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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 26. Januar 2007 um 8:52 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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(KR/WL)

  1. Sieg der Lobbyisten: Im Streit um die Gesundheitsreform wurden die meisten der noch verbliebenen sozialen Elemente wieder rückgängig gemacht
    Auch von vielen linken Kritikern der Reform wurde anscheinend übersehen, dass die Gesundheitsreform durchaus nicht nur unsoziale Elemente enthielt. Die privaten Krankenkassen hätten unbefristet einen Basistarif anbieten müssen. Diese Regelung hätte in der Konsequenz bedeutet, dass ältere oder kranke PKV-Versicherte die Möglichkeit gehabt hätten, in diesen billigeren Basistarif der Privatkassen zu wechseln. Damit wäre ein zentrales Element der “Zwei-Klassenmedizin” verschwunden gewesen. Dagegen liefen die Lobbyverbände der Privatkassen sowie der Ärzteorganisationen Sturm.
    Quelle: Telepolis
  2. Die Kauflaune der Deutschen hat sich nach der Mehrwertsteuererhöhung im Januar so rasant verschlechtert wie noch nie
    Der Konsum-Indikator der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) fiel wegen der Erhöhung der Mehrwertsteuer schlagartig von 8,5 auf 4,8 Punkte. “Offenbar herrscht unter den Konsumenten zurzeit noch erhebliche Verunsicherung darüber, wie sich die höhere Mehrwertsteuer tatsächlich auf die Preise ausgewirkt hat”, teilte die GfK mit. Anschaffungen würden deshalb zurückgehalten.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung: Wir haben zwar von der Kaffeesatzleserei der GfK nie viel gehalten, aber dass die Mehrwertsteuererhöhung, wenn sich sonst nichts ändert (also etwa die Löhne deutlich steigen) negative Auswirkungen auf den Konsum und damit auf die stagnierende Binnennachfrage haben dürfte, davor haben wir ständig gewarnt. Das kann man sich auch ohne Umfrage an seinen fünf Fingern ausrechnen. Und dass das Geschwätz, wonach die Senkung der Arbeitslosenversicherung angeblich die Mehrwertsteuererhöhung kompensieren würde, nur Propaganda für die Senkung der Lohn(neben)kosten war, darauf hatten wir auch öfters hingewiesen.

  3. Für ein paar Euro mehr: Diskussion um den Mindestlohn in Deutschland
    In der Europäischen Union gelten in 20 von 27 Staaten Mindestlöhne. Die Große Koalition in Deutschland ist in dieser Frage zerstritten. Sie diskutiert verschiedene Strategien, um Lohndumping Einhalt zu gebieten.
    Quelle: Deutschlandradio

    Anmerkung: Berücksichtigt man auch den nachfolgenden Hinweis, dann kann man den Eindruck gewinnen, dass in Wahrheit darüber beraten wird, wie trotz aller Sorgen der Bevölkerung Schritte gegen das Lohndumping vermieden werden können.

  4. Auf dem Abstellgleis
    Während die Koalitionspartner bei Reizthemen wie Mindest- und Kombilohn noch über Chancen und Risiken der Vorschläge streiten, ist ein anderes Projekt fast stillschweigend und mit parteiübergreifendem Konsens abgesegnet worden: ein aus staatlichen Mitteln finanzierter und auf Dauer angelegter “dritter Arbeitsmarkt” für Langzeitarbeitslose, denen die Koalitionsfachleute den Stempel “nicht vermittelbar” aufgedrückt haben. Mit der Verwirklichung haben es die Koalitionäre eilig, denn noch in diesem Frühjahr sollen die ersten 100.000 Teilnehmer an die gemeinnützige Arbeit gehen, ohne dass diese bisher konkretisiert wurde.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung: Ein solches Gesetz zu verabschieden, ohne dass „die gemeinnützige Arbeit … bisher konkretisiert wurde“, und dies im Wissen zu tun, dass es zur massenhaften Verdrängung und Vernichtung regulärer Arbeitsplätze kommen kann, ist entweder eine weitere, unglaubliche, handwerkliche Schlamperei oder aber Ausdruck des politischen Willens der Mehrheit des Deutschen Bundestags, auch in Zukunft staatliche Mittel einzusetzen, um die Löhne weiter sinken zu lassen.

  5. Vorerst kein Geld für Kaufland
    Etappensieg für Handelsgewerkschaften: Die Lidl und Kaufland betreibende Schwarz-Gruppe erhält einstweilen kein Darlehen der »Europäischen Bank für Wiederaufbau uns Entwicklung« für die Expansion von Kaufland in Rumänien. Ausschlaggebend waren Interventionen von Gewerkschaften, die über Gesetzesverstöße bei Kaufland in Polen berichtet hatten.
    Quelle: ND
  6. Dossier Private Equity plant neue Lobbygruppe
    Mehrere der weltgrößten Finanzinvestoren arbeiten an der Gründung einer neuen Interessenvertretung in Deutschland. Die Initiative ist eine späte Reaktion auf die von SPD-Politiker Franz Müntefering 2005 entfachte “Heuschrecken”-Debatte.
    Quelle: FTD
  7. Die Interessenkonflikte von Ex-MEP Linkohr (SPD)
    Rolf Linkohr war von 1979 bis 2004 Europaabgeordneter für die SPD. 2005 gründete er die Beratungsfirma ‘Centre for European Energy Strategy’ (C.E.R.E.S.), das große Energieunternehmen in Lobbyfragen berät. Zugleich ist er Sonderberater des EU-Kommissars für Energie, Andreas Piebalgs. Das Corporate Europe Observatory hat deshalb einen offenen Brief an Piebalgs geschrieben und um eine Klärung dieses Interessenkonflikts gebeten. C.E.R.E.S. selbst verweigert die Offenlegung ihrer Kunden.
    Quelle: Lobbycontrol
  8. Hungerhilfe kommt nicht ans Ziel
    Die Nahrungshilfe für hungernde Menschen sollte laut der Uno-Welternährungsorganisation FAO effizienter gestaltet werden. Fast ein Drittel der weltweiten Lebensmittelhilfe kommt nicht bei den Hungernden an.
    Quelle: NZZ
  9. Eine bösartige Wut
    Es gibt eine “Israel-Lobby” in den USA, der viele fundamentalistische Christen angehören. Die Mehrheit der amerikanischen Juden sieht Israels Politik kritisch.
    Quelle: TAZ
  10. Arthur Kreutzer: Von der Betriebs- zur Justizkorruption
    Das Urteil gegen Peter Hartz ist gesprochen: Zwei Jahre auf Bewährung und 576.000 Euro Geldstrafe. Doch solcher Handel mit der Gerechtigkeit zersetzt den Strafprozess.
    Quelle: Die Zeit Online
  11. Deutsche Rentenversicherung will private Policen vertreiben
    Die Deutsche Rentenversicherung – wohlgemerkt die Institution, die die gesetzliche Rente verwaltet – positioniert sich als Impulsgeber für eine private, kapitalgedeckte Altersabsicherung und sieht sich beispielsweise zukünftig als der zentrale Beratungsdienstleister für Altersvorsorge. Dies ist das Ergebnis der Studie Branchenkompass 2006 Sozialversicherungen von Steria Mummert Consulting in Zusammenarbeit mit dem F.A.Z-Institut.
    Die Rentenversicherer haben die Zeichen der Zeit erkannt und bieten ihren Versicherten ihre Dienstleistungen auch in diesem Bereich an. Aufgrund gesetzlicher Einschränkungen können sie allerdings nicht mit eigenen Produkten an den Markt gehen. Deshalb setzen sie auf Kooperationen mit der privaten Versicherungswirtschaft. So können sie ihr Produktportfolio ohne rechtliche Hindernisse erweitern.
    Quelle: www.banktip.de

    Anmerkung: Wenn das stimmt, dann braucht man sich nicht mehr zu wundern, dass die Deutsche Rentenversicherung nur so lasch gegen die Kampagnen zur Verunsicherung der gesetzlichen Rente und für private Vorsorge vorgeht.
    Wenn man dazu heute aus der Allensbach-Umfrage erfährt, dass 70 Prozent der Menschen die gesetzliche Rente für die optimale Lösung halten, dann kann man solche Pläne nur als Vertrauensbruch gegenüber den Versicherten bezeichnen.

  12. Ein paar interessante Hinweise zur periodisch hochgezogenen Kampagne gegen die gesetzliche Rente
    Ein bereits etwas älterer Link zu BILDblog vom 17.03.2006
    Quelle: Bildblog

    Anbei ein Link zu einem Stern-online-Artikel, der ebenfalls bereits im Jahr 2006 erschienen ist. In diesem Artikel wird lobenswerterweise auf die Verbindung Miegels zur Versicherungswirtschaft hingewiesen.
    Quelle: STERN

    Wie aber kommt es zu den Differenzen bei den Rentenberechnungen von Bert Rürup und Meinhard Miegel? Miegels Institut für Altersvorsorge, das von der Deutschen Bank und deren Versicherungstochter Deutscher Herold finanziert wird, rechnet die Inflation mit ein. Diese schleichende Geldentwertung knabbert schließlich auch an der späteren Rente. Klingt ehrlich, hat aber ein Geschmäckle: Kein einziger privater Lebens- oder Rentenversicherer wendet diese Berechnungsart in den Modellrechnungen für seine Kunden an. Die Finanzbranche fordert somit von der gesetzlichen Rentenversicherung eine Transparenz, die sie bei ihren eigenen Produkten nicht leistet.

    Und es wird auf die wesentlich positivere Bewertung der gesetzlichen Rente durch Stiftung Warentest hingewiesen:

    Die von anderen Interessen unabhängige Stiftung Warentest kommt in ihrem Heft “Finanztest” (5/2006) jüngst zu anderen Ergebnissen als Meinhard Miegel. Die Versicherten erhalten auch künftig mehr Rente, als sie an Beiträgen eingezahlt haben, lautet das Fazit der Warentest-Berechnungen.

    Anmerkungen: Würde die Politik darauf verzichten, die zukünftigen Modalitäten der gesetzlichen Rente unnötigerweise zu verschlechtern, dann wäre das Ergebnis für die gesetzliche Rente noch positiver.

    Ein weiterer Hinweis von einem unserer Leser:

    Ein kurzes Mail möchte ich euch schreiben mit einem Dankeschön für die gute und hartnäckige Aufklärungsarbeit zur aktuellen Anti-Rentenkampagne. Es ist so wichtig, dass Sie am Ball bleiben und die Links zu den verschiedenen kritischen Stimmen und Analysen veröffentlichen, denn es ist schier zum Verzweifeln, welches Propagandafeuerwerk da momentan abgelassen
    wird:

    Gestern in allen Nachrichtensendungen von Tagesthemen bis zum RTL-Nachtjournal die Botschaft “Schließen Sie schnellstens private Vorsorgeverträge ab!”, gerade jetzt in diesem Moment prophezeien Maybritt Illner und Daniel Bahr im ZDF die große Altersarmut, ja selbst der
    Jugendsender des WDR, “1Live”, hat sich gestern den ganzen Nachmittag bis 20:00 Uhr auf seine banal-flapsige Weise immer wieder diesem Thema gewidmet, aber natürlich ganz einseitig mit dem Kanon “die staatliche Rente ist nichts mehr wert”. Das Gästebuch ist dann auch ein wirklich deprimierender Beleg, wie sehr diese Propaganda schon das Denken unserer Jugend manipuliert und vereinnahmt hat. Das Konzept des permanenten Schlechtredens scheint sich langfristig also schon auszuzahlen (und es ist wohl auch ein trauriger Beleg dafür, wie sehr die Kommerzialisierung und Banalisierung der Medien die große Masse der Bevölkerung einlullt, um nicht zu sagen zum unkritischen Konsumenten verdummt -> einer der sehr wichtigen Gedanken ja auch in Herrn Müllers Buch Machtwahn.

    Es gibt natürlich durchaus auch sehr gute Beiträge im WDR, die wirklich die Fragwürdigkeit vieler PR-Phrasen entlarven, so hat WDR5-Radio am Sonntag eine interessante mehrteilige Feature-Serie “Die graue Republik” gestartet, mit einer wirklich guten ersten Folge. Aber mit einer Sendezeit Sonntagmorgen um 7:30 Uhr ist die Quote wohl extrem niedrig, was hoffentlich nicht auch schon vorsätzliche Absicht ist. Sehr schade drum!

    Insgesamt ist die Einseitigkeit der Presse aber sehr erschreckend, gerade auch wenn ich mir zum Beispiel die hiesige lokale Tagespresse (Aachener Zeitung) anschaue, wo es offenbar auch gar keine eigene Recherche mehr gibt und dieser furchtbare Dreiteiler im ZDF in den höchsten Tönen gelobt wurde, weil endlich “eindringlich aufrüttelnd”. Deshalb nochmals vielen Dank für die aktuellen Links zu den doch vorhandenen kritischen Kommentaren und Analysen.


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