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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 22. August 2013 um 8:36 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (RS/WL)
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Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Dazu: New Details Show Broader NSA Surveillance Reach
Programs Cover 75% of Nation’s Traffic, Can Snare Emails
Quelle: The Wall Street Journal
Anmerkung RS: Es sei an diese Anmerkung von Jens Berger vom 31.7.2013 erinnert,weshalb Bradley Manning kein lupenreiner Whistleblower ist, auch wenn es durchaus richtig war, dass er das Video von der Erschießung von unschuldigen Zivilisten vom Hubschrauber aus veröffentlicht hat.
Ich halte das Strafmaß für weit übertrieben. Ich finde es aber ziemlich heuchlerisch, wie man sich hierzulande einerseits (zu Recht) darüber empört, dass europäische Botschaften abgehört werden,und strafrechtliche Verfolgung der Verantwortlichen verlangt, es aber anderseits „Whistleblowing“ und „Aufklärung“ nennt, wenn jemand wahllos vertrauliche Kommunikationen zwischen amerikanischen Botschaften untereinander bzw. mit dem amerikanischen Außenministerium veröffentlicht. Da wird mit zweierlei Maß gemessen.
Anmerkung WL: Wir befinden uns auf dem Marsch in den „Gebührenstaat“. Statt für mehr Steuergerechtigkeit zu sorgen, bei der die starken Schultern mehr tragen als die schwächeren, statt Kapitalerträge gemessen an der Einkommensteuer angemessen zu versteuern, statt einer Vermögenssteuer, statt einer angemessenen Besteuerung leistungslos erworbener Erbschaften, kurz: an die Stelle des sozialen Ausgleichs und wenigstens einer gewissen Umverteilungswirkung im „Steuerstaat“, zahlt im „Gebührenstaat“ jeder die Leistung, die er in Anspruch nimmt zum selben Preis – sofern er sie eben bezahlen kann. „Gebührenstaat“ heißt Verteilung und Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen nach der „Primärverteilung“, also nach den bestehenden Vermögens- und Verteilungsverhältnissen. Sprich: der eine baut seinen privaten Swimming-Pool, der andere kann den Eintritt ins Hallenbad nicht mehr bezahlen.
WSI-Mindestlohndatenbank
Quelle: WSI
Anmerkung Orlando Pascheit: Erich Vogt beendet seinen Artikel mit den Worten: “Die Erde kann nur begrenzt Treibhausgase aufnehmen und die für Menschen und Ökosysteme notwendigen Ressourcen bereitstellen. Der behutsame Umgang mit diesen Ressourcen ist also unabdingbar – das steht dem auf Produktion, Konsum und Wachstum ausgerichteten kapitalistischen Wirtschaftssystem diametral gegenüber. Gerade dieser Gegensatz macht die nunmehr geplanten Klimaanpassungen vieler Städte so brisant. Doch sollten alte Dogmen und eingefahrene Lebensweisen den Blick für den dringend notwendigen Wandel in der Klimapolitik verstellen? Das wäre für die Menschheit in der Tat eine Katastrophe.” So richtig der Autor mit seiner Aufforderung liegen mag, die Realität sieht anders aus. Warum sollen z.B. Schwellenländer wie China ihr Bemühen, unseren Lebensstandard zu erreichen, aufgeben? Der Mensch ist geradezu ein Musterbeispiel dafür, wie man kurzfristiger Ziele wegen sich langfristig zugrunde richtet. – Das wirklich Tragische ist, dass die großen klassischen Industrieländer, die die verhängnisvolle Entwicklung in Gang gesetzt haben, über das Know-how und das Kapital verfügen, durch technologische Lösungen den Schaden geringer zu halten, als dies dem größeren Teil der Menschheit möglich ist. Möglicherweise enden wir so oder so im Chaos. Vieles ist denkbar, nicht zuletzt Kriege um die immer knapper werdenden Ressourcen, aber als erste werden immer die Entwicklungsländer davon betroffen sein.
Anmerkung unseres Lesers E.V.: “Asmussen gab zu verstehen, dass er das explosive Gefahrenpotenzial der hohen Arbeitslosigkeit für die Reformbemühungen sieht. Die Rekordarbeitslosigkeit – derzeit knapp unter 28 Prozent – könne nicht akzeptiert werden, sagte er. Er habe Verständnis dafür, welche Schwierigkeiten die Griechen durchleben müssten und respektiere deren Bemühungen. Athen «muss die Reformen fortsetzen», forderte Asmussen zugleich.”
Die Logik des Herrn Asmussen schlägt schon erstaunliche und rekordverdächtige Kapriolen. Zunächst fordert er “Reformen”, z.B. die Entlassung zigtausender Beschäftigter im öffentlichen Dienst, Renten- und Lohnkürzungen, die zum Einbruch bei der Binnennachfrage führen müssen, was wiederum zu Unternehmenskonkursen und noch größerer Arbeitslosigkeit führt. Dann kann er die gerade geforderte und eingetretene “Rekordarbeitslosigkeit” nicht akzeptieren, um jedoch im gleichen Atemzug noch mehr Entlassungen und weitere Kürzungen bei der Konsum- und Investitions- und Staatsnachfrage zu fordern.
Mit solch einer Logik kann man (oder muss man?) Direktoriumsmitglied bei der EZB werden!
Anmerkung Volker Bahl: Transfer-Union, das war doch das schreckliche Wort, das nicht einmal Kritiker – wegen seiner Unbeliebheit beim werten deutschen Wähler – in den Mund zu nehmen wagten – und jetzt wird der Druck der “Ereignisse” doch zu groß. Dabei war es längst klar, dass die drakonische Sparpolitik der Toika – und Deutschland mit Merkel mittendrin – zu diesem “Ende” führen musste. Ist das jetzt der Offenbarungseid für das bisherige Total-Versagen in europäischer Perspektive?
Anmerkung WL: Mich hat die Podiumsdiskussion vor allem am Schluss eher deprimiert zurückgelassen: Alle drei Diskutanten malten die Zukunft Europas in düsteren Farben. Die skeptischen Perspektiven mögen angesichts der herrschenden politischen Kräfteverhältnisse nur zu verständlich sein. Wenn man allerdings die teilweise völlig konträren Positionen der Podiumsdiskutanten betrachtet, die sich alle als Kritiker des herrschenden politischen Mainstreams begreifen, dann erstaunt es nicht, dass sich Merkel mit ihrem affirmativen Optimismus als „alternativlos“ darstellen kann.
Es gehörte schon immer zur fortschrittlichen Bewegung, dass sie offen diskutierte und untereinander im Streit lag, aber die Diskussion machte auch deutlich, wie weit die Positionen (jenseits des Mainstreams) auseinander liegen und wie schwierig es ist, dem desaströsen Kurs von Merkel und der Troika ein breit getragenes alternatives Konzept entgegen zu stellen.
Scharpf sah die Perspektive vor allem in einer internen Abwertung in den südeuropäischen Ländern. Ganz so wie er früher die Agenda-Politik verteidigt hat, weil Deutschland angeblich der „kranke Mann Europas“ war. Dabei hatte Deutschland auch vor der Agenda deutliche Exportüberschüsse:
Urban (IGM), der natürlich die Positionen seiner Gewerkschaft vertreten musste, schilderte die Schwierigkeiten der gewerkschaftlichen Lohnpolitik und sah den Wettbewerbsvorteil Deutschlands vor allem in der hohen Produktivität (nicht so sehr in den Lohnstückkosten – was ein Widerspruch in sich ist) und in der geringen Preiselastizität deutscher (Qualitäts-) Exportgüter.
Flassbeck vertrat vehement seine den NachDenkSeiten-Leserinnen und Lesern bekannten Thesen. (Inflationsmarge, Lohnstückkosten)
Trotz aller Bemühungen von Ulrike Herrmann wenigstens einige gemeinsame Nenner für ein alternatives Konzept herauszuarbeiten, ist das nur in Ansätzen (leider aber vor allem nur in der übereinstimmenden Kritik an der Grundkonstruktion des Euro) gelungen.
Dennoch: Es lohnt sich diese Diskussion zu verfolgen.
Anmerkung Orlando Pascheit: Es tut mir leid: Schon wieder eher schlechte Nachrichten quer zur Mainstreampresse. Ich verstehe auf einer psychologischen Ebene, und nur so, ganz gut den Vorwurf z.B. von Gustav Horn, die “Strategie der Nachdenkseiten” bestünde darin, “die Arbeitsmarktlage möglichst schlecht darzustellen und jeden Fortschritt auf dem Arbeitsmarkt zu leugnen”. Die deutschen und anderen Zuständen “möglichst schlecht darzustellen” mag mancher Leser und erst recht die überwiegende Mehrheit der Nicht-NDS-Leser als zweite Natur der NachDenkSeiten empfinden. Nur was haben die NachDenkSeiten davon? In Wirklichkeit ist es doch eher so, mir ergeht zumindest häufig so, dass die ungeheure Masse an schlechten Nachrichten innerhalb eines einzigen Tages, einen zu ersticken droht und depressiv stimmen kann bis zur Unfähigkeit weiter nachzulesen, nachzudenken, zu analysieren. Ich verstehe sehr gut, dass man sich dieses Negative nicht jeden Tag antun möchte. Und dennoch kann ich nur mit Erich Kästner antworten aus
“Und wo bleibt das Positive, Herr Kästner?”
“Ihr braucht schon wieder mal Vaseline,
mit der ihr das trockene Brot beschmiert.
Ihr sagt schon wieder, mit gläubiger Miene:
»Der siebente Himmel wird frisch tapeziert!«Ihr streut euch Zucker über die Schmerzen
und denkt, unter Zucker verschwänden sie.
Ihr baut schon wieder Balkons vor die Herzen
und nehmt die strampelnde Seele aufs Knie.Die Spezies Mensch ging aus dem Leime
und mit ihr Haus und Staat und Welt.
Ihr wünscht, dass ich’s hübsch zusammenreime,
und denkt, dass es dann zusammenhält? “Ich will nicht schwindeln. Ich werde nicht schwindeln.
Die Zeit ist schwarz, ich mach euch nichts weis.
…”
Inhaltlich hat Albrecht Müller zu Horn alles gesagt, indem er ihn mit seinen eigenen Aussagen des IMK konfrontiert.
Die Zahl der Arbeitslosen hat sich nur verringert bzw. die Beschäftigung ist gestiegen, weil das etwa konstante Arbeitsvolumen seit 1994 auf mehr Schultern verteilt wurde. Und man sollte schon noch betonen dürfen, dass die Einkommen für die meisten Arbeitnehmer real gesunken sind und viele, zu viele, Erwerbstätige nicht mehr von ihrer Arbeit leben können. So meint selbst DIW-Chef Marcel Fratzscher: “In einer langfristigeren Perspektive hält die These, dass es uns wirtschaftlich so gut geht, der Wirklichkeit nicht stand”. Und er stellt weiterhin fest, dass 70 Prozent der Arbeitnehmer heute niedrigere Reallöhne haben als noch vor zehn Jahren. Gustav Horn meint, dass die NachDenkSeiten den Hartz-Befürwortern in die Hände spielen würde, indem sie die “gute Arbeitsmarktlage” leugne. Dies ließe sich dann von den Neoliberalen leicht widerlegen. Nein, gerade die Strategie Horns, zu betonen, dass die “gute Arbeitsmarktlage” unabhängig von den Hartz-“Reformen” entstanden sei, räumt jeden verwirrend ein, dass diese eigentlich nicht geschadet hätte. – Ich weiß nicht, ob sich Gustav Horn im Klaren ist, wie infam seine Wortwahl ist. Am stärksten fällt das Wort “leugnen” auf, das bedeutet, dass man wider besseres Wissen etwas bestreitet. Das ist ungeheuerlich. Auch das Wort “darstellen” trägt etwas Manipulatives in sich. Ebenso das Wort Strategie, denn Strategie dient einem bestimmten Zweck, der sich u.U. besseres Wissen unterzuordnen habe. Nun ist der Zweck der NachDenkSeiten, wie aus “Warum NachDenkSeiten” zu entnehmen, eine sehr allgemeiner: Die NachDenkSeiten haben sich der Aufklärung verpflichtet. Das heißt nicht, dass die NachDenkSeiten immer richtig liegen. Das ergibt schon allein aus der Tatsache, dass es innerhalb der NachDenkSeiten unterschiedliche Positionen gibt – glücklicherweise. Natürlich unterliegen die NachDenkSeiten Grenzen, Grenzen des Verstehens, des Wissens oder auch ganz banal der Tagesform der Beteiligten. So schwankt meine Fähigkeit einen Text zur erfassen, zu analysieren oft beträchtlich, ganz zu schweigen die Fähigkeit einen Text durch einen Kommentar in einen anderen Zusammenhang zu stellen. Für eine tiefere statistische Aufarbeitung fehlen oft die Zeit und die Energie – vor allem meist begrenzt durch einige Stunden in der Nacht. Und manchmal, da hat ein lieber Freund ganz recht, dienen die Nachdenkseiten einfach als Jammerkasten, weil die Kraft zur Analyse fehlt. – Ja, die NachDenkSeiten haben Grenzen, haben nicht die Ressourcen, die Kapazitäten von wissenschaftlichen Instituten oder staatlichen Stellen oder auch Zeitungen, sie sind meist angewiesen auf die Meldungen, Analysen und Studien anderer. Und ja, sie sind Spielverderber für diejenigen, die da verkünden, die Zeiten seien glänzend. Aber die Strategie der NachDenkSeiten ist ganz gewiss nicht, die Wahrheit zu leugnen. Und lieber Herr Horn, damit die Seele Ruh hat, nirgends auf den NachDenkSeiten ist je bestritten worden, dass z.B. die Ausdehnung der Kurzarbeit eine sinnvolle Maßnahme war – übrigens eine der wenigen ‘Großtaten’ eines SPD-Ministers (Olaf Scholz) in der Regierung Merkel. Nur ändert dies wenig an den verheerenden Auswirkungen der Hartz-“Reformen”.
Quelle: Kontext: Wochenzeitung
Hinweis: In der neuen Ausgabe der Kontext:Wochenzeitung finden sich weitere interessante Beiträge u.a.:
Die KONTEXT:Wochenzeitung erscheint mittwochs ab null Uhr und samstags als Beilage der bundesweit erscheinenden Wochenendausgabe der taz.
Anmerkung Orlando Pascheit: Die Prognose ernst genommen, lohnt es sich für VW bald, die Welt inklusive Deutschland von China aus zu beliefern. Die EU als echte WTO-Marktwirtschaft wird die Verkäufe in die EU gewiss nicht an die Forderung knüpfen, hier Produktionsstätten zu halten. – Aber im Ernst, VW und andere werden nicht daran vorbei kommen, Arbeitsplätze in Europa abzubauen.
Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/
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