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Titel: Hinweise des Tages
Datum: 11. Dezember 2006 um 8:38 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Kai Ruhsert
- Wenn der Staat verkaufen muss
Die Bilanz der Privatisierungswelle ist gemischt. Aber eines ist sicher: Schwache Politiker verscherbeln die Interessen der Bürger gleich mit. Erhard Eppler über einen Bericht an den Club of Rome von Ernst Ulrich von Weizsäcker, Oran R. Young und Matthias Finger (Hrsg.): „Grenzen der Privatisierung – Wann ist des Guten zu viel?“
Quelle: ZEIT
- Drei Prozent mehr Geld sind drin
Der Würzburger Ökonom Peter Bofinger: „Viele Ökonomen denken stark in der Kategorie des Kartoffelmarktes. Sie sagen, solange Arbeitslosigkeit da ist, müssen die Löhne sinken. Sie verkennen halt, dass der Arbeitsmarkt kein Kartoffelmarkt ist, sondern ein gesamtwirtschaftlicher Markt. Lohnentwicklung ist eben eine entscheidende Größe dafür, wie die Nachfrage nach Arbeit ausfällt.“
Quelle: Münchner Merkur
- Arbeitskosten in Deutschland steigen kaum
Seit dem Jahr 2000 bis zum zweiten Quartal 2006 ist die Kostenbelastung der Arbeitgeber für eine geleistete Arbeitsstunde in keinem Mitgliedstaat der Europäischen Union geringer gestiegen als in Deutschland.
Quelle: Statistisches Bundesamt
- Gesundheitsreform
- Die Kasse zahlt nicht mehr
Eine von niedergelassenen Ärzten mitfinanzierte Studie empfiehlt drastische Leistungseinschränkungen der gesetzlichen Krankenversicherungen.
Quelle: Junge Welt
- Karl Lauterbach: Die Ärzte verdienen gut genug
Das Einkommen pro Arzt lag 2003 nach Abzug aller Praxiskosten bei monatlich 10.517 Euro. Die Proteste der Mediziner gehen somit an den echten Problemen vorbei – wie Zweiklassenmedizin und ungerechter Honorarordnung. Die Gesundheitspolitik steht vor einer wichtigen Machtprobe. Vor allem die Kassenärztlichen Vereinigungen blockieren.
Quelle: TAZ
- Wettbewerb im Gesundheitswesen ist nicht das Allheilmittel
Die Privatisierung von Gesundheitskosten und der harte Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern sind für einige Probleme im deutschen Gesundheitssystem mitverantwortlich. Der Trend zu steigenden privaten Zuzahlungen werde dazu führen, dass vor allem ärmere Menschen nicht mehr alle notwendigen Leistungen des Gesundheitssystems in Anspruch nehmen können oder wollen. Zu diesem Schluss gelangen die Mannheimer Soziologen Dr. Claus Wendt vom Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES) und Dr. Christof Wolf vom Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen (ZUMA).
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft e.V.
- Thema Aufschwung
- Ende der deutschen Anomalie?
Der aktuelle Aufschwung ist leicht zu erklären, wenn man die in Deutschland bis vor kurzem üblichen Deutungsmuster vollständig ignoriert. Dass die Weltkonjunktur mit mehrjähriger Verspätung auch bei uns ankommt, hat nichts mit dieser oder jener Reformpolitik zu tun, sondern mit ihrer (leider nur vorübergehenden, KR) Abwesenheit.
Quelle: Freitag
- Thomas Fricke: Ein Aufschwung zum Lernen
Die Rasanz, mit der seit Monaten in Deutschland neue Jobs entstehen, kollidiert mit dem ewigen Gejammer über den komatös starren und verkrusteten Arbeitsmarkt. Selbst weniger plumpe Diagnosen geraten ins Wanken. Etwa die, dass Wachstum keine Jobs mehr schafft. Erster Teil der Lehren aus dem Boomjahr 2006.
Quelle: FTD
- Euro-Aufwertung belastet die Konjunktur
Der Wirtschaftsexperte Gustav Horn kritisiert die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank. Er meint, die Zentralbanker überschätzten die Inflationsgefahren und gefährdeten den Aufschwung.
Quelle: FR
- Und ein Kommentar zum Leitzins von Mario Müller: „Frankfurter Muskelspiele“
Quelle: FR
- Wie bei einem windigen Automechaniker
Warum die Einführung von Studiengebühren falsch ist. Jedes Jahr verlassen in Deutschland mehr Abiturienten die Schulen. Die Zahl der Studienanfänger aber sinkt seit drei Jahren.
Quelle: Tagesspiegel
- Es gibt genug Ingenieure!
Ingenieure dringend gesucht! Schon wird der Ruf nach mehr ausländischen Fachkräften laut. Es wäre der falsche Weg. Richtig und fair dagegen wäre es, die rund 30 000 arbeitslosen Ingenieure in unserem Land mit umfassenden Weiterbildungsmaßnahmen wieder fit zu machen für ihren Beruf.
Quelle 1: Berliner Zeitung
Quelle 2: VDI-Nachrichten
- Hartz IV
- Ausgrenzende Aktivierung oder Lehrstück über die Antastbarkeit der Würde des Menschen
Mit der Politik der ausgrenzenden Aktivierung à la Hartz IV, das heißt dem politisch-administrativ institutionalisierten Druck auf die Bereitschaft hilfebedürftiger Arbeitsloser, jede Arbeit um jeden Preis anzunehmen, verliert Art.1 I des Grundgesetzes („Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen, ist die Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“) seine soziale Substanz.
Quelle: Linksnet
- Bundesrichter: “Hartz IV-Eingliederungsvereinbarungen gehören vor die Sozialgerichte”
Das ist ein Ergebnis der Fachtagung zum Thema “1-Euro-Jobs” an der Fachhochschule Düsseldorf.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft e.V.
- Wer sorgte für Freispruch der Mannesmänner?
Am 30. November richtete Peter Kleinert per E-Mail einige interessante Anfragen an die Presseabteilung der Düsseldorfer Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter von der CDU: Warum wurden Staatsanwälte in diesem Verfahren austauscht? Etwa, weil die ursprünglich im ersten Verfahren agierende Staatsanwaltschaft bei dem “Millionen-Deal” mit der Verteidigung nicht mitgespielt hätte?
Quelle: NRhZ-Online
- Teilzeitarbeit
- Unsichere berufliche Zukunft drückt auf die Seele
“Flexibilität” ist Hauptanforderung und Hauptbelastungsfaktor für Beschäftigte, die als Zeitarbeiter, Teilzeitkräfte oder mit befristeten Verträgen unter besonderem Stress stehen. Ziel eines von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) initiierten Forschungsprojekts war, ein Fragebogen-Instrument zu entwickeln, um solche Fehlbelastungen zu erfassen.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft e.V.
- Ein Job ist nicht genug
Der Trend geht zu amerikanischen Verhältnissen: Ein Job ist nicht genug. Das trifft inzwischen für 1,5 Millionen Bundesbürger zu. Die Mehrheit von ihnen sind Frauen.
Quelle 1: FR
Quelle 2: Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg [PDF – 4 MB]
- Heribert Prantl über Horst Köhler: Halbzeit eines Präsidenten
Das Land erlebt seit zweieinhalb Jahren einen politischen Selbstfindungsversuch, einmal von schüchterner Unbeholfenheit, dann wieder von forscher Gangart. Doch je mehr Horst Köhler am Tor zur Tages-Politik rüttelte, umso weniger gelang es ihm.
Quelle: SZ
Kommentar: Dieser Text blamiert seinen Autor, den Journalisten Heribert Prantl. Köhlers politisches Wirken, in dessen Zentrum ein permanenter Werbefeldzug für die von Schröder begonnene Reformpolitik steht, kann oder will er nicht kommentieren. Prantl zieht es vor, mit der Beschreibung unbedeutender Äußerlichkeiten zu langweilen. Zitat: „Den Papierstapel hält er (Köhler, KR) mit der rechten Hand fest; und wenn er mit dem Vorlesen einer Seite fertig ist, nimmt er sie in die linke Hand, macht eine kleine Kniebeuge und legt das Blatt nach unten auf die Ablage.“ Zu Köhlers Reden heißt es nur, sie enthielten neuerdings „mehr inhaltlichen Reichtum“. Das möge Prantl dem staunenden Leser doch bitte einmal genauer erklären. Der einzige, zarte Ansatz von Kritik mündet schließlich in die verunglückte Formulierung, Köhler sei außerstande, „große Streitfragen intellektuell ins Schweben zu bringen“. Diese Leerformel macht deutlich, dass Prantl politische Kritik an der Amtsführung des Präsidenten scheut und sich stattdessen in nebulösen Phrasen verliert.
- Forschungsbericht setzt Länder unter Druck
Wenige Tage vor dem Innovationsgipfel der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten setzt der Bundesbericht zur Forschung die Länder unter Druck. Während der Bund die Forschungsausgaben erhöht, stagnieren die Investitionen der Länder.
Quelle 1: Handelsblatt
Quelle 2: Bericht des Bundesministeriums für Bildung und Forschung [PDF – 5.9 MB]
Kommentar: Ein weiterer Beleg dafür, wie Deutschland seine wirtschaftliche Zukunft durch Kleinstaaterei gefährdet. In den Bereichen Forschung und Bildung hat der Bund hat viel zu wenig Kompetenzen.
- Antisemitische Welle an Schulen: Jüdische Schüler fliehen vor Nazis und aggressiven Muslimen
Rechtsextreme Jugendliche und junge Muslime kultivieren einen Hass, der in Deutschland jahrzehntelang für undenkbar gehalten wurde: Sie machen Jagd auf jüdische Mitschüler.
Die Leiterin der Jüdischen Oberschule in Berlin-Mitte: „Wir sind mittlerweile die einzige Schule in Berlin, an der sich jüdische Kinder zu ihrer Identität bekennen können. Anderswo müssen sie sich der Mehrheit anpassen.”
Quelle: SPIEGEL
- Über die Arbeit von Kindern und den Zorn der Gewerkschaft
Peter Hahne: „Die Gewerkschaftler hätten wohl schon damals (als Peter Hahne in der elterlichen Drogerie half, KR) vor der Ausbeutung Minderjähriger gewarnt, so wie sie es heute tun, weil ein Konkurrent der Post Jugendliche sucht, die Kataloge und Prospekte verteilen sollen. Für solch eine Dreistundentour könnten sie 10 bis 15 Euro bekommen. Doch die Verdi-Vertreter funkten weltfremd dazwischen: „Mit Arbeit von Kindern in Deutschland ein Zustellnetz aufzubauen, ist ein Skandal!““
Quelle: www.bild.t-online.de
Kommentar: Die manipulative Absicht ist so offensichtlich, dass auch Kinder sie leicht erkennen können. Verdi wehrt sich gegen die politisch gewollte Vernichtung sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze durch den höchst ungleichen Wettbewerb der Deutschen Post mit anderen Unternehmen, die Kinder für ein Taschengeld beschäftigen. Bei Peter Hahne wird daraus ein Kampf der Gewerkschaften gegen Sekundärtugenden: „Den Verdi-Genossen ist wohl entgangen, dass es der kurzzeitige SPD-Chef Matthias Platzeck war, der unlängst für junge Leute die „preußischen Tugenden“ einforderte, damit sie ausbildungsfähig werden. Werte wie Ordnung, Fleiß und Disziplin sind keine Folterwerkzeuge der Repressions-Pädagogik, sie entscheiden darüber, ob Kinder eine Lehrstelle und Zukunftsperspektiven bekommen.“
Damit bleibt Peter Hahne seinem Ruf treu.
- 1.500 Dollar – täglich und heimlich
Ein weltweit wichtiger, britischer Chemieberater kassierte jahrzehntelang Honorare von Chemieunternehmen.
Quelle: TAZ
- Die Unwetterwarnung
2007 stürzt die US-Wirtschaft ab, sagt der Ökonom Nouriel Roubini. Erst haben sie gelacht, jetzt fürchten viele: Er könnte recht haben.
Quelle: Tagesspiegel
- “Der Westen hört den Afghanen nicht zu”
Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan aufzuarbeiten, ist schwierig. Denn viele Täter sitzen in politischen Ämtern – mit Duldung der internationalen Gemeinschaft, so die afghanische Menschenrechtskommissarin Hangama Anwari.
Quelle 1: TAZ
Michael Scheuer, ehemaliger CIA-Jäger, Wir wissen nicht viel von der Welt da draußen
Quelle 2: NZZ
- “Es geht darum, wer der Hausherr ist”
Den Palästinensergebieten steht ein Bürgerkrieg bevor, meint der Sicherheitsexperte Mordechai Kedar. Der Machtkampf zwischen Hamas und Fatah könnte zur politischen Trennung von Westjordanland und Gaza-Streifen führen.
Quelle: TAZ
- Steinbrück: Der Malergeselle muss fünf Stunden arbeiten, um eine Arbeitsstunde des Installateurgesellen bezahlen zu können.
Nehmen wir die 5 Stunden und analysieren wir ihr Zustandekommen. Das Ergebnis trifft am Ende einen völlig ahnungslosen Finanzminister.
Quelle: Limodane
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