- Die private Rente ist sicher?
Millionen Deutsche haben mit einer privaten Rentenversicherung vorgesorgt. Nun müssen die ersten erkennen: Nicht alles, was versprochen wurde, wird auch ausgezahlt.
Bei 33 von 69 Versicherungen, die die Analysefirma Assekurata befragt hat, beträgt die Überschussbeteiligung laufender Renten für das Jahr 2007 exakt null. Weitere 32 Anbieter bringen es auf weniger als ein Prozent. Zwei schaffen genau ein Prozent. Nur der Direktversicherer Europa und der Volkswohl Bund aus Dortmund gewähren ihren “Rentnern”, die vor Juli 2000 eine Police abgeschlossen haben, noch etwas mehr als ein Prozent Überschuss. Kaum besser sehen die Zahlen für später geschlossene Verträge aus – die monatlichen Auszahlungen sinken. Sicher ist nur noch der Garantiezins.
Quelle: stern
Anmerkung: Unbeschadet der Kritik an privaten Rentenversicherungen macht der stern auf der gleichen Seite Reklame für das Riester-Sparen oder Fonds-Auszahlpläne.
Dass Dividende aber in jedem Fall von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängen, bleibt aber unerwähnt.
- Warum Preisabsprachen?
Die jüngste EU-Rekordstrafe gegen praktisch die gesamte weltweite Elektrotechnik-Industrie enthüllt eine illegale Marktverfassung, die weit um sich gegriffen hat und den Beteiligten offenbar von der “ökonomischen Rationalität” aufgezwungen wird
Dass die EU-Kommission wegen Preisabsprachen im Energieanlagenbau vergangenen Freitag ein Rekordbußgeld über insgesamt 751 Millionen Euro verhängt hat, hat kaum Aufsehen erregt. Dies offenbar, weil die jüngste Kartellstrafe gegen praktisch die gesamte weltweite Elektrotechnik-Industrie kein Einzellfall ist. Denn wo auch immer der Teppich ein wenig angehoben wird, finden sich illegale Kartelle, Preisabsprachen und ähnliche Delikte – und dies offenbar mit System. Da derartige Geschäftspraktiken in den westlichen Industriestaaten aber zunehmend hart bestraft werden – inklusive unbedingter Gefängnisstrafen für verurteilte Manager – drängt sich doch die Frage auf, wie stark die “ökonomischen Zwänge” denn sein müssen, um die Manager diese Risiken auf sich nehmen zu lassen.
Quelle: Telepolis
- Der Glaube an die Segnungen des freien Marktes ist erschüttert
Die Zauberformel, die als »Washingtoner Konsens« in die Geschichte eingehen sollte, lautete so: Wenn alle Nationen dem Staat Zügel anlegen und sich der unsichtbaren Hand des Marktes anvertrauen; wenn sie Steuern senken, Haushalte sanieren, Inflation bekämpfen, öffentliche Güter privatisieren und Kapitalinvestoren mit offenen Armen empfangen – dann werden alle Menschen auf der Erde ihr trauriges Los verbessern.
Aber: Ökonomische Vorstellungen sind nie allein – ökonomisch. Sie propagieren ein Weltbild und enthalten Aussagen über das gute Leben, über des Menschen Wohl und Wehe. Vor allem die Musterkofferwelt des Neoliberalismus scheint nur den Homo oeconomicus zu kennen, der seine Haut billig zu Markte trägt in einem Kapitalismus ohne Staat und ohne Steuern. Das ist eine sehr spartanische Vorstellung vom menschlichen Glück, eigentlich gar keine. Ihr geht es allein ums Überleben, um das Rattenrennen zwischen Siegern und Verlierern. Doch indessen wachsen Zweifel auch in der eigenen Zunft. Nicht wenige Ökonomen verabschieden die Vorstellung vom kalt kalkulierenden Subjekt, das im Alltagsleben, im operativen Geschäft seines endlichen Daseins, allein der ökonomischen Vernunft hörig ist.
Kurzum, was sich im Augenblick verändert, ist der Diskurs, die Rede über den Markt und seine Möglichkeiten. Sie scheint skeptischer und illusionsloser, und der dogmatische Kern der alten Lehre verflüssigt sich. Sollte der Kapitalismus eine Religion sein, so mögen jedenfalls immer weniger an ihn glauben.
Quelle: Die Zeit
- Helmut Schmidt spricht von Raubtierkapitalismus und fordert eine staatliche Aufsicht über die neuen Großspekulanten!
Die wild wuchernden und global agierenden Fonds müssen genauso überwacht werden wie die Banken und der Wertpapierhandel. Das ist ein Gebot der Vernunft und der Moral.
Zugleich mit dem Spekulationismus erleben wir einen Verlust an Anstand und Moral. Kreditfinanzierte Übernahmen gut gehender Unternehmen – zunehmend durch Private Equity Fonds – sind an der Tagesordnung. Dazu kommt vielfach eine grandiose Selbstbereicherung. Finanzmanager treten als Eigentümer auf und entscheiden zum eigenen kurzfristigen Vorteil über das Schicksal eines fremden Unternehmens und all seiner Mitarbeiter. Deutschland ist ein Zielland für feindliche Übernahmen geworden – Mannesmann war kein Einzelfall. Die Wachstumsraten von Private-Equity-Häusern liegen weltweit um ein Mehrfaches höher als das allgemeine Wirtschaftswachstum. Man darf von Raubtierkapitalismus sprechen.
Schmidt appelliert an die Regierenden, für mehr Durchsichtigkeit zu sorgen und ihren staatlichen Finanzaufsichtsbehörden die Möglichkeit zu geben, gegen Missbräuche einzuschreiten und das Eingehen unvernünftiger Risiken zu unterbinden. Es grenzt an groben Unfug, wenn jede kleine Sparkasse unter alltäglicher Aufsicht durch die Behörde steht, andererseits aber hundertmal finanzkräftigere private Finanzinstitute vollkommen frei agieren können.
Die Regierungen der großen OECD-Staaten könnten den Banken und Versicherungen im eigenen Lande verbieten, privaten Finanzinstituten Kredite zu geben, die sich durch einen rechtlichen Sitz auf jenen Inseln der Aufsicht der eigenen Regierung entziehen. Unsere Regierungen können darüber hinaus im eigenen Land ganz allgemein die Kreditaufnahme von Hedgefonds, Private Equity Fonds und dergleichen beschränken.
Wir hätten ein vitales Interesse daran, dass die wild wuchernden und global agierenden Fonds in ähnlicher Weise unter Aufsicht kommen wie Banken und Versicherungen oder der Wertpapierhandel. Gegenwärtig kann niemand ausschließen, dass ein einzelner Kollaps, ein einzelnes dramatisches Ereignis, eine katastrophale politische Entwicklung im Raume zwischen dem Gaza-Streifen und Afghanistan oder eine neue Ölpreisexplosion eine Finanzkrise auslöst.
Quelle: Die Zeit
- Urs Widmer: Die „Sprache der neuen Ökonomie“ verschleiert Widersprüche und beschönigt
Der Schweizer Schriftsteller Urs Widmer vergleicht den heutigen Sprachgebrauch drastisch mit der Sprache des Nationalsozialismus.
Der Schriftsteller zog eine Parallele zum Gebrauch der Sprache in der NS-Zeit und fragte: “Gleicht die Kraft von damals nicht der Power von heute?” Wer im Jargon der neuen Ökonomie spreche, zeige, dass er zu den Siegern gehören wolle. Aber “nicht nur die Liebe macht blind, sondern auch der Wille, zu den Siegern zu gehören.”
Quelle: Rheinische Post Online
Zur Fälschung in der Sprache auch:
In einer zunehmend virtualisierten Welt scheint das Fake allgegenwärtig zu sein und gewissermaßen selbst Realität zu werden.
Quelle: links-netz.de
- Nobelpreisträger Phelps: „Das ökonomische Modell Europas ist fürchterlich“
Er beklagt die fürchterliche deutsche Tradition, den Arbeitern im Vorstand des Unternehmens eine Stimme zu geben. Die Gemeinschaft toleriere, dass man dem Unternehmer die Stimme nimmt, dass man ihn in seiner Rolle ersetzt, das sei eine Art Angst vor der Freiheit des Anderen.
Quelle: El Pais
Übertragung: Ulrich Fischbach [pdf – 72KB]
- Die neue Zinsabgeltungssteuer ein Steuergeschenk für reiche Kapitalanleger
Hochwillkommen dürfte das neue System all jenen sein, deren persönlicher Einkommensteuersatz oberhalb von 25 Prozent liegt – und je weiter sie darüber liegen, je mehr sie also verdienen, umso mehr profitieren sie von der Steuersenkung. Muss ein wohlhabender Investor bislang noch auf einen Zinsertrag von 20 000 Euro etwa 8 400 Euro Steuern zahlen, so sind es ab 2009 nur noch 5 000 Euro – ein Plus von 40 Prozent.
Charme hat die Abgeltungsteuer auch für jene, denen die Reichensteuer droht. Denn die Steuer wird pauschal und anonym von der Bank an das Finanzamt überwiesen, in der persönlichen Steuererklärung kommen die Einkommen aus Kapitalanlagen nicht mehr vor. Dadurch sinkt das persönliche Steuerbrutto, der Reiche wird auf dem Papier “ärmer”. Sinkt sein Einkommen damit unter 250 000 Euro, dann kann er so der Reichensteuer von 45 Prozent entkommen.
Quelle: Berliner Zeitung
- Das Gewalt- und Konfliktbild des Islams bei ARD und ZDF
Eine Untersuchung öffentlich-rechtlicher Magazin- und Talksendungen
Von Prof. Dr. Kai Hafez und Carola Richter, M.A.
Quelle: PDF 116KB
- Längere Ladenöffnungszeiten ein Flop
Zu wenige Kunden nehmen das Angebot wahr, Personalkosten und andere Overheads verhinderten, dass sich das lange Öffnen lohne.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung: Dass nicht die Kunden ein Problem mit der “Freiheit” (á la FDP), sondern kein Geld in der Tasche haben, scheint dem SPIEGEL wohl undenkbar.
- Kollektiv versagt am Jahrhundertbauwerk Berliner Hauptbahnhof
Zwei Wochen nachdem der Orkan “Kyrill” einen Stahlträger des Berliner Hauptbahnhofs abriss, ist der Schaden beseitigt. Hinter den Kulissen tobt nun ein Streit um die Schuldfrage – und darüber, ob der Unfall gefährliche Lücken im Baurecht offengelegt hat.
Quelle: Welt am Sonntag
Anmerkung: Die folgende Einzelheit ist interessant. Auch hier zeigen sich die Folgen einer übertriebenen Deregulierung. Die Einhaltung von Baubestimmungen wird nicht mehr öffentlich kontrolliert.
Auszug aus dem Artikel: „Solche Details, heißt es, seien erst in der Ausführungsplanung enthalten, die meist von der ausführenden Firma erstellt und später durch einen Prüfstatiker freigegeben wird. Laut der Bauordnung Berlins wird dessen Ergebnis jedoch nicht mehr kontrolliert. Was wohl dazu gedacht ist, die Verwaltung von Genehmigungsverfahren zu entlasten, könnte einem Fehler Vorschub geleistet haben: Wen immer der Senat beauftragt hat, eventuelle statische Mängel am Prestigebau zu entdecken – die unzureichende Sicherung des Stahlträgers hat er schlicht übersehen.
Hans-Peter Andrä, Präsident der Bundesvereinigung der Prüfingenieure für Bautechnik, sieht deshalb auch die Politik in der Pflicht: “In den meisten Bundesländern wird die Einhaltung der technischen Baubestimmungen seit einigen Jahren nicht mehr kontrolliert”, schrieb er jüngst in einem Aufsatz, “weil eine höhere Risikoakzeptanz kurzfristig zu Kosteneinsparungen bei Bauherren und Bauverwaltung führt und Wählerstimmen bringt.”
- Deutschlands Ehrgeiz am Arbeitsmarkt
Deutschland registriert im europäischen Vergleich viele Arbeitslose. Nachbarn stehen besser da. Dort gibt es aber mehr Menschen, die Rente oder Sozialhilfe beziehen.
von Heinrich Alt, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit
Quelle: FR
Anmerkung: Wenn Alt darauf hinweist, dass der Anteil der Menschen, die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beziehen, in Schweden 9,4 Prozent, in den Niederlanden 8,8 Prozent, in Großbritannien 7,7 Prozent, in Deutschland dagegen nur 3,1 Prozent, beträgt, heißt das nicht zwangsläufig, dass wir in Deutschland uns in also “bewusst dagegen entschieden [haben], Menschen mit der Zahlung einer Sozialleistung aus dem aktiven Erwerbsleben auf ein Abstellgleis zu schieben.”
Beschreitet Deutschland tatsächlich “den humaneren und sozialpolitisch ehrgeizigeren Weg” als Schweden, welches in der OECD (2005) mit 73.1% Erwerbstätigen der 55- bis 64-Jährigen führend ist, während Deutschland mit 52,1 das untere Drittel anführt? Auch das Erwerbsaustrittsalter ist in Schweden höher. Bevor man solche gewagten Thesen in die Welt setzt, müssen die genannten Statistiken zumindest genauer analysiert werden.
Grundsätzlich stellt sich aber die Frage, ob eine vernünftige Arbeitsmarktpolitik nur die Umsetzung des SGB II beinhaltet, wie der Artikel suggeriert. Wie wollen doch nicht vergessen, dass Hartz I – X Ausdruck und Ausgeburt einer gescheiterten Wirtschaftspolitik einer makroökonomisch versagenden Politik darstellt.
- Interessenvertreter sollen Geldquellen offenlegen, fordert die EU-Kommission
Der Vizepräsident der EU-Kommission, Siim Kallas, hat von Lobbyisten die Offenlegung ihrer Geldquellen gefordert. “Es muss klar zu sehen sein, woher das Geld stammt”, sagte der aus Estland stammende Kommissar gestern im Tagesspiegel. Die EU-Kommission strebe eine Lobbyisten-Datenbank an, aus der der jeweilige Zweck und die finanziellen Quellen einer im Rahmen der EU tätigen Lobbygruppe hervorgehe, sagte der EU-Kommissar. Im März werde die Kommission mit der Diskussion über die Details der Datenbank beginnen. Nach Schätzungen gibt es 15.000 Lobbyisten und 2600 Interessenverbände in Brüssel. “Alle Organisationen verstärken ihre Präsenz in Brüssel. Deshalb brauchen wir Klarheit”, sagte Kallas.
Quelle: taz