Startseite - Zurück - Drucken
NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 21. März 2014 um 8:31 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Albrecht Müller
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JW/RS)
Hier die Übersicht. Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert.
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Anmerkung WL: Wo Kissinger Recht hat, hat er Recht. Zu Kissinger allerdings auch „Die Initiative Zivile Uni Bonn lehnt die geplante „Henry Kissinger-Professur für Internationale Beziehungen und Völkerrechtsordnung“ an der Universität Bonn ab“
Anmerkung Orlando Pascheit: Der inzwischen emeritierte Historiker Andreas Kappeler beschäftigt sich seit seiner Habilitation mit dem Russland der Neuzeit. U.a. initiierte er ein internationales Forschungsprojekt zu russisch-ukrainischen Beziehungen.
Dazu: Top-Ökonom Straubhaar: “Viele Deutsche leben über ihre Verhältnisse”
Deutschland braucht keine Vermögensumverteilung, sondern gleiche Chancen für alle – fordert Thomas Straubhaar, Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts. Denn Ungleichheit schaffe auch Fortschritt: “… Oft ist es aber auch so, dass viele Deutsche über ihre Verhältnisse leben, weil sie sich oft mit ihrem Nachbarn vergleichen und mit ihm mithalten wollen. Da wird dann auch zu schnell mal zu viel ausgegeben oder gar ein Konsumentenkredit aufgenommen. … Ich bin der festen Überzeugung: Unter dem Strich hat sich die Gerechtigkeitssituation in Deutschland in den letzten Jahren deutlich verbessert, denn es sind viel mehr Menschen in Arbeit. … ”
Quelle: Focus
Anmerkung Orlando Pascheit: So desavouiert sich jeglicher wissenschaftliche Anspruch des Leiters des HWWI. Und dann noch so ein Satz, der vor dem Hintergrund der DIW-Studie über Ungleichheit geradezu von Unwissen strotzt: “Nicht der Nachbar ist die Referenzgröße, sondern vielleicht das Nachbarland.” Und dann noch dieser, der durch seine Doppeldeutigkeit glänzt: “Es gibt zwar innerhalb Deutschlands eine Ungleichheit, aber auf einem sehr hohen Niveau.”
Anmerkung WL: Man wird schon fast von Mitleid gerührt, wenn man das „Abendgebet“ des stellvertretenden Chefredakteurs Stefan Manzel dazu liest: Wird nämlich der Kaufkraftverlust mit einbezogen, dann verdienen die Dax-Vorstände in etwa das, was sie schon vor zehn Jahren bekommen hatten. Also kein Grund zur Beunruhigung, alles ist in Ordnung.
Dazu passt eine zweite Beobachtung: In der Forschungsliteratur über die Ursachen von Jugendarbeitslosigkeit spielen “Mindestlöhne in der Regel kaum eine Rolle”, schreiben Amlinger, Bispinck und Schulten. Als zentraler Faktor gilt unter Arbeitsmarktexperten vielmehr die konjunkturelle Entwicklung: Läuft sie gut, finden auch junge Arbeitnehmer einen Job. Steckt die Wirtschaft in der Krise, sind sie überproportional stark von Arbeitslosigkeit betroffen – wohl auch, weil Berufseinsteiger häufiger nur befristete und wenig geschützte Arbeitsverhältnisse haben.
– Kaum Hinweise auf Anreize gegen Qualifizierung –
Ebenfalls sehr wichtig ist die Integrationsleistung des jeweiligen nationalen Ausbildungssystems. Dabei schneiden Länder wie Deutschland mit einer dualen Kombination von Schule und Lehre relativ gut ab. Wenn Mindestlöhne junge Leute wirklich von einer Ausbildung abhalten würden, könnte das also tatsächlich Probleme hervorrufen. Allerdings lassen sich auch für diesen Einwand kaum Indizien finden, betonen die WSI-Forscher. Selbst in den Ländern mit langer Mindestlohn-Erfahrung gebe es nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen – ein Hinweis darauf, dass der angebliche Fehlanreiz in der Praxis wohl keine große Rolle spielt. Und wo geforscht wurde, fallen die Ergebnisse unspektakulär aus: Britische Wissenschaftler fanden “wenig Evidenz dafür, dass der Nationale Mindestlohn junge Leute aus einer Ausbildung in den Arbeitsmarkt gezogen hat”. Eine weitere Studie bestätigt das und konstatiert sogar verstärkte Ausbildungsaktivitäten der Unternehmen.
– Tariflöhne für Ungelernte deutlich höher als Ausbildungsvergütungen –
In Deutschland gibt es zwar noch keinen Mindestlohn, in etlichen Branchen verdienen Auszubildende aber ebenfalls erst einmal weniger als ungelernte Arbeitnehmer, macht die WSI-Analyse deutlich. So liegt die durchschnittliche Ausbildungsvergütung nach Daten des Bundesinstituts für Berufliche Bildung bei 761 Euro im Monat. Das entspricht einem Stundenlohn von 4,63 Euro. Dagegen sieht die große Mehrheit der Tarifverträge auch für Ungelernte Einstiegslöhne von 8,50 Euro und mehr vor.
Der vermutete negative Anreiz bestehe also in vielen Branchen “bereits seit langer Zeit, ohne dass überzeugende Belege für seine breite Wirkung erbracht werden können”, konstatieren die Wissenschaftler. Unter den beliebtesten Lehrberufen seien vielmehr gleich mehrere, in denen die Ausbildungsvergütung sehr niedrig ist, beispielsweise Friseurinnen oder Hotelfachleute. Für Jugendliche mit schlechtem oder ohne Schulabschluss könnten Jobs natürlich attraktiver werden, wenn sie infolge des Mindestlohns besser bezahlt würden. “Deren Probleme resultieren aber im Kern aus einer mangelnden Ausbildungs- und Aufstiegsperspektive und ihre beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten verbessern sich keineswegs dadurch, dass ein Niedriglohnsektor erhalten wird, der noch dazu langfristig die sozialen Risiken dieser Beschäftigtengruppe erhöht”, betonen Amlinger, Bispinck und Schulten.
– Verdrängungseffekte oberhalb der Altersgrenze –
Nach Analyse der WSI-Forscher liefert die internationale Forschung sogar Indizien für Fehlanreize ganz anderer Art: Forscher in Großbritannien und den Niederlanden beschreiben Verdrängungs-Effekte durch Sonderregelungen beim Mindestlohn. So sind in holländischen Supermärkten mehr als 50 Prozent der Beschäftigten jünger als 23. Und britische Studien deuten darauf hin, dass junge Arbeitnehmer ein erhöhtes Beschäftigungsrisiko aufweisen, wenn sie sich der Altersgrenze nähern, ab der sie Anspruch auf den vollen Mindestlohn haben. “Erhalten Jugendliche einen deutlich niedrigeren oder gar keinen Mindestlohn, so haben Unternehmen einen großen Anreiz, ältere Arbeitnehmer durch “günstigere jüngere Beschäftigte auszutauschen”, warnen die WSI-Experten. Das schädige nicht nur deutlich ältere Beschäftigte, sondern gerade auch junge Leute knapp über der Ausnahme-Grenze.
Quelle 1: Pressemitteilung Hans-Böckler –Stiftung auf Juraforum.de
Quelle 2: *Marc Amlinger, Reinhard Bispinck, Thorsten Schulten: Jugend ohne Mindestlohn? Zur Diskussion um Ausnahme- und Sonderregelungen für junge Beschäftigte. WSI Report 14, März 2014 [PDF – 582 KB].
Siehe auch: DGB-Info: Argumente gegen eine Ausnahmenregelung für Jugendliche beim Mindestlohn
Es wird deutlich, welch fatale Folgen eine Ausnahmeregelung für Jugendliche im Mindestlohngesetz gerade auch im Einzelhandel haben würde. Die Arbeitgeber werden vermehrt Jugendliche einstellen, um Personalkosten zu sparen und damit einen neuen prekären Arbeitsmarkt schaffen, der reguläre Beschäftigung (auch älterer Beschäftigter) verdrängt. Nicht umsonst drängen die Einzelhandelsarbeitsgeber in Deutschland derzeit darauf, eine Ausnahme für jugendliche Beschäftigte einzuführen. Auch wird eine neue „Klasse“ von Beschäftigten entstehen, die – wie schon im Bereich der Werkverträge – für die gleiche Arbeit nicht den gleichen Lohn bekommen.
Quelle: DGB zum Download
§ 22 Persönlicher Anwendungsbereich
(1) Dieses Gesetz gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Praktikantinnen und
Praktikanten im Sinne des § 26 des Berufsbildungsgesetzes gelten als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes.
(2) Personen im Sinne von § 2 Absatz 1 und 2 des Jugendarbeitsschutzgesetzes ohne abgeschlossene Berufsausbildung gelten nicht als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes.
(3) Von diesem Gesetz nicht geregelt wird die Vergütung von zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, ehrenamtlich Tätigen sowie Praktikantinnen und Praktikanten, die ein Praktikum verpflichtend im Rahmen einer Schul-, Ausbildungs-oder Studienordnung leisten, die ein Praktikum von bis zu vier Wochen zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums leisten oder die an einer nach § 81 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch geförderten beruflichen Weiterbildung oder einer Einstiegsqualifizierung nach § 54a des Dritten Buches Sozialgesetzbuch teilnehmen.
(4) Von diesem Gesetz nicht geregelt wird die Vergütung in den ersten sechs Monaten eines Arbeitsverhältnisses von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die unmittelbar vor Beginn der Beschäftigung langzeitarbeitslos im Sinne des § 18 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch
waren und die durch Zuschüsse zum Arbeitsentgelt nach § 88 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch, § 16 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 sowie § 16e Absatz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch oder nach § 34 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch gefördert werden.
Quelle: Tarifautonomiestärkungsgesetzes im Portal Sozialpolitik [PDF – 405 KB]
Anmerkung WL: Typisch für die Wirtschaftsorganisation OECD, wenn es um Soziales geht. „Kürzungen“ (die also als notwendig erachtet werden) sollen „sehr vorsichtig“ vorgenommen werden, auf die Bedürftigsten zugeschnitten werden.
Anmerkung J.K.: Bonus-Zahlungen für Chefärzte, der Patient als Ware und das Krankenhaus als profitorientiertes Unternehmen. Ein bizarrer Beleg wie die neoliberale Marktlogik inzwischen alle Gesellschaftsbereiche durchdringt. Und ein Beleg dafür, dass damit genau das Gegenteil erreicht wird, was die marktradikalen Ideologen versprechen.
Dazu: Griechenland: Millionen ohne Gesundheitsschutz
250 ehemals staatliche Polikliniken wurden geschlossen oder privatisiert. Viele Ärzte und Pflegekräfte protestieren dagegen – nicht nur, weil ihnen Arbeitslosigkeit droht.
Quelle: ver.di PUBLIK
Dazu: Ein guter Tag für die Fußnotenzähler
Das Gericht hat schnellen Prozess gemacht. In einer nur wenige Stunden dauernden Verhandlung kamen die Richter des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zu ihrem Urteil: Die ehemalige Bundesbildungsministerin Annette Schavan hat in ihrer vor mehr als 30 Jahren eingereichten Doktorarbeit getäuscht. Die Universität Düsseldorf hat ihr wegen einer Vielzahl von Plagiaten zu Recht den Doktortitel entzogen. Die Klage Schavans wurde abgewiesen. Die Uni Düsseldorf darf sich in ihrer Vorgehensweise und Entscheidung bestätigt fühlen.
Für das Gericht war offenkundig die hohe Anzahl an Plagiatsstellen maßgeblich, die der Gutachter Stefan Rohrbacher vor Gericht untermauern konnte. Dadurch war das Gericht offenbar davon überzeugt, dass Schavan vorsätzlich getäuscht hat. Das Verfahren erschien den Richtern vor diesem Hintergrund nachrangig.
Auch die Frage, ob Zitierfehler in mehr als 30 Jahre alte Dissertationen verjährt sein könnten, ist demnach unerheblich. Was zählt, ist allein die Zahl der nicht korrekt zitierten Textstellen.
Quelle: Zeit Online
Anmerkung WL: Obwohl sie sich ständig in wissenschaftspolitische oder wie in diesem Promotionsverfahren gar in wissenschaftliche Themen einmischt, sollte man wissen dass die Kommentatorin Marion Schmidt nicht Wissenschaftsredakteurin ist, sondern im Ressort Chancen der Zeit angesiedelt ist. Von einer „Verjährungsfrist“ für Zitierfehler hat man im Wissenschaftsbereich bisher noch nichts gewusst. Würde man dem Weltbild des Ptolemäus eine Verjährungsfrist einräumen, so wäre die Erde bis heute Mittelpunkt des Weltalls.
Natürlich zählen die nicht korrekt zitierten Textstellen in der Wissenschaft. Sonst wäre Spinat bis heute ein Nahrungsmittel mit außergewöhnlich hohem Eisengehalt.
Siehe nochmals: Was sind denn die Leistungen der „großen“ Bildungspolitikerin Schavan? und „Die angesehenste Bildungspolitikerin des Landes“ – Ein Meisterstück politischer Propaganda
Anmerkung Orlando Pascheit: Angesichts dieser großen Zahl stellt sich die Frage : Wieviel Flüchtlinge sind wohl vor der verstärkten Überwachung ertrunken?
Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/
Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=21151