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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 27. Februar 2014 um 8:53 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
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Anmerkung RS: Sehr informativ und differenziert. Aber leider nur auf Englisch.
Anmerkung C.R.: Der deutsche Außenminister Steinmeier hat mit dazu beigetragen, dass Faschisten in Europa wieder solonfähig werden könnten: Schließlich hatte er sich ohne Not auch mit dem “Swoboda”-Anführer in der Ukraine getroffen und verhandelt, was u.a. hier nachgelesen (mit Foto) werden kann: Vom Stigma befreit.
Anmerkung AM: Der helle Wahnsinn.
Anmerkung Orlando Pascheit: Als das Budapester Stadtparlament Ende letzten Jahres umfangreiche Sperrzonen für Obdachlose beschlossen hatte, ging die Meldung kritisch kommentiert durch die Presse. Das war es dann aber auch. Nun mag die Ausgrenzung von Obdachlosen nicht die Aufmerksamkeit erfahren wie die Zunahme antisemitischer Zwischenfälle, aber dem Wesen nach ist die Ausgrenzung von Obdachlosen eben auch Ausgrenzung. Freiheitsstrafen oder gemeinnützige Arbeit, warum nicht gleich Arbeitslager. Der schwarze Winkel lässt grüßen. Es ist bedauerlich, dass die EU auf solche Vorgänge nicht reagieren kann/will, aber seit Berlusconi wissen wir, dass das, was man europäischen Wertekanon nennt, vor allem auf dem Papier steht. Dass Orban dem Obdachlosengesetz sogar Verfassungsrang verlieh, weil ein ähnliches Gesetz vom Verfassungsgericht abgelehnt worden war, wen kümmert es. Die EU schreitet dann ein, wenn es um das Geld geht, präziser um das Wohl der Banken.
Im NZZ-Artikel verweist Meret Baumann auf die vielen Obdachlosen, die Fremdwährungskredite nicht mehr bedienen konnten und deshalb obdachlos wurden. Vor zwei Jahren hatte Orban die Banken gezwungen, diese Kredite in Forint-Darlehen umzuwandeln. Daraus entstanden hohe Verluste für die Banken. Als sich Orban im Herbst letzten Jahres erneut des Problems der Fremdwährungskredite (Abwertung des Forints) annehmen wollte, warnte EZB-Präsident Mario Draghi die ungarische Regierung, keine einseitigen Schritte zu unternehmen, um die Banken zu einer Umwandlung der Kredite in Forint-Darlehen zu zwingen. Diese Kredite wurden vor allem von ausländischen Banken angeboten, welche etwa 60 Prozent des ungarischen Finanzsektors kontrollieren. – Aber soll man schweigen, weil in Europa schon längst gilt: Banken vor Obdachlosen.
Dagegen: Weil jede Stimme gleich viel wert sein soll
Das Bundesverfassungsgericht hat nach der Fünfprozenthürde jetzt auch die vom Bundestag ersatzweise eingeführte Dreiprozenthürde für verfassungswidrig erklärt. Aus demokratischer Sicht ist das zu begrüßen. Denn jede Prozenthürde verzerrt das Wahlergebnis. Nicht nur weil Stimmen für die kleinen Parteien nicht mitgezählt werden, vielmehr werden die Wähler schon abgeschreckt, überhaupt für kleine Parteien zu stimmen. Eine Wahl ohne Prozenthürden stellt sicher, dass jede Stimme gleich viel wert ist, und ist damit gerechter. Zwar gilt das Urteil nur für die Europawahl, aber es ist zu hoffen, dass langfristig auch die Legitimität der Fünfprozenthürde bei Bundestags- und Landtagswahlen ins Wanken gerät. Eine Dreiprozenthürde wäre dort auch schon ein Fortschritt.
Quelle: taz
Im Jahr 2012 verfügten die Bürger ab 17 Jahren insgesamt über ein Bruttovermögen (ohne Fahrzeuge und Hausrat) im Wert von 7,4 Billionen Euro. Dem standen Schulden in Höhe von 1,1 Billionen Euro gegenüber. Den größten Teil des Vermögens macht mit 5,1 Billionen Euro der Grund- und Immobilienbesitz aus. Rund 40 Prozent der Erwachsenen bewohnen eine eigene Immobilie, ihr Vermögensanteil ist im Durchschnitt 141.000 Euro wert. Etwa zehn Prozent der Bürger besitzen andere Arten von Immobilien wie vermietete Wohnungen, Grundstücke oder Ferienwohnungen. Rund 47 Prozent der Erwachsenen besitzen Geldvermögen, im Durchschnitt waren es 29.000 Euro. Etwa 51 Prozent verfügen über Vermögen in Form von privaten Versicherungen oder Bausparverträgen, der Durchschnittswert lag bei 18.000 Euro.
Einen signifikanten Anstieg gab es bei der Verschuldung: Im Jahr 2002 waren etwa 27,5 Prozent aller Erwachsenen verschuldet, zehn Jahre später lag der Anteil bei 32 Prozent. „Dabei muss man unterscheiden zwischen Konsumentenkrediten, die von immer mehr Menschen, aber in kleinerer Höhe aufgenommen werden, und Hypotheken, die von gleichbleibend vielen Menschen, aber mit höheren Summen aufgenommen werden“, so Grabka.
Auch fast 25 Jahre nach der Wiedervereinigung zeigen sich deutliche Vermögensunterschiede zwischen Ost und West. Während Erwachsene in Westdeutschland im Schnitt 94.000 Euro Vermögen besitzen, sind es im Osten nur etwas mehr als 41.000 Euro. Der durchschnittliche Wert des selbstgenutzten Immobilienbesitzes liegt im Westen bei etwa 151.000 Euro, im Osten bei etwa 88.000 Euro. „Der Unterschied zwischen Ost und West zeigt sich erst mit fortschreitendem Alter“, erläutert Verteilungsexperte Grabka. „Während der Ausbildung oder zu Beginn der Berufslaufbahn sind alle relativ vermögensarm, erst ab Mitte 30 entwickeln sich die Besitzverhältnisse auseinander. Ältere Kohorten bleiben im Osten mit einem durchschnittlichen Vermögen von etwa 50.000 Euro deutlich hinter ihren westdeutschen Altersgenossen zurück.“ Da so auch der Nachlass für die nachfolgende Generation niedriger ausfalle, werden diese Unterschiede auch in künftigen Statistiken fortbestehen.
Die Vermögen von Männern liegen den SOEP-Daten zufolge mit durchschnittlich 97.000 Euro rund 27.000 Euro höher als die der Frauen. Besonders gering fiel das Vermögen von Alleinerziehenden aus: Alleinerziehende mit zwei Kinder verfügten im Schnitt über ein Nettovermögen von 21.000 Euro, mit einem Kind lag es bei 35.000 Euro. Aber auch wenn die Eltern zusammenleben, sinkt das Vermögen mit steigender Kinderzahl: Ehepaare ohne Kinder besaßen durchschnittlich 108.000 Euro, mit einem Kind waren es durchschnittlich 63.000 Euro, mit zwei Kindern etwas mehr als 50.000 Euro, bei drei oder mehr Kindern sinkt es auf im Schnitt 44.000 Euro. Das höchste Pro-Kopf-Vermögen weisen alleinlebende Männer im Alter von 60 Jahren auf (150.000 Euro).
Die Ungleichheit der Vermögen hat sich in den drei Beobachtungsjahren nicht verändert. „Sie verharrt auf einem international sehr hohen Niveau“, urteilt Grabka. „Nirgendwo in der Eurozone sind die Vermögen ungleicher verteilt als in Deutschland.“ Das Medianvermögen, also der Wert, der die reichere Hälfte der Bevölkerung von der ärmeren trennt, lag mit knapp 17.000 Euro wesentlich niedriger als das durchschnittliche Nettovermögen. Das reichste Zehntel der Bevölkerung besaß ein Nettovermögen von mindestens 217.000 Euro. In Ostdeutschland gehören Personen mit einem Vermögen von 110.000 Euro bereits zu den reichsten zehn Prozent, im Westen waren 240.000 Euro nötig. „Da die Menschen mit den größten Vermögen in solchen befragungsgestützten Statistiken unterrepräsentiert sind, fallen diese Zahlen tendenziell eher niedriger aus, als sie es in der Realität sind,“, sagt Grabka.
Der Gini-Koeffizient, der die Ungleichheit misst, lag in Deutschland im Jahr 2012 bei 0,78. Je höher dieser Wert, umso größer ist die Ungleichheit. Bei einem Wert von eins ist die Ungleichheit maximal, bei Null ist sie minimal ausgeprägt. In Frankreich liegt er bei 0,68, in Italien bei 0,61 und in der Slowakei bei 0,45. Höher als in Deutschland ist die Vermögensungleichheit in den USA. Dort lag der Gini-Koeffizient im Jahr 2010 bei 0,87.
Quelle 1: Pressemitteilung des DIW
Quelle 2: Ausführlich DIW Wochenbericht 9/2014
Quelle 3: Die DIW-Studie [PDF – 616 KB]
Anmerkung JK: Das muss man sich schon auf der Zunge zergehen lassen: Nirgendwo in der EU ist das Vermögen so ungleich verteilt wie in Deutschland. Wesentlich dazu beigetragen hat ohne Zweifel die Einführung von Harz IV. Und diese Verelendungspolitik möchte Merkel zum Rollenmodel für ganz Europa machen. Und hierzu scheint Griechenland das Freiluftlabor abzugeben. Offensichtlich testet man dort aus wie weit man die Verelendung der Bevölkerung treiben kann.
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Ein positives Urteil – erstaunlich genug.
Ergänzende Anmerkung RS: In der Tat erstaunlich, aber nicht ohne abfällige Formulierungen im Bezug auf Wagenknecht und die Linken, wie z.B. „Wagenknechts Banken-Bashing“.
Anmerkung Orlando Pascheit: Ein fast übersehener Artikel von Wolfgang Koydl, der darauf zielt, die Motive der Unternehmerschaft zu hinterfragen, die so offensiv für die Personenfreizügigkeit eintritt. In der Tat könnte man auch bei uns den Eindruck haben, dass die Unternehmensverbände seit jeher die einzig wahren Europäer wären. So treten sie z.B. ungeachtet der Vorbehalte der sie unterstützenden Unionspolitiker vehement für die Aufnahme der Türkei in die Europäische Union ein. Dabei sollte man nie außer Acht lassen, dass das europäische Kapital sich kaum für die Politische Union und schon gar nicht für ein soziales Europa stark gemacht hat, sondern den vom ihm auch initiierten Europäischen Binnenmarkt vorantreibt, mit den vier Grundfreiheiten: freier Warenverkehr, Personenfreizügigkeit, Dienstleistungsfreiheit, freier Kapital- und Zahlungsverkehr. Wenn der BDI für ein Assoziationsabkommen mit der Ukraine eintritt, so geht es ihm noch viel weniger als einer Frau Merkel um die dortigen Notlage der Bevölkerung, sondern um die bequeme Erschließung neuer Märkte und, wie es Koydl schön formuliert, das preisgünstige Fischen in einem “unerschöpflichen Pool von Arbeitskräften”. Wie meinte noch der Vorsitzende des Ost-Ausschusses, Eckhard Cordes, als er mit die Kanzlerin und einer Wirtschaftsdelegation zum St. Petersburg International Economic Forum fuhr: “Wirtschaftspolitisch erhoffen wir uns vom St. Petersburger Wirtschaftsforum neue Impulse zur Schaffung eines gemeinsamen Wirtschaftsraums in Europa. Eine gemeinsame Freihandelszone der EU mit Russland und den Ländern der Zollunion stärkt die Wachstumskräfte in Europa und muss langfristig unser Ziel sein. Es liegt im Interesse beider Seiten, die wirtschaftlichen Standards in Europa zu vereinheitlichen, Zollschranken abzubauen und Visa-Hürden zu beseitigen. Wir brauchen mehr Tempo bei diesem Prozess.” Die Politik mag meinen, sie betreibe so etwas ähnliches wie Geopolitik. Das Kapital kennt nur eine Richtung, Expansion, und verkauft diese als Streben nach Gemienwohl.
Anmerkung H.H.: Nicht alles in dem Artikel ist zutreffend: Daß de Gucht den Investorenschutz bei TTIP “vorerst auszuklammern” versprochen hat (aus den Verhandlungen), ist mitnichten eine “Beerdigung”, wie die taz-Autorin schreibt. Es ist der durchsichtige Versuch, die Sonderklagerechte für Konzerne aus dem EU-Wahlkampf herauszuhalten, weil sie den Charakter des Abkommens in seiner Unannehmbarkeit zu enthüllen besonders geeignet sind. Das könnte die Konservativen und Liberalen viele Stimmen kosten.
Anmerkung WL: In einer Pressemitteilung er Bundestagsfraktion der Grünen heißt es zu Recht: „Im Vergleich zu den festgestellten Bildungsausgaben für 2010 ist dies ein Anstieg von gerade mal 0,006 Prozent. Diese Stagnation ist ein Armutszeugnis. Eine Bildungsrepublik, wie Kanzlerin Merkel sie ausgerufen hat, sieht anders aus. Das Ziel, sieben Prozent des Bruttoinlandsproduktes in Bildung zu investieren, ist weit entfernt. Die Zahlen machen deutlich, dass größere Anstrengungen von Bund und Ländern nötig sind. Auch zeigen sie, wie überfällig die Abschaffung des Kooperationsverbotes ist: Die Kleinstaaterei in der Bildungspolitik ist kontraproduktiv und schädlich. Bund und Länder müssen endlich gemeinsam ihre Verantwortung für den notwendigen Ausbau des Bildungssystems übernehmen. Nur wenn das Kooperationsverbot endlich aufgehoben wird, kann der flächendeckende Ausbau der Ganztagschulen endlich umgesetzt werden…
Und Ernst Dieter Rossmann, bildungspolitischer Sprecher der SPD erklärte: „Der Bildungsfinanzbericht zeigt, dass wir von dem Ziel sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung auszugeben, noch weit entfernt sind. Der Anteil der Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt ist in Deutschland mit 5,3 Prozent weiterhin deutlich niedriger als im OCED-Durchschnitt mit 6,3 Prozent. Das ist beschämend, denn Bildung ist die Schlüsselressource unserer Gesellschaft, die nicht nur für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands von zentraler Bedeutung ist, sondern auch für die persönliche Teilhabe jedes Einzelnen in unserer Gesellschaft.
Der Bildungsfinanzbericht bestätigt die Forderung der SPD nachdrücklich, dass 20 Milliarden Euro zusätzlich für Bildung notwendig sind, um die Nähe des OECD-Durchschnitts zu kommen und mittelfristig sieben Prozent zu erreichen.
Speziell Gemeinden und Länder, die mit rund 92 Prozent den Großteil der Bildungsausgaben in Deutschland finanzieren, müssen insbesondere im Zuge der Schuldenbremse in dieser Legislaturperiode entsprechend entlastet werden, um zumindest das jetzige Niveau der öffentlichen Bildungsausgaben in Deutschland halten zu können. Die im Koalitionsvertrag vereinbarten Mehrausgaben für Bildung in Höhe von sechs Milliarden Euro und die damit verbundene Entlastung auch der Länder und Kommunen sind damit ein unverzichtbarer Beitrag für die Arbeit der nächsten Jahre, aber bei weitem nicht genug, um die internationale Anschlussfähigkeit Deutschlands bei den Bildungsausgaben zu erreichen.“
Anmerkung WL: Wir werden uns mit dem Gutachten noch ausführlich auseinandersetzen.
Anmerkung unseres Lesers H.H.: “Und täglich grüßt das Murmeltier”, könnte man angesichts der neuesten Posse um den CSU-Granden Kreidl mit einem Hauch Verzweiflung ausrufen. Es ist schier unglaublich, was sich hier abspielt: Plagiator, Initiator oder zumindest Nutznießer opulenter Geburtstagsfeiern, Schwarzbau-Herr. Und als ob das nicht alles längst genügen würde, wollte dieser Vorzeige-Kandidat erneut den Landrat geben.Ein weiteres Beispiel das zeigt, wie verkommen unsere so genannte Eliten sind.
Anmerkung WL: Siehe dazu hier.
Hinweis: In der aktuellen Kontext:Wochenzeitung finden Sie wieder eine Reihe interessanter Beiträge, u.a.:
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