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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 25. März 2014 um 8:42 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/WL)

  1. Krim-Krise
  2. Kriegshetze
  3. Massendemonstrationen in Spanien gegen den „sozialen Notstand“
  4. Euro-Krise
  5. Jugend ohne Mindestlohn?
  6. Zweitjobs auf Rekord-Niveau
  7. Orwell 2.0
  8. TTIP
  9. Lobbyismus
  10. Kleinere Gehaltserhöhung für Bahnchef Grube
  11. Gauweilers Taschengeld
  12. »Kölner Stadt-Anzeiger« und »Rundschau« legen Lokalredaktionen zusammen
  13. Studierende der GEW zum Hochschulzukunftsgesetz NRW
  14. Schlappe für Präsident Hollande
  15. Zu guter Letzt: Der Frühling, die schönste Jahreszeit

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Krim-Krise
    1. Gescheiterte Russlandpolitik
      Die SPD hat sich in unverantwortlicher Weise vom Erbe des Friedensnobelpreisträgers Willy Brandt entfernt. Statt Russlands Sicherheitsinteressen ernst zu nehmen und eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur mit Russland zu erarbeiten, setzen Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Vizekanzler Sigmar Gabriel auf den US- und NATO-Kurs, Russland mit Hilfe von NATO-Osterweiterung und Raketenstationierung einzudämmen. In der Ukraine-Krise hat das fatale Konsequenzen.
      Als Außenminister Steinmeier Anfang des Jahres auf der Münchner Sicherheitskonferenz sagte, dass Deutschland eigentlich zu groß sei, um Weltpolitik nur von der Außenlinie zu kommentieren, schien er bereits seine Mission »Steinmeier rettet die Ukraine« vor Augen gehabt zu haben. Als er wenige Wochen später tatsächlich an der Aushandlung des Abkommens beteiligt war, das am 21. Februar in Kiew von der Opposition und dem amtierenden Präsidenten Janukowitsch unterschrieben wurde, schienen sich einige Kommentatoren vor Begeisterung nicht mehr halten zu können. In einem »Jetzt geht’s los«-Tenor wurde sogleich eine neue deutsche Außenpolitik ausgerufen, garniert mit »europäischer Führungsrolle« und »mehr militärischer Verantwortung«.
      Steinmeiers »Diplomatenkunst« war zu diesem Zeitpunkt aber schon erkennbar unverantwortlich. Er handelte das Abkommen unter anderem mit der völkisch-faschistischen Swoboda-Partei aus.
      Quelle: neues deutschland
    2. Neue, schwache Ukraine
      Die neue Führung der Ukraine hat zwar Ansätze für dringend notwendige Wirtschaftsreformen. Doch wegen der Krim-Krise wird das Geld in die Verteidigung gesteckt, um den Anschein der Stärke zu erwecken.
      Die neue Führung hat im eigenen Land weniger ein Legitimitätsproblem (diese Debatte wird eher in der EU und in Moskau geführt), und sie hat auch weniger ein Problem mit dem Vorwurf, sie sei von Neonazis durchsetzt – ungeachtet der Übergriffe von Swoboda-Abgeordneten. Die neue “Macht”, wie das in der Ukraine heißt, hat vielmehr das Problem, dass sie kaum zeigen kann, was sie könnte, weil sie viel zu sehr mit der aktuellen Krise beschäftigt ist. Es gibt nämlich durchaus einige pragmatische Ansätze für Finanz- und Wirtschaftsreformen.
      Aber diese radikalen Reformen, die dringend nötig wären und von den westlichen Geldgebern vehement gefordert werden, sind derzeit, unter dem Druck der Ereignisse, nicht oberste Priorität. Stattdessen wird Geld, das nicht da ist, in die Verteidigung gesteckt, um den Anschein zu erwecken, das Land und seine Führung seien stark. Die Einigkeit der Ukraine wird im Angesicht des gemeinsamen Feindes beschworen, und weil diese Einigkeit derzeit als höchstes Gut gilt, will man das fragile Gleichgewicht nicht auch noch mit der Ankündigung höherer Energiepreise oder von Subventionskürzungen befrachten.
      Quelle: SZ

      Anmerkung JK: Der Artikel ist insofern interessant, als er die übliche anti-russische Propaganda mit der Forderung nach radikalen neoliberalen Reformen in der Ukraine verbindet und zeigt welche Interessen die EU und Deutschland mit der Ukraine verfolgen: Eine Markterweiterung. Die größte Sorge der Autorin ist offenbar, dass die neue Führung der Ukraine sich nicht schnell genug in Richtung „marktkonforme“ Demokratie bewegt. Wie die „dringend benötigten radikalen Reformen“ aussehen, dafür liefert der IWF mit der Forderung nach der massiven Kürzung der Energiesubventionen für die Privathaushalte bereits einen Vorgeschmack. Die Bürger der Ukraine dürfen sich schon einmal auf einen kalten nächsten Winter freuen.
      Natürlich ist es reichlich merkwürdig, dass Janukowitsch das Assoziierungsabkommen mit der EU ablehnte und damit sein politisches Todesurteil unterschrieben hat und den neuen Machthabern nun nichts wichtiger ist, als in einer ihrer ersten Amtshandlungen dieses Abkommen unterzeichnen. Ebenso sollen die Assoziierungsabkommen der EU mit Georgien und Moldawien bereits im Juni unterzeichnet werden. Die EU schreitet also mit ihrer Osterweiterungspolitik weiter fort.

    3. Die Guten und die Bösen?
      Extremisten, Technokraten, Oligarchen: Die Mitglieder der ukrainischen Übergangsregierung sind in durch und durch korrupten Strukturen aufgestiegen. Makel im Lebenslauf sind bei fast allen geblieben.
      Quelle: FAZ

      Anmerkung JK: Solange die Regierung Jazenjuk das Assoziierungsabkommen mit der EU unterzeichnet ist alles gut. Da sollte man nicht so kleinlich sein. Gerade die Regierung Timoschenko, die von den westlichen Medien zur Märtyrerin stilisiert wurde, scheint in Sachen Korruption dem gestürzten Janukowitsch aber in nichts nach gestanden zu haben.

      Dazu noch einmal: Guter Oligarch, böser Putin

  2. Kriegshetze
    1. Keine Lust auf strategische Vorgärten
      Wenn die bisherige Amtszeit Obamas eine Erkenntnis gebracht hat, dann diese: Nichts scheut der Präsident so sehr wie die Verwicklung in fremde Händel. Obama sieht Amerika nicht als Weltpolizisten, die Rettung von Detroit ist ihm wichtiger als die Rettung von Donezk. Obama ist kein Oberbefehlshaber, der Divisionen in ferne Schlachten entsendet. Er schickt seinen Gegnern eine Drohne. Die zivile Variante davon ist die Kontensperrung.
      Barack Obama kommt also nicht als der große Schutzpatron nach Europa. Die Wut in Washington über Putins dreisten Landraub entspringt weniger geopolitischen Überlegungen. Obama ist verärgert, weil der Russe wieder mal querschießt und ihm ein Problem aufhalst, das nicht in sein politisches Kalkül passt. Obama ist kein John F. Kennedy, der bereit ist, “jeden Preis zu bezahlen, jede Last zu tragen”, um die Freiheit in Europa zu verteidigen. Sewastopol im Jahr 2014 ist nicht Berlin im Jahr 1961.
      Das ist beruhigend, aber auch ernüchternd: Einen Krieg um die Krim wird es nicht geben. Freiheit für die Krim aber so schnell auch nicht.
      Quelle: SZ

      Anmerkung JK: Natürlich ist Obama „die Rettung von Detroit … wichtiger als die Rettung von Donezk“ und es ist das Beste was Obama tun kann, keinen Menschenleben und keinen Schuss Pulver für die Krim zu opfern. Aber dieser Kommentar hört sich fasst so an als bedaure Wetzel, dass es keinen „Krieg um die Krim“ geben wird. Sollte es trotzdem zum Äußersten kommen melden sich Leute wie Wetzel hoffentlich sofort freiwillig für den Fronteinsatz.

    2. Putin und die Ukraine-Krise: Das falsche Feindbild
      Die Kanzlerin droht Russland mit mehr Sanktionen. Die Verteidigungsministerin will sogar gleich die Panzerketten ölen lassen: Die Nato solle an ihren “Außengrenzen” mehr “Präsenz” zeigen, sagte Ursula von der Leyen im SPIEGEL. Im Wettrüsten der Worte hält der Westen also gut mit. Staunend lernt die Öffentlichkeit, dass offenbar beide Seiten in diesem neuen Ost-West-Konflikt, der um das Schicksal der Ukraine ausgebrochen ist, kein Interesse an Entspannung haben.
      Doch Merkels Politik schadet den deutschen Interessen. Denn aus historischen und wirtschaftlichen Gründen kann sich Deutschland einen Konflikt mit Russland nicht leisten. Für Wladimir Putin dagegen lohnt sich der Kurs der Konfrontation: Machtdemonstrationen statt Modernisierungsmühen. Das ist der leichtere Weg. In Russland ist der Herr des Kreml so beliebt wie schon lange nicht mehr. Aber nicht nur dort. Der Kampf mit EU und USA könnte ihn zum neuen Helden Asiens machen.
      Die Krim-Krise zeigt: Putin wendet sich vom Westen ab. “Die Russen hatten lange eine Engelsgeduld”, sagte schon 2012 ein mit Russland befasster SPD-Abgeordneter des Europa-Parlaments. Aber nicht mal die Visa-Freiheit wollte die EU Putin gewähren, von seinen großen Plänen einer atlantisch-pazifischen Freihandelszone ganz zu schweigen.
      Quelle: SPON
    3. Julia Timoschenko: „Zu den Waffen greifen und die Russen vernichten!“
      Telefonat mit der ukrainischen Ex-Regierungschefin wurde abgehört und ins Netz gestellt.
      Julia Timoschenko, ukrainische Ex-Regierungschefin und politische Verbündete deutscher Regierungspolitiker in der derzeitigen Krise um die Ukraine, hat sich in einem Telefonat mit dem ehemaligen Vizechef des nationalen Rates für Sicherheit und Verteidigung, Nestor Schufritsch von Viktor Janukowitschs Partei der Regionen, für die „Vernichtung der verfluchten Russen “ ausgesprochen.
      „Ich werde all meine Beziehungen spielen lassen, die ganze Welt auf die Beine stellen, damit von Russland nicht mal verbrannte Erde übrig bleibt“, sagte Timoschenko in einem am Montag bei YouTube veröffentlichten Video. Das Telefonat ist abgehört und ins Internet gestellt worden.
      Timoschenko selbst bestätigte auf ihrer Twitter-Seite inzwischen die Echtheit des Gesprächs.
      In Medienberichten wird vermutet, dass die Unterredung stattfand, als Timoschenko in der Berliner Charite-Klinik wegen ihres Bandscheibenleidens behandelt worden war.
      Quelle: Weltnetz TV
  3. Massendemonstrationen in Spanien gegen den „sozialen Notstand“
    1. Spanien – Gegen den “sozialen Notstand”
      Unter dem Motto “Marsch der Würde” haben zehntausende Spanier in der Hauptstadt Madrid gegen die Sparpolitik und die hohe Arbeitslosigkeit in ihrem Land demonstriert. Acht Protestzüge strömten aus verschiedenen Richtungen zum zentralen Bahnhof Atocha, wo sie sich zu einem großen Marsch durch die Innenstadt zusammenschlossen.
      Die Teilnehmer der acht Protestzüge kamen unter anderem aus den Regionen Andalusien im Süden, Katalonien im Osten, Asturien im Nordosten und der Extremadura im Westen und waren bis zu einem Monat unterwegs. Zu der Massendemonstration hatten rund 300 Organisationen aufgerufen. Entweder reagiere die Regierung auf die Forderungen der Menschen oder sie könne “ihre Koffer packen”, sagte Diego Cañamero, Sprecher der Arbeitergewerkschaft in Andalusien. Es herrsche “sozialer Notstand” im Land.
      Spanien ist die viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone. Das Land leidet noch immer unter den Folgen der 2008 geplatzten Immobilienblase und steckte seit Ende 2011 in der Rezession. Das damals vom konservativen Regierungschef Mariano Rajoy auf den Weg gebrachte Sparprogramm, mit dem die Schuldenlast verringert und das Vertrauen in den Bankensektor wieder hergestellt werden sollte, brachte keine langfristigen Erfolge.
      Zwar besserte sich zuletzt die Lage und das Land entkam Ende vergangenen Jahres nach Einschätzung der Zentralbank der Rezession. Die Arbeitslosigkeit verharrt jedoch weiter auf sehr hohem Niveau bei rund 26 Prozent. Vor allem Jugendliche und junge Erwachsene sind davon stark betroffen. Im Jahr 2012 hatten die Spanier ihr Land mit zwei Generalstreiks lahmgelegt.
      Quelle: Tagesschau

      Anmerkung JK: Ob Außenminister Steinmeier jetzt auch nach Madrid eilt und den Menschen, die gegen das brutale Austeritätsdiktat von EZB, EU-Kommission und EWF protestieren, seine Solidarität zu bekunden? Die Bürger der Ukraine sollten sich jedenfalls die Situation in Griechenland, Spanien und Portugal genau anschauen. Und es drängt sich die Frage auf ob das bewusste schüren des Konflikts mit Russland auch von der zunehmenden sozialen Polarisierung in der EU ablenken soll? Aber vielleicht steckt ja sogar Putin hinter den Protesten in Spanien? Oder man stelle sich Reaktion der deutschen Medien vor, wenn der russische Außenminister nach Madrid reiste um die Menschen und ihren Protest dort zu unterstützen.

    2. Tausende Spanier sagen “Basta!”
      Tausende Spanier haben im ganzen Land erneut gegen Kürzungen bei den Sozialleistungen und die Rekordarbeitslosigkeit im Euro-Krisenland protestiert. Laut Medienberichten gingen unzufriedene Bürger in mehr als 60 Städten auf die Straßen.
      Sie forderten eine “dringende, radikale Wende” in der Sparpolitik der konservativen Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy, der sie vorwarfen, keine Lösung für die Wirtschaftskrise und die Korruptionsskandale zu haben, in die selbst Mitglieder des Königshauses verwickelt sind. Die Demonstranten verlangten aber auch von der Europäischen Union einen Richtungswechsel.
      Die übertriebene Sparpolitik dränge Spanien an den Abgrund, hieß es: “Die Armut nimmt in diesem Land alarmierend zu, wir müssen ‘Basta’ sagen – und zwar sofort”, erklärte Purificación García, Sekretärin für Gleichheit der sozialistischen Oppositionspartei PSOE. Es gebe “überhaupt keine Perspektive für eine bessere Zukunft”. Cándido Méndez, Generalsekretär des großen Gewerkschaftsverbandes UGT, warnte, die Rekordarbeitslosenrate von 27 Prozent treibe die Menschen in die Armut und “weg von den demokratischen Institutionen”. Die Demonstranten trugen Plakate mit Aufschriften wie “Gewalt ist, wenn man 600 Euro Gehalt bekommt” oder “Man raubt deine Gesundheit”.
      Quelle: Tagesschau
    3. Suppenküchen für Spaniens Mittelschicht
      Majid Mnissar aus Madrid hat viel verloren. Zuerst wurde der Mechaniker 2009 krisenbedingt seinen Job los, später auch die Wohnung. Jetzt geht der dreifache Vater mit seiner Familie regelmäßig zur Suppenküche.
      Die Familie Mnissar ist nur eine von vielen in Spanien, die noch immer massiv unter der schweren Wirtschaftskrise des Landes leiden. Wie gravierend die sozialen Folgen sind, ist vor allem in Madrids Stadtteil Tetuan zu beobachten. In diesem Arbeiterviertel hat die Krise zahlreiche Bürger kalt erwischt, die früher alles zum Leben hatten – und heute sehr wenig. Oft fehlt sogar das Geld, um Essen zu kaufen.
      Im vergangenen Jahr schlossen sich in Tetuan daher mehr als 30 Familien zusammen und gründeten auf eigene Faust eine Suppenküche, darunter Mnissar. Die Familien sammeln vor Supermärkten Essensspenden und helfen bei der Ausgabe. Mehr als hundert Menschen sind Teil dieses Projekts.
      Nachdem Majid Mnissar seinen Job verloren hatte, hielt seine Frau Toni Trigo die Familie mit ihrem Job als Altenpflegerin zunächst über Wasser. Doch sie verdiente nur 690 Euro im Monat, zu wenig, denn allein die Miete kostete 650 Euro im Monat. Dann verlor auch Trigo ihren Job.
      Die Familie wurde aus ihrer Wohnung geworfen. Inzwischen ist Trigo mit ihrem Mann und ihren Kindern bei ihren Eltern eingezogen – sie wohnen zu siebt in einer Zweizimmerwohnung. Mehrmals in der Woche gehen sie zur Essensausgabe, verteilen Flugblätter und bitten vor Läden um Spenden. “Es ist nicht leicht vor einem Supermarkt zu warten und Menschen um Hilfe zu bitten”, sagt Mutter Trigo. Doch nur so habe die Familie etwas zu essen auf dem Tisch.
      Quelle: SPON
  4. Euro-Krise
    1. “Ausverkauf Europa? – Privatisierung und Deregulierung als Konzept der Krisenbewältigung -“
      14. Jahrestagung der Kooperationsstelle Hochschule und Gewerkschaften in der Universität Osnabrück
      Die europäische Krise ist keineswegs überwunden, auch wenn dies in Deutschland allzu häufig negiert wird. Eine knallharte Sparpolitik wird von der “Troika” (Weltbank, EZB, IWF) den hilfesuchenden Ländern auferlegt. Privatisierungen und Deregulierungen stellen dabei das Grundgerüst eines Konzeptes dar, welches den Ländern aus der Misere helfen soll. Diese marktradikale Sicht sollte, auch aus der Perspektive der aktuellen deutschen Politik, für alle europäischen Länder der Maßstab sein. Welche Wirkungen hat dieses Konzept für die betroffenen Länder und für die Europäische Union insgesamt? Welche Folgen sind für Deutschland absehbar? Welche Alternativen gibt es? Mit WissenschftlerInnen und GewerkschafterInnen (z.B. Dr. Steffen Lehndorff, Essen; Vasco Pedrina, Genf; Dr. Thorsten Schulten, Düsseldorf; Dr.Nadja Rakowitz, Maintal; u.a.) diskutiert die Tagung diese und weitere Fragen
      Quelle: Kooperationsstelle Hochschulen und Gewerkschaften in Osnabrück

      Dazu: Jahrestagungsarchiv

      • “Ausverkauf Europa?” – Privatisierung und Deregulierung als Konzept zur Krisenbewältigung? (Einladung)
      • “Spaltende Integration – Krisenbewältigung auf Europäisch” (Dr. Steffen Lehndorff)
      • “Nur ein soziales Europa macht Sinn! Gewerkschaftsstrategien für ein solidarisches Europa” (Vasco Pedrina)
      • “Lohn- und Tarifpolitik als Feld der EU-Krisenbewältigung” (Dr. Thorsten Schulten)
      • “Zum Wohle des Patienten? Wie Europa auf unser Gesundheitswesen wirkt” (Dr. Nadja Rakowitz)

      Quelle: Kooperationsstelle Hochschulen und Gewerkschaften in Osnabrück

      Anmerkung WL: Eine Reihe von Präsentationen mit nützlichen Grafiken.

    2. Finanzkrise – Freut euch nicht zu früh
      Banker sollen ja das Risiko suchen, es gehört zu ihrem Beruf, Kredite gehen verloren, die Börse ist ein Auf und Ab, ein guter Banker muss verlieren können. Die Bankenchefs kennen aber das Risiko nicht mehr, das Gefühl der Niederlage. Ihre Lektion aus der letzten Krise: Wir werden gerettet. Oder wie es im Krisenjargon heißt: »Too big to fail.« Nie darf eine Großbank untergehen, denn sie würde die anderen mitreißen.
      Nun sind die großen Banken seit dem Londoner Gipfel aber noch stärker geworden, die kleinen wurden aufgekauft. Diese Banken können die Staaten weiter erpressen. Das Geschäft etwa von Barclays ist größer als Englands Bruttoinlandsprodukt.
      Und diese Großbanken fangen wieder an zu zocken. Ausgerechnet mit dem Geld, das die Zentralbanken wegen der letzten Krise in die Wirtschaft gebracht haben. Dieses Kapital dreht sich, schneller und schneller; da die Zinsen niedrig sind, wollen die Leute es anlegen, sie kaufen alles, zu fast jedem Preis.
      Blasen wachsen. Wie 2008 bei den Immobilien. In den USA steigen derzeit die Preise von Bürogebäuden zweistellig. In Deutschland sind die Wohnimmobilien 20 Prozent überbewertet. Die Bundesbank warnt, dass die Banken sorglos Kredite vergeben könnten, einer der Hauptgründe der letzten Krise.
      Und seit einigen Monaten sind Firmenanleihen das große Ding, Schulden von Firmen, auch Mistfirmen, in Pakete verpackt, wie wir es aus der letzten Krise kennen. Solche Papiere haben früher Spezialisten gekauft. Heute Stiftungen, Pensionsfonds und Omis aus Bottrop. Ein Milliardengeschäft.
      … Wer verstehen will, warum wir der Katastrophe entgegentreiben, sollte den Blick abwenden von den Banken. Es ist so, wie Lenny Fischer sagt, das einstige Wunderkind im Vorstand der Dresdner Bank: »Wir Banker sind weder klug noch machtvoll genug, solch eine Krise alleine anzuzetteln.« Unser Finanzsystem wurde von Bankern ausgenutzt, geschaffen wurde es von der Politik.
      Vor 30 Jahren haben die Regierungen in den USA und Großbritannien entschieden, dass ihre Industrie der Zukunft nicht mehr die Autos oder Minen, sondern die Banken sind. Seitdem haben sie alles getan, ihre Fesseln zu lösen. Haben jede Pleite von ihnen ferngehalten. Der Finanzmarkt hat sich nicht selbst entgrenzt, hat sich nicht alleine zum Monster entwickelt, wie Steinbrück und Schäuble und so viele sagen. Die Politik hat ihn dazu gezüchtet.
      Quelle: SZ-Magazin

      Anmerkung JK: Was an diesem Artikel ziemlich amüsant ist, dass einer der Autoren, Alexander Hagelüken, leitender Redakteur der stramm neoliberalen SZ-Wirtschaftsredaktion ist, die gerade durch ihre Dauerpropaganda für Deregulierung und Entgrenzung der Finanzmärkte, wesentlich die Politik dazu gedrängt hat, die politischen und rechtlichen Voraussetzungen für die Finanzkrise zu schaffen.

    3. Paul Krugman: The Timidity Trap – Die Zögerlichkeitsfalle
      Zur Zeit scheint keine große Wirtschaftskrise zu drohen, und vielerorts klopfen Politiker sich auf die Schultern. In Europa beispielsweise freuen sie sich gewaltig über den Aufschwung in Spanien: Das Land wird wohl in diesem Jahr mindestens doppelt so schnell wachsen wie vorhergesehen.
      Bedauerlicherweise bedeutet das ein Wachstum von 1 Prozent gegenüber 0,5 Prozent, und das bei einer stark notleidenden Wirtschaft mit 55 Prozent Jugendarbeitslosigkeit. Die Tatsache, dass so etwas als Freudenbotschaft gelten kann, zeigt bloß, wie sehr wir uns schon an schreckliche Wirtschaftsbedingungen gewöhnt haben. Es geht uns bedeutend schlechter, als irgendjemand sich das vor ein paar Jahren vorgestellt hätte, aber mehr und mehr wird diese unglückliche Situation allgemein als neue Normalität angesehen.
      Quelle: The New York Times
    4. Ist die Euro-Krise eine große Verschwörung?
      Jürgen Roth wittert einen Putsch. Der Enthüllungsjournalist und Buchautor sagt, eine neoliberale Elite aus Politik und Wirtschaft habe die Euro-Krise genutzt, um den Sozialstaat zu erledigen. Die Putschisten hätten tausende Leben auf dem Gewissen…
      Wir haben eine Europäische Sozialcharta, ein verbindliches Abkommen, das der Bevölkerung umfassende soziale Rechte garantiert. Sie ist vorbildlich. Sie scheint in Zeiten der Euro-Krise nicht mehr gültig zu sein. Eine kleine Elite, die kein Interesse an einer starken Arbeitnehmerschaft hat, konnte sich hingegen mit ihrer neoliberalen Politik durchsetzen. In den letzten Jahren haben Politik und Wirtschaft mit ihrer Sparpolitik und gegen den Willen der Mehrheit der Bürger für einen wirtschaftlichen Systemwechsel gesorgt. Für mich ist das ein klassischer Putsch…
      Quelle: WirtschaftsWoche
  5. Jugend ohne Mindestlohn?
    Ausnahmen für Jugendliche bilden eine Form der Altersdiskriminierung, die arbeitsmarktpolitisch nicht zu rechtfertigen ist…
    Schaut man nun auf die Arbeitsmarktsituation von Jugendlichen in Deutschland, so sind derzeit mehr als drei Viertel aller Jugendlichen unter 25 Jahren entweder Schüler und Studierende oder machen eine Ausbildung. Bei den unter 20-Jährigen sind es sogar mehr als 90 Prozent. Demgegenüber gehen lediglich 5 Prozent aller Jugendlichen unter 20 Jahren einer Erwerbsarbeit nach. Betrachtet man schließlich lediglich diejenigen Jugendlichen unter 18 Jahren, die ohne Berufsausbildung in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehen, so reduziert sich ihr Anteil auf etwas mehr als ein Prozent. Die Neigung von Jugendlichen, anstelle einer Ausbildung lieber schnell einen besser bezahlten unqualifizierten Job anzunehmen, ist also in Deutschland offensichtlich nicht besonders ausgeprägt. Die Einführung eines auch nicht gerade üppigen Mindestlohns von 8,50 Euro dürfte daran kaum etwas grundlegend ändern.
    Die nun von Andrea Nahles vorgeschlagene Ausnahmereglung für unter 18-Jährige trifft also in erster Linie Schüler, die sich zumeist in Form eines Minijobs etwas dazuverdienen. Sie stellt zugleich eine offene Form der Altersdiskriminierung dar, die gegen das allgemeine Gleichbehandlungsprinzip verstößt.
    Quelle: taz
  6. Zweitjobs auf Rekord-Niveau
    Die Zahl der Mehrfach-Beschäftigten hat sich in Deutschland in den vergangenen 25 Jahren mehr als verdreifacht. Mehr als drei Millionen Menschen haben neben ihrem Hauptberuf noch einen Zweitjob…
    Die meisten, nämlich 2,6 Millionen Menschen, haben neben ihrem Hauptberuf einen Minijob. Mittlerweile üben sieben Prozent aller männlichen Arbeitnehmer zusätzlich einen Minijob aus, bei den Frauen sind es sogar elf Prozent. Gut möglich, dass insbesondere Frauen mit einer Teilzeitstelle ihren Verdienst auf diese Weise aufstocken. Jedenfalls gibt es heute insgesamt deutlich weniger Vollzeitstellen als nach der Wiedervereinigung…
    Dabei sind die Gehälter für Minijobs in aller Regel sehr niedrig. 80 Prozent erhielten zuletzt Niedriglöhne von weniger als 9,30 Euro pro Stunde. Viele Beschäftigte dürften die geringe Bezahlung auch deshalb hinnehmen, weil der Minijob nur ein Zuverdienst zum eigenen Haupteinkommen oder – bei ausschließlich geringfügig Beschäftigten – zum Einkommen der Familie ist.
    In einzelnen Branchen arbeiten mittlerweile extrem viele Minijobber, sei es als Neben- oder Haupttätigkeit. Im Gesundheits- und Sozialwesen sind rund 760 000 geringfügig Beschäftigte tätig, im Gastgewerbe 870 000 und im Einzelhandel 970 000. Damit profitieren diese Wirtschaftszweige massiv von dieser staatlich geförderten Beschäftigungsform. Ohne die subventionierten und schlecht bezahlten Minijobs würden diese Branchen nicht mehr funktionieren.
    Quelle: FR
  7. Orwell 2.0
    1. Wie die NSA mit Cyber-Kriminellen kooperiert
      Die neuen Dokumente Glenn Greenwalds zeigen, dass die NSA dieselben Methoden wie Kriminelle nutzt. Statt sie vom Netz zu holen werden diese Gangs instrumentalisiert.
      Die neuesten, von Aufdecker Glenn Greenwald am Donnerstag veröffentlichten NSA-Dokumente lassen keine Zweifel daran, dass die NSA Aktivitäten von Cyber-Kriminellen nicht nur toleriert, sondern auch indirekt mit diesen Gangs zusammenarbeitet. Durch die systematische Sabotage von Sicherungsmechanismen und das Verbreiten von Schadsoftware durch NSA und GCHQ wiederum werden enorme Löcher in die Sicherheitsinfrastruktur gerissen, was den Kriminellen entgegenkommt.
      Die neuen Dokumente Greenwalds betreffen die bereits vom Angriff auf den belgischen Provider Belgacom bekannte QUANTUM-Software und hatten einen Wutanfall von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg zur Folge. In seinem offenen Brief vom Donnerstag stellte Zuckerberg einen direkten Zusammenhang zwischen den Aktivitäten der US-Geheimdienste und Cyber-Kriminellen her. “Wenn unsere Techniker rastlos für höhere Sicherheit arbeiten”, dann hätten sie dabei “den Schutz der Benutzer gegen Kriminelle im Auge, aber nicht Schutz gegen die eigene Regierung”, schrieb Zuckerberg auf seiner Facebook-Seite.
      Quelle: ORF
    2. Sicherheit vor Freiheit – die Zweite
      Beim früheren Innenminister Friedrich wusste man immer, wo man dran war. Basierend auf seiner Theorie vom Supergrundrecht Sicherheit waren dem Rechtsverstöße der NSA so was von egal, dass er jede Kritik daran von vorneherein als antiamerikanisch vom Tisch zu fegen suchte, noch bevor der große Beender Pofalla die Affäre für erledigt erklären konnte.
      Zwar gelang es Friedrich in seiner Amtszeit nicht, den Text der Nationalhymne in „Einigkeit und Recht und Sicherheit“ zu ändern, aber das lag wohl mehr am Versmaß als an seiner inneren Einstellung.
      Die scheint nun aber auch bei unserem neuen alten Innenminister keine wesentlich andere zu sein. Anders ist seine Äußerung gegenüber der „Rheinischen Post“ vom heutigen Tage kaum zu erklären:
      Bürgerrechte, schützenswerte Güter?
      De Maizière: „Die Zusammenarbeit unserer Sicherheitsbehörden mit den USA ist für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland von überragender Bedeutung. Wenn die Arbeit des Ausschusses dazu beitrüge, diese Zusammenarbeit zu beschädigen, dann hätten wir wenig zusätzliche Erkenntnisse, aber einen immensen Schaden für die Sicherheit in unserem Land und auch für unsere Soldaten, Polizisten und Botschaften im Ausland. Alle Mitglieder des NSA-Untersuchungsausschusses müssen sich dieser großen Verantwortung bewusst sein.“
      Mit Ausschuss meint der Minister den Untersuchungsausschuss zu den Aktivitäten des amerikanischen Geheimdienstes NSA, den der Bundestag erst am Donnerstag beschlossen hatte und der nicht nur die NSA-Aktivitäten, sondern auch die anderen „Five Eyes“ untersuchen soll. Da konnte man als Bürger für einen Moment auf die Idee kommen, auch die GroKo habe verstanden, dass Persönlichkeitsrechte und Bürgerrechte schützenswerte Güter sind.
      Quelle: the europeean
    3. Google wird die Welt nicht retten
      Armes Google. Diese Woche beschwerte sich Konzernchef Larry Page bitterlich über die NSA: Es sei für ihn „furchtbar enttäuschend, dass die Regierung all diese Dinge geheim getan und uns nichts davon gesagt hat“. Solches Handeln schade der Demokratie. Denn „wir können keine Demokratie haben, wenn wir unsere Nutzer vor Dingen schützen müssen, über die wir nie gesprochen haben“. Unabhängig davon, ob überhaupt stimmt, was Page da sagte – laut NSA wussten die großen Konzerne sehr wohl von der Ausspähung – sind diese Sätze interessant. Denn in ihnen steckt Googles Selbstverständnis: Es sieht sich nicht nur als Technologieunternehmen, sondern, mindestens genau so wichtig, als Hüter der Demokratie, als Retter der freien Welt, als „guter globaler Bürger“ (so der Verwaltungsratsvorsitzende Eric Schmidt), der für die Befreiung der Menschen durch das Internet kämpft.
      In den Anfangstagen, in der Garage, mag diese Überzeugung vielleicht einmal echt gewesen sein. Inzwischen ist sie nur noch Show. Was nicht heißt, dass Google nicht ernsthaft versuchen würde, sich politisch einzumischen, im Gegenteil: Je mehr das Unternehmen wächst, sich Branche für Branche erschließt, je weiter es sich in den Alltag vortastet, umso häufiger sprechen Googles Manager von den Problemen der Welt, von Terrorismus, Verbrechensbekämpfung, dem Gesundheitswesen – Bereiche, die der Staat reguliert oder regulieren sollte.
      Quelle: FAZ
  8. TTIP
    1. Wer Geld hat, kauft sich das Ohr der Mächtigen
      Konzerne bestimmen die Brüsseler Politik, sagt die Lobbykritikerin Pia Eberhardt. Sie erklärt, wie die EU-Kommission sich zum Büttel der Unternehmen macht.
      ZEIT ONLINE: Frau Eberhardt, Sie bieten Touren durch das Brüsseler EU-Viertel an, um die Macht der dortigen Lobbyisten zu entlarven. Jetzt gibt es eine Führung speziell zum geplanten EU-US-Freihandelsabkommen TTIP. Was zeigen Sie den Leuten?
      Pia Eberhardt: Die Tour zeigt, wie Konzerne die Agenda der TTIP-Verhandlungen mitgestalten. Sie beginnt am Gebäude der Generaldirektion Handel, die zur EU-Kommission gehört. Dann geht es zur Bertelsmann-Stiftung, deren Studien die öffentliche Debatte über das Freihandelsabkommen sehr stark beeinflusst haben; zur US-Handelskammer, die großen Einfluss auf die Kommission nimmt; weiter zu einem Kommissionsgebäude, in dem die sogenannten Marktzugangs-Arbeitsgruppen tagen.
      ZEIT ONLINE: Marktzugangs-Arbeitsgruppen?
      Eberhardt: Es gibt Marktzugangs-Arbeitsgruppen für die Pharmaindustrie, Postdienstleister, die Autohersteller – für jede wichtige Branche. Eine Marktzugangs-Arbeitsgruppe besteht aus Vertretern der Kommission, der Mitgliedsstaaten und der jeweiligen Industrie. Für Deutschland entsendet das Wirtschaftsministerium seine Experten.
      ZEIT ONLINE: Was ist der Zweck dieser Marktzugangsgruppen?
      Eberhardt: Sie schauen sich Auslandsmärkte an und überlegen sich, was das Geschäft der europäischen Firmen dort behindert – und wie man die Barrieren beseitigen kann. Die Marktzugangs-Arbeitsgruppen sind ein sehr schönes Beispiel dafür, dass sich die Kommission auf dem Feld der Handelspolitik vor allem als Dienstleister der Unternehmen versteht.
      Quelle: ZEIT
    2. Dieser Horrorfilm ist jugendfrei
      Ihr Nachbar hält TTIP für ein Lottospiel? Ihre Schwester tippt auf Wattestäbchen? Dieses Video erklärt, was sich hinter der putzigen Abkürzung verbirgt. Aber Vorsicht – na, Sie selbst wissen es ja schon: TTIP ist echter Horror. Nichts für schwache Nerven.
      Quelle: campact
    3. Sigmar Gabriel macht auf seiner FB-Seite Werbung für die TTIP.
      Ein transatlantisches Freihandelsabkommen bietet große Chancen gerade für die exportorientierte deutsche Wirtschaft und die hier beschäftigten Arbeitnehmer. Deshalb liegt mir so viel daran, auch die Gewerkschaften ins Boot zu holen.
      Für mich ist klar: Standardabsenkungen bei Verbraucher-, Umwelt- und Datenschutz oder Arbeitnehmerrechten darf es genau so wenig geben, wie Verabredungen zu Lasten der Kommunen. Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, dass der Freihandel nicht zum Einfallstor für Lohn- und Sozialdumping werden darf. Das werden wir halten.
      Quelle: Sigmar Gabriel auf facebook

      Anmerkung JK: Tja, im Koalitionsvertrag steht so manches, wie etwa der Mindestlohn, was schließlich nicht mehr das Papier wert ist auf dem es gedruckt wurde.

    4. Im Namen des Geldes
      Es tagt in Washington hinter verschlossenen Türen: Ein geheimnisvolles Gremium aus drei Richtern kann eine Regierung zu Strafen in Milliardenhöhe verurteilen, wenn ein Konzern seine Geschäfte bedroht sieht. Eine Paralleljustiz ist entstanden, die bald noch mächtiger werden könnte.
      Quelle: Zeit.de
  9. Lobbyismus
    1. Lobbyisten umwerben Mitarbeiter von Abgeordneten
      Ein Vortrag, dann das schöne Abendessen: Im Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der Politik wenden sich die Lobbyisten in Berlin und Brüssel verschärft einer neuen Gruppe zu: Sie umgarnen die Mitarbeiter von Abgeordneten. Korruptionswächter sind alarmiert.
      Berlin – Eine Bouillabaisse “nach Art des AOK-Bundesverbandes”, dann Nantaiser Ente mit Orangensauce und als Dessert eine Crème brûlée – die rund 34 Mitarbeiter von Bundestagsabgeordneten erwartete am Abend des 26. Februar ein exquisites Menü. Die AOK hatte eingeladen, zum Kochen in der hauseigenen Kantine. “Man muss sich in Berlin schon etwas einfallen lassen”, rechtfertigt eine AOK-Sprecherin das Diner auf Kosten der Krankenkasse.
      Nicht nur das Menü hatte die AOK sorgsam komponiert, auch die Zielgruppe war mit Bedacht gewählt: Es waren vor allem Mitarbeiter von Mitgliedern des Gesundheitsausschusses, der über Reformen befindet, die sich direkt auf die Finanzen der Krankenkassen auswirken. Eine “Plattform zum Kennenlernen”, so die AOK, sollte der Abend bieten. Zu Anfang einer Legislaturperiode gebe es viele neue Gesichter, und man habe künftig öfters miteinander zu tun.
      Dass sich die AOK so viel Mühe gibt, ist nicht ungewöhnlich. “Die Mitarbeiter von Politikern sind zu einer der Hauptzielgruppen von Lobbyisten geworden”, sagt Christian Humborg, Chef von Transparency International Deutschland (TI).
      Quelle: SPON
    2. The truth about lobbying: 10 ways big business controls government
      From trying to stop plain packaging on cigarettes to pushing through HS2 and opening the countryside to fracking, big business employs lobbying companies to persuade government to meet their interests. But what are the tricks of their trade?
      Here are the 10 key steps that lobbying businesses will follow to bend government to their will.

      1. Control the ground
        Lobbyists succeed by owning the terms of debate, steering conversations away from those they can’t win and on to those they can…
      2. Spin the media
        The trick is in knowing when to use the press and when to avoid it…
      3. Engineer a following
        What is needed is a critical mass of voices singing to its tune. This can be engineered…
      4. Buy in credibility
        Corporations are one of the least credible sources of information for the public. What they need, therefore, are authentic, seemingly independent people to carry their message for them…
      5. Sponsor a thinktank…
      6. Consult your critics..
      7. Neutralise the opposition…
      8. Control the web…
      9. Open the door…And access to politicians can be bought.
      10. And finally …
        There is the perception, at least, that decisions taken in government could be influenced by the reward of future employment.

      Quelle: theguardian

      Anmerkung WL: Es sind nicht alle, aber die wichtigsten Tricks der Lobbyisten, die hier in der Rezension eines interessanten Buches „Lobbying“ von Tamasin Cave and Andy Rowell aufgezählt werden. Wenn wir auf den NachDenkSeiten nahezu täglich über gesteuerte Kampagnen von mächtigen Interessengruppen berichten, meinen manche, wir seien Verschwörungstheoretiker. Die Realität ist jedoch weiter als sich jede noch so phantasievolle Verschwörungstheorie ausdenken kann. Wie Sie an den hier aufgezählten, wichtigsten Instrumenten der Meinungsmache feststellen können, ist die Tatsache, dass Lobbyismus keine Zauberei, sondern eine Frage des Geldes und der richtigen PR-Agenturen ist.

  10. Kleinere Gehaltserhöhung für Bahnchef Grube
    Bahnchef Rüdiger Grube soll laut „Wirtschaftswoche“ in diesem Jahr eine geringere Gehaltserhöhung bekommen als abgemacht. Der Aufsichtsrat wolle nur eine zehnprozentige Erhöhung des Grundgehalts um rund 90.000 Euro genehmigen, berichtet das Magazin unter Berufung auf Aufsichtsratskreise. Ursprünglich habe Grubes Festgehalt ab April um 20 Prozent auf 1,08 Millionen Euro steigen sollen. Grund für die Kürzung sei ein Gewinneinbruch im vergangenen Jahr um mehr als die Hälfte.
    Ein Bahnsprecher wollte den Bericht am Samstag auf Nachfrage der Nachrichtenagentur dpa nicht kommentieren. Das Unternehmen stellt an diesem Donnerstag (27. März) in Frankfurt seine Bilanz vor. Nach Medienberichten soll der Konzern 2013 nur noch einen Überschuss von knapp 650 Millionen Euro erwirtschaftet haben – nach 1,46 Milliarden Euro im Vorjahr. Als mögliche Gründe gelten zum Beispiel das Elbe-Hochwasser im Sommer und Sonderbelastungen wie Abschreibungen.
    Quelle: Wirtschaftswoche

    Anmerkung unseres Lesers S.H.: Warum muss Grube angesichts der bescheidenen Ergebnisse des von ihm geführten Unternehmens überhaupt eine Gehaltserhöhung bekommen?
    Interessant ist ja auch schon die Wortwahl der Wirtschaftswoche: “kleinere Gehaltserhöhung”. Jede Wette – sollten die “normalen” Beschäftigten in der nächsten Tarifrunde auch nur annähernd 10 Prozent fordern – werden wir etwas ganz anderes hören: “unrealistisch” “passt nicht in die Landschaft” “nicht finanzierbar” usw.

  11. Gauweilers Taschengeld
    Preis und Wert der Arbeit haben nichts mehr miteinander zu tun. Das zeigt sich an den Nebeneinkünften der Abgeordneten im Bundestag. Würde es helfen, wenn wir alle Anwälte werden?
    Nein, ich bin nicht neidisch auf den Abgeordneten Dr. jur. Peter Gauweiler. Ich mag nicht so grinsen und so denken wie er. Auch die Kirch-Erben will ich nicht am Hals haben. Tracht steht mir eh nicht.
    Und doch frage ich mich, wie so ein CSU-Rechtsanarcho „mindestens 509.000 Euro“ an Nebenverdiensten anhäufen kann. Wobei das Wörtchen „mindestens“ der Tatsache geschuldet ist, dass zwar endlich bessere Transparenzregeln für MdBs gelten, diese aber leider auch nur halbdurchsichtig sind. Die höchste Cash-Stufe 10 ist nach oben himmelweit offen. Es dürfen auch Millionen sein. Und keiner erfährt’s.
    Nun wissen wir, warum der Gauweiler-Peter stets so lustig wirkt. Seine Diäten sind sein Taschengeld. Für Süßigkeiten. Sein sagenhaftes Zubrot wird das „alte Zirkuspferd“ (Selbstauskunft) mit einem kecken Sprüchlein abtun. Und alle werden lachen und raunen: Ja mei, der Peter, des is a Guader! Fast wie der Uli!
    Rechnen wir besser schnell nach: Der gemeine Bundestagsabgeordnete erhält zur Zeit 99.024 Euro im Jahr (ab 2015: 108.984 Euro). Mit seinem Nebengeschäft kommt der MdB Gauweiler auf ein Jahreseinkommen von mindestens 608.024 Euro. Nicht übel, gell?
    Andererseits entspricht Gauweilers Mindest-Einkommen etwa dem, was eine Altenpflegerin mit 1150 Euro brutto im Leben erhält. Umgerechnet auf den kommenden Mindest-Lohn von 8,50 Euro (von C-Politikern und ihren Kugelschreibern gern als „Wohltat“ verhöhnt) wäre Gauweilers Salär 71.532 Stunden und 14 Minuten Arbeit wert. Was gut 1788 40-Stunden-Wochen entspräche, also etwa 34 Jahren Arbeit – ohne Urlaub und Feiertage.
    Quelle: FR

    Anmerkung JK: Jeder Leser mag sich sein eigenes Urteil über die Glaubwürdigkeit jener Politiker bilden, die ihr Mandat offenbar in erster Linie als Lizenz zum füllen der eigenen Taschen verstehen.

  12. »Kölner Stadt-Anzeiger« und »Rundschau« legen Lokalredaktionen zusammen – auf Kosten von Stellen
    Einst Konkurrenten, wollen zwei Kölner Zeitungen nun eng zusammenarbeiten. Dutzenden Journalisten wird das den Job kosten.
    Durch die Zusammenlegung der Lokalredaktionen in den Regionen Rhein-Erft, Rhein-Berg, Rhein-Sieg sowie Euskirchen/Eifel wollen die Herausgeber mittelfristig vier Millionen Euro sparen.
    Zusammengefasst werden sollen die verbleibenden 67 »journalistischen Mitarbeiter« in der »Rheinischen Redaktionsgemeinschaft«. In den von den Verlagen für die Mitarbeiter erstellten »Fragen und Antworten zur Rheinischen Redaktionsgemeinschaft« heißt es, man sei gewillt, »die Veränderung« vorrangig sozialverträglich etwa durch Altersteilzeit zu gestalten: »Dennoch können die Verlage zum jetzigen Zeitpunkt betriebsbedingte Kündigungen nicht völlig ausschließen…
    Quelle: ND
  13. Studierende der GEW zum Hochschulzukunftsgesetz
    Der Gesetzesentwurf für ein „Hochschulzukunftsgesetz“ ist von einem grundsätzlichen Widerspruch geprägt: Wir begrüßen, dass die Kritik aus Hochschule und Gesellschaft an der „unternehmerischen Hochschule“ dadurch aufgegriffen wurde, dass „die Hochschulen […] ihren Beitrag zu einer nachhaltigen und friedlichen Welt“ entwickeln (§ 3, 6), und „den berechtigten Interessen ihres Personals auf gute Beschäftigungsbedingungen angemessen Rechnung“ tragen sollen. Andererseits soll mit der „unternehmerischen“ Ausrichtung der Hochschulen, die in den letzten Jahren maßgeblich durch die FDP voran gebracht wurde, nicht gebrochen werden. Dies ist aber notwendig, damit die Hochschulen im Interesse der Allgemeinheit arbeiten können…
    Quelle: GEW Studis
  14. Schlappe für Präsident Hollande
    Frankreichs regierende Sozialisten haben bei den landesweiten Kommunalwahlen einen deutlichen Dämpfer erhalten. Die Sozialisten und weitere Parteien aus dem linken Lager kamen nach dem vorläufigen amtlichen Ergebnis der ersten Runde auf insgesamt 37,7 Prozent der Stimmen. Die konservative Opposition landete bei 46,5 Prozent.
    Die rechtsextreme Partei Front National erhielt landesweit weniger als fünf Prozent der Stimmen. Eine deutliche Steigerung im Vergleich zur ersten Runde der Kommunalwahlen vor sechs Jahren, als die Partei unter einem Prozent geblieben war.
    Zudem erzielte der FN in mehreren Städten Erfolge: In der nordostfranzösischen Stadt Hénin-Beaumont erhielt FN-Kandidat Steeve Briois laut offiziellem Ergebnis im ersten Durchgang mit 50,3 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit…
    In den südfranzösischen Städten Avignon, Perpignan und Fréjus landeten die Kandidaten der Rechtsextremen ebenfalls an der Spitze, blieben aber unter 50 Prozent der Stimmen…
    Die Wahlbeteiligung habe bei 64,1 Prozent gelegen, gab Innenminister Manuel Valls in der Nacht zum Montag im Fernsehen bekannt. 2008 waren es noch 66,5 Prozent.
    Quelle: Tagesschau.de

    Anmerkung WL: Die Verschiebung nach Rechts wiederholt sich. Da wird eine gescheiterte neoliberale Politik (Sarkozy) durch eine „sozialistische“ Regierung abgelöst, kaum ist die Linke an der Macht, macht sie die gleiche neoliberale Politik wie die Rechte und wird dafür gleichfalls abgestraft. Dieses Wechselspiel schadet der Demokratie, weil immer weniger Menschen einen Sinn darin sehen, überhaupt noch Wählen zu gehen und es schafft Auftrieb für die Rechtspopulisten.

    Dazu: Le Pen erntet die braunen Früchte des Zorns
    Der Triumph der radikalen Rechten bei den Kommunalwahlen in Frankreich ist erschütternd – überraschend kommt er nicht. Denn die Politik der vergangenen Jahre liest sich wie die Chronik eines angekündigten Desasters. Der Frust über die traditionelle Linke und Rechte, Affären und Skandale in Paris, der Niedergang der Industrie, die seit zwei Jahren steigende Arbeitslosigkeit und ein Gefühl der Verlorenheit in einer Welt des Wettbewerbs trieben die Bürger einerseits in eine Rekord-Wahlenthaltung, andererseits zum Front National. Dessen Erfolge lassen sich nicht mehr nur als Protest abtun. Der Front schafft sich eine stabile Basis, um Frankreich abzuschotten – zum Schaden ganz Europas.
    Ist Madame noch zu stoppen? Präsident Hollande scheint einzusehen, dass er Farbe bekennen und Frankreich modernisieren muss, auch wenn sich ein Teil der Linken abwendet und ihm weitere Niederlagen in diesem Jahr drohen. Wenn er jetzt eine kleinere, schlagkräftige Regierung bildet und das Reformtempo steigert, könnte er einen Aufschwung seines Landes bis zur Präsidentschaftswahl 2017 schaffen. Versagt er dagegen, werden noch mehr Franzosen nach einer anderen Lösung suchen. Madame wartet darauf.
    Quelle: SZ

    Anmerkung JK: Das muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen. Hollande soll dem Erfolg des rechtsextremen Front National damit begegnen, dass er neoliberale Reformen in Frankreich forciert. Ob eine daraus resultierende massive soziale Polarisierung, wie sie etwa die Agenda 2010 in Deutschland bewirkt hat, die Rechtsradikalen stoppen wird, das kann nicht einmal ein marktradikaler Redakteur der SZ ernsthaft glauben.

  15. Zu guter Letzt: Der Frühling, die schönste Jahreszeit
    Joseph Roth (aus: Werke I, 1915-1923)
    Der Frühling, auch „Lenz“ genannt, ist die schönste Jahreszeit, die Saison der Kuckuckskonzerte und des Lerchengesangs, der grünen Welt- und Wiesenkostüme und der göttlichen Blütenfabrikation. Es ereignet sich, von Lyrikern in Reimen begrüßt, die bekannte Auferstehung der Natur, welche den Agrariern gehört, aber von diesen sehr menschenfreundlichen Besitzern den Ausflüglern ohne Unterschied der Partei umsonst zur Verfügung gestellt wird.
    Die Sonne, ein radikal sozialistischer Leuchtkörper, eines der wenigen Objekte dieser Welt, deren private Ausbeutung deshalb noch nicht gelungen ist, weil es keine Groß-Himmels-Grundbesitzer gibt, diese Sonne nimmt sich die Freiheit, allen Menschen gleich zu leuchten und die dürre Haut des Hungernden ebenso zu wärmen wie den fetten Bauch des Satten.
    Zu den Objekten in Kommunalbesitz gehören auch noch die bekannten Frühlingswolken, die „linden Lüfte“, von denen die deutschen Dichter leben, und der blaue Himmel, hinter dem sich der liebe Gott verbürgt, um ungestört die Bittgesuche der Menschen der Reihe nach zu erledigen.
    Die sogenannten Zugvögel, lebendige Symbole der menschlichen Sehnsucht, kehren, unbelehrbar, wie Zugvögel sind, und einem unvernünftigen Drange gehorchend, aus den südlichen Ländern nach Europa zurück, das sie eigentlich gar nicht nötig haben. Bei diesen Tieren sind Instinkt und Überlieferung so mächtig, dass sie Konferenzen, Redaktionen, Produktenbörsen gar nicht merken und in harmloser Ahnungslosigkeit dort lieblich zwitschern können, wo der Mensch weinen muss. Diese Vögel zwitschern sogar in der Berliner Siegesallee.
    Auch am Kurfürstendamm offenbart sich der Anbruch des Frühlings: Die Bettler enthüllen ihre Gebrechen und die vornehmen Spaziergänger ihre Frühlingstoiletten. Auf den Köpfen der Damen erblühen die neuen Strohhüte in verschiedenen von den Modeberichten vorgeschriebenen Formen. Die Frühlingsluft verursacht Pläne für die Sommerreise, welche die bedeutendste Frühjahrssorge der spekulierenden Menschheit ist.
    In den Fabriken und Büros sind die Fenster geöffnet, und die Menschen des Achtstundentages dürfen den Lenz in gesetzlich zulässigen Kubikmetern genießen. Der unbegrenzte Genuss der linden Lüfte ist nur den Auserwählten gestattet und den Arbeitslosen. Jenen behagt es, diese sterbe infolge des ungewohnten Vergnügens. Es ist nicht jedermanns Sache, in vollen Zügen zu genießen. So mancher stirbt dahin, weil er Freuden ohne Mittagessen nicht verträgt.
    Sorglos aber leben die Auserwählten, der Aprilregen befruchtet die Felder – und Gottes Segen ruht auf ihnen. Sie leben wie die Lilien im Felde, für sie wachsen die Anzüge bei den Schneidern, und alle Mühlen mahlen hygienisches Weißbrot, das der Hausarzt vorschreibt …
    Deshalb ist der Frühling die schönste Jahreszeit.


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