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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages II
Datum: 26. Juli 2013 um 17:07 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JB/WL)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Anmerkung unseres Lesers G.F.: Ich glaube, dass wir alle sehr beunruhigt sein müssen über solcherlei Äußerungen. Gauck macht die massiven Grundrechtsverletzungen zur Gefühlssache und spricht verharmlosend von einer Affäre. Dies wirft erneut ein bezeichnendes Licht auf seinen verdrehten Begriff von Freiheit. Wenn der Bundespräsident nicht auf Einhaltung der elementaren Grundrechte besteht und politisches Handeln anmahnt und nicht wie Sie auf die Frage der Souveränität Deutschlands eingeht, wie steht es dann in der Tat um unsere Freiheitsrechte?
Quelle: Harm Bengen
Anmerkung JB: Sehr lesenswert! Morozovs Bücher „The Net Delusion“ und „To Save Everything, Click Here“ sind meines Erachtens nach die mit Abstand besten Bücher zum Thema „digitales Zeitalter“. Unverständlicherweise ist „The Net Delusion“ noch immer nicht ins Deutsche übersetzt worden, dafür erscheint aber wenigstens Morozovs jüngstes Werk unter dem deutschen Namen „Smarte neue Welt“ am 8. Oktober in einer deutschen Ausgabe im Karl Blessing Verlag.
Anmerkung Orlando Pascheit: Der Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) erlaubt es der NSA, die Überwachung einer Person anzuordnen inklusive Abhöraktionen gegen Verdächtige und von einem Internet-Dienst wie Facebook die Herausgabe ihrer Daten zu verlangen. Der FISA ist in seiner Erweiterung 2008 die rechtliche Grundlage für das Spionageprogramm PRISM. (Nicht nur für Juristen das WSJ zur Bedeutung des Wortes “relevant” bei der Auslegung der Neufassung)
Demnach ist die NSA ermächtigt, Verbindungsdaten ohne weitere Voraussetzungen zu speichern. Es dürfen komplette Datenbanken angefordert werden, um aus ihnen bestimmte Personen herauszufiltern.
Sowohl “heise online” als auch die “Zeit” meldeten, die Anti-FISA-Klausel der Europäischen Datenschutzgrundverordnung sei auf Druck der US-Regierung und von US-Internetfirmen gestrichen worden.
Hier die Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage des SPD-Abgeordneten Gerold Reichenbach zur Streichung der “Anti-FISA-Klausel” im Entwurf der EU-Datenschutz-Grundverordnung auf Druck der USA und Weitergabe von personenbezogenen Daten an Drittstaaten (S. 31870C – 31870D9 [PDF – 850 KB]).
Anmerkung WL: Die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Politik zeigt sich ja nicht nur beim Bemühen um Aufklärung im NSA-Skandal, sondern in vielen anderen Bereichen, etwa der sozialen Gerechtigkeit, der Rentenpolitik, beim Militäreinsatz in Afghanistan. Dass sich das nicht in den Umfragewerten für die CDU und die Kanzlerin niederschlägt, kann eigentlich nur damit zu tun haben, dass ein Großteil der Bevölkerung der Politik nichts mehr zutraut oder dass kaum jemand noch daran glaubt, dass mit Rot-Grün ein anderer Kurs eingeschlagen würde.
Dazu passt:
Internationale Umfrage: Regierungen verlieren weltweit das Vertrauen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
Laut einer in 13 Ländern durchgeführten Umfrage des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) sagen 80 Prozent der Menschen, dass ihre Regierung bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit versagt hat. Nur 13 Prozent der mehr als 13.000 Umfrageteilnehmer glauben, dass für ihre Regierung tatsächlich die Interessen der Arbeitnehmer und ihrer Familien im Mittelpunkt stehen. Das sind zwei zentrale Ergebnisse der globalen IGB-Meinungsumfrage 2013, die im Vorfeld der ersten gemeinsamen Sitzung der G20-Arbeits- und Finanzminister in Moskau veröffentlicht wurde.
Quelle: DGB
Anmerkung JB: Regling macht Irland ein Angebot, das man nicht ablehnen kann. Man könnte auch von Erpressung sprechen. Wie war das noch mit dem Budgetrecht als „Königsrecht“ des Parlaments? Es sieht so aus, als sei Klaus Regling der „De-facto-König“ von Irland. Ist ein Land dem ESM erst ausgeliefert, werden dessen demokratische Grundrechte suspendiert. Schönes neues Europa.
Anmerkung Orlando Pascheit: Endlich! Es ist nichts gegen vernünftige Agrarsubventionen einzuwenden, aber die Exporthilfen verzerrten nicht nur den Wettbewerb auf dem Weltmarkt, sondern sie verhinderten auch eine weitergehende Diskussion um den Aufbau des Agrarsektors in den Entwicklungsländern.
Quelle: IAB
Dazu:
Im internationalen Vergleich hoher Anteil der Geringverdiener in Deutschland
In Deutschland verdiente im Jahr 2010 knapp ein Viertel aller Beschäftigten weniger als 9,54 Euro brutto pro Stunde. Das geht aus einer neuen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. Damit ist der Anteil der Geringverdiener hierzulande größer als in anderen westlichen EU-Ländern. Wenn man ausschließlich Vollzeitbeschäftigte berücksichtigt, ist der Anteil in Deutschland mit rund einem Fünftel etwas niedriger, aber im Vergleich immer noch relativ hoch.
Quelle: IAB
Anmerkung WL: Man beachte, wie sich das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung verzweifelt bemüht, die Tatsache, dass Deutschland den höchsten Anteil der Geringverdiener unter allen westlichen EU-Ländern hat, zu beschönigen:
Die lohndrückenden Hartz-Gesetze und die systematische Deregulierung des Arbeitsmarkts, die Tarifflucht der Unternehmen etc. spielen für diese Arbeitsmarktforscher, die ausschließlich auf die Quantität und nicht auf die Qualität der Arbeit schielen offenbar keine Rolle für den sich ausweitenden Niedriglohnsektor.
Dazu muss man wissen, dass dieses Forschungsinstitut eine Abteilung der Bundesagentur für Arbeit ist und diese Agentur wiederum ein Anhängsel des Bundesarbeitsministeriums.
Ergänzende Anmerkung Orlando Pascheit: Natürlich muss der Verfasser des Kurzberichts, Thomas Rhein, als Angestellter einer Bundesbehörde einen wahren Eiertanz hinlegen: „Einerseits könnte die zunehmende Verbreitung von Niedriglöhnen die Chancen für Erwerbslose vergrößern, wieder in Arbeit zu kommen. Andererseits wird sie als Teil eines breiteren gesellschaftlichen – und sozialpolitisch problematischen – Trends zur Polarisierung der Erwerbseinkommen gesehen … Niedriglohnbeschäftigung kann nicht allein unter dem Gesichtspunkt ihrer Verteilungswirkungen betrachtet werden. Aus arbeitsmarktpolitischer Sicht ist zu fragen, ob mehr Niedriglohnjobs für Beschäftigungsgewinne sorgen und die Arbeitslosigkeit reduzieren können, weil sie auch wettbewerbsschwachen (zum Beispiel gering qualifizierten) Arbeitskräften Chancen bieten“. Und kommt hier dann doch der Wissenschaftler durch und muss einräumen: “Die Fragestellung lässt sich empirisch aus mehreren Blickwinkeln analysieren. Zum einen kann man im Querschnitt untersuchen, ob Länder mit einer größeren Niedriglohnquote tendenziell einen höheren Beschäftigungsstand und weniger Arbeitslosigkeit haben als Länder mit einem kleineren Niedriglohnsektor. Dazu geben die in diesem Kurzbericht verwendeten Daten zumindest einen groben Anhaltspunkt. Wenn die eben genannte Hypothese zutrifft, so wäre zu erwarten, dass der Anteil der Niedriglohnbeschäftigten im Ländervergleich negativ mit der nationalen Arbeitslosenquote und positiv mit der Erwerbstätigenquote des Jahres 2010 korreliert. Das ist aber nicht der Fall. Die Erwerbstätigenquote ist für die hier betrachteten 17 Länder sogar schwach negativ mit der Niedriglohnquote korreliert. Auch im Hinblick auf die Arbeitslosenquote stellt sich die erwartete Korrelation nicht ein. Zudem zeigt das Beispiel der skandinavischen Länder, dass unter spezifischen institutionellen Rahmenbedingungen ein hoher Beschäftigungsstand mit geringer Lohnspreizung vereinbar ist. Und im Fazit: “Dies würde dafür sprechen, dass eine erhöhte Lohnspreizung keine zwingende Voraussetzung für dauerhafte Erfolge am Arbeitsmarkt ist.” – Schönen Gruß an die neoliberale, deutsche Mainstream-Ökonomie und natürlich an die Troika.
Vielleicht sollte man einmal ein Gedankenspiel anstellen und einen Teil der Niedriglöhner, z.B. die Aufstocker, der Arbeitslosenquote anrechnen. Wahrscheinlich sähe dann die deutsche Arbeitslosenquote im Vergleich zu Europa ganz anders aus. Ist statistisch natürlich Unfug, aber greifen wir nur einmal einen vor allem von den Konservativen heiß diskutierten Aspekt heraus: Deutschlands geringe Reproduktionsquote. Und was wird nicht alles an Familien- und bevölkerungspolitische Maßnahmen getan: Elterngeld, Kindergeld, Betreuungsgeld, Krippenplätze. Und dennoch stellt sich über repräsentativen Umfragen heraus. Die gewünschte Kinderzahl der Befragten liegt unter tatsächlichen. Was bei all diesen Diskussionen meist nicht bedacht oder unterschlagen wird: Was die sicherste Grundlage für eine Familiengründung ist, ist die Perspektive auf existenzsichernde Löhne. Und in der mangelnden Perspektive treffen sich Niedriglöhner und Arbeitslose.
Quelle: Stuttmann Karikaturen
Anmerkung Orlando Pascheit: Die im Artikel erwähnten Schiffsfinanzierungen führen in der wahrgenommenen Bankenkrise eher ein Schattendasein. Dabei sitzen Deutsche Banken auf Risiken aus der Schiffsfinanzierung im Volumen von rund 100 Mrd. Euro. Allein bei der Commerzbank sind von den Schiffskrediten in Höhe von knapp 19 Mrd. ein Viertel vom Ausfall bedroht. Die NordLB, die rund 18 Milliarden Euro an den Sektor verliehen hat, musste im ersten Quartal ihre Risikovorsorge im Kreditgeschäft weiter aufstocken und schreibt rote Zahlen. Die Branche rechnet nicht damit, dass die Schifffahrtskrise im nächsten Jahr zu Ende geht, allenfalls im übernächsten. In den letzten Jahren ist die Schifffahrt in eine hartnäckige Krise geraten. Überkapazitäten drücken auf den Markt, die Fracht- und Charterraten bewegen sich in einem Dauertief und viele Schiffe können Zins und Tilgung nicht mehr erwirtschaften.
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