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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Nachtrag zur „berlinpolis“-Studie „Wie sozial ist Europa“
Datum: 1. Februar 2007 um 9:02 Uhr
Rubrik: Lobbyorganisationen und interessengebundene Wissenschaft, PR, Strategien der Meinungsmache
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
In unserem gestrigen Beitrag haben wir darauf hingewiesen, dass „berlinpolis“ kein unabhängiges wissenschaftliches Institut sondern eher eine PR-Agentur im neoliberalen Reform-Zirkus ist. Ein Leser, der gleichfalls erstaunt ist, dass die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung (HBS) an ein solches „Institut“ Forschungsaufträge vergibt, hat uns auf weitere Aktivitäten von „berlinpolis“ aufmerksam gemacht. Das sollten Sie wissen, wenn Sie wieder mal etwas von dieser Agentur lesen. Wolfgang Lieb.
Verdienstvoll, dass Ihr die von HBS und berlinpolis herausgegebene Broschüre kritisch beleuchtet habt.
Über die Zusammenarbeit von HBS mit berlinpolis kann ich nur – wieder einmal – den Kopf schütteln.
Bei berlinpolis handelt es sich um einen neoliberal/neokonservativen think tank, der ausweislich seiner Broschüren überwiegend von der “Wirtschaft” gesponsert wird.
Aus der Broschüre “Zumuten oder Zutrauen – Zur Verantwortung politischer Führung in Deutschland“ – erfahren wir, dass eine Mehrheit der Deutschen bereit ist, auch Reformen zu unterstützen, die Einschnitte für sie bedeuten. Herausgegeben wurde die Broschüre gemeinsam mit Vodafone.
Die Broschüre “Für eine neue Bildungsfinanzierung” plädiert für ein Bildungssystem, wie es die Arbeitgeber gerne hätten. Herausgeber der Broschüre ist neben Dettling Christoph Prechtl, Leiter der Abteilung Bildung der vbw – Vereinigung der bayerischen Wirtschaft e.V. und des VBM – Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie.
Und die Broschüre “Parteien in der Bürgergesellschaft” plädiert – so wörtlich – für eine Bürgergesellschaft jenseits von Verbände- und Mediendemokratie und fragt, wer regiert: Parteien, Medien oder Bürger? Dies ist gegenwärtig zwar sehr modern und populistisch – die Ablösung der kritisierten parlamentarischen “Parteiendemokratie” durch eine “Bürgergesellschaft” ist aber mindestens ein Projekt der Neocons – wenn nicht mehr. Der angepriesene Download heisst: “Kann die Demokratie die Medien überleben” – was unterstellt, Medien seien der Demokratie etwas Fremdes.
Diese ganze neoliberale und neokonservative Suppe von berlinpolis wird garniert durch ein Sahnehäubchen aus “jugendlicher Modernität”, Anglizismen und dem sonstigen bekannten Neusprech.
Übrigens: In der Vorstellung der Euro-Broschüre ist von “Wohlfahrtsregimes” die Rede; bei Regimes denken die meisten erst einmal an Pinochet und Folterkeller jedenfalls ein Herrschaftsformen die nicht gerade etwas mit Demokratie zu tun haben.
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