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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Runter mit der EEG-Umlage?
Datum: 18. November 2013 um 9:53 Uhr
Rubrik: Energiepolitik, Energiewende, Verbraucherschutz
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
Aus den laufenden Koalitionsverhandlungen (Arbeitsgruppe Altmaier/Kraft) dringt über die Medien der eine oder andere Aspekt nach draußen. Allerdings hat man aus den Medienberichten über die Arbeitsgruppe Energie noch nicht den Eindruck, dass bei der anstehenden Reform der künftigen Förderung und der Drosselung der Vergütungssummen und der Entlastung der Stromverbraucher der große Wurf gelingen wird. Ernst E. Neuer gibt einen Überblick über die energiepolitische Debatte. Dabei komme offenbar niemand auf den Gedanken, dass die Deckung der Vergütungssummen nicht zwingend durch eine Umlage erfolgen muss.
Renaissance des Sozialen in der Energiepolitik
SPON: Die Chefverhandler der Energiegruppe demonstrieren Einigkeit: “Sauber, bezahlbar, sicher” (Peter Altmaier, CDU) beziehungsweise “sicher, bezahlbar, ökologisch” (Hannelore Kraft, SPD) müsse die Energiewende sein, sagen beide.
Auffällig an diesen Äußerungen ist:
Übrigens hat Ex-RWE Chef Grossmann die gleichen Begriffe wie Herr Altmaier schon 2010 gebraucht. Wenn dies eine negative Image-Kampagne gegen einen raschen Ausbau der Erneuerbaren Energien war, ist sie sehr erfolgreich gewesen. Diese Zielformulierung findet sich mittlerweile genauso in Papieren der Grünen und Broschüren der Verbraucherverbände etc., wie eine Internet-Recherche mit den drei Begriffen rasch zeigt.
Das „bezahlbar“ ist historisch gesehen eine Wiederauferstehung, hatte doch die deutsche Energiepolitik das Ziel einer „billigen“ Energieversorgung, das noch zu den im Energiewirtschaftsgesetz von 1935 genannten Zielen gehörte, längst beiseitegelegt. Nachdem die kWh in Deutschland im Vergleich zu einem Ei (ein beliebter Vergleich in der BRD noch in den 1960ern) doch immer billiger geworden war und immer weniger Minuten (berechnet nach dem Verhältnis zum Durchschnitt-Stundenlohns) für eine kWh gearbeitet werden mussten, hatte man in den Energieprogrammen den Begriff „billig“ durch „wirtschaftlich“ ersetzt, was den Ökonomen besser passt, aber etwas anderes bedeutet. Weil nahezu 100% der Haushalte an das Stromnetz angeschlossen waren, verschwand auch der Begriff „ausreichende Versorgung“ aus dem Zielspektrum. Damit war spätestens seit den 1970ern die sozialpolitische Dimension der Stromversorgung nicht mehr politisch relevant.
Nun ist „das Soziale“ in der Energiepolitik wieder da, in Form von „bezahlbar“, und es wird vor allem mit der Energiewende in Verbindung gebracht, genauer gesagt mit dem Förder- und Finanzierungssystem der Erneuerbaren Energien gemäß EEG. Die künftigen Koalitionäre, d.h. die künftige Bundesregierung erklärt damit offiziell, dass es einen Konflikt gibt zwischen sozial und klimapolitischen Zielen – und niemandem fällt das weiter auf!
Die Position der Sozialpolitiker, die bislang den Ausbau der Erneuerbaren befürwortet haben wird immer schwieriger. Verbraucherverbände versuchen das Problem in den größeren Zusammenhang steigender Energiekosten mit dem Ausweg Energieeffizienz zu stellen [PDF – 2.9 MB]. Doch auch der Hinweis auf die relativ höheren Belastungen durch Heizkosten- oder Benzinkostensteigerungen verfängt anscheinend nicht. Die Strompreise bleiben im Fokus der Debatte.
Sozialverbände plädieren glattweg für eine Änderung der Strompreisbildung und für Sozialtarife, da eine Kompensation durch erhöhte Hartz-IV-Sätze nur einen Teil der Betroffenen erreiche.
Seit einigen Monaten werden in den Medien sogar noch die Nutznießer und Zahler des EEG konfrontiert, nämlich gutverdienende Investoren und Landwirte auf der einen und wehrlose Stromkunden auf der anderen. (Capital vom 20.06.2013: Die grünen Glücksritter.) Das EEG verschärft demnach die Einkommensverteilung.
Diese anhaltende Diskussion über Strompreise und die „Bezahlbarkeit“, die auch in der internationalen Presse ihren Niederschlag findet, schadet dem Ansehen der Energiewende im Ausland mehr und mehr. Deutschland war noch vor kurzem das leuchtende Beispiel, dass erneuerbare Energien nicht nur theoretisch substantielle Beiträge zur Stromversorgung liefern können, wenn man nur die Anreize richtig setzt. Mit der beispielhaften Steigerung des Anteils an Erneuerbaren Energien und dem Beitrag zu stark fallenden Solarmodulpreisen und anderen Anlagenkosten hat Deutschland auch die Türen aufgestoßen zum Ausbau der jetzt in vielen Ländern stattfindet. Die Technologien zur Nutzung von Erneuerbaren werden auch in der Entwicklungspolitik beim Ziel des „access to modern energy“ einbezogen unter Beachtung der „affordability“ , z.B. im Rahmen des UN Programms Sustainable Energy for All (SE4All). Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit steht dabei an vorderster Front. Sie kann sich aber angesichts der oben dargestellten Diskussion immer weniger auf das Förder- und Finanzierungsmodell in Deutschland berufen und arbeitet vor Ort längst mit neuen angepassten Konzepten.
Da zu der andauernden Strompreisdiskussion noch die Statistik der steigenden Treibhausgasemissionen der deutschen Kraftwerke 2012 und 2013 hinzukommt, wird die deutsche Energiewende sogar zum Ziel von Gespött. So mokierte sich zum Beispiel der Oxford Energie-Ökonom Dieter Helm (Autor von The Carbon Crunch) auf den Weltbank Nachhaltigkeitstagen 2013 in Washington vor einem Publikum von hochrangigen Energiepolitikern aus Entwicklungsländern, dass Deutschland sehr viel Geld ineffizient für Erneuerbare in der Stromerzeugung ausgibt, wobei die Treibhausgas-Emissionen sogar steigen. Man mag sich darüber ärgern und diese typisch angelsächsische Zuspitzung unfair finden, da dies auch damit zusammenhängt, dass Deutschland kurzfristig mehrere Kernkraftwerke stillgelegt hat. Dass die Kohlekraftwerke in Deutschland im Rahmen ihrer Emissionsrechte fahren, darauf weist Helm natürlich nicht kritisch hin.
Fair oder nicht, die derzeitige Entwicklung in Deutschland und die Diskussion darüber liefern Argumente für diejenigen, die immer schon einen Konflikt zwischen Umweltschutz und Wirtschaftswachstum gesehen haben, wobei sie jetzt auch noch Klimaschutz und Bezahlbarkeit dagegen stellen. Und so sind die deutschen Vertreter letzter Woche zur Klimakonferenz nach Warschau gefahren, nicht als Vertreter eines strahlenden Vorbildlandes, sondern als Verteidiger einer Energiewende, die besser ist, als sie im Moment scheint.
Wie konnte es dazu kommen?
Um darauf eine kurze Antwort zu versuchen: Das seit über 20 Jahren bestehende System der Einspeiserechte für Strom aus Erneuerbaren Energien bei festen Vergütungstarifen, dessen Finanzierung über eine Umlage auf die verkaufte kWh gesichert wird, hat ein Reihe von Stärken und Vorteilen, die dazu verleitet haben, es immer breiter und mehr zu nutzen und auch auszunutzen. Dabei ist die Kehrseite der Medaille, die Umlage und ihre langfristige Entwicklung zunächst wenig beachtet worden. Nur die Unternehmen haben aufgepasst und Rabatte für die exportorientierte Wirtschaft sichern können.
Als die Umlage sich zu spürbaren Preiserhöhungen zu summieren begann, ist das Thema Strompreissteigerungen (angeblich vor allem aufgrund der Umlage) immer grösser geworden. Die Maßnahmen-Diskussion hat sich aber auf die Vergütungsseite und speziell die Einspeise-Sätze konzentriert, was auch zu deren – zu späten – Änderung geführt hat, die Preissteigerung aber nicht aufhält. Außerdem wurde diese Diskussion überlagert durch die grundsätzliche Diskussion über das Fördersystem Einspeisetarife. Der „Systemwechsel“ der immer wieder verlangt wird (z.B. seitens des RWI, von der Mehrheit des Sachverständigenrats, jetzt auch von der Monopolkommission) verspricht jedoch allenfalls eine Drosselung der Vergütungssummen in der Zukunft. In Bezug auf die Umlageseite selbst geht es seit Monaten nur noch darum, wie stark Großverbraucher beteiligt werden können, was an der Problematik ein wenig, aber nichts entscheidend ändert. Allenfalls diskutiert man kompensatorische Senkungen anderen Belastungen der Verbraucher wie z.B. die Modifikation der Stromsteuer. Auch die NDS haben sich solche Vorschläge kommentiert. (Altmaiers Neuer Versuch)
Niemand kommt anscheinend auf den Gedanken, dass die Deckung der Vergütungs-summen nicht zwingend durch eine Umlage erfolgen muss. Zumindest wird der Gedanke aus welchen Gründen auch immer nicht öffentlich diskutiert. Vielleicht will man die lästige Subventionsdiskussion vermeiden. Ich will ihn trotzdem zur Debatte stellen und auch Begründungen und praktische Vorschläge liefern, wohl wissend, dass die Umsetzung Mut und Energie erfordert. Eine Große Koalition sollte eigentlich in der Lage sein auch größere Veränderungen zu stemmen.
Der Automatismus der Umlage überwindet kritische Widerstände zu leicht; hat zu Freigiebigkeit und Einführung immer neuer Fördertatbestände durch die Politik verleitet. Die Finanzierung über den Staatshaushalt hätte die Förderung in engeren Grenzen gehalten.
Das System der Vergütung und Umlage ist schon im Stromeinspeisegesetz 1990, geschaffen worden, übrigens unter einer schwarzgelben Regierung auf Betreiben von CSU, B90/die Grünen und SPD. Dieses System ist im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2000 noch einmal festgeschrieben und in allen bisherigen Novellierungen aufrechterhalten worden. Das System ist offensichtlich verfassungsgemäß, obwohl man sich wundern kann, dass der Staat ein Grundbedarfs-Produkt und damit seine Nutzer mit einer Umlage belasten kann, ohne dass es als eine Verbrauchssteuer gilt.
Bemerkenswert ist daran auch, dass die Höhe und damit die jährlichen Steigerungen nicht von einem demokratischen Gremium verabschiedet werden müssen, sondern sich im Wesentlichen automatisch aus der Höhe der Summe der Einspeise-Vergütungen (minus Erlösen aus dem Verkauf des EE-Stroms an der Börse) ergibt. Gesetzlich war von Anfang an eine jährliche (feste) Degression der Einspeisetarife verankert, die dann 2009 geändert wurde, als die gleitende Degression in Abhängigkeit vom Kapazitätsausbau eingeführt wurden. Das ist praktisch und sogar sehr elegant, mag aber auch dazu beigetragen haben, dass es (zu) wenig Widerstand gab bzw. zu wenig Druck, die Vergütungssumme niedrig zu halten durch raschere Senkung der Einspeisetarife bzw. Mengen-Beschränkungen (die es noch im ersten EEG 2000 gab, aber abgeschafft wurde). Die Begrenzung der Umlage hatte lange keine Lobby. Erst neuerdings geht ein Aufschrei durch die Medien, wenn die neuen Vergütungssätze verkündet werden, sinnigerweise nicht von der Regierung, sondern von der mit der Umsetzung des Mechanismus beauftragten Stromwirtschaft. Wenn statt der Umlage die Vergütung steuerfinanziert werden müsste, würden der oder die Finanzminister sich gegen Erhöhungen wehren und den Mechanismus auf Einsparmöglichkeiten absuchen, und sie wäre jedes Jahr Gegenstand der Haushaltsdebatte und Budgetverhandlungen, wo sie noch einmal auf dem Prüfstand gestellt würde.
Ein substantieller Teil der nachhaltigen Vergütungssumme ist auf das unerwartet starke Wachstum der PV-Solarkapazität zurückzuführen, das man je nach Position als überragenden Erfolg oder als klimapolitisch und versorgungspolitisch wenig effizient betrachten kann. Somit ist die Umlage Opfer des Erfolgs der Einspeiseregelung geworden.
In den Jahren seit 2009 sind die Vergütungssumme und die Umlage dramatisch angestiegen, da ein extrem hoher Kapazitätszuwachs an PV-Solaranlagen bei noch hohen Einspeisesätzen stattfand. Alle Welt war fasziniert davon, sodass die Befürchtungen, dass dies noch für lange Zeit die Vergütungssumme hochtreiben würde, wenig Gehör fanden, auch da sie mit der Forderung nach Abschaffung des festen Einspeisetarifsystems verbunden war. Die Diskussion war damit von der Umlage abgelenkt. Die Novellierung des EEG im Jahre 2009 mit der Flexibilisierung war nicht ausreichend um die Zuwachsraten nachhaltig zu mindern, auch weil die PV-Modulpreise schneller fielen als gedacht.
In einer weiteren Konsequenz des sich verselbständigten Gesamtmechanismus sind dann die Einnahmen aus der EE-Stromvermarktung gefallen und der von der Umlage zu deckende Betrag sehr rasch angestiegen.
Die Schöpfer und Bewahrer des Systems (Politiker quer durch die Parteien) hatten nicht vorausgesehen, dass die immer höheren Erzeugungsmengen an Erneuerbaren an der Strombörse nur zu sinkenden Preisen verkauft werden konnten. Damit stieg und steigt der Umlagebedarf, da die Einnahmen aus der EE-Stromvermarktung fielen und fallen, auch wenn die Vergütungssumme selbst nicht mehr rasch anstieg. Hinzukam der Effekt sinkender Börsenpreise durch die Vermarktung von Erzeugungsmengen aus inflexiblen fossilen Kraftwerken, die zur Kapazitätssicherung und Ausgleich von variablen EE Einspeisungen benötigt werden.
Durch die EE Einspeisung entsteht ein weiterer Kostensenkungseffekt an der Börsen, der sogenannte Merit-Order-Effekt, an dem die EE als Verursacher nicht profitieren.
Vor einigen Jahren haben kluge Beobachter festgestellt, dass durch den Verzicht auf die auf der Angebotsseite gemäß Merit Order (dazu hier) teureren Erzeugungskapazitäten eine Senkung der Spotpreise an der Strombörse erzielt wird, von dem Käufer profitieren. Dieser Effekt wird und die vorgenannten Börsenpreis-Senkungseffekte müssten theoretisch zu einer Senkung des Teils der Strompreise geführt haben, der durch die Erzeugung bestimmt wird und daher wieder allen Stromverbrauchen zugutekommen müsste. In welchem Umfang das geschieht, und ob alle Verbraucher daran partizipieren, oder nur die Großabnehmer und diejenigen die den Stromanbieter wechseln, ist nicht klar. Wie dem auch sei, der Vergütungssumme und der Umlage wird das nicht zugute gerechnet, womit die Umlage dann umso mehr als Preistreiber dargestellt werden kann
Schließlich hat die Verwaltung zugelassen, dass immer mehr Wirtschaftsbetriebe in den Genuss von Ausnahmeregelungen gekommen sind, was wie schon erwähnt, die Umlage für die restlichen Abnehmer erhöht.
Die zuständigen Behörden haben in den letzten Jahren zunehmend großzügige Ausnahmen gewährt, die den privilegierten Betrieben eine massive Rabattierung erlauben. Aus 18% des Stromverbrauchs wurden 2011 laut Bundesnetzagentur nur 0,3% Umlage erlöst. Das hat sich angesichts der weiteren Ausnahmeregelungen noch verschärft, sodass Haushalte und nicht-privilegierte Betriebe immer mehr zahlen und immer größere Anteile decken.
Es hat also in der Vergangenheit eine ganze Reihe von Entwicklungen gegeben, die sich zuungunsten des Umlagebetrags und insbesondere zuungunsten der nicht-privilegierten Stromverbraucher ausgewirkt haben. Diese Wirkungen hat man hingenommen und hat die Kosten weiterer Fördertatbestände noch draufgesattelt.
Dies hat jetzige Umlageregelung erst ungerecht gemacht, so praktisch und elegant sie ist, und stellt die Erneuerbaren Energien an den öffentlichen Dauerpranger. Das gegenwärtige Gesamtsystem der Kostenzuordnung ist auch nicht verursachungsgerecht, da die eigentlichen Verursacher der Klima- und Umweltprobleme, die fossilen Energieträger, nach wie vor in erheblichem Maße direkt subventioniert und nicht mit ihren volkswirtschaftlichen Kosten belastet werden, gerade auch angesichts der sehr niedrigen Preise für Treibhausgas-Emissionsrechte. Dass man, statt die Verursacher (fossile Energieträger) zu belasten, die Problemlösung (die EE durch die EEG-Vergütungen) entlastet, ist zwar kein Verstoß gegen die umweltökonomischen Lehrbuchprinzipien. Da aber die Umlage auf die Stromverbrauchern mittlerweile als Kosten der EE dargestellt werden und nicht als Kosten zur Vermeidung von Klimawandel, von Luftverschmutzung und Vermeidung von Risiken der Kernenergie, und damit doch wieder gegen den weiteren Ausbau der Erneuerbaren wirksam werden, funktioniert es nicht mehr lehrbuchmäßig. Zwar wirken die Preissignale für die Investoren im Sektor nach wie vor zugunsten der EE. Die Identifikation der Umlage mit den EE ist jedoch so, dass sie im politischen Raum unter Druck und, wie oben gezeigt, in Schein-Konflikte mit sozialpolitischen und klimapolitischen Zielen geraten – national und international.
Vorschlag:
Man sollte die beschriebenen Entwicklungen Punkt für Punkt analysieren und bewerten, und kompensieren. Wo das nicht im System möglich ist, sollte man Zuschüsse aus dem Staatshaushalt in Betracht ziehen.
In dem Punkte der Privilegierungen von Betrieben scheint die kommende Koalition schon etwas beschlossen zu haben. Was auch immer das ist, es wird nicht reichen, um die Umlage auf den Strompreis für die Haushalte und Betriebe zu senken, allenfalls mag das den Anstieg zu bremsen.
Hinzu kommen sollte ein jährlichen Zuschuss zur Deckung der Vergütungssummen aus Bundes-Steuermitteln, kalkuliert aus der Bewertung der aufgezählten Punkte. Der Gesamtwert kann durchaus über 10 Mrd. Euro liegen, was den künftigen Umlagebedarf in etwa halbieren würde. Damit könnte die Umlage auf den Stromverbrauch für alle deutlich niedriger ausfallen.
Angesichts des Wunschkatalogs von steuerfinanzierten Leistungen und Investitionen der sich gerade in den Koalitionsverhandlungen ansammelt, kommt so ein Vorschlag natürlich jetzt zur Unzeit. Im Unterschied zu den anderen Vorschlägen ist dies jedoch einer der eine Entlastung der Bürger als Stromverbraucher der Belastung als Steuer- Bürger gegenüberstellt.
Man mag dagegen einwenden: dass das ja nur eine „linke Tasche – rechte Tasche“ Transaktion wäre. Dazu wäre zu sagen, dass die Auswirkungen für den einzelnen Haushalt und andere Steuerobjekte davon abhingen, welche Steuer erhöht würde, und wie sich diese Besteuerung im Vergleich zur Umlage auswirken würde. Aus sozialpolitischer Sicht wäre bei einer Mehrwertsteuererhöhung vermutlich nichts gewonnen, da diese die unteren Einkommensschichten möglicherweise noch stärker trifft als die Umlage. Bei einer Erhöhung des Einkommensteuerspitzensatzes hingegen schon. Damit würde man die derzeit heiß diskutierte Steuererhöhungsthematik noch einmal befeuern.
In dieser Diskussion darf nicht übersehen werden, dass das System der Einspeiseregelung das Steueraufkommen gerade des Bundes langfristig erhöht, nicht zuletzt durch die Mehrwertsteuer, die ja auch auf die Umlage gezahlt wird. Die weiterlaufenden Einspeise-Vergütungen für bestehende Anlagen erhöhen mittel- und langfristig auch das Aufkommen aus der Einkommensteuer. Wenn, wie vermutet wird, die EE-Erzeugungsanlagen, besonders die in den Jahren 2009 bis 2012 in Dienst gingen, beträchtliche Gewinne für die Betreiber und Eigentümer mit sich bringen, auch indem sie gut funktionieren, dann müsste dafür auch Einkommensteuern fällig werden.
Weitere Einwände gegen den Zuschuss des Fiskus zur Deckung der EEG-Vergütungen beträfen vermutlich den rechtlichen Charakter, Organisation und Zuständigkeiten. Da man möglicherweise einen steuerfinanzierten Mechanismus nicht mehr einfach dem Management innerhalb des Stromsektors überlassen könnte, müsste man u.U. einen Sonderfonds oder Sondervermögen des Bundes einrichten.
Das könnte allerdings wiederum eine Chance sein. Falls die anstehende große Reform der EE-Förderung ein neues (hoffentlich für die Energiewende und den Klimaschutz effektives, kosteneffizientes etc.) System hervorbringt, könnte die Einbringung des bisherigen Systems in einen Sonderfonds, der alle bisher entstandenen Ansprüche deckt und nach deren Deckung auch aufgelöst werden kann, eine klare Lösung für die nach derzeitigem EEG errichteten Altanlagen darstellen. Dies würde auch erlauben, neben dem Staatszuschuss und der verbleibenden Umlage weitere Ressourcen für Deckungsbeiträge der EEG-Vergütung zu nutzen, wie z.B. die Stromsteuer oder auch Einnahmen aus der Versteigerung der Treibhausgas-Emissionsrechte oder aus einer Kohlenstoffsteuer, falls der EU-Emissionsrechtehandel nicht überleben sollte.
Aus den laufenden Koalitionsverhandlungen (Arbeitsgruppe Altmaier/Kraft) dringt über die Medien der eine oder andere Aspekt nach draußen. Allerdings hat man aus den Medienberichten über die Arbeitsgruppe Energie noch nicht den Eindruck, dass bei der anstehenden Reform der künftigen Förderung und der Drosselung der Vergütungssummen und der Entlastung der Stromverbraucher der große Wurf gelingen wird.
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