Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (HR/WL)
Hier die Übersicht. Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Große Koalition streitet über militärpolitische Konsequenzen
Nicht nur die Nato diskutiert darüber, wie sich das Bündnis gegenüber Russland verhalten soll – in der deutschen Regierungskoalition gibt es jetzt einen offenen Dissens darüber, ob die Krim-Krise grundsätzliche Änderungen in der deutschen Verteidigungspolitik bewirken soll. Der zuständige Sprecher der SPD, Rainer Arnold, sagte dem SPIEGEL: “Wir müssen darüber nachdenken, ob das unkontrollierte Absenken der Panzerflotte innerhalb der Nato richtig war.”
Hintergrund ist die Nato-interne Debatte um eine strategische Neuausrichtung des Bündnisses, die sich an einer anhaltenden, auch militärischen Konfrontation der Nato mit Russland orientieren soll. Sie wird, so verlautet es aus diplomatischen Kreisen, anders als bislang geplant im Zentrum des Nato-Gipfels der Staats- und Regierungschefs im September stehen.
Diskutiert wird unter anderem, die Bereitschaft der westlichen Land- und Luftstreitkräfte zu erhöhen. Zurzeit würde es 180 Tage dauern, bis die große Masse verlegt und einsatzbereit wäre. Diese Spanne könnte verkürzt werden.
Das beträfe auch mindestens 10.000 Bundeswehrsoldaten. Arnold regte ferner an, dass “Europa schnellstmöglich die gemeinsame Entwicklung einer Drohne auf den Weg bringen” solle. Auch die Entscheidung, den “Euro Hawk” nicht anzuschaffen, sollte “überdacht” werden. Der Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, will sich dem widersetzen. Er sagte dem SPIEGEL: “Die aktuelle Situation der Krim-Krise hat auf die Rüstungsprojekte der Bundeswehr null Einfluss.”
Tatsächlich aber arbeitet die Bundesregierung nach SPIEGEL-Informationen bereits an Plänen, osteuropäische Nato-Staaten militärisch zu unterstützen. Bis Mitte April will Berlin weitere, auch militärische Unterstützung für die osteuropäischen Nato-Staaten in der Krim-Krise anbieten. Grund ist ein entsprechender Aufruf des Oberbefehlshabers des westlichen Militärbündnisses Breedlove.
Quelle: SPON
Anmerkung WL: In der heutigen Printausgabe des Spiegel wird darüber berichtet, wie die Rüstungskonzerne bereits große Chance wittern, bereits für tot gehaltene Rüstungsprojekte neu zu beleben, u.a. neue Entwicklungsaufträge für militärisches Fluggerät, darunter auch de „Tiger“-Kampfhubschrauber, den Ersatz der „Patriot“-Abwehrraketen durch ein Raketenabwehrsystem namens „Meads“. Wir hätten die „Abschreckungssprache zu sprechen verlernt“, wird ein Rüstungsmanager zitiert.
- Völkerrecht – na und?
Der Westen wirft Russland bei der Besetzung der Krim Völkerrechtsverletzung vor. Aber: Wen hat das Völkerrecht interessiert, als Nato-Kampfflugzeuge den Kosovo und Irak zerbombten?
Putin verstößt bei der Besetzung der ukrainischen Krim-Halbinsel gegen das Völkerrecht – darin sind sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama einig. Selbst Altkanzler und Russland-Freund Gerhard Schröder hat das eingesehen, obwohl er gleichzeitig die EU für ihren Umgang mit der Ukraine kritisiert.
Guter Westen, böses Russland? Oder doch eher: “Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt”? Auch der Westen hat seit Wiedervereinigung mehrfach gegen das Völkerrecht verstoßen. Wenn es um macht- oder geopolitische Interessen geht, ist das Völkerrecht anscheinend plötzlich egal oder wird mit den wildesten juristischen Begründungen umgangen. Eine Zusammenstellung.
Quelle: stern.de
Dazu passt ganz aktuell: Drohnenkrieg “Viele Angriffe sind einfach illegal”
Es gebe eine Pflicht, dafür zu sorgen, dass vom Boden der Bundesrepublik keine völkerrechtswidrigen Angriffe vorgetragen würden, sagte der Völkerrechtler Christian Tomuschat im DLF. Deshalb müsse geklärt werden, ob von Ramstein aus Drohnenangriffe gesteuert würden. Sonst machten sich Verantwortliche eventuell der Beihilfe zu Kriegsverbrechen schuldig…
Grieß: Dürfen die Amerikaner Ramstein zur Drohnen-Base machen?
Tomuschat: Das ist wohl zu verneinen, denn auch nach den Abkommen, die abgeschlossen worden sind zwischen der Bundesregierung und den USA gilt selbstverständlich, dass das allgemeine Völkerrecht zu beachten ist, vor allem das Kriegsrecht. Und nach den geltenden Normen des Kriegsrechtes sind viele der Drohnenangriffe einfach illegal, sind nicht zu rechtfertigen, weil dort Menschen angegriffen werden außerhalb eines konkreten Kampfgeschehens, also außerhalb eines bewaffneten Konfliktes. Und wie Sie schon gesagt haben sind vielfach Zivilisten auch ums Leben gekommen durch diese Drohnenangriffe. Die Amerikaner versuchen, diese Drohnenangriffe zu rechtfertigen mit dem Begriff des War on Terror, also des Krieges gegen den Terrorismus, aber das ist keine anerkannte Rechtsfigur. Die Amerikaner stehen insoweit ganz allein…
Quelle: DLF
- Die Schlafwandler: Deutsche Medien in der Krim-Krise
… es gab in den letzten Jahren wohl nur wenige Diskurse, in denen die Meinung zwischen den Gatekeepern und den Bürgern soweit auseinanderging wie in Bezug auf die Ukraine. Während die Artikel klar gen bösen Putin weisen, erschöpfen sich viele Leserkommentare in genau dem Gegenteil. Nicht Putin ist der Böse, man äußert ein gewisses Verständnis und zweifelt an dem Treiben der eigenen Regierung. Umfragen deuten darauf hin, dass es sich hierbei keineswegs um Russen handelt, die im Auftrag von Putin die Kommentarspalten bevölkern. Die öffentliche Meinung, die Bürger dieses Landes, sind schlichtweg anderer Meinung und äußern sie.
Die Reaktion auf diese andere Meinung der Bürger war im Politik-Bereich dieser Zeitung genau das, was man der Lesermeinung vorwarf. Verschwörungstheorie, geäußert von Julian Staib. Aber auch andere Zeitungen zogen nach, zum Beispiels Jens Bisky in der Süddeutschen. Das zeigt vor allem, dass man nicht bereit ist den Fehler bei sich selbst zu suchen. Und warum Worte wie „Systemmedien“ in Mode sind. Es kommt nicht von ungefähr, dass die Bestsellerlisten Büchern führen, die davon handeln, dass Meinungen unterdrückt werden…
Es ist durchaus eine Ansage mit Gefühl für die Realität, wenn die Bevölkerung sich wünscht, die EU möge neutral agieren und Deutschland insbesondere eine Vermittlerrolle einnehmen.
Die Konsequenzen dieser Forderungen sind weitreichend. So müsste die Europäische Union, wollte sie dem gerecht werden, ihre Expansion nicht nur beschränken, sondern einstellen. Sie müsste ihre von Ausdehnung geprägte Politik hin zu einer integrativen wandeln, oder anders formuliert, sich um ihr Inneres kümmern…
Dieses Anliegen der Bürger sollte nicht mit einer postheroischen Gesellschaft verwechselt werden. Der Kampf und seine Mittel haben sich in andere Sphären verschoben und damit auch die „Ultima Ratio des Krieges“ auf ein höheres Gewaltmaß gehoben. Umso wichtiger ist der Ruf nach Mitte und Maß, die von den politischen Akteuren eingefordert werden. Das bedeutet auch, ein maßvolleres Umgehen mit der potenziellen Gewalt. Vielleicht weiß John Kornblum darum, und nutzt deshalb die aufrührende Kriegsrhetorik vergangener Tage. Es ist jedenfalls nicht zu übersehen, dass die USA sehr viel dafür tun, damit die Stimmung in Europa konfrontativ gegenüber Russland bleibt. Es ist in ihrem Sinne, dass eine Emanzipation europäischer Politik nicht stattfindet.
Quelle: FAZ
Anmerkung WL: Ein weiteres Mal: Hut ab vor der Selbstkritik und Kritik der FAZ.
- Der IWF und die Ukraine
- 5. Kolonne Moskaus?
In der aktuellen Politik wird viel darüber spekuliert, ob Vladimir Putin die Truppen in der Ost-Ukraine einmarschieren lässt, um dem russischen Bären noch ein Stück Land einzuverleiben. Aber dazu gibt es bei der derzeitigen Politik des »Westens« keinen Anlass. Die Ukraine steht nicht erst seit dem Sturz der Regierung Janukowitsch am Rande des wirtschaftlichen und finanziellen Bankrotts.
Seit langem besteht eine schwelende Wirtschafts- und Gesellschaftskrise, die im Frühjahr in eine offene politische Krise umgemünzt wurde. Als das Assoziierungsabkommen mit der EU im November 2013 ausgesetzt wurde, war bereits sieben Jahre lang daran gearbeitet worden und es lag seit einem Jahr unterschriftsreif vor. Neben den machtpolitischen Gründen um die Zugehörigkeit zur EU oder zu Russland haben auch die vom »Westen« gestellten politischen Bedingungen für die Auszahlung von Hilfskrediten zum Aussetzen des Assoziierungsvertrags beigetragen.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte die Auszahlung neuer Gelder mit der Forderung von drastischen Sparauflagen verbunden. Diese Forderungen hatte die alte Regierung abgelehnt. Die EU ihrerseits hat die Bedingungen des IWF unterstützt und verlangt tiefgreifende Strukturreformen. Wir kennen dies aus der Austeritätspolitik der Troika in der Euro-Krise der vergangenen Wahlperiode gegenüber den so genannten Programmländern.
Quelle: Sozailismus aktuell
Passend dazu:
- IWF-Chefin: Russland bewahrte Ukraine vor Wirtschaftskatastrophe
Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, hat die Bedeutung der russischen Finanzhilfe für die krisengebeutelte Ukraine betont.
„Die ukrainische Wirtschaft war auf eine Katastrophe zugesteuert“, sagte Lagarde in einem Interview des Fernsehsenders PBS. „Ohne die Hilfe, die Russland vor einigen Monaten gewährt hat, hätte sich die Ukraine ins Nirgendwo bewegt.“
Der IWF sei keine Anstalt, die Geld gratis verteilt, sagte Lagarde weiter. Die Hilfen für die Ukraine würden an die Bekämpfung der Korruption, die Wiederherstellung des Finanzsystems und der Staatsverwaltung aber auch an Struktur- und andere Reformen gebunden sein.
Russland hatte Ende vergangenen Jahres der von einer Staatspleite bedrohten Ukraine 15 Milliarden US-Dollar Finanzhilfe zugesagt sowie den Gaspreis um ein Drittel gesenkt. Moskau wollte das Geld nicht direkt überweisen, sondern für diese Summe ukrainische Eurobonds kaufen. Die ersten drei Milliarden Dollar wurden im Dezember in ukrainische Schuldpapiere investiert. Nach dem Februar-Umsturz in Kiew setzte Russland die Hilfe aus und strich den Gasrabatt.
Quelle: RIANOVOSTI
Anmerkung HR: Frau Lagarde gibt demnach zu, dass die Ukraine ohne die Hilfe Russlands finanziell-ökonomisch am Ende wäre.
Die Ukraine stand und steht also vor der Wahl, entweder günstig Energie und Finanzhilfen aus Russland oder an Bedingungen geknüpfte Gelder aus dem Westen zu erhalten, die offenbar z.B. mit Einschnitten im ohnehin schwachen Sozialwesen verbunden sind.
Offenbar gegen jede ökonomische Vernunft sind nun in Kiew jene Kräfte an der Macht, die die Ukraine an den Westen binden wollen – obwohl es zu Lasten der eigenen Bevölkerung geht, jedoch vermutlich auch zugunsten weniger Oligarchen.
- Die Krim und das Klima
Gazprom hat den Gaspreis für die Ukraine um 44 % angehoben. Das ist kein Aprilscherz. Drohen auch in Deutschland explodierende Gaspreise? Oder ist es nur Panikmache, dass Putin uns den Hahn demnächst zudrehen könnte? Jedenfalls verdeutlichen diese Spekulationen, dass fossile Brennstoffe nicht erst teuer werden könnten, wenn der Klimawandel richtig zu Buche schlägt. Deshalb bleiben Investitionen in Wind, Wasser, Sonne und Biomasse der langfristig richtige Weg. (…)
Aber was passiert, wenn am Ende einer Kette gegenseitiger Wirtschaftssanktionen als Machtgeste doch ein kurzer Lieferstopp stände? Öl- und Gaspreise würden steigen. Zwar gibt es genug Energie auf dem Weltmarkt. Gas könnten Norwegen oder Algerien kurzfristig liefern. Allerdings wird von norwegischer Seite moniert, dass die Rahmenbedingungen für eine Angebotsausweitung mangels klarer EU-Klimaziele nach 2020 derzeit nicht attraktiv sind. Keine Option ist hingegen, russische Lieferungen durch den Kauf amerikanischen Flüssiggases zu ersetzen. Es kann nicht importiert werden, weil die Planungen für den notwendigen Terminal zugunsten der Ostseepipeline eingestellt wurden. Energieimporte bergen also mindestens die Gefahr volatiler, eher höherer Preise. Umso wichtiger ist ein Strategiewechsel, der den Energieverbrauch reduziert, die Wirtschaft erneuert und den Lebensstandard erhält.
Weitere Argumente liefern die neuen Zukunftsszenarien des Weltklimarates: Sinkt der C02-Ausstoß nicht, drohen Schäden in Billionenhöhe und ähnlich hohe Kosten, um die Folgen einzudämmen. Hungerkatastrophen, Wetterextreme und Konflikte um knappe Ressourcen werden wahrscheinlicher. Der Weltklimarat mahnt, beim Klimaschutz Tempo zu machen. Das ist hierzulande strittig, auch wenn der Ausbau der Erneuerbaren Energien Konsens ist. Ein richtiges Signal ist, dass Umweltministerin Hendricks jetzt die Programme für mehr Energieeffizienz und Gebäudesanierungen vorantreibt.
Quelle: DGB klartext
- Ein Sargnagel für den Petro-Dollar
Russland stellt das aktuelle Weltfinanzsystem infrage.
Die Meldung hat das Potenzial, das Weltfinanzsystem durcheinanderzuwirbeln: Russlands große staatliche Exporteure wie Rosneft, Gazprom oder Rosoboronexport könnten bald ihr Gas, Öl und ihre Waffensysteme in Rubel verkaufen und nicht mehr in US-Dollar. Diese drei Unternehmen stehen für fast die Hälfte des russischen Exports. Der Übergang zur Rubel-Abrechnung im Außenhandel dürfte indes nicht einfach werden. So genießt die russische Devise bislang kaum den Status einer Reservewährung, in der Notenbanken ihre Devisenvorräte parken. Doch das kann sich schnell ändern und der Verfall des Rubels könnte gestoppt werden, wenn die Handelspartner mehr von Russlands Valuta brauchen. Unklar ist aber, ob die Abnehmer in Westeuropa oder China überhaupt gewillt sind, die Verträge auf Rubel umzustellen.
Quelle: WirtschaftsBlatt
- Robert von Heusinger: Das Gespenst der Deflation
In all den Krisen, in all den Jahren kannten die Notenbanken der westlichen Welt nur eine rasch wirkende Medizin: Mehr billiges Geld! Sie druckten es, sie pumpten es in den Kreislauf, damit die Realwirtschaft, damit Jobs und Wohlstand nicht zu stark litten. Und jedes Mal ertönten – zumindest in Deutschland – die gleichen Warnungen: Das führt zur großen Inflation. Heute muss man fragen: Was ist schief gelaufen? Warum haben sie sich so grandios geirrt, die Herren Bundesbankpräsidenten Axel Weber und Jens Weidmann vorne weg, aber auch das Gros der Professoren und Wirtschaftsjournalisten? Sieben Jahre, nachdem die Schleusen in der Geldwirtschaft immer weiter geöffnet worden sind, beträgt die Inflation in Deutschland ein Prozent – und verfehlt damit klar das angestrebte Ziel der EZB, das bei knapp zwei Prozent liegt. In Euroland, dem es wirtschaftlich schlechter geht, misst die Preissteigerungsrate derzeit gar nur 0,5 Prozent. Die größte volkswirtschaftliche Gefahr lautet für Europa derzeit Deflation, was genau das Gegenteil von Inflation ist, nämlich das Phänomen fallender Preise über einen längeren Zeitraum. Was hilft gegen Deflation? Notenbanken können am Strick ziehen und die Inflation einfangen, sie können aber nicht am Strick schieben. Das kann nur die Wirtschaft selber, das Biest, in dem die Menschen optimistischer werden, Wachstum sich Bahn bricht, die Verbraucher lieber heute als morgen ihre Geld ausgeben, die Unternehmer sich lieber heute als morgen verschulden, um zu investieren. Nur so steigen die Löhne und dann die Preise. Erwarten die Menschen dagegen weiter fallende Preise, zögern sie den Kauf, die Investition hinaus, was die Krise verstärkt.
Klar könnte die EZB noch einmal die Zinsen senken, um die Kreditaufnahme zu verbilligen. Doch der Leitzins liegt schon bei mickrigen 0,25 Prozent. Klar könnte die Notenbank negative Zinsen für die Einlagen der Banken auf den EZB-Konten einführen. Aber solange die Firmen nicht investieren wollen, so lange können die Banken auch kein Mehr an Krediten vergeben. Deshalb bleibt allen deutschen Bedenken und dem Verfassungsgericht zum Trotz, nur noch mehr Geld zu drucken, um Anleihen über Anleihen zu kaufen, in der Hoffnung, die Deflation doch noch zu verhindern. Diesen Weg haben zumindest Amerikaner und Briten frühzeitig eingeschlagen und sich damit erfolgreicher als die EZB gegen fallende Preise versichert. Ist die Deflation einmal da, ist es zu spät. Das ist das Heikle. – Was in Euroland schief gelaufen ist? Die deutschen Ökonomen, die in der Krise in Euroland den Ton angaben, haben mit den falschen Theorien hantiert. So aber haben sie zum einen die Nachfrageseite ausgeblendet und deshalb zu stark und zu früh auf Sparanstrengungen gepocht. Sie haben zum anderen verkannt, was es bedeutet, wenn die Bilanzen der Banken schrumpfen. So haben sie vor dem kleineren Übel Inflation gewarnt und das schlimmere Übel Deflation provoziert.
Quelle: Berliner Zeitung
Anmerkung Orlando Pascheit: In vielen Artikeln zur Deflationsmechanismen wird wie auch bei Robert von Heusinger als zentraler Mechanismus behauptet: “Erwarten die Menschen dagegen weiter fallende Preise, zögern sie den Kauf, die Investition hinaus, was die Krise verstärkt.” Das klingt allzu rational, als ob eine Bevölkerung, welche im siebten Jahr einer Rezession lebt, in aller Ruhe kühl abwägend abwartet, bis der Preis stimmt. Dies gilt auf jeden Fall nicht für Güter des täglichen Bedarfs. Und wenn ein Kühlschrank kaputt ist, wartet man nicht, bis dieser noch preisgünstiger zu bekommen ist – wenn man sich eine Neuanschaffung überhaupt leisten kann. Hier kommt man dem Problem schon näher. Denn in der Tat können Haushalte, die seit 2010 fast 40 Prozent ihrer Kaufkraft eingebüßt haben, sich einiges nicht mehr leisten. Das betrifft den Besuch in einem Restaurant wie auch den Einkauf im nächsten Supermarkt. Es versteht sich, dass Unternehmen, die ihre Waren oder Dienstleistungen absetzen wollen, ihre Preise senken müssen. Inzwischen organisieren sich in Griechenland Märkte, auf denen Produzenten ihre Waren direkt, also den dazwischen geschalteten Handel, anbieten. Generell aber verfestigt sich eine Abwärtsspirale, solange, wie bisher, die Hauhaltseinkommen stärker fallen als die Preise. In dieser Spirale wird trotz sinkender Preise das Leben nicht billiger, sondern teurer. Wenn Heusinger meint, das die Menschen nur optimistischer werden müssten, damit Wachstum sich Bahn bricht, die Verbraucher lieber heute als morgen ihre Geld ausgeben, die Unternehmer sich lieber heute als morgen verschulden, um zu investieren, so greift diese Sicht zu kurz. Solange die Einkommen sinken, besteht kein Grund, optimistisch zu sein. Es ist das Troikaregime, das nicht im geringsten begriffen hat, in welchem Ausmaß die diktierten Sparmaßnahmen/Einkommenskürzungen, die Nachfrage einbrechen ließen.
- Fiskus ermittelt gegen Banken wegen dubioser Aktiendeals
Der deutsche Fiskus ermittelt laut einem Pressebericht gegen dutzende Banken und Geldanlagefonds, die den Staat mit dubiosen Aktiendeals um einen Milliardenbetrag betrogen haben sollen. Bei den Finanzbehörden sind laut der „Süddeutschen Zeitung“ vom Samstag mehr als 50 Verfahren anhängig. In mehr als zehn Fällen seien wegen des Verdachts auf besonders schwerwiegende Steuerhinterziehung bereits Staatsanwälte eingeschaltet worden, berichtete die Zeitung nach einer Umfrage bei den Finanzministerien mehrerer Bundesländer.
Betroffen sind demnach Geldinstitute wie die Hypo-Vereinsbank und die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Die HSH Nordbank, die ebenso wie die LBBW dem Staat gehört, habe bereits 127 Millionen Euro an den Fiskus zurückgezahlt. Wegen des Steuergeheimnisses nannten die Ministerien aber keine Details. Laut der „SZ“ untersuchen die Behörden schon seit längerem Börsengeschäfte, bei denen es bis 2012 aufgrund einer Gesetzeslücke möglich war, den Fiskus auszunehmen.
Wie die Zeitung berichtete, ließen sich Banken und deren Geschäftspartner beim Handel von Aktien mit (Cum) und ohne (Ex) Dividendenanspruch eine nur einmal gezahlte Kapitalertragssteuer von den Finanzämtern mehrmals erstatten. Der Fiskus habe diese Deals spät durchschaut, danach aber intensiv ermittelt. Nach Ansicht der Behörden war es illegal, die Gesetzeslücke auszunutzen.
Quelle: Stuttgarter Zeitung.de
- Zehntausende protestieren gegen Krisenpolitik der EU
Sie machten ihrem Ärger über die europäische Krisenpolitik Luft: In Brüssel sind Zehntausende Gewerkschafter gegen Sparmaßnahmen und Sozialabbau auf die Straße gegangen. Dabei blieb es nicht immer friedlich.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung: Anlässlich dieser Demonstration in Brüssel schrieb Günter Grzega folgenden Brief an den Chefredakteur des Ersten Deutschen Fernsehens:
Herrn Thomas Baumann
Chefredakteur Erstes Deutsches Fernsehen
Sehr geehrter Herr Baumann,
in der Samstagsausgabe der “Nürnberger Nachrichten” wurde über eine Großdemonstration in Brüssel mit 25 500 (Polizeiangabe) bzw. 50 000 (Angabe Deutscher Gewerkschaftsbund) TeilnehmerInnen gegen die Sparpolitik und den Sozialabbau in Europa berichtet. Dabei wurden bei Auseinandersetzungen mit der Polizei mindestens 27 Demonstranten verletzt. Ich war sehr erstaunt, dass in der Tagesschau am Freitag, 4.4.14 um 20:00 Uhr keinerlei Meldung darüber erfolgte (ich konnte es nicht glauben und habe deshalb nochmals die Sendung in der Mediathek angeschaut). Normalerweise bringen die ARD-Nachrichten bei Demonstrationen solcher Größe ausführliche Berichte mit ernst in die Kamera blickenden ReporterInnen vor Ort. (Ich bin dies so gewohnt von den Berichten von den “Maidan-Demos”). Nach der Tagesschau kommt dann üblicher Weise ein Brennpunkt und in den folgenden Tagen wird in den Polit-Talkshows nochmals eingehend diskutiert. Was ist hier geschehen? Warum kam und kommt keine Meldung bzw. Sondersendung? Geschieht hier wirklich eine konzertierte Aktion des Stillschweigens der Mainstream-Medien auf Wunsch der derzeit herrschenden Politik der Unterstützung der neoliberalen Wirtschaftsideologie in Europa oder war es einfach fachliches Versagen der zuständigen Redaktion? Gerade die öffentlich-rechtlichen Medien müssten doch alles tun, um zu vermeiden, als Regierungs-Propagandasender verdächtigt zu werden. Bitte klären Sie mich auf!
Herzlichen Dank für Ihre Bemühungen.
Mit freundlichen Grüßen
Günter Grzega, Treuchtlingen
Vorstandsvorsitzender des Senats-Institut für gemeinwohlorientierte Politik (IGP) e. V.
Hinweis WL: Unter der Überschrift „Krawalle bei Demonstration in Brüssel“ hatte die Tagesschau einen Tag danach in ihrem Internetangebot einen Text mit einigen Fotos. Zumindest in ihren Internetauftritten waren für die allermeisten Medien nur die Rangeleien mit der Polizei ein Thema. Das Thema der Demonstration interessierte nur am Rande.
- Don’t blame me for the other guy – Wer macht tatsächlich die neoliberale Politik in der EU?
Im Mai wird ein neues EU-Parlament gewählt und wir befinden uns daher mitten im Wahlkampf. Immerhin: Alle 5 Jahre werden europäische Themen auch nationale, was ja eigentlich nicht schlecht ist. Weil wir uns aber gar so selten mit der EU beschäftigen, kommen manchmal ein paar Dinge durcheinander. Da wird dann ein bunter Cocktail aus Halb-Informationen verschiedener Quellen gemixt und als „Neoliberalismus-Daiquiri“ zur politischen Happy Hour serviert. Bei dem kollektiven kribbelnden Schauer, der einen beim Genuss dieser Mixtur durchfährt, kann und will man die einzelnen Zutaten dann gar nicht mehr so richtig auseinanderhalten. Aktuell wird europaweit von einigen Bürgermeistern gegen den vermeintlichen Angriff „der“ EU auf den Sozialen Wohnbau gekämpft. Dieser Kampf wird formal wohl erfolgreich sein, denn bis dato macht die EU-Kommission keine Anstalten, sich in diesen Bereich einzumischen. Warum dann aber das Unbehagen mit der europäischen Wirtschaftspolitik? Wo sitzen die „bad guys“ der EU tatsächlich?
Vielleicht gleich zu Beginn: Es reicht nicht alleine die EU-Kommission zum Hort des neoliberalen Schreckens zu erklären, es sind schon ganz konkret die selbstgewählten Regierungen – aber allen voran sind es in Kommission und Regierung die Finanzer, denen der Staat nicht klein genug sein kann! Und die haben überproportional viel Macht – auf nationaler, wie auf EU-Ebene.
Quelle: Arbeit & Wirtschaft
- Rente mit 63
- Matthias W. Birkwald: Aus einem Rentenpaket wird ein Rentenpäckchen!
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV Leistungsverbesserungsgesetz) Drucksache 18/909
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Frau Nahles, Sie haben Ihr Rentenpaket vorgelegt, und ich sage: Ja, aber. In den vergangenen Jahrzehnten haben wir immer nur über Rentenkürzungen diskutiert. Jetzt diskutieren wir endlich einmal über bessere Leistungen für Rentnerinnen und Rentner. Das findet die Linke gut.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Mit Ihrem Rentenpaket gehen Sie mehrere Schritte in die richtige Richtung, aber
(Zurufe von der SPD: Ah!)
in Ihrem Rentenpaket finden sich jetzt bitte gut aufpassen zwei Gerechtigkeitslücken, ein großer Konstruktionsfehler, ein Tropfen auf den heißen Stein, eine Mogelpackung, eine zaghafte Verbesserung und eine offene Großbaustelle. Das, meine Damen und Herren, findet die Linke schlecht.
(Beifall bei der LINKEN)
Meine Überschrift für Ihr Rentenpaket lautet: Manches wird besser, aber nichts wird gut.
Gehen wir die Punkte mal im Einzelnen durch: (…)
Deshalb wird das Rentenniveau weiter fallen das steht in Ihrem Gesetzentwurf drin: auf 43,7 Prozent im Jahr 2030. Das bedeutet: Von einer Rente von ehemals 1 000 Euro werden dann nur noch 810 Euro übrig bleiben. So wird aus Ihrem Rentenpaket ein Rentenpäckchen.
(Beifall bei der LINKEN)
Diese Abwärtsspirale muss gestoppt werden.
Wir müssen die gesetzliche Rentenversicherung stärken, damit die Jungen, die heute in die Rentenkasse einzahlen, später eine Rente erhalten, die zum Leben reicht. Die Linke fordert echte Maßnahmen gegen Altersarmut. Außerdem wollen wir das Rentenniveau wieder auf 53 Prozent anheben; das war das Niveau im Jahr 2000, bevor Schröder und Riester die Rente ruiniert haben. Das Rentenniveau muss steigen, und zwar dauerhaft. Das wäre generationengerecht; denn das nutzt den Jungen und den Alten.
Quelle: Die Linke
Anmerkung WL: Warum holte eigentlich Günther Jauch für seine gestrige Sendung über die Rentenpolitik nicht Birkwald in seine Sendung, der wenigstens weiß, worüber er spricht. Stattdessen einen Unternehmensberater, der sich bestenfalls mit seiner persönlichen privaten Vorsorge beschäftigt hat, oder eine weidlich bekannte Verfechterin der Verlängerung der Lebensarbeitszeit und schließlich – wohl als Vertreterin der jungen Generation gedacht – eine Jung-Journalistin der konservativen Rheinischen Post, die gerade ihr Volontariat hinter sich gebracht hat und nicht viel mehr beitragen konnte, als die Propaganda der INSM nachzubeten. Siehe dazu nochmals „Zum Himmel stinkende Propaganda der INSM – Wirtschaftsforschungsinstitut Prognos liefert dazu den Mist“
Passend dazu:
- SPD weist Kritik an Rente mit 63 zurück
Die SPD hat Sorgen aus der Union zurückgewiesen, wonach es durch die geplante Rentenreform eine Welle von Frühverrentung geben werde. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann unterstrich im Bericht aus Berlin, auch seine Partei wolle keine Frühverrentung. Bei der Rente mit 45 Beschäftigungsjahren gehe es auch gar nicht um Frührentner, so Oppermann, sondern um Menschen, die “schon mit 18 Jahren, manche schon mit 15 oder 16, begonnen haben, erwerbstätig” zu sein.
Es werde sicherlich “geeignete Regelungen” geben, um einen Missbrauch zu verhindern, kündigte Oppermann an. “Wir wollen, dass 45 Jahre harter Arbeit auch eine Wertschätzung finden.” Menschen, die 45 Jahre gearbeitet hätten, sollen “abschlagsfrei in Rente gehen können”. Diese Menschen hätten “viel länger gearbeitet als die meisten derjenigen, die regulär vielleicht nach 30 oder 35 Beschäftigungsjahren mit 65 bzw. 67 in Rente gehen”.
Quelle: tagesschau.de
Anmerkung HR: Es ist zu befürchten, dass die SPD-Spitze auch bei diesem Thema – ähnlich der Diskussion über den Mindestlohn, der (so versprach es die SPD) flächendeckend sein sollte – einknicken wird. Oppermanns Formulierung deutet das bereits an und die Medien verstehen das auch so.
- Rente mit 63 – Anrechnung von Zeiten in Arbeitslosigkeit
Die Diskussion der Gegner der Anrechnung von Arbeitslosenjahren zeigt die ganze Abgehobenheit und Unverfrorenheit der Parlamentarier…
Wenn es nach ihnen geht, sollen Arbeitslosenjahre nicht in die Berechnung des Renteneintrittsalters einbezogen werden…
Wenn jetzt aber – wie der Deutschlandfunk in seinen Nachrichten meldet – der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Fuchs der “Passauer Neuen Presse” erklärt, dass nur wer tatsächlich 45 Jahre lang Beiträge eingezahlt habe, abschlagsfrei mit 63 in den Ruhestand gehen könne, zeigt dies darüber hinaus, wie abgehoben und unverfroren die so argumentierenden Parlamentarier sind. Wenn es nämlich nach eingezahlten Beiträgen ginge, dürften die Bundestagsabgeordneten gar keine Altersversorgung kassieren, die noch dazu so üppig ausfällt, dass jedem normalen Arbeitnehmer schwindelig wird…
Quelle: Wirtschaft und Gesellschaft
- Merkel will mehr mit Afrika handeln
Acht der zehn am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften liegen in Afrika: Die Wirtschaft sieht dort ihre Chance. Auf dem EU-Afrika-Gipfel in Brüssel plädiert Kanzlerin Merkel dafür, den Handel auszubauen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat für einen Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zu Afrika plädiert. Europa könne Afrika über mehr Handel, mehr Investitionen und mehr Hilfe zur Selbsthilfe unterstützen, sagte Merkel zum Auftakt eines zweitägigen EU-Afrika-Gipfels in Brüssel. „Der Schwerpunkt sollte darauf liegen, dass wir sagen, wir investieren in die Menschen, damit Afrika als selbstbewusster Kontinent selbst seine Probleme lösen kann.“
An dem Gipfel nehmen über 80 Staats- und Regierungschefs aus Afrika und der EU teil. Die Wirtschaft betrachtet Afrika schon länger als Chance: Im Schnitt wuchsen die Volkswirtschaften der afrikanischen Staaten von 2003 bis 2011 um 5,2 Prozent. Im Jahr 2012 befanden sich acht der zehn weltweit am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften in Afrika. Die afrikanische Entwicklungsbank schätzt, dass die Sub-Sahara-Länder in diesem Jahr um 6,4 Prozent wachsen werden.
Quelle: Handelsblatt
Anmerkung HR: Wenn die Bundeskanzlerin wirklich möchte, dass Afrika seine Probleme selber löst, sollte sie u.a. dafür sorgen, dass kein Billig-Fleisch mehr in den südlichen Nachbar-Kontinent exportiert wird.
Es gibt afrikanische Ökonomen, die die westliche Entwicklungshilfe als schädlich und sinnlos begreifen: „Mir geht es nicht um die Notfallhilfe, etwa nach einem Tsunami oder Erdbeben. Ich meine auch nicht das Geld von Spendenorganisationen – das sind relativ kleine Summen. Das Problem sind die Hilfen auf Regierungsebene, die in großem Maßstab etwa von der Weltbank an afrikanische Länder vergeben werden. Die sollten gestrichen werden, denn sie haben die Armut nur verschärft. (…)Wir müssen den Außenhandel stärken. Nicht mit Nordamerika oder Europa – diese Märkte sind gegen Güter aus Afrika, etwa landwirtschaftliche Produkte, weitgehend abgeschottet. Ich würde auf den Handel mit Ländern wie China setzen, die brauchen Lebensmittel aus Afrika.“, so Dambisa Moyo in einem FAZ-Interview vor fast genau 5 Jahren: „Wir Afrikaner sind keine Kinder“
Siehe dazu z.B. (Mi. 09.04.14, 21.45 Uhr auf Phoenix): Hähnchenreste auf Reisen
- In der hohlen Mitte des Grundgesetzes
65 Jahre Grundgesetz. Da wird es schöne Reden geben. Doch wegen der NSA hat die deutsche Verfassung inzwischen ein Loch in der Mitte. Nur eine wirklich wichtige Veranstaltung gibt es zum Jubiläum – auch wenn sie nicht als Feierlichkeit ausgegeben wird.
Zu Ostern verzehrt man gefärbte Eier; zu Weihnachten Stollen und Lebkuchen. Das passende Gebäck zum bevorstehenden 65. Jubiläum des Grundgesetzes ist der Donut. Es handelt sich um einen handtellergroßen amerikanischen Krapfen, um ein rundes Ding aus Hefe- oder Rührteig, das in der Mitte ein Loch hat. Dieser amerikanische Lochkrapfen ist ein Symbol für die deutsche Verfassung in den Zeiten von NSA: Das Grundgesetz, auf das so viele Deutsche so stolz sind, ist nämlich in der Mitte hohl; der US-Geheimdienst NSA hat es ausgehöhlt.
In dieser hohlen Mitte sitzt die National Security Agency der USA und greift auf sämtliche Kommunikationsdaten zu; die NSA forscht Bürger, Behörden, Unternehmen und Organisationen aus; und die NSA gedenkt nicht, damit aufzuhören. In der hohlen Mitte des Grundgesetzes arbeitet auch der US-Militärstützpunkt Ramstein, über den der weltweite Drohnenkrieg der Amerikaner gesteuert wird. Ramstein Air Base am Rande des Pfälzerwalds ist ein Zentrum der US-Exekutionslogistik. Der drohnengesteuerte Tod in Afghanistan, Somalia oder Jemen hat also auch einen deutschen Absender. Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus, heißt es im Grundgesetz – die US-Gewalt in und aus Deutschland ganz offensichtlich nicht; sie ist auch nicht an Recht , Gesetz und Verfassung gebunden.
Quelle: Süddeutsche.de
Anmerkung HR: Heribert Prantl kann im Wesentlichen zugestimmt werden – zumindest was den oberen Teil seines Kommentars betrifft.
In der Causa „Snowden“ erscheint er jedoch naiv: Denn nicht lediglich das Auslieferungsabkommen mit den USA existiert weiterhin und kann nicht mal eben außer Kraft gesetzt werden. Auch andere Verträge und Gesetze bestehen.
Unser Leser F.S.: weist daher zurecht auf das auf NachDenkSeiten oft zitierte „Zeit“-Interview mit dem Historiker Foschepoth hin: “Die NSA darf in Deutschland alles machen“.
Passend dazu: „Da lachen die Amerikaner doch nur“
Der NSA-Untersuchungsausschuss will die Geheimdienstverstrickungen aufklären und unter anderem Edward Snowden hören. Doch der Historiker Josef Foschepoth, der die Ursachen der Überwachung in der BRD analysiert hat, erwartet nicht viel von dem Gremium: Das eigentliche Problem könne er nicht lösen
Herr Foschepoth, der NSA-Untersuchungsausschuss wurde mit den Stimmen aller Fraktionen im Bundestag eingesetzt. Eine solche Einhelligkeit gab es bislang nur einmal: beim NSU-Ausschuss. Stimmt Sie das nicht hoffnungsfroh?
Grundsätzlich ist ein solcher Untersuchungsausschuss wie jede ernsthafte Diskussion über die geheimdienstliche Überwachung der Bevölkerung zu begrüßen. Ein Interesse, die ganzen Geheimdienstverstrickungen wirklich aufzuarbeiten, gibt es allenfalls bei einer kleinen Minderheit. Da sind wir ganz schnell bei der Frage nach dem Zustand der Grundrechte in unserem Land. Gibt es das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis überhaupt noch? Die große Beschädigung dieses Grundrechts geht zurück auf das Jahr 1968. Damals hatten wir ähnliche politische Verhältnisse wie heute. Eine winzige Opposition und eine Tankermehrheit der beiden Staatsparteien CDU und SPD von fast 90 Prozent. Und heute sind es nur ein paar Prozent weniger. Was wollen Sie da schon erwarten hinsichtlich der Fragen, wie rechtsstaatlich und wie souverän die Bundesrepublik heute ist? (…)
Also glauben Sie nicht an einen Erfolg des Ausschusses?
Nicht wirklich. Dieser Ausschuss ist ein weiteres Instrument, um das Problem vom Tisch zu kriegen, nicht um es zu klären, geschweige denn zu lösen. Wenn Sie sich das Verhältnis derer anschauen, die am liebsten alles unter Verschluss halten wollen und der wenigen, die aufklären möchten, und dann berücksichtigen, dass selbst die winzige Opposition zwischen Grünen und Linken gespalten ist, erkennen Sie, dass der Ausschuss zu tief gehenden und neuen Erkenntnissen nicht fähig sein wird. (…)
Sie behaupten sogar, dass die Bundesrepublik das am meisten überwachte Land in Europa ist.
Ja. Im Guardian gab es im vergangenen Jahr eine schöne Weltkarte. Darauf ist zu sehen, wie stark die NSA einzelne Länder überwacht: von grün – sehr wenig – über gelb bis rot – sehr viel. In Europa gab es nur ein gelbes Land: Deutschland. Wegen der hier gewachsenen Strukturen ist die Bundesrepublik hervorragend geeignet für Überwachung. Für die alte Bundesrepublik gilt Ähnliches, wie ich in meinem Buch „Überwachtes Deutschland” gezeigt habe. (…)
Quelle: Cicero
- Berliner Gedankenspiele zur dritten Gewalt
Der Innenminister traf sich mit wichtigen Staatsrechtlern beim Italiener und sprach über die Zukunft des Verfassungsgerichts. In Karlsruhe ist man nervös.
Nur Routine? Bei einem Edelitaliener in der Berliner Friedrichstraße hat sich am Mittwochabend Bundesinnenminister Thomas de Maizière mit einigen ausgesuchten Staatsrechtslehrern getroffen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, auch er von der CDU, wollte ursprünglich auch kommen, denn er hat ein besonderes Interesse an dem Thema. Es ging bei der Unterredung um das Grundgesetz und das Bundesverfassungsgericht, genauer: um die zunehmende Entfremdung zwischen Berlin und Karlsruhe. Diese hat in Europa-Fragen schon Tradition. Doch mit dem Urteil des Zweiten Senats zur Verfassungswidrigkeit der Dreiprozenthürde bei Europawahlen ist der bisher latente Berliner Unmut noch größer geworden. Schon erwägen Union und SPD, die Fünfprozenthürde bei Bundestagswahlen in das Grundgesetz zu schreiben, um weiteren Karlsruher Vorstößen einen verfassungsrechtlichen Riegel vorzuschieben. In Berlin wirft man Karlsruhe schlicht Unverständnis vor. (…)
Doch hat insbesondere Bundesfinanzminister Schäuble, der am Mittwoch verhindert war, das Verfassungsgericht besonders im Blick. Ein Verfassungsrichter wiederum sagt: „Dem traue ich alles zu.“…
Mit Schäuble wäre der Abend also wohl spannender verlaufen. Dagegen zeigte sich Innenminister Thomas de Maizière im Gespräch mit den Professoren dem Vernehmen nach gewohnt nüchtern und auch selbstkritisch, was die Rolle der Politik angeht. Schließlich sucht sie selbst ja oft den Weg nach Karlsruhe, um sich vom Verfassungsgericht an der Hand nehmen zu lassen.
Quelle: Frankfurter Allgemeine
Passend dazu: CDU will Rechte der Verfassungsrichter beschränken
Aus Unmut über die jüngsten Urteile des Bundesverfassungsgerichts will die Führung der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag künftig stärker auf die Auswahl von Kandidaten für die Richterposten achten. Entsprechende Überlegungen stellten konservative Unionsabgeordnete um Fraktionschef Volker Kauder (CDU) am vergangenen Donnerstag bei einem Treffen des “Xantener Kreises” an. Die Unionsabgeordneten beklagten, dass Karlsruhe mit seinen Urteilen eine Liberalisierung der Gesellschaft vorantreibe und dabei die eigenen Zuständigkeiten überschreite. (…)
Besonders verärgert waren einige Teilnehmer der Runde über den amtierenden Richter Peter Huber, zuvor CDU-Innenminister in Thüringen. Huber ist Mitglied des Senats, der die Dreiprozenthürde zur Europawahl gekippt hatte, was in der Union auf Empörung gestoßen war. Huber tue so, als hätte er nie etwas mit der Union zu tun gehabt, hieß es.
Quelle: Der Spiegel
Anmerkung HR: Was die Unionsvertreter mehr oder weniger offen diskutieren, kommt einem Verfassungsbruch bedenklich nahe. Schließlich sind Richter – im Gegensatz z.B. zu Staatsanwaltschaft und Polizei – unabhängig in ihren Entscheidungen. Hier entsteht jedoch der Eindruck als ob die CDU Personal für das höchste deutsche Gericht aussucht und von diesem nach ihrer Ernennung Loyalität zur Partei erwartet.
- Wie man die Öffentlichkeit infiziert
Die angelsächsischen Geheimdienste nutzen die sozialen Netzwerke für Propaganda. Jährlich treffen sich hunderte Agenten, um neuste Techniken zur Manipulation der öffentlichen Meinung zu diskutieren.
Erst in dieser Woche, schreibt der Journalist Glenn Greenwald in die Einleitung seiner neusten Enthüllung von Dokumenten aus dem Fundus von Edward Snowden, habe die Nachrichtenagentur Associated Press die Öffentlichkeit über ein „kubanisches Twitter“ informiert. Ein soziales Netzwerk, das rund 40.000 Nutzer hatte, ehe es im Herbst 2012 aus Geldnot eingestellt wurde. Betrieben wurde es von der USAID, der United States Agency for International Development, mit dem Ziel, Unruhen in Kuba zu provozieren.
Die amerikanische Regierung hatte sich dagegen entschieden, das Programm weiter zu führen. Auf die Enthüllung folgten auch Verschwörungstheorien. Es wurde beispielsweise vermutet, dass ein geklontes Twitter gar nicht nötig sei, um in der kubanischen Bevölkerung Unmut über die eigene Regierung zu schüren – weil das mit dem echten Twitter ebenso zu bewerkstelligen sei. Einen Tag wurde die Diskussion so geführt. Am Freitag griff Glenn Greenwald in die Debatte ein.
„Diskussionen darüber, wie das Internet und insbesondere die sozialen Netzwerke ausgenutzt werden können, um heimlich politische Standpunkte, die westliche Interessen stützen zu säen oder schädliche Informationen über Feinde zu verbreiten, finden sich immer wieder im Archiv der Snowden-Dokumente“, schrieb er auf The Intercept. Dazu zählen laut Greenwald unter anderem zuvor veröffentlichte Dokumente über die „Sigdev“-Einsatzgruppen des britischen GCHQ, deren Zielsetzung die Zerstörung von Reputation und die Sabotage der öffentlichen Meinung sei.
Quelle: Frankfurter Allgemeine
Passend dazu: The “Cuban Twitter” Scam Is a Drop in the Internet Propaganda Bucket
This week, the Associated Press exposed a secret program run by the U.S. Agency for International Development to create “a Twitter-like Cuban communications network” run through “secret shell companies” in order to create the false appearance of being a privately owned operation. Unbeknownst to the service’s Cuban users was the fact that “American contractors were gathering their private data in the hope that it might be used for political purposes”–specifically, to manipulate those users in order to foment dissent in Cuba and subvert its government. According to top-secret documents published today by The Intercept, this sort of operation is frequently discussed at western intelligence agencies, which have plotted ways to covertly use social media for ”propaganda,” “deception,” “mass messaging,” and “pushing stories.”
These ideas–discussions of how to exploit the internet, specifically social media, to surreptitiously disseminate viewpoints friendly to western interests and spread false or damaging information about targets–appear repeatedly throughout the archive of materials provided by NSA whistleblower Edward Snowden. Documents prepared by NSA and its British counterpart GCHQ–and previously published by The Intercept as well as some by NBC News–detailed several of those programs, including a unit devoted in part to “discrediting” the agency’s enemies with false information spread online.
The documents in the archive show that the British are particularly aggressive and eager in this regard, and formally shared their methods with their U.S. counterparts. One previously undisclosed top-secret document–prepared by GCHQ for the 2010 annual “SIGDEV” gathering of the “Five Eyes” surveillance alliance comprising the UK, Canada, New Zealand, Australia, and the U.S.–explicitly discusses ways to exploit Twitter, Facebook, YouTube, and other social media as secret platforms for propaganda.
Quelle: The Intercept
- Vertuschung von gesundheitlichen Folgen der Atomkatastrophe
Der heute vorgelegte Bericht des Komitees der Vereinten Nationen für die Folgen von Strahlung (UNSCEAR) spielt das wahre Ausmaß der gesundheitlichen Folgen der Atomkatastrophe von Fukushima systematisch herunter. UNSCEAR behauptet in seinem 300-seitigen Abschlussbericht, dass „keine signifikanten Veränderungen künftiger Krebsraten zu erwarten sind, die mit der Strahlenexposition durch den Unfall in Verbindung gebracht werden können“. Ärzte und Ärztinnen der IPPNW dagegen gehen in ihren Berechnungen von mehreren Zehntausend zusätzlichen Krebserkrankungen aus.
Da die Zahl der Krebserkrankungen in der japanischen Bevölkerung aber ohnehin schon hoch ist, wird die Mehrzahl dieser Fälle nicht kausal mit der Strahlenexposition in Verbindung zu bringen sein. Die Tatsache, dass eine Krebserkrankung keine Herkunftsbezeichnung trägt und sich nie eindeutig auf eine einzelne Ursache zurückführen lässt, wird von der Atomindustrie und auch von UNSCEAR genutzt, um jegliche Kausalität abzustreiten. Eine Taktik, wie man sie schon lange von der Tabakindustrie oder der Asbestwirtschaft kennt. „Die Geschichte wiederholt sich. Wie damals nach der atomaren Katastrophe von Tschernobyl werden die Risiken für die Menschen in den kontaminierten Gebieten vertuscht, verharmlost und verschwiegen,“ kritisiert der stellvertretende Vorsitzende der IPPNW, Dr. Alex Rosen.
Quelle: IPPNW
- Herr Kant und die Drittmittel: Zur Ökonomisierung der Universität
Während die Privatisierung der Forschung durch Geldmittel-Einwerbung in den USA längst auch kritisch gesehen wird, gewinnt sie in Deutschland weiter an Bedeutung. Sogenannte Drittmittel werden immer häufiger zum Beleg für den Fleiß der Dozenten und Professoren. Wem es nicht gelingt, Gelder bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft oder der Privatwirtschaft locker zu machen, dem haftet mittlerweile ein Makel an, so scheint es, er gilt als weniger effizient und auch als nicht so leistungsfähig. Gewiss, ökonomische Mittel sind unverzichtbar, da Forschung Geld kostet, insbesondere bei den naturwissenschaftlichen Fächern und den Ingenieuren, wohin die meisten Drittmittel fließen. Problematisch wird es dann, wenn auch fragwürdige Aufträge aus der Rüstungsindustrie angenommen werden. Höhere Drittmittel können ein Beleg dafür sein, dass Forschung qualitativer wird, sie müssen es aber nicht sein. Wenn wir zum Beispiel an Physiker wie Planck und Einstein denken oder an Mediziner wie Semmelweis und Sauerbruch, dann haben diese Außergewöhnliches mit geringerem ökonomische Einsatz entdeckt oder geleistet, besonders auch aufgrund der Freiräume und der Kreativität der Forscher. Besteht nicht die Gefahr durch Drittmittel, insbesondere wenn sie aus der Wirtschaft kommen, dass Wissenschaft immer weniger der kreativen Idee folgt, sondern den ökonomischen Strategien und Bedingungen der Industrie? Gewinnorientierte Forschung ist leider nicht immer sehr einfallsreich. Das belegt die pharmazeutische Industrie hin und wieder, wenn scheinbar neue Medikamente nichts Neues leisten, wenn Altbekanntes in ein neues Gewand gekleidet wird. Immanuel Kant hat jahrelang nichts publiziert, um denken zu können, bevor er seine drei Kritiken zu veröffentlichen begann. Denken braucht Zeit, nicht nur in der Philosophie. Einstein hat auch viel nachgedacht, spielte zwischendurch Geige und hatte offenbar Bilder in seinem Kopf, aus denen dann seine Theorien entstanden. Die Drittmittel-Einwerbe-Praxis und die Begründungen für Forschungsvorhaben lenken Professoren, Dozenten und Studenten davon ab, sich auch einmal zweckfrei über Phänomene Gedanken zu machen.
Quelle: Deutschladradio
- Henry-Kissinger-Stiftungsprofessur: “Diese demonstrative Ehrung ist unakzeptabel”
An der Einrichtung eines Lehrstuhls zu Ehren des früheren US-Außenministers Henry Kissinger an der Universität Bonn gibt es heftige Kritik. Kissinger habe nachgewiesene Kriegsverbrechen zu verantworten, sagte der Politologe Klaus Meschkat im Deutschlandfunk.
Thielko Grieß: An der Universität Bonn soll eine Stiftungsprofessur entstehen, die seinen Namen trägt, Henry Kissingers Namen. Finanziert werden soll diese Professur unter anderem vom Bundesverteidigungsministerium und vom Auswärtigen Amt mit rund 300.000 Euro jährlich, eine Professur für, wie es heißt, internationale Beziehungen und Völkerrechtsordnung, und im kommenden Wintersemester soll sie ihre Arbeit aufnehmen. Gegen den Namenspatron sperren sich aber das Studierendenparlament und rund 100 Professorinnen und Professoren, die zum Teil Attac nahestehen. Sie haben sich in einem offenen Brief geäußert. Einer der Unterzeichner ist der Soziologie Klaus Meschkat, zuletzt mit Lehrstuhl an der Universität Hannover. Ich grüße Sie!…
Grieß: Kissinger schmückt ein Friedensnobelpreis. Warum soll sein Name also nicht einen Lehrstuhl schmücken?
Meschkat: Ja, dieser Friedensnobelpreis ist ihm zuerkannt worden in der Zeit des Vietnamkriegs. Der Haken daran ist nur, dass damals der gleichzeitig mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Nordvietnamese ihn abgelehnt hat, und zwar auch deswegen, weil Kissinger damals in die Verlängerung des Vietnamkriegs verstrickt war und verantwortlich war für die Bombenangriffe auf Nordvietnam und auf Laos und Kambodscha. Das heißt also, ein Friedensnobelpreis muss ja, auch nachdem jetzt Obama ihn bekommen hat, doch auch nach seinem Inhalt immer gewichtet werden. Das heißt also, der Widerstand gegen die Benennung der Professur richtet sich vor allen Dingen dagegen, dass Kissinger nachgewiesen Verbrechen, Kriegsverbrechen zu verantworten hat, und dass er auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit wie bei den Putschen in Chile und in Argentinien begünstigt hat.
Quelle: Deutschlandfunk
- Uni Lübeck verleiht jetzt Ehrendoktor an Schavan
Ihren Doktortitel hat sie verloren, aber jetzt erhält die ehemalige Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) eine weitere Ehrendoktorwürde. Am 11. April will die Uni Lübeck ihr den Dr. h.c. verleihen.
Quelle: Tagesspiegel
Anmerkung WL: Daran mag man erkennen, was von einer Ehrendoktorwürde zu halten ist: Man verschiebt ein paar Millionen Steuergelder und bekommt zum Dank den Doktorhut. So oder so ähnlich läuft das meistens. Das sollten alle wissen, die vor einem Dr. h.c. in Ehrfurcht erstarren. Man sollte stets fragen: Was haben Sie dafür gespendet?
- Orbans Durchmarsch
Der nationalistisch-populistische Regierungschef Viktor Orban steht in Ungarn vor einer triumphalen Wiederwahl. Er will unter anderem die Finanztöpfe der EU “voll ausschöpfen”.
Es ist still geworden um Viktor Orban. Zumindest gilt das für die EU. In Brüssel interessiert sich kaum noch jemand für den ungarischen Ministerpräsidenten, den seine Kritiker einst einen „Totengräber der Demokratie“ nannten. Das war 2011 und noch einmal 2013. Brüssel drohte damals mit Sanktionen, weil der Rechtspopulist in Budapest mit seiner Zweidrittelmehrheit eine höchst umstrittene Verfassung durchsetzte, das Wahlrecht zu seinen Gunsten änderte und die Unabhängigkeit von Medien und Justiz aushebelte. Doch nun, da Orban vor einer triumphalen Wiederwahl steht, starrt Europa auf die Ukraine und lässt Ungarn rechts liegen.
Am Sonntag entscheiden rund acht Millionen Bürger über die Verteilung der 199 Sitze im Parlament von Budapest. Abstimmen dürfen erstmals auch fast 250.000 Auslandsungarn, vor allem in Rumänien. So wollte es der Nationalist Orban. Bis heute wettert er regelmäßig gegen den Vertrag von Trianon, in dem Ungarn nach dem Ersten Weltkrieg zwei Drittel seines Staatsgebietes verlor. Die patriotische Offensive kommt gut an bei den stolzen Magyaren. Umfragen sagen Orbans Fidesz-Partei gut 50 Prozent der Listenstimmen voraus. Da jedoch mehr als die Hälfte der Mandate an Direktkandidaten geht, ist auch eine erneute Zweidrittelmehrheit denkbar.
Nötig hat Orban die verfassungsändernde Mehrheit nach eigener Einschätzung nicht mehr. Die Voraussetzungen für eine „strahlende Zukunft“ habe seine Regierung bereits geschaffen, rühmte sich der Ministerpräsident am vergangenen Sonntag. „Wir haben das Land modernisiert und aus einem Schrottauto einen Rennwagen gemacht“, rief Orban seinen Anhängern auf dem Budapester Heldenplatz zu. Fast eine halbe Million Menschen war gekommen, um die Attacken des 50-Jährigen auf „die Legion der Bürokraten des Imperiums“ zu bejubeln. Gemeint war die EU.
Quelle: Frankfurter Rundschau
Dazu: Partei des Ministerpräsidenten liegt klar vorne
Viktor Orbán ist Sieger der Parlamentswahl in Ungarn. Nach Auszählung von 84 Prozent der Stimmen erhielt seine Fidesz-Partei 44,8 Prozent…
Letzte Hochrechnungen sagten Fidesz auf dieser Basis 133 der 199 Sitze im Parlament voraus. Setzt sich der Trend fort, kann Orbán sogar erneut mit der verfassungsändernden Zweidrittelmehrheit im Parlament regieren. Das linke Oppositionsbündnis kommt derzeit auf 24,5 Prozent der Stimmen. Die antisemitische und rechtsextreme Jobbik-Partei folgt mit 21,4 Prozent. Um den Wiedereinzug ins Parlament bangen muss hingegen die Umweltpartei (LMP). Sie kam bislang lediglich auf weniger als fünf Prozent der Stimmen. In Ungarn gilt aber die Fünf-Prozent-Hürde.
Quelle: Die Zeit Online
- TV-Tipp: Vorsicht Mafia
Längst ist Deutschland unverzichtbar für die kriminellen Banden geworden. Und längst schon geht es nicht mehr nur um Drogen-, Menschen-, Waffenhandel oder Schutzgelderpressung. Die Mafia von heute ist subtiler, unsichtbarer geworden – und damit gefährlicher denn je. Sie unterwandert ganze Bereiche der Gesellschaft, zum Beispiel die Bauwirtschaft. „Es gibt hierzulande keine einzige Großbaustelle, an der die Mafia nicht verdient,” sagt ein deutscher Kriminalbeamter. Über Strohmannfirmen werde Geld gewaschen, werden Schwarzarbeiterkolonnen organisiert, Steuer- und Sozialabgaben in gigantischer Höhe hinterzogen. In Köln und Umgebung gelang es Polizei und Staatsanwaltschaft jüngst ein Mafia-Netzwerk auszuheben – jetzt stehen vier Angeklagte vor Gericht, werden beschuldigt mit ihrer Bande über 20 Millionen Euro an Steuern und Sozialabgaben hinterzogen zu haben.
Die Autoren begeben sich auf Spurensuche, recherchieren gemeinsam mit Kollegen von Westdeutscher Allgemeiner Zeitung und Spiegel. Neben dem Film und den Zeitungsartikeln bieten ARD/WDR, WAZ und Spiegel ein spezielles Dokumentationsangebot im Internet an.
Sendetermin: Montag, den 7. April 2014, 20.15 – 21.00 Uhr in der ARD
Quelle: Das Erste
- Zu guter Letzt: Christian Ehring zu Ausreden bei der Steuerhinterziehung
„Selbstanzeige Rechtzeitig und komplett, eine tolle Erfindung. Man müsste das Ausweiten.
Wie oft hat man die Situation, man hat was getrunken, man will trotzdem gerne autofahren, man geht einfach zur Polizei und sagt Bescheid. Man sagt zum Wachmeister: Ich sage es offen, ich bin stramm wie ein Haubitze. Sagt der Wachtmeister, gut das sie es gesagt haben, dann ist ja alles in Ordnung.“
Quelle: WDR Mitternachtspitzen, ab Minute 24,27 (auch andere Beiträge sind natürlich gut)