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Titel: Ergänzung zu Klotz am Bein, konkret zur Leiharbeit

Datum: 16. Februar 2007 um 9:59 Uhr
Rubrik: Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik
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Wir versuchen Ihnen immer wieder auch praktische Beispiele zu geben, mit deren Hilfe Sie Ihre Argumentation anderen im privaten Bereich oder im Betrieb anschaulicher machen können. Dabei kommt uns die Aufmerksamkeit unserer NutzerInnen sehr zugute. Danke. Heute geben wir eine Mail weiter, die über einen praktischen Fall von Leiharbeit berichtet. Anstoß war vermutlich unsere Meldung zu den Klötzen am Bein unserer Volkswirtschaft, Ziffer 5.

Hier die Mail:

Wollte euch kurz über eine kleine Erfahrung zum Thema Leiharbeit In Kenntnis setzen, die ich heute von einem Kollegen erfahren habe, dessen Bruder von dieser modernen Art der Sklavenarbeit betroffen ist.

Der Bruder meines Kollegen ist 33. Mit 20 hatte er seine Lehre als Maschinenschlosser in einem renommierten Metallbetrieb im mittleren Neckarraum abgeschlossen. Mit den Jahren wurde der Betrieb von ehemals 700 auf heute ca. 200 Mitarbeiter rationalisiert. Auch ihn hat es dann vor einiger Zeit in Form der Kündigung erwischt. Clever und vorsorgend, wie die meisten Schwaben sind, hatte er gleich nach seiner Kündigung den Meister gemacht. Nach einigen Monaten der vergeblichen Suche nach einem neuen Betätigungsfeld hat er es dann bei einer Zeitarbeitsfirma versucht. Diese wollte ihn zunächst gar nicht nehmen (wahrscheinlich war er überqualifiziert), gab ihm dann aber doch eine Zusage, nachdem seine alte Firma (!) für ihn interveniert hatte. Das Ergebnis der ganzen Aktion ist nun, dass er heute wieder in der gleichen Firma, an derselben Maschine wie schon vor 13 Jahren arbeitet. Nur mit dem Unterschied, dass er diese Arbeit für weniger, sprich Zeitarbeitslohn verrichtet.
Solch ein System kann doch nur als zynisch bezeichnet werden, oder?!

Anmerkungen AM:

  1. So ist es. Zynisch in Bezug auf die betroffenen Menschen. Und verschwenderisch in Bezug auf die optimale Allokation, also die Verwendung der Ressourcen. Auch hier hilft es zum Verständnis, wenn man in realen Größen denken lernt. Dann erkennt man: die Tätigkeit der Leiharbeitsfirma ist die glatte Verschwendung. Da gibt es ja keine eigene Wertschöpfung, nur eine vom ausgeliehenen Arbeitnehmer abgeleitete Wertschöpfung.
  2. Dass es überhaupt Leiharbeit gibt und dass auf diese Weise die Menschen schlicht und einfach ausgebeutet werden, zeigt einmal mehr, wie wichtig es wäre, in unserer Volkswirtschaft auf eine um vieles stärkere konjunkturelle Belebung zu setzen. Erst wenn die Konjunktur wirklich brummt, haben die Arbeitnehmer wieder eine Alternative. Erst dann können sie wie im konkreten Fall darauf verzichten, über Leiharbeit vermittelt zu werden. Dann finden sie einen regulären Job, wenn der alte Arbeitsplatz der Rationalisierung zum Opfer fällt.
    Ich erwähne dies auch deshalb, weil ich in meinen Buchlesungen und Vorträgen nahezu regelmäßig kritisch darauf angesprochen werde, ich sei doch zu sehr ein Befürworter von Wachstum.
    Ich bin alles andere als ein Wachstumsfanatiker, ich befürworte Wachstum nicht einfach als Ziel. Die Wachstumsrate unserer Volkswirtschaft wird am Ende eines Jahres gemessen. Was dazwischen stattfindet, ist wichtig. Wirtschaftliche Belebung ist wichtig, damit Menschen mit den verschiedensten Qualifikationen nachgefragt werden, damit sie – wie gesagt – Alternativen haben und auch nein sagen können. Damit ihre Einkommen wieder steigen, damit sie zuhause bleiben können, wenn sie wirklich krank sind. Damit sie sich gegen unmenschliche Arbeitsbedingungen und Stress wehren können. Damit ihre in Jahrzehnten erworbenen Arbeitnehmerrechte noch etwas gelten. – All dies wird nur wieder etwas wert, wenn die Konjunktur wirklich gut ist.


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