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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: AM’s Wochen-Rückblick
Datum: 12. März 2007 um 9:25 Uhr
Rubrik: Klimawandel, Militäreinsätze/Kriege, Privatisierung, Rente
Verantwortlich: Albrecht Müller
Nachdem mein letzter Blick zurück auf eine Woche von vielen Lesern als hilfreich empfunden worden ist, könnte daraus – allerdings nicht zwanghaft und nur, wenn genügend Steine des Anstoßes herumliegen – eine Gewohnheit werden. Im Rückblick auf die vergangene Woche wundere ich mich über den Tornado-Einsatz-Beschluss, die Entscheidung zur Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67, dass Medien-Echo auf den Klimagipfel der EU und noch einmal über die Gemengelage zum Börsengang der Bahn.
Die geringe Zahl von nur 11 Gegenstimmen aus der SPD-Fraktion im Unterschied zu immerhin 69 beim Tornadoeinsatz bringt mich auf einen Gedanken. Ich kann mir nicht vorstellen, dass in der Fraktion der SPD nur 11 Abgeordnete gegen diesen nicht zu begreifen den Beschluss sind. Es werden mehr gewesen sein, die sich dann der Fraktionsmehrheitsentscheidung gebeugt haben und der Mehrheit entsprechend im Bundestag abgestimmt haben.
Nun wüssten wir allerdings bei zentralen Fragen wie Rente mit 67 und Tornado-Einsatz gerne, wie unsere Abgeordneten in ihrer Fraktion abgestimmt haben. (Das gilt natürlich nicht nur für die SPD, sondern auch für die anderen Fraktionen) Das erfahren wir normalerweise nicht.
In der Geschäftsordnung der SPD-Bundestagsfraktion gibt es aber einen § 8 Absatz 1, der bei wichtigen Fragen auf Antrag eine namentliche Abstimmung in der Fraktion vorsieht. Das Ergebnis der Abstimmung soll dann in der Mitglieder-Zeitung vorwärts veröffentlicht werden.
Die Existenz dieses Paragraphen geht auf einen Beschluss des SPD-Parteitags in Bremen (wenn ich mich recht erinnere) zurück, der über einen Antrag des SPD-Ortsvereins Pleisweiler (meines Ortsvereins) zu befinden hatte.
Nach dem dieser Antrag damals – in vorübergehender Abwesenheit des damaligen Fraktionsvorsitzenden Hans-Jochen Vogel – verabschiedet worden war, wurde dieser von einigen Kolleginnen und Kollegen heftigst kritisiert. Warum wohl? Weil ein Teil der Abgeordneten nicht will, dass die Menschen im Wahlkreis und sonst wo wissen, wie sie oder er sich bei der Willensbildung in der Fraktion entschieden hatte. Bei der Entscheidung im Bundestagsplenum selbst kann sich dann jede/r Abgeordnete auf den Vollzug der Fraktionsmehrheit berufen. Mit einer namentlichen Abstimmung und ihrer Veröffentlichung geht das nicht mehr.
Wir haben den Paragraphen 8 in meiner Zeit als Abgeordneter einige wenige Male benutzt. Das war sehr hilfreich.
So wäre es auch heute – zum Beispiel bei der Tornadoentscheidung, bei der Rentenaltersgrenze-Entscheidung und dem nächst kommend bei der Entscheidung über die weitere Privatisierung und den Börsengang der Bahn AG.
Mein Vorschlag an unsere Leserinnen und Leser: Sprechen Sie die SPD-Abgeordneten auf diese Möglichkeit an. Die meisten werden von dieser Möglichkeit nichts wissen. Und fordern Sie Ihre Abgeordneten auf, diesen Paragraphen 8 Abs. 1 zu nutzen.
Um der Gleichbehandlung willen, sollten Sie allerdings bei den Abgeordneten anderer Parteien ähnliche Möglichkeiten anfordern. Ein bisschen Transparenz des Verhaltens der Abgeordnete in Berlin wäre doch so schlecht nicht.
Bahnchef Mehdorn beschäftigt sich offenbar nur mit dem Börsengang.
Dazu gab es in der vergangenen Woche Reaktionen auf den Beschluss des Deutschen Gewerkschaftsbundes gegen die Börsenpläne.
Mehdorn hat das gewerkschaftliche Votum gegen die Börsenpläne enttäuschend und nicht nachvollziehbar genannt. Nur wenn die Bahn Zugang zum Kapitalmarkt erhalte, würden Arbeitsplätze langfristig gesichert und geschaffen.
In diesem Satz steckt die Behauptung, die Bahn habe jetzt keinen Zugang zum Kapitalmarkt. Das ist eine irreführende Behauptung. Die Bahn hat die Möglichkeit, sich ganz normal am Kapitalmarkt zu bedienen. Es gibt auch Anleihen und andere Formen des Kredits. Jedes normale Unternehmen arbeitet so. Und dennoch kann der Bahnchef einen solchen Unsinn äußern, ohne kritisiert zu werden.
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