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Titel: Brandt Aktuell – Ein Buch, das Hoffnung macht …

Datum: 22. November 2013 um 8:11 Uhr
Rubrik: Leserbriefe, Rezensionen, Strategien der Meinungsmache
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Der gute Willy war mal sehr ´en vogue´. Das ist längst vorbei. Als die sogenannte Enkel-Generation noch ganz brav und bieder in der Warteschleife parlierte, bevor ihre Exponenten die eigenen Karrieren so richtig anschieben konnten, war er die Lichtgestalt, in deren Schatten die späteren Agenda-Exekuteure und Blow-Out-Bellizisten schon auf der Lauer lagen, bevor sie sich ans unselige Werk machten. Brandt selbst aber ist, alle begleitenden Bewertungsschemata mit eingerechnet, als Mensch und Politiker rätselhaft geblieben; jemand, den es erst noch zu entdecken gilt. Weder seine einstigen Lobredner (die sich später hinter Helmut Schmidt versteckten) noch diejenigen unter den Apologeten, die ihn schon immer verunglimpft haben (und deren unselige Phrasen heute im Dutzend nachgeäfft werden), sind dem Mann, der hinter all diesen Klischees verschwand, je gerecht geworden.

Jede historische Würdigung bedeutender Einzelpersonen sagt mehr über den Verfasser und seine Zeit aus als über die Person, der er sich vorgeblich vorurteilsfrei widmet. Diese wird immer wieder Opfer tendenziöser Betrachtung, wird zum Spielball der Konjunkturen, über die sich der Historiker gern erhaben schätzt. Aber auch und gerade er widersteht nicht der Versuchung, an Legenden weiter zu stricken, die zu hinterfragen eigentlich zu den dringlichsten Aufgaben gehört, denen er sich im Zuge der Recherche widmen sollte. Und so wurde und wird denn vom jeweils anderen einfach nur abgeschrieben, was überzeugend einzig darum klingt, weil´s so und nie anders zu hören oder zu lesen war, und schnell erhärtet sich das Bild, nunmehr ein Klischee, aber keiner merkt es, denn wenn eben alle dasselbe hören und lesen, schreiben und nachreden, dann bleibt zwischen den Zeilen, gesprochen oder gedruckt, kein kleinster Platz mehr übrig. So fällt die Geschichte ihre Urteile: wie in einem miesen Schauprozess.

Auf Willy Brandt gemünzt lautet das Urteil: er war der große Zauderer, immer unschlüssig und irgendwie verzagt, denn er kriegte seinen Laden nicht in den Griff, lag im November mit Depressionen im Bett, stieg jedem Rock hinterher, war doch im wesentlichen Außenpolitiker, dem nach der Sache mit den Ostverträgen schnell die Luft ausging, er hat aber, immerhin, als Held von Berlin Furore gemacht und nie an der Einheit der deutschen Nation gezweifelt, er übernahm sich jedoch mit Reformen, deren Kosten wir noch heute zu zahlen haben, das war eben nicht sein Ding, und er glänzte, im Vergleich zum wackeren Schmidt, nur als Schönwetterpolitiker, und der badete gern lau …

… so weit so gut; so schlecht wie schief.

Das Buch von Albrecht Müller ist überfällig. Und an der Zeit, wie ich hoffe. Was ich mir vor allem wünsche: dass es gründlich und überzeugend mit den Mythen und Legenden aufräumt, die sich um die Person eines Mannes ranken, der sich dagegen nicht mehr zur Wehr setzen konnte.

LG
Shanto Trdic


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