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Titel: Verschiedene Ergänzungen zum Thema PPP und Privatisierung

Datum: 12. Februar 2007 um 10:45 Uhr
Rubrik: Lobbyismus und politische Korruption, Private Public Partnership, Privatisierung
Verantwortlich:

Von einem aufmerksamen Nutzer der NachDenkSeiten werde ich darauf aufmerksam gemacht, dass die Bundesregierung PPP-Projekte massiv fördert. Über eine so genannte „ Task Force PPP“ und einen Lenkungsausschuss der Bundesregierung. Wir haben hier das gleiche Phänomen wie bei der Altersvorsorge und bei der Privatisierung von Bildungseinrichtungen: mit öffentlichen Mitteln werden private Interessen bedient. Sie finden dazu hier die Mail des Freundes der NachDenkSeiten und dann verschiedene Anhänge.

Als Anhang 1 eine Gemeinsame Position der Rechnungshöfe aus Bund und Ländern, als Anlage 2 den Hinweis auf die Auslagerung zum Bau eines Kohlekraftwerkes in Wiesbaden, als Anlage 3 den Hinweis auf einen Beitrag im Magazin Mitbestimmung 01+02/2007 Private Gewinne, gesellschaftliche Risiken? Und als Anlage 4 den Hinweis auf die beflissene Aktivität der Universität Frankfurt für eine private Initiative der Hochfinanz.

Hier zunächst die Mail des Freundes der NachDenkSeiten aus Berlin:

  1. Zum Thema PPP gibt es eine sehr informative Seite des Bundesverkehrsministeriums, die einen guten Überblick über die Organisation, Förderung, Zielsetzungen, Pilotprojekte etc. gibt. (Natürlich in den allerhellsten Farben, aber etwas anderes war ja nicht zu erwarten).

    Hier stellt sich die “Task Force PPP” des Bundes vor, die 2004 ins Leben gerufen wurde.

    Da Sie sich auf den NDS ja schon länger mit PPP auseinandersetzen, kennen Sie die Seite vielleicht schon.

  2. Für die tagtäglichen NDS-Nutzer hochinteressant dürfte aber auf jeden Fall dies hier sein.
    Der Lenkungsausschuss ist quasi das leitgebende, bundesweite Gremium für PPP-Projekte.
    Beachtenswert ist also, wer denn alles in diesem Gremium sitzt, also darüber entscheidet, wie stark PPP vorangetrieben wird.
    Neben den Vertretern der Bundesministerien, der Länder (NRW darf dort als PPP-Vorreiter nicht fehlen) sitzen schlicht und ergreifend Lobbygruppen der Bau- und Finanzindustrie in diesem Gremium!

    Für mich ist das der Beweis, das das Vorantreiben von PPP in diesem Land nicht aus sachpolitisch sinnvollen Erwägungen, aus Nutzen für das Gemeinwesen geschieht, sondern einfach, weil die Interessengruppen, die daran verdienen, direkt am Schalthebel sitzen.
    Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, das die Verteter der deutschen Banken
    oder der deutschen Zementwerke dort in diesem Gremium feststellen werden, dass PPP-Projekte nicht immer sinnvoll sind – sie würden ja sich die eigenen Aufträge wegnehmen!
    Ich würde sagen, so sieht undemokratische Einflussnahme im 21. Jahrhundert aus.

  3. Ich habe des weiteren im Internet eine PowerPointPräsentation [PPT – 260 KB] gefunden, in der die Ziele usw. der Task-Force PPP beschrieben werden. Zwar aus dem Jahre 2004, aber grundlegend dürfte sich da bis heutee nichts geändert haben, der Vorsitzende des Lenkungsausschusses, MdB Großmann (SPD)
    ist immer noch im Amt.

    Ich glaube, dieses Strategiepapier zeigt eigentlich gut auf, wie PPP von höchster Politikseite vorangetrieben werden soll und wird – nämlich gänzlich unkritisch. Achten sie mal auf die Formulierungen und wo der Ort der Präsentation war!

  4. Höchst aufschlussreich!“

So ist es. Herzlichen Dank für die Recherche.

Und nun die Anlagen:

Anlage 1:

Gemeinsame Position der Rechnungshöfe aus Bund und Ländern zu PPP
Die Präsidentinnen und Präsidenten der Rechnungshöfe aus Bund und Ländern haben sich auf ihrer Konferenz am 03. und 04. Mai 2006 in München auf eine gemeinsame Position zu *Öffentlich-Privaten Partnerschaften” (PPP) geeinigt. Die deutschen Rechnungshöfe fordern eine sorgfältige und realistische Bewertung von Chancen und Risiken der Bedarfsdeckung an öffentlicher Infrastruktur über PPP-Modelle. PPP ist danach lediglich eine wertneutrale Alternative zu anderen Finanzierungsformen. Insbesondere dürfe PPP nicht als Ausweg für Finanzierungsengpässe angesehen werden, um auf diese Weise nicht finanzierbare Investitionen realisieren zu können. Wegen der mit PPP-Modellen verbundenen langfristigen Bindung im Haushalt der öffentlichen Hand haben die Rechnungshöfe auf ihrer Konferenz Grundsätze aufgestellt, die bei jeder PPP-Entscheidung vom örtlichen Projektträger zu beachten sind:

  • Bei ÖPP-Projekten treten andere laufende Ausgaben an die Stelle von Zins- und Tilgungslasten und belasten künftige Haushalte in gleicher oder ähnlicher Weise. Nur nachgewiesene und haushaltswirksame Effizienzgewinne können zur Haushaltsentlastung beitragen.
  • ÖPP-Projekte, die sich die öffentliche Hand konventionell finanziert nicht leisten kann, darf sie sich ebenso wenig alternativ finanziert leisten.
  • Erst nach Feststellung der Notwendigkeit eines Projektes darf und muss geprüft werden, ob das Projekt für eine ÖPP-Realisierungsvariante geeignet ist.
  • Die Wirtschaftlichkeit eines Projektes muss in jedem Einzelfall und über die gesamte Laufzeit hinweg (Lebenszyklusansatz) nachgewiesen sein.
  • Zwischen der öffentlichen Hand und dem privaten Partner ist eine angemessene und wirtschaftliche Risikoverteilung vorzunehmen.
  • Die öffentliche Hand darf sich durch ÖPP-Projekte nicht aus dem Vergaberecht “stehlen.”
  • Die Komplexität von ÖPP-Projekten stellt besonders hohe Ansprüche an die Vertragsgestaltung. Fehlerhafte Verträge haben unmittelbare Auswirkung auf die Wirtschaftlichkeit des Projektes.
  • ÖPP-Projekte sind während ihrer gesamten Vertragslaufzeit im Haushalt klar darzustellen. Die Belastung künftiger Haushalte muss eindeutig erkennbar sein.
  • Die Prüfungsrechte der Rechnungshöfe sind sicherzustellen.
  • Im kommunalen Bereich handelt es sich bei ÖPP-Projekten häufig um kreditähnliche Geschäfte, die fast in allen Ländern der Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde bedürfen. Von staatlicher Seite sollten Mindestanforderungen für ÖPP-Projekte vorgegeben werden.

Anlage 2:

Weichen für neues Kohlekraftwerk gestellt!
Ein Beitrag zum Klimaschutz in Wiesbaden und Mainz!!

…Es sei nicht Aufgabe des Unternehmens, (den Stadtrat)… zu informieren. Hanns-Detlev Höhne, Vorstand der KMW-Mutter Stadtwerke Mainz, sagte: “Der Stadtrat ist nicht in der Lage, solch komplexe Entscheidungen zu diskutieren”. Deswegen würden Investitionen von der Stadt in stadtnahe Gesellschaften verlagert. Eine Firma wie etwa Siemens sei nur bereit, mit Unternehmen zu verhandeln, nicht mit Parlamenten.

Das sagt doch alles. Entscheidungen wurden in Stadteigene/nahe Gesellschaften übertragen, weil die Politiker zu BLÖD sind.

Anlage 3:

Magazin Mitbestimmung 01+02/2007
Private Gewinne, gesellschaftliche Risiken?
Arbeitsplätze, Know-how und demokratische Kontrolle im öffentlichen Dienst gehen verloren, weil Bund, Länder und Kommunen finanziell klamm sind: Ver.di sieht politische Alternativen zur Public Private Partnership (PPP).
Quelle: boeckler.de

Anlage 4:

»Bedeutender Meilenstein«
An der Universität Frankfurt konstituiert sich das Kuratorium des neuen ›House of Finance‹

AM: Ein Musterbeispiel dafür, wie öffentliche Einrichtungen und öffentlich bezahlte Personen Privatinteressen bedienen, im konkreten Fall die der Finanzindustrie. Der Vorsitzende dieses „House of Finance“ ist übrigens Ottmar Issing, ehemaliges Mitglied des Sachverständigenrates und später Chefvolkswirt der Deutschen Bank und seit Januar 2007 „International Advisor“ der amerikanischen Investmentbank Goldman Sachs. Da kann man sich ausrechnen, welchen Interessen die „finanzbezogene Spitzenforschung“ dient. Das Bankenzentrum Frankfurt schafft sich seine Banken-Uni… Und Steinbrück, Koch und Bundesbankpräsident Weber gehören zu den Gratulanten.


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