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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: IGMetall greift in den Wahlkampf ein – mit einem Lob für die Agenda 2010 und „die gute wirtschaftliche Verfassung des Landes“
Datum: 3. August 2013 um 12:28 Uhr
Rubrik: Agenda 2010, Gewerkschaften, Strategien der Meinungsmache, Wahlen
Verantwortlich: Albrecht Müller
Ein Leser der NachDenkSeiten machte uns auf die Augustausgabe der zentralen Publikation der IG-Metall aufmerksam. „Ein sensationeller Gastkommentar von Herrn Alfons Frese befindet sich in der aktuellen ‚metallzeitung’ auf den Seiten 14 und 15 [PDF – 5 MB].“ Sensationell ist in der Tat einiges an diesem Text des stellvertretenden Ressortleiters Wirtschaft beim Berliner Tagesspiegel. Von Albrecht Müller
Zunächst noch eine Information zum Medium und zur Einbettung des Gastkommentars:
Die metallzeitung ist die zentrale Publikation der IG-Metall; sie wird jedem Mitglied monatlich direkt nach Hause geschickt. Ihre Auflage liegt bei knapp 2,3 Millionen. Herausgeber sind der Vorsitzende Berthold Huber, sein Stellvertreter Detlef Wetzel und Bertin Eichler.
Die Augustausgabe dürfte die vorletzte Ausgabe vor der Bundestagswahl vom 22. September sein. Der Gastkommentar wird im Inhaltsverzeichnis auf Seite 2 angekündigt. Dort wird zugleich festgestellt, dass die IG-Metall „als Einheitsgewerkschaft … keine Wahlempfehlung“ abgebe.
Nun zur Sache:
Kurz nach Gründung der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft am 12. Oktober 2000 durch die Metall- und Elektro-Arbeitgeber kam mir die Idee zur Gründung einer kritischen Internetseite. Sie sollte eine Stütze beim Aufbau einer Gegenöffentlichkeit zur mit 100 Millionen DM gerade begonnenen Propaganda der Metallarbeitgeber werden. Damals habe ich versucht, die IG-Metall und auch den DGB als Partner des Projektes zu gewinnen. Das schien mir logisch zu sein. Ich betrachtete die Gewerkschaften als natürlichen Partner beim Versuch, über wirtschaftliche und gesellschaftliche Zusammenhänge aufzuklären und die Propaganda der Gegenseite aufzudecken.
Aus der Partnerschaft wurde nichts. Das Projekt, die NachDenkSeiten, ging dann dank der Bereitschaft Wolfgang Liebs zur gemeinsamen Herausgeberschaft 2003 ohne Unterstützung einer großen Organisation an den Start.
Trotz einer gewissen Enttäuschung halte ich die IG-Metall, die anderen Einzel-Gewerkschaften und den DGB nach wie vor für wichtig. Sie müssten aufklären, sie müssten die neoliberale Ideologie bekämpfen und sie müssten alles tun, um den im letzten Jahrzehnt mit Leiharbeit und Minijobs ausgeweiteten Niedriglohnsektor auszutrocknen.
Sie müssten beispielsweise darüber aufklären, dass die Agenda 2010 nicht nur erfunden worden ist, um Sozialmissbrauch zu bekämpfen und die Arbeitsverwaltung neu zu ordnen. Die Agenda 2010 mit Hartz etc. hatte die zentrale Funktion, mit Niedriglöhnen und einer De-facto-Zerstörung der Arbeitslosenversicherung die Löhne insgesamt zu drücken. Die Agenda 2010 hat nachweisbar die Marktmacht der Gewerkschaften geschwächt.
Die Gewerkschaften wären deshalb der natürliche Gegner der Agenda 2010 und müssten für eine fundamentale Korrektur streiten, gerade auch jetzt vor den Wahlen.
Auf diesem Hintergrund einige Anmerkungen zu den Hauptbotschaften des zentralen Gastkommentars in der metallzeitung:
“Während die USA mithilfe sinkender Energiepreise (infolge des Frackings) eine Reindustrialisierung erleben, gefährden wir die Basis unseres Wohlstands: die Industrie.”
Verstehe ich das richtig? Diplom-Politologe Frese als Freund des Frackings? Hauptsache sinkende Energiepreise!
Wenn die IG-Metall bei einem Quasi-Aufruf zur Bundestagswahl die Interessen ihrer Mitglieder vertreten wollte, dann müsste sie für die Unterstützung jener Kandidatinnen und Kandidaten bei SPD, bei den Grünen und vor allem bei der Linkspartei werben, die gegen die neoliberale Ausrichtung auch von SPD und Grünen antreten. Warum tut die IG-Metall dies nicht? Warum nutzt sie ihr Zentralorgan nicht, um jene Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen, die Widerstand leisten gegen Agenda 2010 und Agenda 2020. Die Propaganda für die Fortsetzung der so genannten Reformen, die Propaganda mit der zentralen Behauptung, den meisten von uns ginge es gut und wir verdankten dies den Reformen, wird von den finanziell und publizistisch Mächtigen uach im vorfeld der Wahl vom 22.9.2013 massiv betrieben. In dieser Situation wäre es ein notwendiger Akt der Aufklärung, wenn eine große Gewerkschaft wie die IG-Metall dagegen aufstünde, statt im großen Brei der arbeitnehmerfeindlichen Sülze mit zu schwimmen.
Anlage:
Was der Autor Frese sonst so schreibt:
Zum Beispiel polemisiert er gegen die Rekomunalisierung des Stromnetzes in Berlin:
15.07.2013 12:25 Uhr
Konzession für das Berliner Stromnetz wird neu vergeben
Quelle: Tagesspiegel
13.07.2013 11:22 Uhr
Rückkauf der Energieversorgung in Berlin: Wirtschaftssenatorin Yzer will kein Stromnetz
Berlins Wirtschaftssenatorin warnt vor „teuren Experimenten“ und will weder das Netz von Vattenfall noch ein eigenes Stadtwerk. Am 3. November… Von Alfons Frese
Quelle: Tagesspiegel
12.07.2013 17:22 Uhr
Berliner Energietisch
Wirtschaftssenatorin warnt vor Kauf des Stromnetzes
Cornelia Yzer warnt vor Rückkauf des Stromnetzes. Nach dem Erfolg des Berliner Energietisches werden die Bürger am 3. November 2013 darüber…
Von Alfons Frese
Quelle: Tagesspiegel
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