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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 27. März 2014 um 8:29 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (RS/WL)

Hier die Übersicht. Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert.

  1. Ukraine
  2. Frankreich will Praktika neu regeln: Verschärftes Gesetz soll
  3. Werkverträge in Forschung und Entwicklung
  4. Burnout – Das gesellschaftliche Leid der Erschöpfung
  5. Arbeitsgericht Bochum Rewe-Markt muss Praktikantin 17.000 Euro nachzahlen
  6. Mathew D. Rose: Hello European Deflation! Good-bye Periphery!
  7. Rhön geht gegen Kritiker vor
  8. Bertelsmann: Das Geschäft mit Bildung soll Milliardenumsatz bringen
  9. GEW verlangt 57 Milliarden Euro mehr für Bildung
  10. Hass am Bodensee
  11. Ohrfeige für die Scharfmacher der CSU
  12. Türkischer Name schmälert Chance auf Ausbildungsplatz
  13. Große Koalition wird teuer für Verbraucher
  14. Atomkraft hat keine Zukunftsaussichten
  15. Bei der studentischen Internationalisierung herrscht Nachholbedarf
  16. Überwachung in den USA : Obama will NSA die Kontrolle über Telefondaten entziehen
  17. Prozeßfarce in Minya
  18. Nachtrag: Nachdenkseiten und Friedensbewegung – ein Leserbrief

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Ukraine
    1. Helmut Schmidt hat Verständnis für Putins Krim-Politik
      Der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt kann verstehen, warum Russland die Krim annektiert hat. Kritik äußert Schmidt am Westen, aber Lob für Kanzlerin Merkel.
      Es sei “durchaus verständlich”, sagte Schmidt der Wochenzeitung DIE ZEIT, deren Herausgeber er ist. Dagegen kritisierte er das Verhalten des Westens im Krim-Konflikt mit scharfen Worten. Die von der Europäischen Union und den USA beschlossenen Sanktionen gegen Russland seien “dummes Zeug”. Weiter gehende wirtschaftliche Sanktionen würden ihr Ziel verfehlen. Auch sie hätten vor allem symbolische Bedeutung, “aber sie treffen den Westen genauso wie die Russen”, sagte Schmidt.
      Für falsch hält Schmidt auch den Beschluss des Westens, die Zusammenarbeit mit Russland im Rahmen der G 8 einzustellen. “Es wäre ideal, sich jetzt zusammenzusetzen. Es wäre jedenfalls dem Frieden bekömmlicher als das Androhen von Sanktionen”, sagte Schmidt. “Die G 8 ist in Wirklichkeit nicht so wichtig wie die G 20. Aus der G 20 hat man die Russen bisher nicht rauskomplimentiert.”
      Quelle: Zeit Online
    2. Alte Verhaltensmuster
      Berliner Regierungsberater üben scharfe Kritik an der neuen Umsturzregierung in Kiew. So würden Oppositionelle – Parteigänger des rechtswidrig abgesetzten Präsidenten Wiktor Janukowitsch – vor Gericht gezerrt oder gar verhaftet, “wofür sich jeweils ein politischer Beweggrund vermuten lässt”, heißt es in einer aktuellen Stellungnahme aus der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). “Verletzungen parlamentarischer Prozeduren” würden inzwischen “von führenden Vertretern der ukrainischen Zivilgesellschaft moniert”. Zu Wochenbeginn ist ein Anführer des faschistischen “Rechten Sektor” erschossen worden; Fotos deuten auf eine gezielte Exekution des Mannes durch die ukrainische Polizei hin. Die SWP moniert auch die antirussische Agitation, die im an Moskau orientierten Teil der Bevölkerung massive Befürchtungen wecke; bestärkt werden diese durch die wüsten Drohungen, die die prowestliche Politikerin Julia Timoschenko kürzlich in einem abgehörten Telefongespräch ausstieß. Inzwischen werden neue Details über den Deal bekannt, den die von Berlin gestützte Umsturzregierung mit ostukrainischen Oligarchen geschlossen hat, um die Bestrebungen von Teilen der ukrainischen Bevölkerung, eine Annäherung an Moskau zu erreichen, zu bekämpfen. Er würde offenbar die verhassten Oligarchen noch weiter stärken. In die Verhandlungen mit den Oligarchen ist auch der deutsche Außenminister involviert…
      Quelle: German-Foreign-Policy
    3. Helmut Schmidt findet Putins Vorgehen auf der Krim “verständlich”
      Der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) findet das Vorgehen des russischen Präsidenten Wladimir Putin auf der Halbinsel Krim “durchaus verständlich”. Schmidt kritisierte im Gespräch mit der Wochenzeitung “Zeit” vom Donnerstag den Umgang des Westens mit der Krise. Die von der EU und den USA beschlossenen Sanktionen gegen Russland seien “dummes Zeug”. Weiter gehende wirtschaftliche Sanktionen würden ihr Ziel verfehlen und würden den Westen ebenso treffen wie die Russen.
      Quelle: AFP

      Anmerkung unseres Lesers H.H.: Vielleicht findet die von Helmut Schmidt geäußerte Kritik ja Einzug in den Mainstream. Es wäre jedenfalls zu hoffen!

  2. Frankreich will Praktika neu regeln: Verschärftes Gesetz soll
    Ausbeutung von Schülern und Studenten beenden
    In Frankreich ist die Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen hoch. Das nutzen die Firmen aus, indem sie massenhaft Praktikanten als billige Arbeitskräfte missbrauchen.
    Heute sind in den Unternehmen Frankreichs 1,6 Millionen Schüler, Uniabsolventen und jugendliche Arbeitslose als Praktikanten beschäftigt, während es 2006 erst 600 000 waren. Viele Unternehmen haben in den letzten Jahren diese Möglichkeit entdeckt, sich preiswert oder gar kostenlos Zeitarbeitskräfte zu beschaffen. Nur 38 Prozent der heutigen Praktikanten haben einen Vertrag, der ihren Einsatz am Arbeitsplatz regelt und ihnen einen bescheidenen Lohn garantiert. Die meisten arbeiten kostenlos, um ihren Lebenslauf für spätere Bewerbungen »anzureichern« oder in der Hoffnung, am Ende des Praktikums fest angestellt zu werden.
    Quelle: Neues Deutschland

    Anmerkung WL: Und bei uns sollen gerade Schüler vom Mindestlohn ausgenommen werden und damit ein Tor zu ihrer Ausbeutung geöffnet werden.

  3. Werkverträge in Forschung und Entwicklung
    Wie Unternehmen auf eine Strategie setzen, die am Ende teuer werden könnte…
    Trotz vielfältiger Beteuerungen der Unternehmen (Schutz der Kernkompetenzen) nimmt die Vergabe von Werkverträgen seit einigen Jahren auch im sensibel bezeichneten F+E Bereich zu. Seit 1991 sind die externen F+E-Aufwendungen, also jene die von den Unternehmen nach außen vergeben werden, deutlich größer als die internen F+E Aufwendungen; während sich die internen Aufwendungen nur verdoppelt haben, haben sich seit dieser Zeit die externen vervierfacht. Zwar verbleibt der überwiegende Teil (2011: 61,2 % – 1991: 62,9 %) der externen F+E-Aufwendungen im inländischen Wirtschaftssektor und davon wiederum fließen ca. 40 Prozent an verbundene Unternehmen der eigenen Unternehmensgruppe. Der größte Teil der externen F+E-Aufwendungen geht jedoch an fremde Unternehmen im Inland. Für die externen Auftragnehmer bleibt das Geschäft allerdings äußerst volatil: Von 1999 bis 2011 sind die externen F+E-Aufwendungen siebenmal zurückgegangen, die internen Aufwendungen hingegen nur dreimal…
    Werkverträge bergen für das Stammpersonal zwei Risiken: Die Werkvertragsfirmen stellen für unterschiedliche Profile und Entwicklungsschritte häufig maßgeschneidertes qualifiziertes Personal bereit. Für Unternehmen stellt dies ein Anreiz dar, Aufträge vermehrt extern zu vergeben und die betrieblichen Alternativen (Festeinstellungen von Experten oder die Weiterqualifizierung des eigenen Stammpersonals) nicht mehr konsequent zu verfolgen oder sie von vornherein mit dem Kostenargument abzublocken.
    Das zweite, erheblich größere Risiko besteht darin, dass hochqualifizierte und wertschöpfende Tätigkeiten, also die Kernkompetenzen des jeweiligen Betriebs, an Externe verlagert werden und ein Know-how-Verlust damit einhergeht.
    Quelle: Gegenblende
  4. Burnout – Das gesellschaftliche Leid der Erschöpfung
    Dennoch stellt Burnout keine „Modekrankheit der Besserverdienenden“ dar, wie dies die Medien neuerdings gerne verbreiten, nachdem sie zuvor den publizistischen Wirbel um Burnout selbst erst angefacht haben. In den Zustand einer totalen Erschöpfung der körperlichen und psychischen Kräfte geraten auch Arbeitslose, alleinerziehende Mütter und gewöhnliche Arbeitnehmer. Führungskräfte mögen ein Burnout als „Verwundetenabzeichen der Leistungsgesellschaft“ (Wolfgang Schmidbauer) herzeigen können, das auf ihren besonderen Einsatz in der Berufswelt verweist, ohne sich dem Stigma einer Depression aussetzen zu müssen. Dieser symbolische Vorteil ändert nichts daran, dass für die Entstehung eines belastungsbedingten Zusammenbruchs ein zumeist länger anhaltender Leidensdruck verantwortlich ist…
    Aus dem Blickwinkel der Soziologie stellt Burnout ein subjektives Leid dar, für das die medizinische Behandlungsdiagnose einer „Krankheit“ nicht entscheidend ist, da sich in ihm über individuelle Belastungen hinaus gesellschaftliche Probleme des modernen Berufs- und Privatlebens dokumentieren. So sind sich medizinische, psychologische und sozialwissenschaftliche Experten auch weitgehend darin einig, dass Burnout ein meist arbeitsbedingtes Erschöpfungssyndrom darstellt, dessen Ursachen in den Belastungsfaktoren eines gesellschaftlichen Wandels zu suchen sind, der von dem Einzelnen in hohem Maße berufliche Einsatzbereitschaft, eine starke Identifikation mit der Arbeit, zeitliche Flexibilität, persönliche Eigenverantwortung und vermehrte Selbststeuerung bei der alltäglichen Lebensbewältigung einfordert.
    Die Zunahme des Burnout-Syndroms im letzten Jahrzehnt ist kein Zufall…
    Quelle: Gegenblende
  5. Arbeitsgericht Bochum Rewe-Markt muss Praktikantin 17.000 Euro nachzahlen
    Monatelang arbeitete eine 19-Jährige in einem Bochumer Rewe-Markt als Praktikantin. Monat für Monat unbezahlt. Sie verklagte den Laden – und bekommt nun rückwirkend die Arbeitsstunden bezahlt. Ihr Anwalt erklärt, wie man sich gegen Ausbeutung wehren kann.
    Quelle: Spiegel-Online
  6. Mathew D. Rose: Hello European Deflation! Good-bye Periphery!
    “What do German wage earners have from being the “World export champion”? A decrease or stagnation of real wages, an increase in poorly paid jobs, a lack of investment in infrastructure and education, which is a threat to future employment.
    For Germans – and not only wage-earners – the title of “World Export Champion” confirms their conviction that they are more hardworking, more intelligent and more disciplined than their indolent and corrupt neighbours in the South and East and for that matter anyone else in the world. Facts, such as that French workers are more productive than their German counterparts, are irrelevant.”
    Quelle: Naked Capitalism

    Anmerkung eines Lesers: Der gesamte Artikel liefert eine sehr gute Analyse der europäischen Krise und der Rolle Deutschlands (leider nur auf englisch). Definitiv lesenswert mit wichtigen Fragen, die in der öffentlichen Debatte in Deutschland leider keine Rolle spielen.

  7. Rhön geht gegen Kritiker vor
    Notruf 113-Aktivisten kämpfen gegen die Privatisierung des Gesundheitswesens. Die an den Rhön-Konzern verkaufte Universitätsklinik Gießen-Marburg ist ihnen deshalb ein Dorn im Auge. Rhön droht seinen Kritikern mit Klage…
    Zu ernst ist die Lage. Zu groß sind die Befürchtungen, dass sich die Situation in der vor sieben Jahren an den Rhön-Konzern verkauften Uniklinik weiter zuspitzt. Es häufen sich Berichte von Mitarbeitern und Patienten, wonach der Personalmangel sich immer massiver auf die Versorgung der Kranken auswirkt. „Irgendwann bin ich auch mal alt und muss vielleicht an der Uniklinik behandelt werden“, sagt Susanne Lather, niedergelassene Orthopädin. Auch deshalb engagiere sie sich bei Notruf 113.
    Risikolos ist das nicht. Rhön geht nicht zimperlich mit seinen Kritikern um. Notruf 113 rede die Arbeit der Pflegekräfte und Ärzte grundlos schlecht, beschädige den guten Ruf der Uniklinik, wetterte die Geschäftsführung mehrfach in Rundschreiben an die Mitarbeiter. Mit der Weihnachtspost 2010 flatterte drei Notruf-Aktivisten eine Klageandrohung wegen Unterlassung und Schadensersatz ins Haus. Mindestens 100.000 Euro sollte jeder von ihnen zahlen. Ein Einschüchterungsversuch, der nach hinten losging. Die drei machten das Schreiben öffentlich, Rhön erntete noch mehr Kritik.
    Quelle: FR
  8. Bertelsmann: Das Geschäft mit Bildung soll Milliardenumsatz bringen
    Bertelsmann bilanzierte am Mittwoch mit 870 Millionen Euro das beste Konzernergebnis seit 2006.
    Bildung sei ein “globaler Megatrend”, sagte Rabe, der dieses Wachstumsfeld zur Chefsache erklärt hat. Nach einem Investment in einen Fonds (University Ventures I) folgt nun eine Investition in den Nachfolgefonds, der größer und breiter aufgestellt sein wird. Der Umsatz mit Investitionen in Unternehmen, die im (digitalen) Bildungssektor unterwegs sind, soll in den kommenden 3 bis 5 Jahren eine Milliarde Euro erreichen. Zu den Investitionsfeldern gehört die Medizinische Bildung sowie Online-Angbote in der “higher Education”, also bei der universitären Bildung. Die Bereitschaft der Menschen, für Bildungsangebote zu bezahlen (statt sie gratis in Anspruch zu nehmen), sei vorhanden. Margen von etwa 20 Prozent seien realistisch.
    Für 2014 kündigte Thomas Rabe eine “deutliche Umsatzsteigerung” und ein steigendes Ergebnis an.
    Quelle: MEEDIA

    Anmerkung WL: Wieder einmal ein plastisches Beispiel wie das Zusammenspiel von Bertelsmann Stiftung und Bertelsmann AG funktioniert. Da bereitet die Stiftung die Privatisierung der Bildung mit ihren Aktivitäten und Kampagnen vor, angefangen von der Selbstevaluation der Schulen, über die selbstständig Schule bis hin zur „unternehmerischen Hochschule“, einem Ranking bei dem das E-Learning ein wichtiges Kriterium ist und dann bietet der Konzern eben den zu „Kunden“ degradierten Studierenden die entsprechende Lernsoftware an.
    “Langfristig soll Bildung für Bertelsmann zur dritten Säule neben Medieninhalten und Dienstleistungen werden”, sagte Vorstandschef Thomas Rabe bei der Vorstellung der Jahresbilanz. So soll ein dreistelliger Millionen-Dollar-Betrag in einen neuen Fonds gesteckt werden, der in Geschäfte mit Online-Studiengängen, Dienstleistungen für Universitäten sowie medizinische Aus- und Fortbildungen vor allem in den USA investiert, schreibt Spiegel Online. Siehe dazu „Goldader“ Bildung. Schon vor zwei Jahren sagte ich in einem Interview voraus:
    „Ein zweistelliger Millionenbetrag ist für ein Unternehmen wie Bertelsmann, das über 15 Milliarden umsetzt, sozusagen „Spielgeld“, das man locker einsetzen kann, um Gewinnchancen auf dem „Bildungsmarkt“ auszuloten. Die Bertelsmann AG wettet sozusagen wie ein Investmentbanker darauf, dass der gerade auch von der „gemeinnützigen“ Bertelsmann Stiftung vorangetriebene Trend zur Privatisierung der Bildung sich verstärken wird.“

  9. GEW verlangt 57 Milliarden Euro mehr für Bildung
    Bildungsgewerkschaft zu Budgetdaten für Bildung, Forschung und Wissenschaft 2012 des Statistischen Bundesamtes
    Frankfurt a.M. – Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat Bund und Länder aufgefordert, jährlich 57 Milliarden Euro mehr für ein qualitativ besseres und zukunftsfähiges Bildungssystem auszugeben. „Auf dem Dresdener ‚Bildungsgipfel‘ haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten 2008 vereinbart, ab 2015 zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Bildung und Forschung zu investieren. Sieben Prozent in Bildung und drei in Forschung. Von diesem Ziel sind wir noch meilenweit entfernt“, sagte GEW-Bildungsfinanzierungsexperte Ansgar Klinger, Vorstandsmitglied für Berufliche Bildung und Weiterbildung, mit Blick auf die Budgetdaten für Bildung, Forschung und Wissenschaft von 2012, die das Statistische Bundesamt heute veröffentlicht hat. Im internationalen Vergleich liege  Deutschland mit einem Anteil von 5,8 Prozent am BIP immer noch weit unter dem avisierten OECD-Durchschnitt von sieben Prozent.
    Quelle: GEW
  10. Hass am Bodensee
    Ein Theater unter Polizeischutz – das hat es in Konstanz noch nie gegeben. Der Grund: Intendant Christoph Nix hat ein Stück über den Völkermord an den Armeniern auf die Bühne gebracht – und schon protestierte der türkische Generalkonsul. Mit ihm seine Landsleute, die sich in ihrer Ehre verletzt fühlten. In Konstanz geht die Angst um, und Ministerpräsident Kretschmann hat jetzt ein Problem.
    Quelle: Kontext:Wochenzeitung

    Hinweis: Auch in dieser Woche wieder interessante Beiträge in Kontext:Wochenzeitung u.a.

    • Warten auf Wolf: Fürs Protokoll ist der Landtagspräsident die letzte große Nummer der Schwarzen im Land. Er hat die Insignien der Macht und nach Einschätzung vieler in der Union das Zeug, Winfried Kretschmann 2016 erfolgreich herauszufordern. Doch Guido Wolf kommt nicht aus der Deckung.
    • Runter vom Balkon: Auch in dieser Woche gibt es wieder dünnere Zeitungen. Baden-württembergische Journalisten streiken, um ihre Verleger zu einem Abschluss zu zwingen. Kontext-Autor Bruno Bienzle erklärt, warum das so schwierig ist. Unter anderem, weil die Pressebengels zu lange auf dem Balkon gesessen haben.
    • Erbärmliche Meute?: Medienschelte ist modern. Oft zurecht, häufig aber auch nicht. Meint Kontext-Gastautor Peter Henkel, der lange Jahre in dem Gewerbe gearbeitet hat. Dem ehemaligen FR-Journalisten und Buchautor missfällt, dass alles über einen Kamm geschoren wird.
    • Der Anders-Herum-Geher: Thaddäus Troll – der schwäbische Schelm. Aber Hans Bayer, so sein bürgerlicher Name, taugt nicht zur Folklore, die zu seinem 100. Geburtstag hervorgeholt wird. Sein Weggefährte Jürgen Lodemann beschreibt den politischen Troll, den Stuttgart dringend nötig hätte.

    Am Samstag als Beilage zur taz.

  11. Ohrfeige für die Scharfmacher der CSU
    Wer betrügt, der fliegt? Mit solchen Sprüchen zur Zuwanderung von Rumänen und Bulgaren müsste jetzt Schluss sein. Denn ein Bericht der Bundesregierung stellt klar: Wenn es Probleme gibt, dann sind sie beherrschbar und regional stark begrenzt.
    Wäre Thomas de Maizière in der CSU, er hätte wohl schon nach seinen Eingangsworten ein Verfahren wegen parteischädigenden Verhaltens am Hals. Kein “Wer betrügt der fliegt”, keine sonstigen markigen Sprüche zur Frage der Armutszuwanderung aus Rumänien und Bulgarien kommen dem CDU-Politiker über die Lippen. Stattdessen sagt er, die Debatte sei ja “spektakulär” geführt worden – in Anspielung auf die Äußerungen von CSU-Chef Horst Seehofer Ende 2013. Es sei deshalb gut, dass sie in die “geordneten Bahnen des Regierungshandles überführt” worden sei. De Maizière ist eben eher der sachliche Typ.
    Zusammen mit Arbeitsministerin Andrea Nahles von der SPD hat der Innenminister den Zwischenberichts eines Ausschusses von Staatssekretären vorgestellt, der sich mit der Thematik befasst hat. Der Titel ist etwas sperrig: “Rechtsfragen und Herausforderungen bei der Inanspruchnahme der sozialen Sicherungssysteme durch Angehörige der EU-Mitgliedsstaaten”.
    Quelle: SZ

    Anmerkung RS: Trotz dieser Erkenntnisse sollen die Regeln und Kontrollen verschärft und dabei die Freizügigkeit eingeschränkt werden.

  12. Türkischer Name schmälert Chance auf Ausbildungsplatz
    “Ein ernsthaftes Diskriminierungsproblem”: Jugendliche mit türkischen Namen haben einer Studie zufolge schlechtere Chancen auf einen Ausbildungsplatz – auch wenn sie die gleiche Qualifikation haben wie Bewerber mit deutschen Namen.
    Es geht ungerecht zu auf dem deutschen Ausbildungsmarkt, wenn bereits die vermeintliche Herkunft und der Name entscheiden, ob ein Bewerber eine Chance bekommt. So haben Schüler mit türkischen Namen bei ihrer Ausbildungssuche mit Diskriminierung zu kämpfen. Sie müssen mehr Bewerbungsbriefe verschicken, bis sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden, als ihre Mitbewerber mit deutschem Namen und gleich gutem Schulabschluss. Das geht aus einer aktuellen Studie des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen hervor.
    Schon in der ersten Bewerbungsphase würden Schüler mit einem türkischen Namen benachteiligt, fassen die Wissenschaftler ihre Erkenntnisse zusammen. Um zum Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden, müsse ein Kandidat mit deutschem Namen im Schnitt fünf Bewerbungen schreiben, ein Mitbewerber mit türkischem Namen dagegen sieben. “Wir haben es in Deutschland mit einem ernsthaften Diskriminierungsproblem zu tun”, sagte Studienleiter Jan Schneider.
    Quelle: SZ

    Anmerkung unseres Lesers H.H.: In dieser Studie werden die Probleme endlich einmal auch auf belastbare Fakten und Zahlen gestützt. Irgendwie gewusst haben wir es ja alle längst, offen darüber reden will freilich niemand. Wobei die Diskriminierung am Arbeitsplatz nicht endet. Auch wer auf Ämtern vorstellig wird oder gar eine Wohnung sucht, hat mit einem ausländisch klingenden Namen schlechte Karten. Die Studie hatte darüber hinaus noch einen weiteren, entlarvenden Effekt: der von den Unternehmen viel beschworene Fachkräftemangel wurde (wieder einmal) ad absurdum geführt!

  13. Große Koalition wird teuer für Verbraucher
    100-Tage-Bilanz: Kostensteigerungen drohen
    Seit 100 Tagen ist die Bundesregierung im Amt. Bei wichtigen Verbraucherthemen wie der Energiewende oder der gesetzlichen Krankenversicherung droht sie bereits, Akzeptanz zu verspielen: Die Zeichen stehen auf Kostensteigerungen. „Die Koalition darf gesellschaftliche Herausforderungen nicht einseitig zu Lasten von Verbraucherinnen und Verbrauchern lösen. Wir brauchen mehr Augenmaß“, sagt Holger Krawinkel, Leiter des Geschäftsbereichs Verbraucherpolitik beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).
    Quelle: Verbraucherzentrale Bundesverbands e.V. (vzbz)
  14. Atomkraft hat keine Zukunftsaussichten
    DIW Berlin: Atomausstieg in Deutschland bleibt sinnvoll und machbar – Atomkraftwerk in Grafenrheinfeld kann wie geplant Ende 2015 schließen – Endlagerfrage noch immer nicht beantwortet
    Quelle: DIW
  15. Bei der studentischen Internationalisierung herrscht Nachholbedarf
    Immer mehr Studierende lösen mit Hilfe eines Erasmus-Stipendiums das Ticket ins Ausland. Im Studienjahr 2012/13 absolvierten 35.000 Hochschüler aus Deutschland einen Teil ihres Studiums oder ein Praktikum in einem der 33 europäischen Teilnehmerländer. Für die Bundesregierung ist das eine “Erfolgsgeschichte und ein ermutigendes Zeichen für die junge Generation in Europa”. Ob der frohen Kunde sollte nicht vergessen werden: Bisher galt Bologna eher als Mobilitätsbremse und Deutschland selbst glänzt nicht gerade mit einer herzlichen Willkommenskultur.
    Quelle: StudisOnline
  16. Überwachung in den USA : Obama will NSA die Kontrolle über Telefondaten entziehen
    Das anlasslose Massenspeichern von Verbindungsdaten amerikanischer Bürger durch die NSA könnte bald vorbei sein: Die “New York Times” berichtet, Präsident Obama werde in Kürze neue Regeln vorschlagen, die massive Einschnitte in die Befugnisse des Geheimdienstes vorsehen. In Washington regt sich Widerstand.
    Quelle: SZ
  17. Prozeßfarce in Minya
    Ägypten: 529 Todesurteile gegen Muslimbrüder in einem Prozeß. Zeugen wurden nicht gehört, Stellungnahmen der Verteidiger zu den Anklagepunkten verweigert
    Sofian Philip Naceur, Kairo
    Ägyptens Justiz setzt im Umgang mit der verbotenen und im Dezember 2013 zur terroristischen Vereinigung erklärten Muslimbruderschaft weiter auf einen harten Kurs. Am Montag verurteilte ein Gericht in Minya in Oberägypten 529 angebliche Mitglieder der Organisation zum Tode, 18 wurden freigesprochen. Die Anklage geht auf die gewaltsame Stürmung einer Polizeiwache in Minya am 14. August 2013 zurück, bei der ein Polizeioffizier ums Leben kam. Während der gewaltsamen Räumung zweier Protestcamps der Muslimbrüder in Kairo und Giza waren am selben Tag mehrere hundert Menschen getötet worden. In ganz Ägypten fanden danach gewaltsame Proteste von Muslimbrüdern statt, die staatliche Einrichtungen wie Polizeistationen angegriffen hatten. Das Urteil wurde im Schnellverfahren durchgepeitscht und bereits am zweiten Prozeßtag ausgesprochen. Nach der Urteilsverkündung entbrannte ein Sturm der Entrüstung.
    Quelle: junge Welt
  18. Nachtrag: Nachdenkseiten und Friedensbewegung – ein Leserbrief
    Werter Herr Müller!
    Zu dem von Ihnen heute auf den nds veröffentlichten Text möchte ich noch ein paar Gedanken anfügen:

    Ich denke, dass die „Friedensbewegung“ mit dem endgültigen Eintritt der „Grünen“ in den Mainstream eine nun teils verunsicherte teils zufriedene Basis hat, die deshalb nicht mehr mobilisierbar ist. Die Bellizisten haben gesiegt!

    Die Tatsache, dass die Mainstreammedien kriegshetzerisch statt aufklärerisch agieren ist m.E. unter anderem darauf zurückzuführen, dass führende Mainstreamer wie Kleber und Burow die Aura des „Kalten des Krieges“ quasi mit der Muttermilch in sich eingesogen haben. Jetzt brauchen sie ihre alten Vorurteile nur noch zu revitalisieren. Allerdings zum Schaden der Allgemeinheit.

    Dass ihre jüngeren Nachfolger ins selbe Horn stoßen verwundert wenig, wenn man bedenkt, wer sie sozialisiert hat.

    Trotz aller Propaganda scheint die Mehrheit der deutschen Bevölkerung, dem alltäglichen Bellizismus nicht (noch nicht) anzuhängen. Spricht eher für die Regierten statt für die Regierenden!.

    Darum halte ich es für wichtig, dass Sie die Diskussion um die derzeit fußlahme Friedensbewegung angestoßen haben und würde mir wünschen, dass die nds im Umfeld der organisierten Friedensbewegung mehr recherchiert und entsprechende Verlautbarungen über ihr Portal einem größeren Leserkreis, und damit wohl auch Journalisten, zugänglich macht.

    Soweit meine Überlegungen.

    Ich verbleibe mit herzlichem Dank für das Engagement der nds
    Jürgen Scherer
    Alsbach an der Bergstraße


Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/

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