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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages II
Datum: 28. März 2014 um 16:51 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Der Wert der Importe aus der Russischen Föderation lag bei 40,4 Milliarden Euro. Erdöl und Erdgas machten 72 % der Importe aus. Damit kamen rund 31 % der gesamten deutschen Erdöl- und Erdgasimporte aus Russland.
Quelle: Statistisches Bundesamt
Anmerkung WL: Hier also der Beitrag bei dem wir heute Morgen nur auf die Printfassung hinweisen konnten.
Dazu:
Zum Beweis für die Diffamierung der „Putin-Versteher“: Deutschlands wichtigste Putin-Versteher
Quelle: Bild.de
Anmerkung WL: Und der „Milchbubi” der “Bild” darf sich mal so richtig blamieren: „Durch die Rauchschwaden seiner Menthol-Zigaretten raunt Helmut Schmidt (95) bedeutsame Worte zur Weltlage. Allein, manchmal scheint der Rauch so dicht, dass selbst der Altkanzler nicht mehr durchblickt.
Denn was altersweise daherkommt, ist bisweilen grober, Despoten-freundlicher Unfug. In letzter Zeit wirkt der Weltpolitiker Schmidt, als wäre er zum Kontra-Indikator der Weltpolitik geworden: Von allem, was er sagt, ist meist das Gegenteil richtig…“
In der Liste der „Gesuchten“ fehlt eigentlich nur Helmut Kohl, der sogar in der Bild-Zeitung den Umgang des Westens mit Russland kritisiert hat.
Quelle: Statistisches Bundesamt
Anmerkung WL: Der praktische Informationsgehalt wäre größer gewesen, wenn das Statistische Bundesamt die Überschrift gewählt hätte: „Reallöhne im Jahr 2013 um 0,1 Prozent gesunken“. Wo soll eigentlich die steigende Binnennachfrage herkommen?
Fazit: Die DB AG hat das Verkehrsmittel der Zukunft in der Hand und ruiniert es für die Klimakiller von gestern. Die Zahlenakrobatik der DB Bilanz will Rationalität vortäuschen. Die Irrationalität gipfelt in Stuttgart 21, wo die DB AG mit gigantischen Summen im Ergebnis Bahnkapazitäten abbaut.
Quell: Bahn für Alle [PDF – 1.1 MB]
Anmerkung Orlando Pascheit: Leider geraten über die Ereignisse rund um die Ukraine nicht nur innenpolitische Fragen, sondern auch wichtige außenpolitische Themenbereiche aus den Blickfeld: Ägypten, Syrien, Israel/Palästina, Zentralafrikanische Republik (das andere Krisengebiete grenzt), Südsudan, auch wieder Darfur und für Europa weitaus am wichtigsten die Türkei. Falls die türkische Regierung tatsächlich an einem Vorwand für einen Militäreinsatz in Syrien bastelt, ist die NATO und damit auch Deutschland weitaus eher betroffen als in der Causa Ukraine. Natürlich muss sich die Türkei als das angegriffene Land präsentieren. Damit könnten Artikel 4 und 5 des NATO-Vertrages greifen: “Die Parteien werden einander konsultieren, wenn nach Auffassung einer von ihnen die Unversehrtheit des Gebiets, die politische Unabhängigkeit oder die Sicherheit einer der Parteien bedroht ist.” Und: ” “Die Parteien vereinbaren, dass ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle angesehen wird; …”.
Als Erklärung bietet sich die innenpolitisch missliche Lage Tayyip Erdoğans vor den Kommunalwahlen und vor allem vor den Präsidentschaftswahlen im August an. Auch wenn sich die Aufnahme der Türkei in die EU schon aus ökonomischen Gründen verbietet, dürften die Ereignisse der letzten Monate zeigen, dass die Türkei noch lange nicht reif für eine Mitgliedschaft in eine durchaus imperfekte EU ist. – Schlimm ist auch, dass die deutsche Politik offensichtlich nicht in der Lage ist, in mehreren Krisenherden gleichzeitig zu agieren.
Quelle: Piketty via NMTM
Die erste Grafik zeigt am Beispiel der USA den Einkommensanteil der reichsten 10 Prozent in den 100 Jahren zwischen 1910 und 2010. Die Einkommensunterschiede werden von Ökonomen oft mit der Nachfrage nach besonderen Fähigkeiten in Zeiten eines starken technologischen Wandels erklärt («Skill biased technological change»). Piketty hält dagegen die Erklärung für besser mit den Daten vereinbar, dass die Entwicklung vor allem den Einfluss von Topmanagern zeigt, die ihre Macht dafür nutzen, sich selbst hohe Einkommen zuzuschanzen, ohne dass das mit einer messbaren Produktivität von ihrer Seite erklärt werden könnte. Obwohl diese Ursache von Ungleichheit vor allem die öffentliche Debatte bestimmt und im Buch behandelt wird, hält sie Piketty nicht für die wichtigste.
Problematischer ist für ihn eine Ungleichheit, die bestehende Vermögensverhältnisse und dadurch auch gesellschaftliche Macht- und Chancenverhältnisse zementiert. Und deshalb setzt er beim Kapital an, dass er mit dem Vermögensbestand gleich setzt, dabei aber an Personen gebundene Kapitalbegriffe wie «Humankapital» ausschließt. Die zweite Grafik zeigt am Beispiel von europäischer Staaten das Verhältnis des Kapitalbestands zum jährlichen Gesamteinkommen. Ein Wert bei 700 Prozent bedeutet daher, dass in diesem Jahr der Kapitalbestand dem Siebenfachen des Gesamteinkommens in diesem Jahr entsprochen hat. Die Ungleichheit dieser Art erhöht sich immer dann automatisch und die Besitzverhältnisse zementieren sich, wenn sämtliche Einkommen aus dem Kapital – (ob sie nun als Zins, Profite, Renten, Dividenden, Kapitalgewinne usw. bezeichnet werden) prozentual stärker zunehmen als das Wachstum der Gesamtwirtschaft.
Quelle: NMTM
Anmerkung Orlando Pascheit: Die NachDenkSeiten haben bereits auf diverse Besprechungen des Buches hingewiesen. Die Rezension von Markus Diem Meier dürfte die ausführlichste sein. Sie stellt das Buch auch in den Zusammenhang bisheriger Forschung bis hin zu den Klassikern. Wie Paul Krugman findet er für das Forschungswerk Pikettys Worte größter Wertschätzung: “Meinem Eindruck nach ist sein Mammutwerk die wohl bisher beste Auseinandersetzung mit dem Thema, nicht zuletzt auch wegen dem reichen Schatz an Daten. Dabei ist es nicht nötig, dass man jeder Schlussfolgerung von Piketty zustimmt. Das Buch wird kaum das letzte Mal in diesem Blog thematisiert.” – Zu erinnern wäre in diesem Zusammenhang auch auf die IWF-Studie: “Redistribution, Inequality, and Growth” [PDF – 1.8 MB], die hier besprochen wird.
Dazu: Das Kapital ist zurück
Nie war unsere Gesellschaft so reich wie heute. Und manche sind eben reicher als die anderen. Der Ökonom Thomas Piketty warnt im Interview, dass die Ungleichheit wieder so drastisch werden könnte wie zu feudalen Zeiten: “Die Wachstumsraten werden nie wieder bei fünf Prozent liegen wie in der Nachkriegszeit. So hohes Wachstum gibt es nur, wenn man alles kaputt gemacht hat — was hoffentlich nicht noch einmal passiert. Oder wenn man viel aufzuholen hat im Vergleich zu anderen Ländern. Beides hat Deutschland nach 1945 erlebt. Aber seit den 1980er Jahren ist die Produktivität in Europa und den USA etwa gleich groß, seitdem ist sie nur relativ wenig gewachsen. Das ist allerdings normal, historisch betrachtet. In den vergangenen 300 Jahren ist die Weltwirtschaft inflationsbereinigt im Schnitt um 1,6 Prozent jährlich gewachsen. Die eine Hälfte davon ist Bevölkerungswachstum, die andere technischer Fortschritt, der die Produktivität steigert. … Wenn man dieses scheinbar niedrige Wachstum für eine Generation durchrechnet, ist es nicht so wenig. Bei 1,5 Prozent über 30 Jahre entsteht ein Drittel der Wirtschaft neu. Das ändert den Arbeitsmarkt, die Produkte und Dienstleistungen. Jede Generation muss sich also auf eine erneuerte Struktur einstellen. Es braucht ein gutes Bildungssystem, um sicherzustellen, dass jeder in der neuen Arbeitswelt einen Job findet. Das zeigt schon, dass ein Wachstum von 1,5 pro Jahr Prozent ziemlich viel ist. … Die Vermögen wachsen schneller als 1,5 Prozent. Historisch gesehen liegt die Wachstumsrate eher bei vier Prozent, wenn man die Erträge vor Abzug der Steuern betrachtet. Für Immobilien und Grundstücke liegt sie meist bei mehr als drei Prozent, für Finanzprodukte eher bei sechs oder sieben Prozent – also höher als das gesamte Wirtschaftswachstum. Das haben wir in der Nachkriegszeit vergessen, weil die Wirtschaft so außergewöhnlich stark gewachsen ist. Das war im 18. und 19. Jahrhundert ganz anders. Die Wirtschaft ist weniger als ein Prozent gewachsen, das Vermögen um vier, fünf Prozent. In der Situation sind wir nun wieder. Das führt zu Vermögensungleichheit und lässt die Mittelklasse schrumpfen. Vor allem, weil es einfacher ist, eine hohe Rendite auf den globalen Finanzmärkten zu erzielen, wenn man bereits ein großes Vermögen hat, das man breit anlegen kann. Die Reichsten können ihr Vermögen meist überdurchschnittlich steigern. Dagegen wird jemand, der 50 000 Euro hat, es kaum schaffen, dafür fünf Prozent Zinsen zu bekommen. Der kann froh sein, wenn er einen Inflationsausgleich bekommt. … Dabei ist es gut für eine Gesellschaft, wenn es viel Kapital gibt. Denn dazu gehören auch Technik und Maschinen, die uns produktiver machen. Und Kapital ist besser als Schulden. Europa redet darüber, dass wir unseren Kindern so viele Schulden hinterlassen. Aber die Wahrheit ist, dass wir ihnen mehr Vermögen hinterlassen als jede andere Generation zuvor. … Der Wohlstand ist nicht richtig verteilt. Deswegen bin ich für eine progressive Vermögensteuer, die steigt, je reicher jemand ist. Sie soll nicht die Leute treffen, die anfangen, Vermögen anzuhäufen. Aber sobald man eine bestimmte Schwelle überschritten hat, muss man zahlen. … Sie ist wie eine zivilisierte Form der Inflation. Die Inflation hilft zwar verschuldeten Staaten, ihre Kredite in den Griff zu bekommen. Aber sie vernichtet viel privaten Wohlstand, vor allem bei Menschen, die nur Ersparnisse auf dem Konto haben. Bürger dagegen, die Immobilien und Grundstücke besitzen, verlieren gar nichts. Das ist Umverteilung in die falsche Richtung. Inflation ist also wie eine regressive Vermögensteuer, die Arme stärker trifft als Reiche. Ich möchte den gegenteiligen Effekt erreichen: Menschen mit weniger als 100 000 oder 200 000 Euro auf dem Sparbuch zahlen keine Vermögensteuer. Bis 500 000 Euro oder eine Million Euro wird ein Prozent fällig, darüber zwei Prozent. Die Steuerlast behandelt dann jeden gemäß seiner Zahlungsfähigkeit. Diese Politik bevorzugt nicht diejenigen, die ihr Vermögen in Immobilien gesteckt haben. … Die progressive Vermögensteuer ist kein leichter Weg. Aber sie ist viel besser als andere Optionen. … Es ist also völlig verrückt, dass Griechenland ohne Rückendeckung die Steuern für Reiche erhöhen soll. So werden sie die Reichen nicht zum Zahlen bringen. Stattdessen privatisieren sie staatliches Eigentum, zu sehr niedrigen Preisen, weil sie es schnellstmöglich losschlagen. So kommen nun ausgerechnet die reichen Griechen, die keine Steuern zahlen, billig an Staatseigentum. Das ist genau das Gegenteil von dem, was passieren sollte. Und wir geben den Griechen daran die Schuld. Aber es ist auch unsere Schuld. … Wir brauchen eine Fiskalunion, aber die Europäer sollten nicht alle Steuern und staatlichen Ausgaben zusammenlegen. Dennoch sollten wir die Steuerpolitik, die grenzübergreifende Geschäfte betrifft, eng koordinieren. Es ist sehr schwierig, sich darauf zu einigen, welche Unternehmensgewinne von der Körperschaftsteuer eigentlich betroffen sein sollen – wir haben gerade 17 verschiedene Regeln dazu in der Euro-Zone. Als Konsequenz finden multinationale Konzerne immer einen Weg, weniger Steuern zu zahlen als die kleineren Firmen, indem sie ihre Gewinne verschieben und geringe Unterschiede in den Steuergesetzen ausspielen. Das ist unsinnig. Jedes Land verliert. Und es regt die Öffentlichkeit auf, weil es so aussieht, als ob wir nur diejenigen mehr besteuern, die nicht mobil sind: Verbraucher und normale Arbeitnehmer. Das kann nicht so weitergehen, sonst werden die Bürger sich gegen europäische Integration auflehnen. Das macht mir große Sorgen.
Quelle: SZ
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