NachDenkSeiten – Die kritische Website

Titel: Hinweise des Tages

Datum: 7. Juli 2014 um 9:04 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (HR/WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Militarisierung
  2. Orwell 2.0
  3. A sign of where Ukrainian conflict could lead?
  4. Kleine Geschichte des Freihandels – Der Pümpel der Liberalisierung
  5. Paul Krugman: Build We Won’t – Gebaut wird nicht
  6. Operation Sweetheart
  7. Warum eine globale Vermögenssteuer hilft, die Ungleichheit zu verringern
  8. Reallohnverluste von 1% im 1. Quartal 2014
  9. Trotz Mindestlohn besteht noch weiterer Regulierungsbedarf bei den Werkverträgen
  10. Web, Wert und Arbeit
  11. SPD-Minister mit Fracking-Papier – Ein wenig dagegen, ein wenig dafür
  12. Sind die goldenen Zeiten in China vorbei?
  13. Nahles bei der SPD-Linken ausgetreten
  14. Post-Bildung – Vom Unort der Wissenschaft
  15. Presseauskunftsgesetz Fehlanzeige
  16. Nie wieder

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Militarisierung
    1. Auslandseinsätze: Nato-Chef sieht Vetorecht des Bundestags als Hindernis
      Als Risiko für gemeinsame Einsätze kritisiert Nato-Chef Rasmussen im SPIEGEL das mögliche Veto deutscher Abgeordneter. Zugleich lobt er den Ruf von Bundespräsident Gauck nach einer aktiveren Außenpolitik. Deutschland sei “reif für diese Debatte”.
      Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmusssen hält den deutschen Parlamentsvorbehalt für ein Hindernis bei gemeinsamen Verteidigungsprojekte der Nato. “In einem multilateralen Zusammenhang muss jedes Land akzeptieren, dass die anderen ein Mitspracherecht haben”, sagte Rasmussen in einem SPIEGEL-Interview.
      Es müsse “sichergestellt sein, dass diese militärischen Fähigkeiten auch wirklich eingesetzt werden können”, forderte Rasmussen und warnte: “Wenn das Risiko besteht, dass ein Land gegen den Einsatz solcher Waffen ein Veto einlegt, werden die anderen Partner zögern, in ein solches Projekt zu investieren.”
      Quelle: Spiegel Online

      Anmerkung unseres Lesers U.D.: Ein Ausschuss des Bundestages arbeitet doch intensive an der Aufhebung des Parlamentsvorbehaltes und wird medial von unseren Qualitätsmedien, unserem Bundespräsidenten, unserer Verteidigungsministerin, unserem Außenminister und von einem Teil der Grünen aktiv unterstützt.
      Der Einsatz der Bundeswehr ohne Zustimmung des Bundestages in einem Konflikt, z.B. in der Ukraine, soll in Zukunft durch Hardliner in der NATO entschieden werden. Da wird das Streben nach einer Mitgliedschaft der Ukraine, Georgien oder vergleichbaren Staaten in der NATO verständlich.

      Ergänzende Anmerkung H.R.: Der Nato-Vertrag sieht -was offenbar oft übersehen wird- selbst im Bündnisfall keinen Automatismus für den Einsatz von Militär vor. Art. 5 des Vertrages besagt lediglich, dass Beistand geleistet wird, „indem jede (gemeint ist jede Partei des Nato-Vertrages; H.R.) von ihnen unverzüglich für sich und im Zusammenwirken mit den anderen Parteien die Maßnahmen (…) trifft, die sie für erforderlich erachtet, um die Sicherheit des nordatlantischen Gebiets wiederherzustellen und zu erhalten.“ Der Nato-Vertrag kann hier gelesen werden: Der Nordatlantikvertrag.

      Ergänzende Anmerkung WL: Wörtlich sagte Rasmussen: „In einem multilateralen Zusammenhang muss jedes Land akzeptieren, dass die anderen ein Mitspracherecht haben. Es muss sichergestellt sein, dass diese militärischen Fähigkeiten auch wirklich eingesetzt werden können. Wenn das Risiko besteht, dass ein Land gegen den Einsatz solcher Waffen ein Veto einlegt, werden die anderen Partner zögern, in ein solches Projekt zu investieren. Die Parlamente müssen also sicherstellen, dass die Abläufe reibungslos funktionieren. Aber: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.“ (Spiegel Printfassung 28/2014 S. 27)
      Es muss also auch sichergestellt werden, dass die „militärischen Fähigkeiten“ etwa von Drohnen „auch wirklich eingesetzt werden können“, egal ob sie völkerrechtlich bedenklich sind oder nicht.
      Die Parlamente dürfen nicht mehr entscheiden, sondern sie „müssen sicherstellen, dass die Abläufe reibungslos funktionieren“. Demokratie wird also dem reibungslosen Funktionieren militärischer Logik untergeordnet. Nach der „marktkonformen Demokratie“ nun auch noch die „militärkonforme Demokratie“.

    2. Gauck im Sommerinterview des ZDF: Das Militärische macht ein Zehntel aus
      „Wir sprechen über militärische Dinge doch zu einem Zehntel, neun Zehntel sind doch oder elf Zwölftel sind doch andere Aktivitäten, die mir vor Augen stehen“
      Quelle: ZDF Mediathek

      Anmerkung WL: Waren bisher Militäreinsetze die „ultima ratio“ oder das letzte Mittel, so machen sie bei Gauck nun schon ein Zehntel oder ein Zwölftel seiner Überlegungen aus. Ach würde sich der Bundespräsident wenigstens an seine eigene Mengenlehre halten und sich zu neun Zehnteln oder elf Zwölftel seiner Reden damit beschäftigen, wie man mit friedlichen Mitteln Konflikte lösen könnte. Davon hat man von Gauck bisher kaum etwas gehört. Nein, Gauck will den Tabubruch, er will Krieg als Mittel der Politik legitimieren.

    3. Stellungnahme für die öffentliche Anhörung des Verteidigungsausschusses zu Drohnen
      IMI-Vorstandsmitglied Christoph Marischka war als Sachverständiger für die öffentliche Anhörung des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages am 30. Juni 2014: „Völker-, verfassungsrechtliche sowie sicherheitspolitische und ethische Fragen im Zusammenhang mit unbemannten Luftfahrzeugen, die über Aufklärung hinaus auch weitergehende Kampffähigkeiten haben“ eingeladen. Seine Stellungnahme möchten wir an dieser Stelle dokumentieren. Sie kann auch als Ausschussdrucksache 18(12)155 beim Bundestag heruntergeladen werden.
      Stellungnahme von Christoph Marischka für die öffentliche Anhörung des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages am 30. Juni 2014: „Völker-, verfassungsrechtliche sowie sicherheitspolitische und ethische Fragen im Zusammenhang mit unbemannten Luftfahrzeugen, die über Aufklärung hinaus auch weitergehende Kampffähigkeiten haben“
      1. Die Kampagne und ihre Argumente
      Anlässlich der Bestrebungen der letzten Bundesregierung, bewaffnete unbemannte Flugzeuge für die Bundeswehr anzuschaffen, gründete sich im März 2013 die bundesweite “Kampagne gegen die Etablierung von Drohnentechnologie für Krieg, Überwachung und Unterdrückung” (drohnen-kampagne.de). Diese wird mittlerweile von fast 150 Organisationen – von lokalen Friedensinitiativen und Bürgerrechtsgruppen über den Chaos Computer Club (CCC) bis hin zum Bundesvorstand der Parteien DIE LINKE und Bündnis 90/Die Grünen und dem Bundesverband der Juso-Hochschulgruppen – getragen. In ihrem Appell “Keine Kampfdrohnen!”, der inzwischen von etwa 20.000 Menschen unterzeichnet wurde, werden die wichtigsten, mittlerweile bekannten Argumente gegen die Anschaffung und Nutzung bewaffneter Drohnen genannt. Im Appell heißt es: “Wir lehnen Kampfdrohnen ab, weil ihr Einsatz

      • die Schwelle zu bewaffneten Aggressionen weiter senkt,
      • ‘gezielte’ Tötung von Menschen innerhalb und außerhalb von Kriegen bedeutet – ohne Anklage, Verfahren und Urteil,
      • die Bevölkerung betroffener Landstriche terrorisiert und sie an Leib und Leben gefährdet,
      • die Entwicklung autonomer Killer-Roboter befördert und noch schrecklichere Kriege zur Folge hätte,
      • eine neue Rüstungsspirale in Gang setzt.”

      Quelle: Informationsstelle Militarisierung

  2. Orwell 2.0
    1. BND-Mitarbeiter unter Spionageverdacht – Der NSA-Skandal wird als Warnschuss überhört
      Die NSA macht offenbar weiter wie bisher, lässt sogar den Untersuchungsausschuss überwachen. Verwirrend ist daran die Duldsamkeit des Publikums. Der NSA-Skandal könnte sich in ein paar Jahren als Warnschuss erweisen, den zu viele überhört haben.
      Verwirrend ist die Duldsamkeit des Publikums: Man fühlt sich nicht betroffen, man hat nichts zu verbergen, man fühlt sich aber ein wenig ausgeliefert. Die Leute, könnte man schließen, haben akzeptiert, dass Kommunikation im Netz und über Satellit immer unter den Augen und Ohren diverser Big Brothers stattfindet. Privatheit ist heute gewissermaßen perforiert. Das ist nicht schön, passiert aber sogar der Kanzlerin – und hat vermutlich den Vorteil, dass die angloamerikanischen Big Brothers mit den superklugen Informatikern und Algorithmikern samt ihrem deutschen Annex scheußliche, mörderische Anschläge wahnsinniger Dschihadisten wer weiß wie oft verhindert haben.
      Sicherheit wird mit Privatheit bezahlt: Das ist die zeitgenössische amerikanische Überzeugung, die man hierzulande nicht nett, aber erträglich findet. Was sich als Irrtum erweisen könnte.
      Quelle: Tagesspiegel
    2. NSA-Zeuge: BND beflügelt US-Drohnenkrieg
      Der frühere NSA-Stratege Thomas Drake erklärte im Bundestag, dass der BND mit dem technischen US-Geheimdienst ein spezielles Abkommen zum Datenaustausch habe. Enge Verbindungen pflegten auch Google und Microsoft mit dem Staat im Staate…
      Die Übereinkunft zwischen NSA und BND habe sich auf alle erdenklichen Kategorien von Verbindungs- über Inhaltsdaten bis hin zu Finanzinformationen bezogen, erläuterte der 2005 zum Whistleblower mutierte Insider. Diese würden auch in das Drohnenprogramm der US-Regierung und die in diesem Rahmen stattfindenden extraterritorialen Tötungen eingebunden, betonte Drake auf Nachfrage zu seinem “schmutzigen Wissen”. Deutschland fungiere hier in zweifacher Hinsicht als Plattform: Zum einen würden die unbemannten Luftfahrzeuge aus hiesigen Stationen heraus gesteuert, zum anderen würden die vom BND gelieferten Aufklärungsdaten für das Treffen von “Kommando-Entscheidungen” genutzt.
      Quelle: heise online
    3. NSA darf in 193 Ländern schnüffeln
      Der US-Geheimdienst NSA darf offenbar Regierungen in 193 Ländern ausspionieren. Dies geht aus einem Dokument hervor, welches die «Washington Post» am Dienstag veröffentlicht hat…
      Ausgenommen von der möglichen Überwachung durch die US-Dienste sind den Angaben zufolge nur jene vier englischsprachigen Staaten, mit denen sich Washington zum Spionagebündnis «Five Eyes» («Fünf Augen») zusammengeschlossen hat: Grossbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland.
      Der Bericht der «Washington Post» widerspricht damit der Aussage von US-Präsident Barack Obama, dass die USA mit «keinem unserer engsten Partner» einen Spionageverzicht vereinbart hätten. Mit dieser Begründung hatte das Weisse Haus die deutschen Forderungen nach einem «No-Spy-Abkommen» abgewiesen.
      Nach Informationen der «Washington Post» räumte das Geheimgericht FISC der NSA nicht nur das Recht ein, die Geschehnisse innerhalb der Regierungen auszuspähen, sondern auch die Kommunikation über «ausländische Mächte» abzufangen und auszuwerten.
      «Diese Wortwahl könnte die Überwachung von Wissenschaftern, Journalisten und Menschenrechtsaktivisten ermöglichen», schreibt die Zeitung, die sich auf Dokumente des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden beruft.
      Quelle: Handelszeitung CH
    4. “Die USA wurden zum Experimentierfeld für Massenüberwachung”
      Über die Aushebelung der Demokratie durch Geheimdienste, den Wahn des Datensammelns und die Beziehungen zwischen NSA und BND – (…)
      Ich bin aufgewachsen in der Überzeugung, dass die Verfassung das höchste zu achtende Gut ist, und dass die Verfassung die Regierung beschränkt. Wie Thomas Jefferson sagen würde: Die Regierung ist beschränkt durch die Ketten der Verfassung. Wovon ich nun Zeuge wurde, war nichts Geringeres als eine Regierung, die versuchte, die Ketten der Verfassung abzuwerfen.
      Nun hatte ich einen Eid geschworen, die Verfassung zu schützen. Man kann sich also vorstellen, wie sehr mich das erschreckt hat. Es gab zu dieser Zeit keine Gesetzgebung auf diesem Gebiet, es war pure, rohe Exekutivgewalt, die hier wirkte.
      Das Weiße Haus und das Justizministerium schützten diese Praktiken und versuchten all das nicht nur von der Öffentlichkeit, sondern auch vom Rest der Regierung fernzuhalten. Sie wussten, dass es sich um eine bewusste Verletzung der Verfassung in einem außerordentlichen Umfang handelte. Ich konnte nicht einfach danebenstehen und zusehen, wie die Verfassung zerstört wird, die zu verteidigen ich geschworen hatte. Ich habe ja keinen Eid geschworen, die NSA oder den Präsidenten oder das Weiße Haus zu schützen, sondern die Verfassung.
      Die Vereinigten Staaten wurden also zum geheimen Experimentierplatz für Massenüberwachung. Das wurde zwischen 2002 und 2004 rasch ausgebaut, auch 2005. Und dann hat die New York Times zum ersten Mal zumindest einen kleinen Teil dieses geheimen Überwachungsprogrammes aufgedeckt.
      Quelle: Hintergrund
    5. Privatsphäre als Menschenrecht
      Edward Snowden und die Kontrolle der Macht
      Im Juni 2013 sorgte Edward Snowdens Enthüllung der gigantischen Abhörung durch die US-amerikanische NSA und das britische GCHQ für einen globalen Aufschrei. Ein Jahr danach ist die Frage nicht nur berechtigt, sondern drängt sich geradezu auf, ob es überhaupt wirksame Mittel gegen die lückenlose Registrierung und Überwachung der Geheimdienste gibt.
      Eines jedenfalls ist klar: Ein Zurück in die analoge Zeit vor dem Internet wird es nicht geben. Wenn wir auf die Segnungen der Informationstechnologie nicht verzichten wollen, werden wir uns damit arrangieren müssen, dass in erheblichem Umfang Daten – auch solche mit Personenbezug – verarbeitet werden. Illusorisch wäre auch die Hoffnung, die staatlichen Überwachungsaktivitäten auf Null zurückfahren zu können.
      Trotzdem wäre es falsch, den Kopf in den Sand zu stecken und einfach der Dinge zu harren, die da noch kommen mögen. Es gibt durchaus einige Ansätze, die uns helfen können, die Überwachungsschraube zurück zu drehen und unsere Privatsphäre auch in der digitalen Welt besser zu schützen – auf rechtlicher wie auf politischer Ebene.
      Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik
  3. A sign of where Ukrainian conflict could lead?
    Victims of mortar attack stand before their flaming home, like a scene from the Eastern Front in the Second World War

    • Ukrainian officials said one border guard was killed during a mortar strike
    • Villages in the Lugansk region were targeted, engulfing homes in flames
    • Scenes resemble the trail of destruction left by Hitler’s army 70 years ago
    • Buildings were set ablaze by ground and air forces between 1941 and 1943

    Quelle: Daily Mail

    Anmerkung WL: Solche Berichte über den Bürgerkrieg in der Ostukraine wie in der konservativen Daily Mail, kann man bei unseren Leitmedien nicht lesen.

  4. Kleine Geschichte des Freihandels – Der Pümpel der Liberalisierung
    Mit dem Tisa-Abkommen soll der letzte profitträchtige Teil des Weltmarkts liberalisiert werden – an den etablierten Organisationen vorbei. Warum?
    TTIP: Paralell zu den TISA-Gesprächen verhandeln die USA und die EU unter ähnlicher Geheimhaltung über eine bilaterale Freihandelszone, das „Transatlantic Trade and Investment Partnership” (TTIP). Zugleich bemühen sich die USA um einen Beitritt zum TPP, dem „Transpazifischen Partnerschaftsabkommen”, dem bislang Chile, Neuseeland, Brunei und Singapur angehören.
    Cepa: Die EU verhandelt mit Kanada über ein umfassendes Wirtschafts-und Handelsabkommen, das Comprehensive Economic and Trade Agreement (Cepa), das in Bezug auf die zu regelnden Urheberrechtsfragen fast wortgleich ist mit Acta, dem „Anti-Counterfeiting Trade Agreement”, oder deutsch: Anti-Produktpiraterie-Handelsabkommen zwischen der EU und den USA. Dieses hatte das EU-Parlament im Juli 2012 mit großer Mehrheit abgelehnt.
    Quelle: taz

    Anmerkung WL: Siehe zur Geschichte der Freihandelsabkommen auch nochmals „Die Instrumente des neoliberalen EU-Orchesters“ und „Das Freihandelsabkommen TTIP – eine Neuauflage des „vergoldeten Zeitalters“.

  5. Paul Krugman: Build We Won’t – Gebaut wird nicht
    Man trifft oft auf Leute, die über unsere wirtschaftlichen Schwierigkeiten so reden, als seien sie kompliziert und mysteriös, und als gäbe es keine richtige Lösung. Wie der Wirtschaftler Dean Baker kürzlich deutlich machte, könnte nichts weiter von der Wahrheit entfernt sein.
    Was schief gelaufen ist, ist tatsächlich im Wesentlichen fast schon absurd einfach: Wir hatten eine enorme Immobilienblase, und als die platzte, ließ sie eine riesige Nachfragelücke zurück.
    Alles andere ist Beiwerk.
    Und die passende politische Reaktion war auch einfach: die Nachfragelücke füllen. Wobei die Zeit nach dem Platzen der Blase eine besonders gute Gelegenheit war (und ist), in Infrastruktur zu investieren. In guten Zeiten stehen öffentliche Ausgaben für Straßen, Brücken und so fort mit der Privatwirtschaft im Wettstreit um Ressourcen. Aber seit 2008 ist unsere Wirtschaft von Arbeitslosen überflutet (besonders im Baugewerbe), sowie von Kapital, das nirgendwo investiert werden kann (weshalb die Kosten für staatliche Kreditaufnahme auf historischem Tief liegen). Die ungenutzten Ressourcen zum Bau nützlicher Dinge einzusetzen, sollte eigentlich logisch sein.
    Was aber passierte, war genau das Gegenteil…
    Quelle: New York Times
  6. Operation Sweetheart
    Sonderdeals für Großkonzerne: Die EU-Kommission prüft, ob Luxemburg den Versandhändler Amazon mit einer speziellen Abmachung ins Land gelockt hat. Es ist nicht der erste US-Konzern, den sich die EU wegen seines Steuerkonstruktes vorknöpft.

    • Die EU macht Druck auf Luxemburg, Informationen über Amazon herauszurücken.
    • Die Wettbewerbsexperten der EU untersuchen mehrere Staaten und ihre Beziehungen zu Konzernen. Im Zentrum stehen sogenannte sweetheart deals – speziell auf einzelne Unternehmen zugeschnittene Steuerrabatte. Sie könnten gegen EU-Recht verstoßen.
    • Auch Apple und Starbucks stehen unter verschärfter Beobachtung.

    EU will Schluss machen mit Steuertricks von Konzernen
    Die EU geht immer offensiver gegen Mitgliedsstaaten vor, die Großkonzerne mit niedrigen Steuern locken – auf Kosten der Einnahmen anderer Mitgliedsstaaten. Jetzt ist das Verhältnis von Luxemburg und Amazon in ihren Fokus gerückt: Das Kommissariat für Wettbewerbsrecht hat von dem Großherzogtum Informationen angefordert, welche Abmachungen die Behörden des Landes mit dem US-Konzern haben, berichtet die Financial Times. Amazon rechnet Umsätze in Europa über die Luxemburger Tochter ab. Deshalb lesen deutsche Kunden auf der Rechnung für bestellte Bücher oder andere Waren auch “Verkauf durch: Amazon EU S.a.r.l.” (Société à responsabilité limitée steht für “Gesellschaft mit beschränkter Haftung”).
    Quelle: Süddeutsche.de

  7. Warum eine globale Vermögenssteuer hilft, die Ungleichheit zu verringern
    Die Verteilung von Einkommen und Vermögen ist eines der umstrittensten Themen dieser Tage. Die Geschichte lehrt uns, dass ökonomische Kräfte in unterschiedliche Richtungen drängen – hin zu mehr Gleichheit und gleichzeitig weg davon. Welche sich durchsetzen werden, hängt davon ab, welche politischen Entscheidungen wir treffen.
    Die USA sind hier ein illustratives Beispiel: Es ist ein Land, das als die Antithese zu den patrimonialen Gesellschaften des alten Europa verstanden wurde. Alexis de Tocqueville, ein Historiker im 19. Jahrhundert, sah die USA als einen Ort, an dem Grund und Boden so reichlich vorhanden war, dass Grundeigentum für alle erschwinglich war und sich eine Demokratie entwickeln konnte. Bis zum Ersten Weltkrieg war die Konzentration von Vermögen in den Händen der Reichen in den USA weit weniger extrem als in Europa. Im 20. Jahrhundert kehrte sich diese Situation jedoch um.
    Quelle: blog.arbeit-wirtschaft.at

    Passend dazu: Erbschaften in der Gesellschaft der Ungleichen
    Lange wurde das Thema der sozialen Ungleichheit von Mainstream-ÖkonomInnen vernachlässigt. Doch Thomas Piketty hat in Capital in the 21. Century die Frage wieder in den Mittelpunkt gestellt. Die extreme Einkommens- und Vermögenskonzentration in den Händen einiger weniger ist nun unbestritten und ihre desaströsen Folgen werden breit diskutiert. In der neuen AK-Broschüre „Top-Vermögen und Einkommen in Österreich“ werden die wichtigsten Ergebnisse zur ungleichen Verteilung, zu Reichtum und Erbschaften anschaulich präsentiert. Piketty wird mit den darin enthaltenen Forderungen keine Probleme haben – im Gegenteil: Ausgehend von den gravierenden Problemen durch Vermögenskonzentration ist er in seinen wirtschaftspolitischen Forderungen radikaler. (…)
    Das Erbgeschehen macht einen zentralen Part des Buches von Piketty (Kapitel 3 Verdienst und Erbschaften in der langen Frist) aus. In einer Rezension in Wirtschaft und Gesellschaft beschäftige ich mich tiefergehend mit statistischen Reichtumsfragen und Reichtumsbegründungen. (…)
    In einem noch unfertigen Arbeitspapier werden Pirmin Fessler und ich erstmals auf Basis von HFCS-Daten die enorme Bedeutung des Erbens für die Vermögensverteilung nachweisen. Erbschaften in Österreich haben im Euroraum vergleichsweise eine große Wichtigkeit. Konkret, die Position eines Haushaltes innerhalb der Vermögensverteilung (aufgeteilt nach Perzentilen, d.h. Verteilung aufgeteilt nach 100 Teilen), verbessert sich durch Erbschaften und Schenkungen massiv. So wird man mit einer Erbschaft durchschnittlich um 17 Perzentile in der Vermögensverteilung nach oben getrieben. Ausgeprägter ist die Situation nur in Deutschland.
    … zumindest soweit es sich messen lässt
    Doch erneut werden wir in unserer Schlussfolgerung festhalten, dass die HFCS-Daten zum Erbgeschehen nicht hinreichend sind. ErbInnen haben eine Reihe von Motiven, ihre Angaben zum Ausmaß des Ererbten bescheidener zu gestalten. Deswegen zweifelt Piketty zu Recht an freiwilligen Haushaltserhebungen. Die Probleme bei der Erfassung Vermögensreicher sind eklatant. Folglich wird die Vermögenskonzentration verharmlost. Im HFCS wird aus diesem Grund ein hoher methodischer Aufwand betrieben.
    Für Piketty ist Transparenz bei Verteilungsdaten entscheidend. Erst vollständige Daten zu den Reichen erlauben eine ernsthafte Gerechtigkeitsdebatte Dies bedeutet, dass dem Staat zuallererst die Aufgabe zukommt, das tatsächliche Ausmaß der Ungleichverteilung zu eruieren. Dem letzten Satz seines Buches kann uneingeschränkt zugestimmt werden: „Refusing to deal with numbers rarely serves the interests of the least well-off“.
    Quelle: blog.arbeit-wirtschaft.at

  8. Reallohnverluste von 1% im 1. Quartal 2014
    Vor kurzem erreichten auch uns die Jubelmeldungen von einem Zuwachs der deutschen Reallöhne um 1,3% im Vergleich zum Vorjahresquartal (1. Quartal 2013 bis 1. Quartal 2014), in der Pressemitteilung des statistischen Bundesamts wurde allerdings nicht ersichtlich, dass sich hierbei die Angaben auf den durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst1 beziehen (durch die in der Mitteilung abgebildete 2. Tabelle der Bruttostundenverdienste in den einzelnen Bundesländern von 2013 entsteht zudem sogar leicht der Eindruck, es handle sich insgesamt um Stundenverdienste). Die durchschnittlichen Bruttostundenlöhne sind im gleichem Zeitraum tatsächlich um 0,7%2 gesunken! Diese Entwicklung ist vor allem – anders als der Eindruck, den die Erwähnung des 1. Quartals 2014 beim Leser bewirken kann – auf ein schlechtes 1. Quartal 2014 zurückzuführen: Während der reale Monatslohn im Vergleich zum Vorquartal (12/2013 – 3/2014) nur um 0,3% anstieg, ging der reale Stundenlohn um 1%3 zurück. Damit hat sich im 1.Quartal von 2014 die Schere zwischen Produktivität und Stundenlöhnen wieder ein Stück geöffnet.
    Wie ein Flassbeck-Economics Leser zu Recht monierte, fehlte in der entsprechenden tagesschau.de-Meldung ein Hinweis darauf, dass der Zuwachs des durchschnittlichen Monatslohns durch die Zuwächse bei leitenden Arbeitnehmer_innen und Fachkräften getrieben wird, un- und angelernte profitieren nominal im Vergleich zum Vorjahresquartal so wenig wie lange nicht4.
    Quelle: Maskenfall
  9. Trotz Mindestlohn besteht noch weiterer Regulierungsbedarf bei den Werkverträgen
    Die Verbreitung von Werkverträgen konfrontiert unterschiedliche Akteure auf divergierenden Ebenen in der Arbeitswelt mit diversen Veränderungen. Auf betrieblicher Ebene entstehen verschiedene „Teilbelegschaften“ nebeneinander. Stammbelegschaften, befristet Beschäftigte, Leiharbeiter mit eigenem Tarifvertrag und Stammbeschäftigte der Dienstleister, die im Rahmen eines Werkvertrags tätig sind und Solo-Selbstständige oder Scheinselbstständige, die mittels Werkverträgen Arbeiten übernehmen. Die damit verbundene Erosion der Flächentarifverträge durch sog. „atypische Beschäftigungsformen“ bedroht deren Bedeutung in allen Industriezweigen und Dienstleistungsbranchen. Das erschwert zunehmend die Verteidigung oder gar Erweiterung tariflicher Rechte der abhängig Beschäftigten…
    Im Folgenden soll eine Untersuchung vorgestellt werden, die die Vergabepraxis der Werkverträge im Saarland in vier ausgewählten Branchen untersuchte, sowie die daraus resultierenden zentralen politischen Handlungsanforderungen skizziert[1]. Dabei wurde deutlich, dass Werkverträge nicht isoliert von den jeweiligen Branchen-, Betriebs- und Tarifstrukturen betrachtet werden dürfen. In einigen stark internationalisierten Branchen wie dem Baugewerbe und der Fleischwirtschaft finden sich primär Werkverträge mit Soloselbständigen und Subunternehmerketten zumeist aus dem osteuropäischen Ausland, während z.B. im Einzelhandel Werkverträge zwischen Unternehmen im Inland dominieren. Gerade in den internationalisierten Branchen ist der allgemeine gesetzliche Mindestlohn einerseits zwar die Grundvoraussetzung, um die mit den Werkverträgen in Verbindung stehenden Niedriglöhne zu minimieren. Gleichzeitig bestehen jedoch nach wie vor Möglichkeiten über Formen der Soloselbständigkeit die Mindestlohnregelungen zu umgehen. Um die Problematik der Niedriglöhne in Zusammenhang mit Werkverträgen umfassend zu minimieren, bedarf es also darüber hinausgehender Initiativen.
    Quelle: Gegenblende
  10. Web, Wert und Arbeit
    Alles neu macht das Web. Und erst recht das Web 2.0. Nicht nur die Politik setzt beharrlich seit Clintons Beschwörung des Datenhighways immer wieder unbegrenzte Hoffnungen in die ökonomische Allmacht des Internets. Auch die Ökonomen und vor allem die betriebswirtschaftliche Disziplin überschlagen sich mit immer neuen Diagnosen, die dem Internet das Potenzial für beeindruckende Umsatzsteigerungen, nie gekannte Geschäftsmodelle und eine – zumindest rhetorisch – revolutionierte Wertschöpfung zuschreiben….
    Das klingt nach traumhaften Wachstumsraten und einem virtuellen Perpetuum Mobile der webbasierten Wertschöpfung. Der Blick auf das Bruttoinlandsprodukt relativiert den Überschwang jedoch: eine internationale Vergleichsstudie sieht den Anteil der internetbasierten Wertschöpfung in Deutschland nur bei drei Prozent. [4] Und obwohl fast jedes fünfte Unternehmen in Deutschland Waren und Dienstleistungen online vertreibt, ist der Anstieg am Unternehmensumsatz schon wieder deutlich abgeflacht und lag in 2012 nur ein Prozent über dem Vorkrisenwert von 2008. [5] Wer angesichts dieser Zahlen nicht auch für Deutschland ein „eMarket-Paradox“ [6] abnehmender Umsätze und Gewinnspannen ausrufen will, der rechnet optimistisch und steil geschätzt so genannte ROPOs dazu.
    Die Abkürzung ROPO steht für „research online, purchase offline“ und rechnet der Internetökonomie auch offline-Umsätze zu, wenn die Kaufanbahnung (z.B. die Information über ein Produkt) mutmaßlich online erfolgte – in Deutschland 2010 sollen dies rd. 88 Mrd. Dollar gewesen sein. [4] Zumindest quantitativ scheint also noch offen, ob das Web lediglich einen Teil der bisherigen Wertschöpfungsformen ersetzt, ob es zu einer rein quantitativen Ausweitung der Wertschöpfung im virtuellen Raum kommt oder ob es um substanziell neue Quellen der Wertschöpfung geht. Die betriebswirtschaftliche Rhetorik zumindest legt letzteres nahe, deswegen lohnt ein genauerer Blick auf den Begriff der Wertschöpfung.
    Durch all diese Unterschiedlichkeit zieht sich ein roter Faden, in all der Dynamik gibt es eine Konstante: Es ist letztlich immer menschliche Arbeit, die einerseits die Werte schafft und andererseits deren Realisierung gewährleistet. So wie im klassischen stofflichen Produktionsprozess finden sich freilich auch im Virtuellen vielfältige Formen der Automatisierung und der Rationalisierung menschlicher Arbeit – dies aber ändert nichts an der Tatsache, dass die eigentliche Wertgenese, die Schaffung des Neuen, immer und weiterhin auf menschlicher Arbeit beruht. Während Arbeit in ihrem Kern als Wertschöpfungsquelle wichtiger wird, scheint sie auf der Erscheinungsebene zu entschwinden.
    Nicht nur gerät das, was offline an Wertgenese und -realisierung passiert, beim oberflächlichen Blick auf die schillernde Online-Welt aus dem Blick. Ebenso bleibt verdeckt, dass weiterhin an vielen Stellen menschliche Arbeit die eigentliche Quelle der Wertschöpfung ist und bleibt. In der Internetökonomie bleibt menschliche Arbeit quantitativ und qualitativ relevant für die Wertschöpfung. Ihre Kommodifizierung nimmt einerseits erweiterte Formen an, andererseits eröffnen sich auch mehr Optionen, Arbeit jenseits von Erwerbsarbeit und Tauschbeziehungen einzubringen bzw. ihre Ergebnisse als Commons zu nutzen. Bezieht man die Entwicklung noch einmal auf die sektoralen Verschiebungen im Laufe der historischen Entwicklung, so könnte man sagen: In der Herausbildung der Industriegesellschaft war die Bedeutung von menschlicher Arbeit für die Wertgenese gesellschaftlich höchst sichtbar, während sie für Prozesse der Wertrealisierung vergleichsweise weniger sichtbar und in ihrer nicht kommodifzierten Form der Reproduktionsarbeit fast gänzlich unsichtbar war.
    In der Internetökonomie findet eine Ausweitung von Wertgenese und -realisierung statt – durch eine verstärkte Nutzung nicht kommodifizierter Arbeit und durch neue Verschränkungen zwischen Prozessen der Wertgenese und -realisierung. Obwohl damit menschliche Arbeit neue und erweiterte Quellen der Wertschöpfung erschließt und ihre Bedeutung qualitativ zunimmt, erscheint sie als gesellschaftlicher Topos noch weniger sichtbar.
    Quelle: Gegenblende
  11. SPD-Minister mit Fracking-Papier – Ein wenig dagegen, ein wenig dafür
    Sigmar Gabriel und Barbara Hendricks wollen das umstrittene Fracking teilweise erlauben. Umweltschützer warnen vor “Schlupflöchern”.
    Die Erdgasförderung mittels der Fracking-Methode soll in Deutschland teilweise verboten werden. Darauf haben sich Bundesumweltministerin Barbara Hendricks und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (beide SPD) geeinigt.
    “Fracking zur Förderung von Schiefer- und Kohleflözgas wird es zu wirtschaftlichen Zwecken auf absehbare Zeit in Deutschland nicht geben”, heißt es in den am Freitag veröffentlichten Eckpunkten. Mit der Union ist das Vorhaben noch nicht abgestimmt. Grüne und der Naturschutzbund kritisierten das Vorhaben als nicht weitreichend genug.
    Quelle: taz

    passend dazu: Fracking-Verbot – mit Ausnahmen
    Die umstrittene unkonventionelle Gasförderung aus bis zu 3000 Meter tiefen Gesteinsschichten soll in Deutschland vorerst weitgehend verboten werden. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Umweltministerin Barbara Hendricks einigten sich auf Regeln für das sogenannte Fracking.
    “Fracking-Vorhaben zur Gasförderung aus Schiefer-und Kohleflözgestein oberhalb von 3000 Metern werden durch das Wasserhaushaltsgesetz verboten”, heißt es in dem an die SPD-Fraktion übermittelten Eckpunktepapier, das dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt. Um eine Gefahr für die Wasserversorgung zu vermeiden, soll jegliche Art von Fracking in Wasserschutz- und Heilquellengebieten sowie in Einzugsbereichen von Talsperren und Seen untersagt werden. Das Verbot könne auf Trinkwassergewinnungsgebiete ausgeweitet werden. (…)
    Eine wissenschaftliche Erprobung der besonders in den USA angewandten Technologie solle es nur geben, wenn die eingesetzte Frackflüssigkeit nicht das Grundwasser gefährdet. Das weitgehende Verbot solle 2021 überprüft werden.
    Konventionelle Fracking-Vorhaben bleiben aber laut dem Papier grundsätzlich möglich. Solche Vorhaben würden seit den 1960er-Jahren in Deutschland durchgeführt und dürften schon heute und nach derzeit geltendem Berg- und Wasserrecht keine Gefahr für die Gesundheit und das Trinkwasser hervorrufen”. Hier würden trotzdem noch zusätzliche Regelungen eingeführt, “unter anderem darf die eingesetzte Frackflüssigkeit insgesamt maximal schwach wassergefährdend sein”.
    Quelle: tagesschau.de

  12. Sind die goldenen Zeiten in China vorbei?
    Die Kanzlerin tourt durch China. Mit an Bord sind viele Topmanager. Kein Wunder: Die Firmen sorgen sich im wichtigsten Markt der Welt um ihre Gewinne. (…)
    Die „goldenen Zeiten“ in China seien vorbei, gaben zwei von drei europäischen Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten jüngst in einer Umfrage der Europäischen Handelskammer an.
    Das Geschäft sei schwierig geworden, vor allem weil die Chinesen die Protektionismuskeule schwängen, den ausländischen Unternehmen den Zugang zu den Märkten erschwerten und dafür ihre eigenen Staatsunternehmen in Stellung brächten. Während die Chinesen in Deutschland alles kaufen dürften wie den schwäbischen Betonpumpenhersteller Putzmeister, müssten sich die Deutschen in China in Jointventures zwingen lassen, schimpfen Unternehmer wie Hubert Lienhard, Chef des baden-württembergischen Maschinenbauers Voith und als Vorsitzender des Asien-Pazifik-Ausschusses Sprachrohr der deutschen Wirtschaft in China. Die hat gehörig Druck gemacht im Vorfeld des Kanzlerinnen-Besuchs. Und so heißt es aus deutschen Regierungskreisen denn auch folgsam: „Gleichbehandlung ist die zentrale Frage.“
    Quelle: FAZ

    Anmerkung H.R.: Erstens spiegelt dieser FAZ-Artikel offensichtlich nicht die Realität wider und steht zumindest konträr zum Geschäftsklimaindex 2014 – daraus: „Die in China tätigen deutschen Unternehmen erbringen eine robuste Geschäftsleistung und bleiben, trotz Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in China, relativ optimistisch. Dies geht aus dem „Business Confidence Survey“ hervor, der von der Deutschen Handelskammer in China zwischen dem 12. Mai und 6. Juni 2014 durchgeführt wurde. In diesem Jahr haben 417 Mitgliedsunternehmen an der Befragung teilgenommen und ihre Meinungen zu Themen wie Geschäftsentwicklung, aktuellen Marktbedingungen und Investitionsplänen geäußert. Zum ersten Mal haben dabei mehr als 50% der befragten Unternehmen angegeben, dass sie bereits seit mehr als einer Dekade in China tätig sind. Diese Unternehmen erfahren nun moderatere Wachstumsraten, da sich ihr Schwerpunkt von schnellem Wachstum auf höhere Produktivität verlagert. (…) Knapp die Hälfte (45,3%) der Unternehmen planen, ihre Investitionen in China in 2014 auszubauen.“; nachlesbar hier: Geschäftsklimaindex 2014.
    Zweitens: Wenn die deutsche Bundeskanzlerin sich ernsthaft für die Anti-Korruptions-Kampagne interessieren würde, müsste sie alles dafür unternehmen, damit das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption endlich auch hierzulande ratifiziert wird. Das ist jedoch -zumindest bisher- nicht der Fall.

  13. Nahles bei der SPD-Linken ausgetreten
    Streit um Bewertung des Mindestlohns / DL21-Sprecherin Mattheis hatte von »auf der einen Seite verfaultem Apfel« gesprochen / Kritiker: Das spielt der Konkurrenz in die Hände.
    Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles und fünf andere SPD-Politiker sind aus der Organisation der sozialdemokratischen Linken DL21 ausgetreten. Das berichtet die »Süddeutsche Zeitung«. In einem Schreiben hätten sie »schwere Vorwürfe gegen die Vorsitzende des Vereins, Hilde Mattheis«, erhoben, heißt es. Streitpunkt ist die Bewertung des Mindestlohns der Großen Koalition. Mattheis habe zu der Einführung der Lohnuntergrenze erklärt, mit der Festschreibung des Mindestlohnes im Koalitionsvertrag habe man »einen roten Apfel in die Hand bekommen«, die nun mit Ausnahmeregelungen verabschiedete Lösung zeige aber, »dass der auf der einen Seite verfault ist«. Das Zitat soll aus einer Pressemitteilung von Mattheis von Anfang der Woche stammen…
    Quelle: ND
  14. Post-Bildung – Vom Unort der Wissenschaft
    Mit der Bologna-Reform wurde ein Systemwechsel der Universität vollzogen. Bildung und Wissenschaft wurden marginalisiert und ökonomische Gesichtspunkte leiten die Bewertung von Wissenschaft. Eine kritische Analyse.
    Gegenwärtig befindet sich die Universität als Institution in einer Krise, obwohl sie im Selbstverständnis ignoriert wird. Die Krise entzündet sich an den Fragen, ob der Gedanke einer wissenschaftlichen Bildung, wie er vor allem von Wilhelm von Humboldt formuliert wird, derzeit einen Ort im Gefüge universitärer Forschung und Lehre findet und die Ausrichtung der Universität an dem Gedanken der Employability und des Kompetenzerwerbs den Kern dessen trifft, was Universitäten für Kultur und Gesellschaft bedeuten. Solche Fragen, vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Lage drängend, werden als anachronistisch abgetan. Im unbewussten Krisenmanagement werden sie randständig gehalten oder rhetorisch mehr oder weniger geistesanwesend marginalisiert. In zumeist öffentlich wirksam inszenierten Diskursen ist dagegen nach wie vor überraschend viel von Bildung die Rede, die einen quasi-religiösen Status in den mit ihr verbundenen Erwartungen erhält. Sie trägt das Heilsversprechen in eine bessere Zukunft. Doch der Streit, was Bildung sei, wird so außer Kraft gesetzt und findet, wenn überhaupt, nur noch in extraordinären Gefilden Gehör. Es gehört offenbar zur derzeitigen Verwendung des Begriffs Bildung dazu, gleichsam als seine Überlebensbedingung, die Frage nach ihrer Bedeutung, die zugleich an die Wurzeln des kulturellen und gesellschaftlichen Selbstverständnisses ginge, gerade nicht zu stellen. Stattdessen wird ein Verständnis einer vermeintlichen Bildung lautstark proklamiert, das hier als Post-Bildung bezeichnet werden soll. Ihr Wesen ist das Außerkraftsetzen von Bildung durch ihre bloße Verwaltung und Kontrolle. Die Vorstellung, die zentrale Aufgabe der Universität sei die Bildung im Medium der Wissenschaft, degeneriert zu der bloßen Idee ihrer Verwaltung im Zeichen der Post-Bildung. Kurzum: Die gegenwärtige Idee der Universität ist schlichtweg nur noch ihre Verwaltung: Und zwar die Verwaltung der Wissenschaft und die Verwaltung der Verwaltung. Und in der Tat sind Reformen an Universitäten seit Jahren Verwaltungsreformen im Zeichen ihrer Ökonomisierung und Rationalisierung. Diese Post-Bildung ist dabei gänzlich wertfrei, ethisch uninteressiert, inhaltslos, reflexionsneutral, orientierungslos und partikular, dafür leistungsorientiert, kontrollbesessen und extrem evaluativ.
    Quelle: Forschung & Lehre
  15. Presseauskunftsgesetz Fehlanzeige
    Wie steht es eigentlich um die Pressefreiheit in Deutschland? Gut, würde man aus dem Bauch heraus antworten. Bei genauerem Hinsehen gibt es da aber einen Haken, und zwar auf Bundesebene. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat im Februar vergangenen Jahres ein Urteil gesprochen, das die Position der Presse schwächt. Das hat Folgen, wie Marion Theisen berichtet.
    Der Bonner Journalist Helmut Lorscheid hat nach dem Richterspruch eine Petition an den Bundestag gerichtet, die die Verabschiedung eines Presseauskunftsgesetzes fordert. Bis heute mit erstaunlich wenig Resonanz. Obwohl der investigative Journalismus gerade Konjunktur hat, fanden sich nicht genug Journalisten, die bei der Petition unterschreiben wollten.
    Quelle: wdr 5
  16. Nie wieder

    Wer für den Krieg ist

    als Fortsetzung der Politik

    mit anderen Mitteln,

    und sei es als „letztes Mittel“,

    sollte dorthin gehen,

    wo nach dem Lügenbeginn

    die Schüsse fallen,

    die Bomben, Granaten

    einschlagen, Menschen schreien,

    wo keine Heimat mehr ist,

    nie wieder.

    Wer für den Krieg ist,

    sollte dorthin gehen,

    wo immer noch Krieg ist

    als „letztes Mittel“.

    Wolfgang Bittner


Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/

Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=22280