geben«. Das ist nicht nur in den USA politisch erwünscht. Dort aber haben mehrere Urteile des Obersten Gerichtshofs die Rechte der Unternehmen gestärkt. Die Entscheidung, bei Wahlkampfspenden fast alle Beschränkungen für Unternehmen aufzuheben, sprach diesen Meinungsfreiheit zu, wertete sie also als Person, die verfassungsmäßige Rechte in Anspruch nehmen kann. In der vergangenen Woche wurde der Firma Hobby Lobby das Recht zuerkannt, ihren Angestellten aus religiösen Gründen im Rahmen der Krankenversicherung keine Verhütungsmittel zu bezahlen, die das Unternehmen mit Abtreibung in Verbindung bringt. Zwar gilt das Urteil nur für Firmen mit einer kleinen Zahl von Besitzern (»closely held«). Das aber sind 90 Prozent der US-Unternehmen, die etwas mehr als die Hälfte der Lohnabhängigen beschäftigen. Diese Unternehmen wurden faktisch individuellen Gläubigen gleichgestellt. Es ist offensichtlich, dass die Lohnabhängigen damit entrechtet und einer anderen »Person«, dem Unternehmen, auch im Hinblick auf ihre Ansichten und ihr Verhalten jenseits der Arbeitsleistung unterstellt werden.
Quelle: Jungle World
Anmerkung Orlando Pascheit: Der Artikel bemüht einleitend einen Vergleich mit Russlands Oligarchen. Was natürlich Unsinn ist, da russische Oligarchen höchstens in der Jelzin-Ära ihr Vermögen politisch nutzen konnten. Putin kann heute Russlands Oligarchen nach ihrer Loyalität selektieren, indem er exemplarisch gegen politische Einmischungen dieser Leute vorgeht. Auf der anderen Seite lässt er gegenüber loyalen Oligarchen deren Jugendsünden” unter den Tisch fallen bzw. legalisiert ihr früheres Verhalten.
Konzerne wie BASF, BAYER oder HOECHST produzierten im 1. Weltkrieg Sprengstoff, Munition und Giftgas. Dank staatlich garantierter Preise konnten sie ihre Profite erheblich steigern. Doch bis heute verleugnen die Firmen ihre Mitverantwortung für Kriegstreiberei und Massensterben. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren veröffentlicht zum Jahrestag des Kriegsbeginns den Artikel „Die Chemie im Ersten Weltkrieg: BAYER an vorderster Front“ …
Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert die BAYER AG auf, endlich die Rolle des Unternehmens im 1. und 2. Weltkrieg vollständig aufzuarbeiten und die zahlreichen Verbrechen des Konzerns anzuerkennen…
Ohne die deutsche Chemie-Industrie wäre der 1. Weltkrieg vollkommen anders verlaufen: aufgrund der englischen Seeblockade versiegte zu Kriegsbeginn der Nachschub von Chile-Salpeter, der für die Produktion von Sprengstoff unabdingbar war. Die Reserven reichten nur für wenige Monate. Ende 1914 gaben Carl Bosch von der BASF und Carl Duisberg von BAYER der Obersten Heeresleitung das sogenannte „Salpeter-Versprechen“, welches die Bereitstellung großer Mengen Ammoniumnitrat zusicherte. Schon im Frühjahr 1915 konnte die Salpeter-Produktion aufgenommen werden. Die Industrie hatte dadurch nach eigenen Worten „den Krieg gerettet“. Im Gegenzug erhielten die Firmen lukrative Abnahmegarantien.
Zudem errichtete BAYER in Köln-Flittard ein eigenes Werk für die Sprengstoffproduktion, in dem pro Monat 250 Tonnen TNT hergestellt wurden. Entsprechend jubelte BAYER-Generaldirektor Carl Duisberg im Juli 1915: „Sähen Sie jetzt einmal, wie es hier in Leverkusen aussieht, wie die ganze Fabrik umgekrempelt und umorganisiert ist, wie wir fast nichts mehr als Kriegslieferungen ausführen (…), so würden Sie Ihre helle Freude haben.“
Frau Mombauer, es gibt einen neuen Historikerstreit über die Schuld am Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Christopher Clark und Herfried Münkler sehen die Kriegsursache in einer gemeinsamen politischen Kultur der Nationen. Sie sprechen Deutschland und Österreich den „Hauptteil der Verantwortung“ zu. Was sind Ihre Belege?
Es gab diese gemeinsame politische Kultur, die einen Krieg erwartete und mitunter herbeisehnte. Da unterscheiden sich die deutschen Militärs nicht von denen in Russland oder Frankreich. Aber wenn man sich genau ansieht, was 1914 in der Julikrise geschieht, dann erkennt man, dass die Entscheidung, die Ermordung des österreichischen Thronfolgers als Anlass für einen Krieg zu nehmen, von den Verantwortlichen in Wien getroffen wird.
Die Verbündeten in Berlin bestärken die Österreicher in dieser Haltung, drängen sie sogar zu mehr Aggression. Ohne diese Entscheidung zum Krieg wäre diese Krise wie alle anderen in den Jahren zuvor verlaufen. Man hätte sich irgendwie geeinigt. Aber im Juli 1914 wollte Wien keine diplomatische Lösung, es wollte die goldene Gelegenheit nutzen, jetzt endlich mit Serbien abzurechnen. Berlin versicherte, den Bündnispartner im Ernstfall bedingungslos zu unterstützen. Das war der berühmt-berüchtigte Blankoscheck. Ohne diesen wäre aus dem Attentat keine internationale Krise entstanden…
Quelle: Tagesspiegel
Anmerkung WL: Siehe auch nochmals „Die Schüsse von Sarajevo oder: Von der Abdrift der Geschichte“.
Amazon, so meldeten die iPhones, wolle den Verlag Simon & Schuster übernehmen. Würde sich das Gerücht bestätigen, würde ein Albtraum der literarischen Welt wahr – und nicht nur in den USA.
Immerhin so viel scheint sicher zu sein: Wenn Jeff Bezos, der Gründer und CEO von Amazon, sich mit Les Moonves trifft, dem Chef des Mediengiganten CBS, der Mutterfirma von Simon & Schuster, dann steht einiges auf dem Spiel. Moonves heizte die Spekulationen noch an, als er sagte: “Amazon hat eine sehr entschiedene Position dazu, was im Verlagsgeschäft passieren sollte. Es wird sehr interessant sein, das zu beobachten.”
Was auch immer Amazon mit dem Verlag, einem der amerikanischen “Big Five” zu besprechen hat – es sieht ganz so aus, als nähme die schon drei Monate währende Auseinandersetzung zwischen Amazon und Verlagen in den USA, Großbritannien und Deutschland an Dramatik zu.
Quelle: SZ
Anmerkung J.K.: Ein riesiger Verlags- und Buchhandelskonzern bestimmt in Zukunft was publiziert und gelesen wird. Ein Horrorszenario, dass nicht mehr unwahrscheinlich erscheint. Folgt man den neoliberalen Marktapologeten wäre ein regulierender Eingriff des Staates nicht erlaubt. Profit geht vor kultureller Vielfalt. Und so sei jeder hier aufgerufen sein eigenes Konsumverhalten einmal kritisch zu reflektieren.
Dazu passt:
Als 21-Jähriger hatte Murdoch von seinem gerade verstorbenen Vater, einem ehemaligen Kriegsreporter, ein paar Zeitungen in Australien übernommen. Der Erbe hat den Verlag in den Jahrzehnten auch durch spektakuläre Übernahmen zu einem gigantischen Medienimperium ausgebaut, heute nach Disney dem zweitgrößten der Welt. Zuletzt hatte er es in zwei Teile aufgespalten: Das Film- und Fernsehgeschäft läuft unter dem Namen 21st Century Fox, das Verlagsgeschäft mit Zeitungen wie dem Wall Street Journal oder der britischen Times behält den alten Namen News Corp. Laut dem Magazin Forbes ist Murdoch inzwischen 14,2 Milliarden Dollar schwer. Offenbar reicht ihm das nicht.
Time Warner lehnte ein erstes Angebot ab.
Murdochs 21st Century Fox bestätigte, Time Warner im Juni ein Angebot für einen Zusammenschluss unterbreitet zu haben: “Der Verwaltungsrat von Time Warner hat es abgelehnt, auf unser Angebot einzugehen. Wir befinden uns momentan nicht in Gesprächen mit Time Warner”, heißt es weiter.
Quelle: SZ
Anmerkung J.K.: Ein weiteres Problem der immer stärkeren Vermögenskonzentration, das aufzeigt, dass unabhängige und kritische Berichterstattung mehr und mehr zur Illusion wird. Die Superreichen können sich die Medienlandschaft so gestalten wie es ihnen gefällt.
Ergänzende Anmerkung RS: Bis 1996 war die Medienkonzentration in den USA gesetzlich beschränkt. Mit dem „Telecommunications Act of 1996“ wurden diese Beschränkungen gelockert, was zu einer deutlichen Zunahme der Medienkonzentration geführt hat.
Der Blogger Ares Kalandides bekommt eine Mail von einer Marketing-Agentur
Hallo Herr Dr. Kalandides,
Ich arbeite bei XXX [Name des Unternehmens] – einer Online Marketing Agentur. Ich bin auf der Suche nach Kooperationsmöglichkeiten für unserere Kunden.
Wir sind heute auf Ihre Webseite inpolis gestoßen und würden gerne mit Ihnen zusammen arbeiten. Es geht uns um einen neuen Artikel auf Ihrer Webseite.
Sie würden diesen neuen Artikel verfassen, so dass er gut zum Thema Ihrer Webseite passt – kein Fremadartikel von uns. Es geht uns nicht um eine Kundenbeschreibung oder Produktbeschreibung, sondern um einen redaktionell eingebundenen Text mit Thema Ihrer Wahl (Fresh Content). Es geht und nicht um Banner oder Ähnliches. Sie würden in diesem Artikel unseren Kunden nur kurz erwähnen. Unsere Kunden passen zu vielen Bereichen, so dass man einen Artikel individuell passend gestalten kann.
Was verlangen Sie preislich dafür von uns?
Gern sende ich Ihnen weitere Informationen und Beispiele.
Freue mich auf Ihre Antwort.”
Quelle: Places
Anmerkung unserer Leserin M.G.: Nun entdecken Sie auch die Blogger… Bei Spiegel und Co ist sowas doch üblich, da wird Werbung für Riester und Privatvorsorge doch auch in “Artikeln” verpackt.
Despite the sudden collapse of patent legislation in Congress earlier this year, most policymakers agree that patent trolls are a huge drag on the U.S. economy. By filing one frivolous lawsuit after another, trolls extract enormous payments from companies simply by claiming infringement — they don’t have to do very much to back up their assertions, nor do they have to be using the patents to sue.
A new study from PricewaterhouseCoopers shows that the problem is getting worse: While monetary awards from patent lawsuits are decreasing overall, patent trolls — also known as non-practicing entities because they simply stockpile patents without making anything with them — are making way more off of litigation than their practicing counterparts. Even as the median award has shrunk over time, awards to trolls are only growing.
Quelle: The Washington Post
Am gestrigen Dienstag, dem 15.7. fand an der Goethe-Uni die Wahl einer neuen Präsidentin statt. Dabei konnte sich in den ersten drei Wahlgängen kein*e Bewerber*in durchsetzen. Nachdem Herr Prof. Nitsch bereits im ersten Wahlgang nicht die nötige Stimmenzahl zum erreichen des zweiten Wahlgangs erhalten hatte, verfehlte Frau Prof. Wolff als einzige verbliebene Kandidatin auch im zweiten und dritten Wahlgang die nötige Mehrheit von 18 Stimmen. Sie bekam im ersten Wahlgang 13, im zweiten 16 und im dritten Wahlgang 17 Stimmen. Nach einer Pause und der Ankündigung, sie wolle noch ein letztes Mal antreten, wurde sie im vierten Wahlgang mit 20 zu 14 Stimmen zur neuen Präsidentin gewählt.
Dazu erklärt Myrella Dorn, AStA-Vorsitzende:
“Wir gratulieren Frau Wolff zur Wahl als neue Präsidentin der Uni Frankfurt. Das Wahlergebnis spiegelt dabei die hohe Unzufriedenheit mit dem Wahlverfahren und den Strukturen an der Universität wider…”
Daniel Katzenmaier, AStA-Vorsitzender und Mitglied des erweiterten Senats, ergänzt:
“Anhand des Wahlverfahrens ist deutlich geworden, wo grundsätzliche Probleme an der Goethe-Uni und an anderen Hochschulen in Hessen liegen. An den Konflikten, auch zwischen Hochschulrat und Senat, die zu viel Streit geführt haben, zeigt sich, wie sinnfrei es ist, zwei konkurrierende oberste Gremien an der Uni zu haben. Wenn die Hochschulmitglieder nicht selbst über die Kandidierenden bestimmen können, kommen solch massive Nein-Stimmen für alle Kandidierenden wie gestern zustande. Deshalb fordern wir die Abschaffung des Hochschulrats.”
“An der heutigen Beinahe-Wahlschlappe hat sich gezeigt, wie beschädigt die inneruniversitäre Kommunikation mittlerweile ist…“
Quelle: AStA Frankfurt
Das amerikanische Riverside County ist für seine Trockenheit bekannt. Das hält den Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé offenbar nicht davon ab, das spärliche Grundwasser für kommerzielle Zwecke zu nutzen.
Quelle: Tagesanzeiger.ch
Nach Berlin und Hamburg soll auch Stuttgart zu einem Zentrum der Scientology-Organisation (SO) in Deutschland werden. Hiesige Scientologen bleiben dabei außen vor: Die Expansion erfolgt verdeckt von Israel aus. Der Aufbau der Niederlassung stockt jedoch wegen unerwarteter Personalprobleme: Der israelische Mittelsmann sitzt in Tel Aviv wegen Mordverschwörung und anderer Kapitalverbrechen hinter Gittern…
Nach Erkenntnissen der Verfassungsschützer hat Scientology in der Region Stuttgart einen ihrer Schwerpunkte und das dichteste Netzwerk. In der Landeshauptstadt plant sie seit Langem eine neue Repräsentanz. Diese Niederlassung soll zum größten SO-Zentrum Deutschlands ausgebaut werden…
Der Grundstein für eine “Ideale Org”, wie größere Scientology-“Gemeindezentren” im internen Sprachgebrauch heißen, ist bereits gelegt: Im Dezember 2010 erwarb die SO für acht Millionen Euro ein Geschäftsgebäude am Rande des neuen Stuttgarter Europaviertels… der Deal erfolgte laut Verfassungsschutz wie beim Aufbau der Repräsentanzen der “Church of Scientology” in Berlin und Hamburg verdeckt über Mittelmänner. Als Käufer trat das israelische Unternehmen “G. Stuttgart Properties Ltd.” aus Tel Aviv auf.
Quelle: Kontext: Wochenzeitung
Hinweis: Auch in dieser Woche wieder eine Reihe interessanter Beiträge in der Kontext:Wochenzeitung (am Samstag auch als Beilage zur taz)
Die Kunde vom bizarren Fanmeilen-Auftritt der deutschen Nationalmannschaft ist bis nach Argentinien vorgedrungen. Das Echo darauf ist gewaltig.
In einer verstörenden Darbietung, die irgendwo zwischen Nazifolklore und dem Lied der Schlümpfe angesiedelt schien, hat der deutsche WM-Kader die Spieler des unterlegenen Final-Gegners als kriechende Gauchos verhöhnt.
„Gauchogate“ titelt nun die größte argentinische Zeitung La Vaca Loca, „Adolf Klose verhöhnt uns!“ schreibt die Gaucho Times. Und der größte Fernsehsender des Landes Empanada-TV sendete eine dreistündige Sondersendung, bei der Aufnahmen Jogi Löws von der Trainerbank mit Hitlerreden unterlegt waren. […]
In Buenos Aires trifft man ebenfalls Vorbereitungen für einen Vergeltungsschlag. Denn schlimmer als die Gaucho-Verhöhnung sei nur die erbärmliche Tanzleistung der deutschen Mannschaft gewesen. Eine Rumpelfüßler-Choreographie zum Gruseln habe man da gesehen. „Von deutschen Füßen soll nie wieder ein Tanz ausgehen“, war in Internet-Foren des rhythmusverliebten Landes zu lesen.
Quelle: taz
Anmerkung: Vorsicht Satire!
Dazu:
Ein kleiner Spaß sorgt für großen Wirbel: Mit ihrem “Gaucho-Tanz” haben die Spieler der deutschen Nationalmannschaft eine hitzige Debatte bei Fans und in den Medien ausgelöst. Darf sich ein Weltmeister so benehmen? Das sagt die deutsche und argentinische Presse dazu.
Quelle: gmx
Anmerkung WL: Ich finde diese (Tanz- und Sing-)Geste gegen die argentinische Mannschaft blöd und unfair und schon gar nicht politisch korrekt. Man sollte jedoch nun auch nicht gleich wieder Nazi-Vergleiche heranziehen. Solche Tänze führen die Fan-Gruppen nach jedem Liga-Spiel gegen die verlierende Mannschaft vor und da geht es gewiss nicht darum, dass sich z.B. die Fans des 1. FC Köln gegenüber ihren Nachbarn aus Mönchengladbach als überlegene Herrenrasse verstehen.
Das bleibt unfair und doof, aber es ist keine politische Botschaft. Der 22-jährige Götze hat sich halt diesem Fan-Niveau angepasst. Das zeigt nur, dass man solche jungen Leute – auch wenn sie gut Fußball spielen können – nicht in den Himmel heben sollte.
Wenn die Argentinier bzw. die argentinische Presse diesen „Gaucho-Tanz“ als deutsche Überheblichkeit interpretiert und mit unserer Nazi-Vergangenheit verbindet, so finde ich das übertrieben, aber positiv daran ist, dass wir Deutsche immer daran denken sollten, dass wir diese Vergangenheit haben und dass sie jedenfalls von anderen nicht vergessen ist.
Einen so schönen Bildband wie der SPIEGEL können wir Ihnen als Geschenk nicht bieten.
Aber dafür schlagen wir in alter deutscher Tradition vor, dass wir vorschlagen, wie einstmals „Kaisers Geburtstag“ den 17. Juli zum Feiertag erheben, wenigstens könnte man ja, wie schon einmal bei einem deutschen Kanzler, Beflaggung anordnen.
(Achtung: Spott auf den weitgehenden Medienhype aus Anlass des 60. Geburtstages der Kanzlerin. Persönlich wünschen wir natürlich Angela Merkel alles Gute zu ihrem runden Geburtstag und eine schöne Geburtstagsfeier.)
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