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Titel: „Köln ist Kasse“: Interessante Teilerfolge von Werner Rügemer vor Gericht gegen das Bankhaus Sal. Oppenheim

Datum: 10. Februar 2007 um 8:32 Uhr
Rubrik: Banken, Börse, Spekulation, Lobbyismus und politische Korruption, Private Public Partnership
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In Werner Rügemers Buch „Der Bankier“ hat das Bankhaus Sal. Oppenheim in einstweiligen Verbots-Verfügungen gegen 21 Passagen durchgesetzt. Das Buch musste in zweiter Auflage geschwärzt erscheinen. Das Landgericht Berlin hat nun einige Verbote aufgehoben, die vor allem die Machenschaften zwischen dem Esch-Oppenheim Fonds und städtischen Bauaufträgen betreffen.
Es ist hoch interessant, was Rügemer nach eigenen Angaben jetzt im Hinblick auf den Kölschen Klüngel, der Kölner Variante der Private Public Partnership laut Gericht wieder behaupten darf.

„Die Anmietung des Rathauses durch die Stadt (Köln) beim Investor Esch-Oppenheim auf die 30 Jahre Mietzeit gerechnet, erweist sich mit den Verpflichtungen im Kleingedruckten als ungleich teurer, als wenn die Stadt das Rathaus selbst hätte bauen lassen“. Die Verfügung dagegen wurde am 22.8.06 aufgehoben; das darf also zukünftig wieder so veröffentlicht werden.

Die Passage „so müssen die Köln Messe GmbH bzw. die Stadt Köln 30 Jahre lang, bis 2036, eine jährliche Miete (an Investor Esch-Oppenheim, WR) zahlen, die Mieten summieren sich so bis 2036 auf etwa 800 Millionen“ darf wieder so veröffentlicht werden. Die Bank hatte behauptet, dass die Gesamtmiete „unter 700 Millionen Euro bleiben wird“. Das ist schon deshalb eine unseriöse Behauptung, weil es sich um eine „indexierte“ Miete handelt, die auch von der Inflationsentwicklung abhängt. Niemand, auch keine Bank, kann voraussagen, wie sich die Inflation bis 2036 entwickeln wird.

„Um sich abzusichern, setzte der Investor durch, dass die Stadt die Mietgarantie für die Messehallen übernimmt“: Die Verfügung dagegen wurden aufgehoben am 22.8.06. Es darf also weiter geschrieben werden, dass der Esch-Oppenheim-Fonds wert darauf gelegt hat, dass wegen des unsicheren Messegeschäfts nicht die KölnMesseGmbH, sondern die Stadt Köln für die Miete einsteht und dass es sich hier um eine übliche Fußangel bei Privatisierungen handelt.

Für Leserinnen und Leser, die in den „Kölschen Klüngel“ nicht so eingeweiht sind, einige knappe Erläuterungen:
Bei der „Anmietung des Rathauses“, geht es um das sog. Technische Rathaus der Stadt Köln. Dazu der Kölner Blog „arbeiterfotografie“:
1995 hatte der Kölner Stadtrat beschlossen, dem vom Troisdorfer Bauunternehmer Josef Esch ins Leben gerufenen Esch-Fonds ein städtisches Grundstück (vermutlich unter Wert) zu verkaufen, um dort die Köln-Arena und ein neues Rathaus als sog. Mantelbebauung zu errichten.

Der heute beim Esch-Fonds als Manager angestellte und damalige frühere Oberstadtdirektor Lothar Ruschmeier (SPD) hatte den Ratsbeschluss eingefädelt, indem er die “modernste Mehrzweckhalle” der Welt” und das neue Rathaus mit dem Argument anpries, die Stadt müsse keine einzige Mark selbst investieren.

Der Esch-Fonds brachte nun mit Hilfe einer Gruppe von 77 superreichen Kapitalanlegern die Bausumme von insgesamt 900 Mio DM auf – 300 Mio für die Arena und 600 Mio für das Rathaus.
(Fondsanleger sind u.a. Familienmitglieder des verstorbenen Bankiers Freiherr von Oppenheim, der Kölner Verleger Neven DuMont, die Quelle Großaktionärin Madeleine Schickedanz, die Papierfabrikantenfamilie Zanders, die Baustofffamilie Werhahn oder der Ex-Schatzmeister Leisler Kiep)
Für diese Investition rechneten bis zum Jahre 2028 die Investoren mit einer jährlichen Gewinnausschüttung von 4% nebst steuersparenden Verlustzuweisungen.

Indem die Stadt die “Miet- und Ergebnisgarantie” für das Rathaus selbst übernahm und Ruschmeier in seiner Funktion als Amtsträger einen Mietvertrag für 30 Jahre unterschrieb, wird sich nun die überhöhte Mietzahlung an den Esch-Fonds in der vereinbarten Laufzeit auf stattliche rund 470 Mio Euro summieren. Diesen Deal bezeichnete seinerzeit der verstorbene Ex-Bürgermeister Harry Blum (CDU) als den “vermieterfreundlichsten Vertrag in ganz Köln”.
Laut Berliner Landesgericht darf aber gesagt werden, „die Anmietung des Rathauses durch die Stadt (Köln) beim Investor Esch-Oppenheim auf die 30 Jahre Mietzeit gerechnet, erweist sich …als ungleich teurer, als wenn die Stadt das Rathaus selbst hätte bauen lassen“

Bei der Köln Messe handelt es sich um den Bau der Messehallen Nord ein von einer Kölner Ampelkoalition abgesegneten Messeprojekt, das gleichfalls vom Investor Oppenheim-Esch-Fonds durchgeführt worden ist, dessen Baukosten 140 Millionen betrugen, die sog. Nebenkosten aber blähen sich zu gigantischen weiteren 110 Mio Euro auf (Bild-Köln berichtet am 7.2.07 von Gesamtkosten sogar von 260 Mio Euro), darunter so interessante Einzelposten wie 7 Millionen Euro für die “Vermittlung eines Mieters”, obwohl die Stadt bzw. die Messe GmbH von Anfang an als Mieter feststanden.

Die Anleger des Oppenheim-Esch-Fonds erhalten vertragsgemäß Mietzahlungen über 30 Jahre in Höhe von 750 Mio Euro. Nach Berechnungen von Experten, so der WDR-Report ‚Die Story’, hätte die Stadt Köln die Messehallen um rund 360 Mio Euro billiger bekommen können, unter anderem, indem sie den Messebau selbst finanziert hätte. Jetzt sind aber die 750 Mio garantiert durch die Messe oder, wenn diese zahlungsunfähig werden würde, eben durch die Stadt.

Diese Ausfallbürgschaft des Steuerzahlers könnte ziemlich schnell akut werden. Wie gerade dieser Tage BILD-Köln berichtet fährt die Köln Messe bis 2011 38,5 Mio Miese ein. Die Messe wird also die Mietzahlungen von 20 Mio Euro pro Jahr nicht leisten können. Der Messe-Sprecher dazu: „Wir zahlen die Miete für Hallen, die die Politik gewollt hat. Die Geschäftsführung war mit der Finanzierung durch Oppenheim-Esch nie einverstanden.“
Wenn die Rücklagen der Messe aufgebraucht sind, muss eben die Stadt (der Steuerzahler) für die Miete gerade stehen.

Am 8.2.07 berichtet Bild-Köln (das angesichts des Medienmonopols des Fondsanleger Alfred Neven Du Mont neben dem WDR einzige in dieser Angelegenheit kritische Printmedium), dass laut einem Bericht von „WDR Lokalzeit“ bei Übergabe der Halle eine Mängelliste von 16.000 Positionen vorlag.
Überdies droht beim Messe-Projekt der Stadt Köln eine EU-Strafe in Millionenhöhe wegen fehlerhafter Ausschreibung.

Der Kölner Kabarettist, Heinrich Pachl, der 2006 mit dem Deutschen Kabarettpreis ausgezeichnet wurde, hat über diesen Klüngel ein spannendes Theaterstück geschrieben. Treffender Titel: „Köln ist Kasse“.
(Das Stück ist noch auf dem Spielplan des Kölner Bauturm-Theaters und natürlich darf man jetzt auf die dritte Auflage des Rügemer Buches „Der Bankier“ gespannt sein.)


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