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Titel: Bayerns starke Tradition des “absoluten Wechsels”
Datum: 16. September 2013 um 14:41 Uhr
Rubrik: CDU/CSU, Wahlen
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
Man weiß ja alles schon aus dem Fernsehen zu dieser Bayern-Wahl, bei der die CSU wieder die absolute Mehrheit gewinnen konnte – dennoch erstaunt einen dieses fast ausnahmslos “geschlossene System” – und wie es “einer” immer wieder “beherrschen” kann – jetzt schon wieder einmal! Von Volker Bahl.
Als gefühlter Background sind sicher 800 Jahre Wittelsbacher und ein dominierender Katholizismus sicher ein nicht zu übersehender Faktor für diese ausgeprägte bayerische Identität. (Welcher deutsche “Volksstamm” kann denn schon auf eine solch lange und ausgeprägt-einheitlich-tradtionsreiche Geschichte zurückblicken?
Darüber hinaus aber sollte man einmal – entgegen der ganzen beliebigen Oberflächlichkeit der Medien – einmal etwas tiefer schürfen.
Dabei sehe ich nicht die während seiner Amtszeit gezeigte Wendigkeit von Seehofer ( z.B. Donau-Ausbau und Studiengebühren) als die wichtigsten Erfolgskriterien für diesen CSU-Erfolg an, sondern die klare Positionierung von Edmund Stoiber den – vorher regelrecht an die Seite geschobenen – Horst Seehofer der CSU als seinen Nachfolger zu präsentieren.
(Er hatte in dieser Phase – im Jahre 2004 ! – sogar ein Buch von Albrecht Müller (“Die Reformlüge” mit vorgestellt? Die “Welt” schrieb über diesen Seehofer damals “Der mit den Linken tanzt“.)
Bei dieser Buchvorstellung kritisierte Seehofer die ganze “hochgezogene” Demografie-Debatte als Mittel sozialpolitischer Demagogie – und fand, dass die Lohnnebenkosten kein Problem sind – nicht gerade “mainstream-fähig”!
Seehofer stand in der CSU – auch mit seinem sozialen Engagement gegen den damals vorherrschenden marktradikalen Mainstream in der CSU unter Stoiber. Und dennoch gelang es Stoiber ihn als seinen Nachfolger durchzusetzen.
Stoiber hatte eben schneller diese Gefahr erkannt, die der Direktor der “Monde Diplomatique”, Serge Halimi unter der Überschrift “Rückeroberung der Politik” – erst jetzt – so beschrieb: “Die neoliberale Utopie hat ihren Teil des Traums, ihren Absolutheitsanspruch, ihre Ideale verbraucht, ohne die Gesellschaftsprojekte nicht dauerhaft überleben können. Sie bringt nur noch Privilegien für wenige hervor, kalte und tote Existenzen. Die Wende wird kommen. Jeder kann dazu beitragen, dass es ein bisschen früher so weit ist”.
Stoiber hatte dieses “Verbrauchtsein” der neoliberalen Utopie mit ihren Versprechungen wohl “etwas früher” als andere und damit noch ziemlich rechtzeitig für die CSU erkannt – und mit Blick auf die CSU einige klare Konsequenzen daraus gezogen.
Das haben zunächst manche nicht kapieren wollen – aber gerade weil Seehofer auch über die turbulenteste Zeit mit der Bayerischen Landesbank – und ihren Milliardenverlusten (runde 7 Milliarden sollen es sein) – im Herrschaftssystem der CSU eine Randfigur war und wahrhaft “keine Rolle spielte”, konnte er als die Folgen dieser “Landesbank-Affäre” auf Bayern und die CSU-Regierung “zurollten” diese Affäre am besten managen und an sich – und damit der CSU – abprallen lassen. Die Landesbankaffäre war “plötzlich” in der Nach-Stoiber-Ära kein “zentrales” CSU-Ereignis mehr… (vgl. dazu die ZDF-Doku “BayernLB – Zocken auf Bayerisch” von 2010 – siehe weiter vielleicht auch noch “Mollath als Einstieg in die finanzkapitalistische Ära“…”Wie trieb die Politik mit dem Instrument Landesbank in die Finanzkrise hinein” bei)
Der “absolute” Wechsel von Stoiber zu Seehofer findet bei der SPD kein Pendant
Das wäre so , wie wenn Gabriel nach der katastrophalen Wahlniederlage in der SPD gesagt hätte, – was auch immer die neoliberal getrimmten Medien-Heinis uns einreden mögen – wir machen z.B. den – ansonsten immer loyalen – Agenda-Kritiker Ottmar Schreiner
(vgl. “Die Gerechtigkeitslücke, wie Politik die Gesellschaft spaltet“) zu “unserem” Kanzlerkandidaten – und auf keinen Fall diesen durch Steuerentlastungen (Verteilung von unten nach oben) und Finanzkrise (gerade auch das schreckliche Management der Pleitebank HRE) so “kontaminierten” ehemaligen Finanzminister Peer Steinbrück. (Siehe hier oder noch hier)
Ottmar Schreiner – als Beispiel – hätte mit dem ganzen Finanzkrisen-Debakel nichts zu tun gehabt – und hätte sogar eine Umkehr aus der verfehlten – euro-schädlichen – Agenda-Politik einleiten können. Aber in der SPD fehlte es eben an solchen strategisch wichtigen Personal-Entscheidungen. Im Gegensatz zu Gerhard Schröder steht Edmund Stoiber trotz aller seiner Verwicklungen in die Skandale – als “Elder Statesman” immer noch ganz gut da.
Und die Folgen in der Bayern-Wahl.
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