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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Die Gewinner der Ukraine-Krise (Teil II)
Datum: 14. Mai 2014 um 10:20 Uhr
Rubrik: Aktuelles, Audio-Podcast, Friedenspolitik, Länderberichte, Lobbyismus und politische Korruption
Verantwortlich: Jens Berger
Am Montag vermeldete der ukrainische Energiekonzern Burisma eine Personalie mit besonderer Bedeutung: Hunter Biden soll künftig als neues Vorstandsmitglied den Konzern in rechtlichen Fragen beraten und in internationalen Gremien vertreten. Hunter Biden ist der Sohn des US-Vizepräsidenten Joseph Biden und Burisma hat starke wirtschaftliche Interessen im Süden und Osten der Ukraine. Selbst im schmutzigen Öl- und Gasgeschäft kommt es selten vor, dass die politische Klasse derart schamlos persönliche Interessen verfolgt. Wie lange wollen wir uns das noch gefallen lassen? Von Jens Berger.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
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siehe dazu: Jens Berger – „Die Gewinner der Ukraine-Krise“
Burisma wurde im Jahr 2002 gegründet und nahm während der Regierungszeit Julia Timoschenkos im Jahr 2006 seinen operativen Betrieb auf. Die Firma hat ihren Sitz in der zypriotischen Stadt Limassol. Über den eigentlichen Geschäftszweck dieses Unternehmens, das Förderlizenzen für Erdgas in drei ukrainischen Regionen besitzt, kann bestenfalls spekuliert werden. Die jüngere Geschichte der Ukraine ist reich an dubiosen Energieunternehmen, deren eigentlicher Zweck die Bereicherung von korrupten Politikern und hohen Beamten ist. Auch Julia Timoschenko baute ihren sagenhaften Reichtum mit dubiosen Gasgeschäfte mit ihrem – ebenfalls in Zypern registrierten – Unternehmen EESU auf.
Vorstandsvorsitzender von Burisma ist seit 2013 Alan Apter, der seit den 90ern für Merrill Lynch und später für Morgan Stanley in leitender Position für den osteuropäischen Markt zuständig war. Apters Geschäft besteht vor allem darin, ehemals staatliche Betriebe im Auftrag seiner Geldgeber „marktreif“ zu machen – dafür werden die Betriebe zerschlagen und die Filetstücke werden weit unter Wert von westlichen Finanzkonzernen übernommen und dann mit einem sagenhaften Gewinn an andere westliche Konzerne verkauft oder an die Börse gebracht.
Ebenfalls neu im Burisma-Vorstand ist Devon Archer, ein Yale-Absolvent, der als Partner verschiedener New Yorker Kanzleien bestens mit dem Finanzsektor vernetzt ist. Archer war 2004 bei den US-Präsidentschaftswahlen leitender Berater von John Kerry und gilt seitdem als einer der wichtigsten Wahlkampffinanziers der Demokraten. Hunter Biden, der – neben zwei zypriotischen „Strohmännern“ – den Burisma-Vorstand komplettiert, ist ebenfalls Yale-Absolvent, Jurist und namhafter Wahlkampffinanzier der Demokraten im Allgemeinen und seines Vaters im Speziellen.
Wem Burisma gehört, ist leider nicht bekannt. Das Firmenkonstrukt einer zypriotischen Limited ist nun einmal auf größtmögliche Diskretion und kleinstmögliche Steuerlast ausgelegt. Mehr als erstaunlich ist jedoch das Wachstum der Fördermenge von Burisma, das sich in den letzten drei Jahren mehr als verfünffacht hat und sich laut eigenen Aussagen im nächsten Jahr noch einmal verdoppeln soll. Heute fördert Burisma 10,5 Millionen Kubikmeter Gas pro Tag und verkauft sie ausschließlich an die ukrainische Industrie. Dies entsprich einem Jahresumsatz von 1,5 Mrd. US-Dollar. Devon Archer vergleicht Burisma bereits mit „Exxon in seinen alten Tagen“.
Burisma profitiert einerseits so sehr wie kaum ein anderer Konzern von der Ukraine-Krise, die die Gaspreise für Burismas Kunden förmlich explodieren ließ. Andererseits stellen die separatistischen Bewegungen im Süden und Osten des Landes jedoch auch eine große Gefahr für das Unternehmen dar. Das Fördergebiet im „Azow-Kuban-Becken“ ist Burisma durch den Anschluss der Krim an Russland bereits verloren gegangen und das „Dnjeper-Donezk-Becken“ befindet sich zum großen Teil mitten in den östlichen Regionen, in denen sich die Separatisten vom Zentralstaat lösen wollen.
Quelle: Burisma
Es ist ungeheuerlich, dass der Sohn eines US-Vizepräsidenten, der sich massiv in die Entwicklungen in der Ukraine einmischt, geschäftlich an der Krise verdient und wirtschaftliche Interessen an den künftigen Entwicklungen in der Ukraine hat. Einen derartigen Interessenkonflikt gab es seit den Tagen von Rumsfeld und Cheney nicht mehr. In jedem anderen Land würde man derartige Praktiken wohl – zu Recht – als Kleptokratie bezeichnen. Und was sagt die Presse dazu? Sie schweigt.
Foto: burisma.com
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