Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Orwell 2.0
- Totale Überwachung
Die Überwachung durch amerikanische Geheimdienste ist beileibe kein neues Phänomen. Schon seit 2001 will die NSA alles wissen.
Im Juni 2008 besuchte Generalleutnant Keith Alexander, der Chef des amerikanischen Geheimdienstes NSA, seine Mitarbeiter in Menwith Hill. Der Stützpunkt liegt in der englischen Grafschaft North Yorkshire und wird seit den fünfziger Jahren von der NSA betrieben. Von dort wurde im Kalten Krieg der satellitengestützte Datenverkehr der Sowjetunion abgefangen, es war der wichtigste Knoten im globalen Spionageprogramm „Echelon“. Alexander hatte den Abhörprofis eine schöne „Sommer-Hausaufgabe“ mitgebracht, wie er es formulierte: „Warum können wir nicht alle Signale zu jeder Zeit sammeln?“ So ist es auf einem Dokument aus der Sammlung des früheren NSA-Mitarbeiters Edward Snowden überliefert.
Alexanders „Hausaufgabe“ mag überzogen oder gar absurd wirken – aber nur auf Leute, die nicht zur NSA gehören. Die Mitarbeiter selbst können kaum überrascht gewesen sein: Alles zu wissen und alles zu speichern war seit 2001 zum neuen Ziel der technischen Aufklärung geworden. Damit änderte sich auch das Verhältnis zu den Partnern. Es konnte keine Freunde mehr geben, deren Überwachung tabu war – es sei denn, sie stellten Daten freiwillig zur Verfügung wie die Briten. Nicht einmal die Privatsphäre von Amerikanern blieb verschont. So entstanden Überwachungsprogramme wie das von Snowden enthüllte „Prism“, bei dem die NSA Daten amerikanischer Internetkonzerne abzweigt.
Quelle: FAZ.NET
- Gesetzeskonform
Unser Leser A.G. schreibt uns:
Liebes Team der NDS,
ich war gestern mit einem Freund zufällig im Leipziger Stasi-Museum, weil ihn die (ost)deutsche Geschichte als Nicht-Deutschen anscheinend mehr interessiert als viele Deutschen selbst…. und dabei bin ich doch über das hier gestolpert.
Erinnert mich irgendwie sehr an einen Spruch, den Frau Merkel oder einer Ihrer Kollegen erst vor wenigen Tagen zur NSA-Überwachung losgelassen hat. Wenn ich mich recht erinnere hieß es da “… in begrenztem Umfang im Rahmen der Gesetze …” oder so ähnlich. So wiederholt sich die Geschichte – oder lernen wir diesmal was draus?
- Griesheimer organisiert Spaziergang zum Dagger-Komplex
„Der Vorstand des NSA-Spion-Schutzbund e.V. lädt Sie recht herzlich zu unserem ersten Entdecken und Beobachten am Dagger Complex ein.“ Daniel Bangert (28) aus Griesheim hat diese Veranstaltung auf Facebook erstellt und seine Freunde dazu eingeladen. „Ganz nach dem Vorbild der von uns geschützten Art, der NSA-Spione, wollen wir uns an den Ort des Geschehens begeben. Dort können wir den bedrohten Lebensraum der NSA-Spione erforschen und uns über ihre Tages- und Nachtbeschäftigungen austauschen.“ Er habe den Aufruf bewusst spaßig formuliert, sagt der gelernte Heizungsbauer, um seine Bekannten „zu Themen, die gerade in den Medien sind, zum Selbstdenken zu animieren“.
Quelle: Echo online
Anmerkung unsere Lesers J.W.: Nur falls noch jemand Zweifel hatte, ob die Deutschen mit der NSA kooperieren oder nicht.
- Edward Snowden
- Snowden checkt aus
Der Exgeheimdienstler stellt Asylantrag für Rußland. Neue Dokumente aus seinem Fundus besagen: Microsoft ist vor allem ein Schnüffelkonzern
Der frühere CIA-Mitarbeiter Edward Snowden hat politisches Asyl in Rußland beantragt. Grund dafür sei, daß er nicht ausreisen könne, zitierte Interfax am Freitag Tanja Lokschina von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Sie hatte an einem Treffen von 13 russischen Juristen, Politikern und Vertretern von Menschenrechtsorganisationen mit Snowden im Moskauer Flughafen Scheremetjewo teilgenommen, wo sich der 30jährige seit dem 23. Juni aufhält. Er will demnach vorübergehend in Rußland bleiben, bat um Hilfe beim Erstellen des Asylantrags und will später nach Lateinamerika ausreisen. Der russische Anwalt Anatoli Kutscherena, ebenfalls Teilnehmer des Treffens, teilte mit, Snowden habe den Antrag auf politisches Asyl in Rußland unterschrieben. Das ist sein zweiter Antrag: Bereits am Montag hatte Venezuelas Präsident Nicolás Maduro bestätigt, daß Snowden in dem südamerikanischen Land offiziell um Asyl ersucht habe. (…)
Bereits am Donnerstag abend hatte der britische Guardian neue Dokumente Snowdens veröffentlicht. Danach soll der Softwarekonzern Microsoft unter anderem dafür gesorgt haben, daß die US-Geheimdienste auch verschlüsselte E-Mails lesen können. Außerdem habe Microsoft daran gearbeitet, der US-Bundespolizei FBI den Zugang zu Daten im Online-Speicherdienst SkyDrive zu erleichtern. Der Internet-Telefoniedienst Skype sei Anfang 2011 an »Prism« noch angeschlossen worden, also vor seiner Übernahme durch Microsoft, heißt es weiter. Microsoft hat kürzlich auch in Deutschland eine Werbekampagne inszeniert, die die Vorzüge seiner Produkte beim Datenschutz betonte.
Ebenfalls am Freitag erfuhr der nach Washington geschickte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) von seinen Gesprächspartnern: Die USA wollen der Bundesrepublik in Zukunft besser über ihre Erkenntnisse Auskunft geben. Wahrscheinlich mit Hilfe von Microsoft-Produkten.
Quelle: junge Welt
Anmerkung C.R.: Mit Russland als Asylgeber dürfte Snowden wesentlich sicherer sein als in einem der Staaten Südamerikas. Eine Aktion der US-Geheimdienste wie z.B. gegen Salvador Allende in Chile dürfte ihm dort nicht zum Verhängnis werden: Denn Russland ist militärisch für die USA nicht einnehmbar, Russland ist ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat und Russland hat einen Präsidenten, der sich mit Geheimdiensten bestens auskennt.
Der Fall Snowden dürfte Putin zudem gelegen sein, um sein Image bezüglich Demokratie und Menschenrechte aufzubessern. Zudem könnte er Russland von der Brzezinski-Doktrin der Umarmung durch die USA seit der Sowjet-Zeit wenn nicht befreien so doch ein wenig lockern.
- Statement by Edward Snowden to human rights groups at Moscow’s Sheremetyevo airport
Edward Joseph Snowden delivered a statement to human rights organizations and individuals at Sheremetyevo airport at 5pm Moscow time today, Friday 12th July. The meeting lasted 45 minutes. The human rights organizations included Amnesty International and Human Rights Watch and were given the opportunity afterwards to ask Mr Snowden questions. The Human Rights Watch representative used this opportunity to tell Mr Snowden that on her way to the airport she had received a call from the US Ambassador to Russia, who asked her to relay to Mr Snowden that the US Government does not categorise Mr Snowden as a whistleblower and that he has broken United States law. This further proves the United States Government’s persecution of Mr Snowden and therefore that his right to seek and accept asylum should be upheld. Seated to the left of Mr. Snowden was Sarah Harrison, a legal advisor in this matter from WikiLeaks and to Mr. Snowden’s right, a translator. (…)
I believe in the principle declared at Nuremberg in 1945: “Individuals have international duties which transcend the national obligations of obedience. Therefore individual citizens have the duty to violate domestic laws to prevent crimes against peace and humanity from occurring.”
Accordingly, I did what I believed right and began a campaign to correct this wrongdoing. I did not seek to enrich myself. I did not seek to sell US secrets. I did not partner with any foreign government to guarantee my safety. Instead, I took what I knew to the public, so what affects all of us can be discussed by all of us in the light of day, and I asked the world for justice.
That moral decision to tell the public about spying that affects all of us has been costly, but it was the right thing to do and I have no regrets.
Quelle: WikiLeaks
- “Guardian”-Journalist Greenwald: Snowden soll noch viel mehr brisantes Material besitzen
„Snowden besitzt genügend Informationen, um der US-Regierung innerhalb einer Minute mehr Schaden zuzufügen, als es jede andere Person in der Geschichte der USA jemals getan hat” – diese drastischen Worte wählte “Guardian”-Journalist Glenn Greenwald in einem Interview mit der argentinischen Zeitung “La Nación”. Snowden verfüge danach über weit mehr brisantes Material, als er bisher preisgegeben hat.
Dazu muss man wissen, dass Greenwald mutmaßlich enge Beziehungen zu Snowden pflegt: Der in Rio de Janeiro lebende Journalist hatte vor rund einem Monat das Interview geführt, in dem Snowden die riesigen Überwachungsprogramme der USA enthüllte. Damit brachte er den Ausspäh- und Datenskandal ins Rollen.
Der US-Regierung zu schaden, sei allerdings nicht Snowdens Anliegen, sagte Greenwald – und untermauerte diese Ansicht noch einmal in einem Blog-Eintrag. Der Whistleblower wolle das besagte Material gar nicht veröffentlichen. “Sein Ziel ist es, die Informationsprogramme aufzudecken, die von Menschen auf der ganzen Welt genutzt werden, ohne zu wissen, dass sie sich damit entblößen und ohne dass sie bewusst zugestimmt haben, ihr Recht auf Privatsphäre aufzugeben.
Quelle: Spiegel Online
- Friedrich in Washington
- Eine deutsche Maus in Washington
Das war kein Innenminister, der empört über die massive Grundrechtsverletzung deutscher Staatsbürger in Washington auf den Tisch gehauen hat. Das war eine deutsche Maus, die lediglich leise von unten gegen den Tisch geklopft hat – und das auch nur, weil in Deutschland Wahlkampf ist. (…)
Die deutsche Bundesregierung hat ein bisschen pflichtschuldiges Getöse gemacht. “Der kalte Krieg ist vorbei” – wie Angela Merkel kräftig, aber nichtssagend formulierte. Diese Äußerung, die sie wie ein Mantra vor sich her trug, war ohnehin eine merkwürdige Formulierung.
War es eine banale zeitgeschichtliche Feststellung oder ein schwerwiegender Vorwurf im aktuellen Zusammenhang mit den Spionageprogrammen? Oder nur wegen der angeblichen Wanzen in EU-Büros? Wenn die Kanzlerin tatsächlich glauben würde, dass die Methoden der NSA den Geheimdienstmethoden des kalten Krieges entsprächen, dann müsste sie die USA als Feind betrachten.
Das hatte sie sicher nicht gemeint. Sie wollte einfach nur durch einen stark klingenden Satz Luft aus dem deutschen Wahlkampf lassen. Deshalb musste auch Friedrich zur sinnlosen Reise nach Washington aufbrechen. Hauptsache Aktionismus, vorgetäuschte Betroffenheit. SPD und Grüne sollen im Wahlkampf keinen Stich bekommen.
Und die Rechnung scheint aufzugehen: 79 Prozent der Deutschen sind laut ZDF-Politbarometer der Ansicht, die Bundesregierung habe die amerikanischen Internet-Spähprogramme gekannt. Aber keiner entzieht deswegen Merkel oder der Bundesregierung das Vertrauen. Im Gegenteil: eine neue schwarz-gelbe Koalition rückt immer näher.
Eine Mischung aus Desinteresse und Resignation der Mehrheit der Deutschen macht´s möglich. Im Internet ist das halt so.
Deshalb werden sich die Amerikaner zu Recht fragen, warum sie an ihrer Praxis irgendetwas ändern sollen. Und das einzige Druckmittel, das die Europäer haben, nämlich über ein Freihandelsabkommen nur dann zu verhandeln, wenn zuvor die Freiheitsrechte der europäischen Bürger im Internet gesichert sind, dieses Druckmittel will keiner wirklich in die Hand nehmen. Schöne neue Welt.
Quelle: Carta
- Lass uns Terrorismus machen!
Wie erwartet ist Friedrich geläutert und überzeugt aus den Vereinigten Staaten zurückgekehrt. Ganz besonders überzeugt scheint er indes vom Klischeebild eines Terroristen zu sein.
Dass er eingeknickt ist, darüber kann man jetzt natürlich berichten. Eine Überraschung ist das aber nicht. Dass sich aber ein Innenminister allen Ernstes vor die Presse stellt und erklärt, wie Prism genau funktioniere, indem es nämlich “gezielt nach Begriffen wie Terrorismus” suche, darüber müsste nun eigentlich aggressiv berichtet werden. Ja, was hat denn dieser Mann für Vorstellungen von Menschen, die terroristische Akte planen? Wie glaubt er kommunizieren diese Menschen? Schreiben die in jedem dritten Satz “Terrorismus”? Haben sie in ihrem Adressbuch Kontaktdaten wie [email protected] stehen? Schreiben sie sich mit “Lieber Terrorist” oder besser mit “Lieber Mitterrorist und Mitwisser” an? Oder animieren sie sich mit Sätzen wie “Komm, lass uns Terrorismus machen!” gegenseitig zur Gewalt?
Nochmal, was glaubt dieser Mann, wie das Prinzip von Gewaltaktionen funktioniert?
Quelle: ad sinistram
- Der edle Zweck
Eins muss man ihm lassen. Innenminister Hans-Peter Friedrich ist ein Mann der klaren Worte. Er schafft es mit einem Satz, sich klar außerhalb des geltenden Rechts zu positionieren. Und damit meine ich das Grundgesetz, die Europäische Menschenrechtskonvention und die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, welche die Vereinten Nationen im Jahr 1948 verabschiedet haben. Nichts anderes sagt der Politiker nämlich, wenn er von seiner Amerika-Reise im Kern verlauten lässt, das amerikanische Spähprogramm Prism gehe schon in Ordnung.
Zunächst hat Friedrich in Washington offenbar immerhin die Bestätigung erhalten, dass wir wohl bis auf weiteres die Informationen von Edward Snowden als richtig betrachten dürfen. Der Ex-Mitarbeiter der NSA hat bislang einige (von wahrscheinlich vielen) Unterlagen veröffentlicht, welche eine amerikanische und britische Komplettüberwachung des Internetverkehrs belegen, die sich zielgerichtet auch gegen die EU-Staaten und insbesondere Deutschland richtet.
Damit sind wir alle direkt betroffen – unsere Mails, Posts, Chats und Gespräche werden gespeichert, gescannt und ausgewertet. Dazu kommen noch Lauschangriffe, die sich zumindest gegen die EU richten; offizielle Vertretungen sollen von der NSA verwanzt worden sein.
Quelle: Lawblog
- NSA-Affäre: Steinbrück wirft Merkel Bruch des Amtseids vor
“Riesiger Schaden für das deutsche Volk”: Peer Steinbrück macht Kanzlerin Merkel für die Auswirkungen des NSA-Abhörskandals verantwortlich – und fordert eine Untersuchung durch den Bundestag.
In der NSA-Abhöraffäre greift SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück die Bundeskanzlerin an. Angela Merkel (CDU) habe ihren Amtseid verletzt, sagte er im Interview mit der “Bild am Sonntag”. “Frau Merkel hat als Kanzlerin den Amtseid geschworen, Schaden vom deutschen Volke abzuwenden.” Nun habe sich herausgestellt, dass die Grundrechte der deutschen Bürger durch die Spähaktionen massiv verletzt worden seien. “Also: Schaden vom Volke abzuwenden – das stelle ich mir anders vor.”
Seiner Meinung nach habe der Bundesnachrichtendienst (BND) wissen müssen, dass Grundrechte in Deutschland verletzt worden seien. “Der Geheimdienst wird vom Kanzleramt koordiniert. Wer hinter dem Steuer sitzt, trägt die Verantwortung – und zwar egal, ob er wach oder eingepennt ist”, sagte Steinbrück im Interview weiter. Unter Merkel und ihrem Geheimdienstkoordinator Ronald Pofalla sei ein “riesiger Schaden fürs deutsche Volk entstanden”
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung C.R.: Es ist irritierend, wenn der Bundesinnenminister wegen des NSA-Skandals in die USA reist: Die deutschen Geheimdienste sind strukturell dem Bundeskanzleramt untergeordnet. Vermutlich möchte sich Kanzlerin Merkel nicht persönlich die Finger verbrennen – so kurz vor der Bundestagswahl.
Der medienwirksame Aufschrei der derzeitigen Opposition wirkt nicht überzeugend. Haben sie – zumindest SPD und Bündnis 90/Die Grünen – während ihrer Regierungszeit nichts von alledem mitbekommen?
- Wem nützt der freie Handel?
Vom freien Handel über Grenzen hinweg profitieren alle, so lehrt die klassische Volkswirtschaft. Doch in der Praxis wirft der freie Handel auch Probleme auf. Denn in unterschiedlichen Ländern herrschen verschiedene Ausgangspositionen. Macht kommt ins Spiel.
Wer würde profitieren, wenn Barrieren zwischen den USA und Europa fallen. Wie realistisch sind die Hoffnungen auf mehr Wirtschaftswachstum? Was wird aus Umweltstandards und Verbraucherschutz? Bekommen beispielsweise europäische Verbraucher dann Gentomaten auf den Tisch? Welche Voraussetzungen braucht fairer Handel?
In der NDR Info Redezeit begrüßte Moderator Matthias Franck als Gäste:
- Heiner Flassbeck – Ehemaliger Chefökonom der UN-Organisation für Welthandel und Entwicklung
- Henning Klodt – Leiter des Zentrums Wirtschaftspolitik am Institut für Weltwirtschaft in Kiel
- Wolfgang Landmesser – ARD-Korrespondent in Brüssel
Quelle: NDR.de
- Deutschlands Stellung im Welthandel
Die Bundeskanzlerin predigt die Wettbewerbsfähigkeit als Mantra. “Aber wir wollen natürlich vor allen Dingen auch Arbeitsplätze dadurch sichern, dass wir gut exportieren können”, meint Angela Merkel und: “Die Wettbewerbsfähigkeit ist das zentrale Thema für die Zukunft.” Darin unterscheidet sich die CDU-Politikerin nicht von ihrem Vorgänger aus der SPD, Alt-Kanzler Gerhard Schröder, der erst jüngst betonte: “Deutschland kann seinen Vorsprung gegenüber aufstrebenden Wirtschaftsmächten wie Brasilien und China nur verteidigen, wenn wir hart an unserer Wettbewerbsfähigkeit arbeiten.”
Dieses “hart” wurde unter der SPD geführten Bundesregierung zu Hartz. Im Zentrum dieses von Politik und Medien beförderten Ansatzes stand und steht neben staatlichen Ausgabensenkungen und Steuererleichterungen für Unternehmen, Spitzenverdiener und Vermögende, der Lohn. Und zwar als frei schwebende Größe, losgelöst von Produktivität und vom Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (vergleiche hierzu: Eurokrise offenbart Scheitern deutscher “Reformpolitik”). Ignoriert wurden und werden auch die Verhältnisse am Arbeitsmarkt (vergleiche hierzu: Zum Nachdenken: Zahlen, Graphiken und Zusammenhänge zur Agenda 2010).
Quelle: Wirtschaft und Gesellschaft
- Anklage in Steueraffäre: Hoeneß kann auf Bewährung hoffen
Das Ermittlungsverfahren gegen Uli Hoeneß wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe steht unmittelbar vor dem Abschluss. Noch im August will die Staatsanwaltschaft München II Anklage gegen den Präsidenten des FC Bayern erheben. Bei dem Prozess, der möglicherweise schon im September beginnen soll, kann Hoeneß auf ein mildes Urteil hoffen. Nach Informationen des SPIEGEL scheint die Staatsanwaltschaft eine Verurteilung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung beantragen zu wollen. Zudem solle der Aufsichtsratsvorsitzende der FC Bayern München AG eine Geldstrafe von 720 Tagessätzen zahlen, was einer weiteren Freiheitsstrafe von zwei Jahren entspricht.
In der Münchner Justiz bemüht man offenbar eine Vorschrift des Strafgesetzbuches, die es dem Gericht erlaubt, diese Geldstrafe bei der Bewährung auszuklammern. Denn bei einer Gesamtstrafe von mehr als zwei Jahren ist eine Bewährung ausgeschlossen. (…)
Die angestrebte Milde für Hoeneß erklärt sich auch dadurch, dass wohl nur ein Teil seines Steuervergehens als strafbar gewertet wird: So soll die Hinterziehung von gut 2,3 Millionen der insgesamt rund 3,2 Millionen Euro geschuldeten Steuern angeblich verjährt sein, weil die entsprechende Steuerschuld länger als fünf Jahre zurückliege.
Der strafrechtlich relevante Anteil betrüge dann nur knapp 900.000 Euro. Damit läge Hoeneß’ Vergehen unterhalb einer brisanten Grenze: Der Bundesgerichtshof hatte Anfang 2012 bekräftigt, dass bei Steuerhinterziehung über einer Million Euro keine Bewährungsstrafe mehr möglich sein soll.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung unseres Lesers H.M.: Unglaublich, falls der Bericht stimmen sollte! Nach dem Bundesgerichtshof ist bei Steuerhinterziehung von mehr als einer Millionen Eure keine Bewährung mehr zulässig!
- Milliarden für nichts
Berlin bekämpft die Jugendarbeitslosigkeit. Doch es geht nicht nur um die Jugend.
Fast zwei Dutzend Regierungschefs und noch mehr Minister sind nach Berlin gekommen, um unter Anleitung von Ursula von der Leyen und Angela Merkel darüber zu diskutieren, wie die mehr als drei Millionen Arbeitslosen unter 25 Jahren in Europa wieder eine Perspektive erhalten können. Doch von dem Gipfel wird außer ein paar schönen Bildern nicht viel bleiben – und das liegt daran, dass man sich das falsche Thema ausgesucht hat. Europas Problem ist nicht die Jugendarbeitslosigkeit.
Aber ist es nicht ein Skandal, dass in den Euro-Staaten sehr viele junge Leute ohne Job sind? Das ist es in der Tat, aber es sind auch sehr viel ältere Leute ohne Job, und auch das ist ein Skandal. Womöglich ist die Arbeitslosigkeit für einen Familienvater mit zwei Kindern einschneidender als für einen Universitätsabsolventen. Es gibt aber keine Gipfel für arbeitslose Familienväter. (…)
In den Krisenstaaten Südeuropas hat die Jugendarbeitslosigkeit zuletzt zwar über das normale Maß hinaus zugenommen – sie stieg dabei aber stets im Gleichschritt mit der Arbeitslosigkeit in der Gesamtbevölkerung an. In Italien erhöhte sich der Anteil der jungen Menschen ohne Job zwischen 2010 und 2012 um 27 Prozent, die Arbeitslosenquote insgesamt ging um 26 Prozent nach oben. In Griechenland betrug der Zuwachs bei den Jungen 70 Prozent, insgesamt stieg die Quote sogar um 90 Prozent.
Europa hat also kein Problem der Jugendarbeitslosigkeit, sondern ein Arbeitslosigkeitsproblem. Nicht die schlechte Ausbildung macht so vielen jungen Leuten in Italien oder Spanien den Einstieg ins Berufsleben unmöglich – es fehlen schlicht die Jobs.
Wenn dieser Befund korrekt ist, dann war dieser Gipfel einer der überflüssigsten der Wirtschaftsgeschichte. Und langfristig richten – was noch schlimmer ist – die von ihm ausgehenden Initiativen vielleicht sogar Schaden an.
Quelle: ZEIT
- Spurensuche: “Ein Jahr nach Draghis Rede” Eine vollkommen neue Währungsunion?
Äußerlich mag die neue Währungsunion der alten noch ähneln. Doch ihr Charakter ist heute ein völlig andere. Diese These lönnte man mit einiger Berechtigung aufstellen, wenn man sich die Entwicklung der letzten 12 Monate betrachtet.
Die vielen Kommentatoren unterteilen sich in zwei große Gruppen: Das Fundament der Maastricht Verträge, auf dem die Gemeinschaftswährung errichtet wurde, ist, und da teilen alle die gleiche Meinung, im Verlauf der Krise erodiert.
In den Augen der Unterstützer Draghis, hat er die Basis für den Euro weiterentwickelt und damit gestärkt. In den Augen seiner Kritiker hingegen hat er die Erosion dramatisch beschleunigt.
Doch was hat Draghi am 26. Juli. 2012 in London konkret gesagt? In seiner damals nur gerade mal 11 minütigen Rede vor ganz besonderen Gästen, stechen besonders drei Sätze hervor:
Quelle: Matthias Garscha
- Paul Krugman – Hunger Games, U.S.A.
Something terrible has happened to the soul of the Republican Party. We’ve gone beyond bad economic doctrine. We’ve even gone beyond selfishness and special interests. At this point we’re talking about a state of mind that takes positive glee in inflicting further suffering on the already miserable.
Quelle: New York Times
Anmerkung RS: Ein Zitat daraus: Representative Stephen Fincher of Tennessee, for example, cited the New Testament: “The one who is unwilling to work shall not eat.” Sure enough, it turns out that Mr. Fincher has personally received millions in farm subsidies.” Müntefering lässt Grüßen.
- Klare Mehrheit dafür – Manager plädieren für Mindestlohn
Nicht nur die Gewerkschaften befürworten einen gesetzlichen Mindestlohn. Wie eine aktuelle Forsa-Umfrage für das Handelsblatt zeigt, sprechen sich auch die meisten Manager dafür aus.
Die deutsche Wirtschaft ist mehrheitlich für einen gesetzlichen Mindestlohn. Das ist das Ergebnis des Handelsblatt Business-Monitors, einer repräsentativen Umfrage des Handelsblatts, für die das Meinungsforschungsinstitut Forsa regelmäßig rund 700 Führungskräfte deutscher Unternehmen befragt. Wie das Handelsblatt (Montagsausgabe) berichtet, sprechen sich 57 Prozent der Firmenlenker für einen gesetzlichen Mindestlohn aus. Mit 60 Prozent war die Zustimmung aus mittelgroßen Unternehmen mit zwischen 500 und 5000 Beschäftigten am höchsten. In der Dienstleistungsbranche plädieren sogar 61 Prozent der Manager für einen Mindestlohn aus. Die Befürworter halten im Durchschnitt einen Mindestlohn von 8,88 Euro je Stunde für angemessen.
Hinter der überraschend hohen Zustimmung steht die Erwartung, dass eine solche Lohnuntergrenze keine negativen Folgen für das eigene Unternehmen
haben würde. Nur sieben Prozent der Befragten sagen für den Fall einer Einführung einen Abbau von Arbeitsplätzen im eigenen Unternehmen voraus.
Hier zeigt sich allerdings ein deutlicher regionaler Unterschied: Je zwölf Prozent der nord- und ostdeutschen Firmen erwarten einen Stellenabbau wegen des Mindestlohns, aber nur sechs Prozent der Manager aus der Mitte und fünf Prozent aus dem Süden des Landes.
Quelle: Handelsblatt
- Kitaausbau vor dem Kollaps
Am 1. August 2013 wird es spannend: Ab dann gilt der Rechtsanspruch auf Tagesbetreuung für Kinder, die das erste Lebensjahr vollendet haben. Ob man ihn einlösen und damit Klagen der Eltern zu seiner Durchsetzung weitgehend vermeiden kann, beurteilen die dafür Verantwortlichen völlig unterschiedlich. Der Deutsche Städtetag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund fürchten, dass der Rechtsanspruch vor allem in Großstädten nicht voll erfüllt werden kann, und selbst Bundesfamilienministerin Kristina Schröder ging noch im März von rund 200 000 bundesweit fehlenden Plätzen aus.[1]
Erfolgsmeldungen verkündet hingegen das größte Bundesland Nordrhein-Westfalen. Noch zu Jahresbeginn zeigte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft sich bezüglich der Erfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Kitaplatz für NRW „sehr optimistisch“.[2] Ihre Familienministerin Ute Schäfer rühmte sich im März gar einer „Punktlandung“ beim Erreichen der Ausbauziele. Zu diesem Zeitpunkt lagen die jüngsten Bedarfsmeldungen der Jugendämter für das kommende Kita-Jahr vor und sie stimmten – man höre und staune – fast exakt mit dem Ausbauziel einer landesweiten Betreuungsquote von 32 Prozent überein.
Doch Eltern, die in ihren Beruf zurückkehren möchten und daher einen Kitaplatz suchen, haben keinen Anlass, diesen Entwarnungen Glauben zu schenken: Denn gerade in westdeutschen Großstädten kommt das Ergattern eines Platzes speziell für unter Dreijährige (U3) beinahe einem Sechser im Lotto gleich. Erfahrungsgemäß sind öffentliche Kitas entweder ausgebucht oder sie haben gar keine bzw. nur für Geschwisterkinder reservierte U3-Plätze. Bei Kitas freier Träger, die ihre Plätze nur direkt vergeben, sind regelrechte Bewerbungsmappen üblich. Viele Eltern buchen in ihrer Verzweiflung daher eine rein privat betriebene Kita, oft nur bis mittags, und zahlen dafür rund 800 Euro im Monat.
Quelle: Blätter
- Erfolg der IG Metall – Verbot dauerhafter Leiharbeit
Detlef Wetzel ist zufrieden. Der IG-Metall-Vize, der im November zum Vorsitzenden von Europas größter Industriegewerkschaft gekürt werden soll, erklärte am Freitag in Frankfurt am Main: »Jetzt steht auch juristisch fest: Wer Stammbelegschaften durch günstigere Leiharbeiter ersetzen will, handelt unrechtmäßig.« Zuvor hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, daß der dauerhafte Einsatz von Leiharbeitern in einem Betrieb illegal ist. »Dieses Urteil ist ein Paukenschlag«, sagte Wetzel. »Leiharbeit wird wieder das, was sie sein soll: ein Instrument, mit dem Auftragsspitzen bewältigt werden können.« (…)
Allzu große Selbstzufriedenheit ist dennoch fehl am Platz. Denn zum einen hat sich das Thema Lohndumping mittels Leiharbeit damit nicht erledigt. Weiterhin werden Leiharbeiter deutlich schlechter bezahlt als Stammbeschäftigte, da die DGB-Tarifverträge das Gebot gleicher Bezahlung (Equal Pay) im AÜG aushebeln. Zum anderen ist eine verstärkte Ausweichbewegung auf Werkverträge zu erwarten. Diese Form prekärer Beschäftigung gibt den Unternehmen alle Freiheiten, geltende Tarife zu unterlaufen. In manchen Branchen – nicht nur auf dem Bau und in den Schlachtbetrieben, sondern auch im Einzelhandel und in der Automobilindustrie – stellen Werkvertragsbeschäftigte mittlerweile einen großen Teil der Belegschaften. Der Kampf gegen Prekarisierung bleibt für die Gewerkschaften also auch nach dem Etappensieg beim BAG eine der dringlichsten Aufgaben.
Quelle: junge Welt
- Die Rückkehr der gesetzlichen Rente
Die kapitalgedeckte Altersvorsorge gleicht einem Glücksspiel. Die Krise hat gezeigt: Der Generationenvertrag muss wiederbelebt werden.
Mitte 2008 war die Welt für die Verfechter der kapitalgedeckten privaten Altersvorsorge noch in Ordnung. Im Vergleich zur gesetzlichen Rente bringe der private Aufbau von Vorsorgekapital weitaus mehr Rendite, schrieben die Analysten der Allianz damals. Tatsächlich: Von 1970 bis 2007 brachten Dax-Aktien im Schnitt 8,15 Prozent Gewinn im Jahr. Selbst mit sicheren zehnjährigen Bundesanleihen ließen sich 6,64 Prozent Zins erzielen. Dagegen fielen die Erträge der gesetzliche Rentenversicherung eher mickrig aus. Je nach Berechnungsmodell lagen sie zu diesem Zeitpunkt zwischen 4,69 und 5,17 Prozent.
An der gesetzlichen Rentenversicherung mit ihrem Umlageverfahren ließen die Allianz-Analysten deshalb kein gutes Haar. “Der mit der Riester-Reform eingeleitete Rückbau des Umlagesystems und die Stärkung der Kapitaldeckung innerhalb des gesamten Alterssicherungssystems bringt für die Versicherten handfeste Vorteile”, lautete das Fazit der Allianz. (…)
Mittlerweile ist die durchschnittliche Jahresverzinsung von Versicherungssparverträgen auf 3,6 Prozent gesunken, Tendenz weiter fallend. Das betrifft nicht nur die privaten Lebens- und Rentenversicherungen, sondern auch den größten Teil der staatlich geförderten Riester- und Rürup-Sparverträge und die betriebliche Altersvorsorge bei Pensionskassen.
Es ist sogar zu befürchten, dass die Einbußen bei der privaten und betrieblichen Altersvorsorge weitaus drastischer ausfallen als die Einschnitte bei der gesetzlichen Rentenversicherung.
Quelle: ZEIT ONLINE
Anmerkung unseres Lesers P.S.: Das schreiben die NACHDENKSEITEN seit Jahren.
Anmerkung unseres Lesers B.K.: Langsam kapieren es immer mehr. Aber leider nur unvollständig: Der Autor betrachtet die Demographie-Entwicklung als “hinlänglich bekanntes” Problem – allerdings nur hinsichtlich Umlagefinanzierung. Er ignoriert, dass das Kapitaldeckungsverfahren Ursachen und Folgen der Überalterung genausowenig beseitigt, dass jedoch dessen Lobbyisten so tun als ob und damit Politik und Arbeitnehmer erst in ihr Casino lockten.
Und dass der Autor den Glücksspielcharakter des Kapitaldeckungsverfahrens wirklich als große Gefahr (und nicht doch vielleicht als heimliche Chance) erkennt, will man nicht so recht glauben, wenn er gleich am Artikelbeginn den Allianz-Analysten /-Lobbyisten bewundernd zustimmt: “Von 1970 bis 2007 brachten Dax-Aktien im Schnitt 8,15 Prozent Gewinn im Jahr.” Das klingt so, als wäre 2008 nur ein vermeidbarer Unfall passiert und als könne jedermann mindestens ein halbes Arbeitsleben am Stück Aktiengewinne einfahren.
Ein Blick auf die DAX-Kurve seit 1959 ernüchtert: Die ersten 33 Jahre bis 1982 bewegte sich der DAX stabil seitwärts – keine Katastrophen, aber auch keine Gewinne. Das war die Zeit des Wirtschaftswunders bzw. eines Wirtschaftswachstums und einer Beschäftigung auf hohen Niveau sowie einer weniger ausgeprägten Ungleichheit als heute. Mit Arbeit konnte man es damals noch zu etwas bringen, ebenso mit echtem (realwirtschaftlichem) Unternehmertum; (Börsen-)Zocken war hingegen nicht attraktiv. In den 31 Jahren von 1982 bis heute entfesselte die Liberalisierung u.a. der Kapitalmärkte die DAX-Kurve, die seither wilde Achterbahn-Bewegungen macht. In den Jahren 2000 und 2008 “testete” der DAX die 8000er-Marke, um bald danach wieder auf weniger als die Hälfte zu kollabieren. 2013, bei Zinsen nahe Null, schießt der DAX nach steilem Anstieg gerade wieder über die 8000 hinaus. Wird diesmal eine DAX-Halbierung reichen, wenn die Zinsen wieder auf Normalhöhe zurückfinden? Die Verkäufer der klassischen Kapital-Lebensversicherung würden sich über einen Zinsanstieg bestimmt freuen, steigert er doch die Rendite und lindert ihren “Anlagenotstand” (den das Umlageverfahren übrigens noch nie kannte). Es sind allerdings die gleichen Verkäufer, die in den vergangenen Jahren ihren Kunden zunehmend “fondsgebundene” (d.h. an Aktien geknüpfte) Lebensversicherungen andrehten. Steigende Zinsen bedeuten hier fallender DAX und Verluste für diese “Versicherungs”-Kunden. Steigende Zinsen oder nicht: ein Teil der Kunden von Allianz & Co. wird auf jeden Fall klar zu den Verlierern gehören – das ist das Gegenteil von dem, was das Arbeitsprinzip von Versicherungen sein sollte.
- Pflegenotstand: Krankenhäuser gegen Personalschlüssel für Pflegekräfte
Deutschlands Krankenhauslobby wehrt sich gegen die Einführung eines Personalschlüssels für Pflegekräfte. Der Grund: Die Krankenhäuser bauen seit Jahren Pflegepersonal ab und steigern so ihre Gewinne – auf Kosten der Patienten.
Quelle: Kontraste
- Verstoß gegen Wettbewerbsrecht – EU greift deutsches Erneuerbare-Energien-Gesetz an
Die EU-Kommission nimmt das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz ins Visier. Brüssel ist nach SPIEGEL-Informationen zu dem Schluss gekommen: Die Ausnahmen für energieintensive Betriebe verstoßen gegen europäisches Wettbewerbsrecht. Deutschen Firmen drohen Nachzahlungen in Millionenhöhe.
Quelle: SPIEGEL Online
Anmerkung AM: Die Ausnahmen widersprechen zumindest in zweifacher Hinsicht auch der ökonomischen Vernunft: Erstens kann man, wenn man Energie sparen will, die Hauptverbraucher nicht entlasten. Zweitens ist es ziemlich absurd, wenn ein Land mit hohen Exportüberschüssen die viel Energie verbrauchende Betriebe entlastet mit der Begründung, den Export zu erleichtern. Und dann ist es drittens auch noch ungerecht, gerade die schwächeren Energieverbraucher anteilig mehr zu belasten.
passend dazu: Die Blockierer heißen Rösler und Altmaier
Alternative Energien müssen sein – da sagt keine der Bundestagsparteien nein. Aber wie hoch ist der Preis? Und wer zahlt ihn? Die Bundesregierung teilte am Freitag mit, dass immer mehr Großunternehmen eine Befreiung von der Ökostrom-Umlage beantragen. Und Experten befürchten, dass dadurch der Strompreis für Endverbraucher und Kleinunternehmen noch weiter steigen wird. Gleichzeitig fordern FDP-Chef Philipp Rösler und Spitzenkandidat Rainer Brüderle eine Neuauflage der Energiewende: Als Ziel reiche es völlig, sich auf die Senkung des CO2-Ausstoßes zu konzentrieren. (…)
Deshalb ist es auch so fahrlässig, dass diejenigen, die verantwortlich sind, seit Monaten nichts tun: Bundesumweltminister Altmaier und Bundeswirtschaftsminister Rösler. Immer wieder inszenieren sie sich als diejenigen, die das Erneuerbare-Energien-Gesetz unbedingt reformieren wollen. Einen gemeinsamen Vorschlag gibt es aber immer noch nicht. Da ist es schon aberwitzig, wenn Rösler alle Beteiligten auffordert, die Barrikaden zu räumen für einen Neustart der Energiewende. Auf der einen Barrikade sitzt der Minister nämlich höchstpersönlich, ihm gegenüber auf der anderen Barrikade Bundesumweltminister Altmaier.
Quelle: NDR.de
- Amazon zahlt in Deutschland kaum Steuern
Deutschland ist der wichtigste Markt für Amazon außerhalb Amerikas. Die Milliardenumsätze mit deutschen Kunden wickelt Amazon aber über Luxemburger Gesellschaften ab. Ein Blick in die im Bundesanzeiger veröffentlichte Bilanz verrät mehr.
Der Internet-Versandhändler Amazon hat 2012 einen Großteil des Umsatzes mit deutschen Kunden über Luxemburger Gesellschaften abgewickelt und in Deutschland kaum Steuern gezahlt. Die Amazon.de GmbH wies einen Vorsteuergewinn von 10,2 Millionen Euro aus und zahlte 3,2 Millionen Euro Steuern, wie aus der im Bundesanzeiger veröffentlichen Bilanz hervorgeht.
Deutschland ist der wichtigste Markt für Amazon außerhalb der Vereinigten Staaten, ein Drittel der Erlöse erzielt der weltgrößte Internet-Händler zwischen Rhein und Oder. Umsätze mit deutschen Kunden in Höhe von 8,7 Milliarden Dollar wurden über Luxemburger Gesellschaften abgewickelt. Letztendlich fließt ein Großteil der Erlöse an die in Luxemburg angesiedelte Amazon Europe Holding Technologies, die einen Gewinn von 118 Millionen Euro auswies. Als steuerbefreite Partnernschaft zahlte diese keine Steuern.
Quelle: FAZ.NET
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Zum Ausgleich sind die von Amazon geschaffenen Arbeitsplätze besonders schlecht bezahlt und abgesichert… Dafür wurde der Aufbau des Internet-Bücherhandels u. a. mit (vorübergehendem) Verzicht auf die Mehrwertsteuer gefördert, was dann viele Arbeitsplätze im lokalen Buchhandel gekostet hat.
- Ägypten: Der Saudi gibt einen aus
Die Muslimbrüder und Präsident Muhammad Mursi waren in Ägypten kaum von der Macht abgesetzt, da zückten die autokratischen Herrscher am Golf ihre Scheckbücher. 12 Milliarden Dollar Soforthilfe gibt es aus Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Kuwait für die ägyptische Staatskasse. Die Währungsreserven des Landes waren seit Mubaraks Sturz im Februar 2011 von 36 Milliarden auf 14,9 Milliarden geschrumpft. Wobei einen guten Teil davon nicht Mursi, sondern der Oberste Militärrat ausgegeben hatte. Am Ende war es Kairo nicht mal mehr möglich, Treibstoffimporte zu bezahlen. Da kommt es wie gerufen, dass Saudi-Arabien 2 Milliarden der versprochenen Gelder gleich in Form von Öl liefert. Mit dieser Aussicht konnte Ägypten nun seine strategischen Ölreserven anzapfen. Die langen Schlangen an den Tankstellen, einer der Gründe für die Massenproteste gegen Mursi, verschwanden damit kurz nach dem Putsch.
Die saudischen Autokraten hassen die Muslimbrüder, weil diese sich über die Wahlurnen legitimieren ließen. Eine islamistische Bewegung, die sich auf demokratische Spielregeln einlässt, wird von den Diktatoren der Golfstaaten als unmittelbare Bedrohung gesehen. Denn dieser Weg stellt das Konstrukt gottgegebener autokratischer Herrschaft und monarchischer Erbfolge infrage. Auch in den Golfstaaten gibt es Muslimbrüder. Sie werden verfolgt. Kurz vor dem Putsch in Ägypten wurden in den Emiraten die Urteile im sogenannten UAE-94-Prozess gesprochen, einem von Menschenrechtlern scharf kritisierten Massenprozess gegen 94 politische Aktivisten. 69 Angeklagte wurden zu Gefängnisstrafen zwischen 7 und 15 Jahren verurteilt – für ihre angeblichen Verbindungen zur Muslimbruderschaft, die sich gegen die Herrscher des Emirats verschworen hätten. Der zweite Verlierer ist die Türkei. Erdogan hatte die Muslimbrüder offen unterstützt – politisch, aber auch finanziell. Jetzt hat er nicht nur ein Problem wegen des Gezi-Parks, sondern muss damit rechnen, dass sein regionaler Einfluss schwindet. Ob die Rechnung Saudi-Arabiens, das Rad in Ägypten zurückzudrehen, aufgehen wird, bleibt offen. Die politische Landschaft jedenfalls wird sich neu formieren. Die ausgebooteten Muslimbrüder müssen sich neu positionieren. Schon jetzt schlagen sie mehr nationalistische als islamistische Töne an. Ob sie in Zukunft innerhalb oder außerhalb des politischen Systems agieren, hängt nicht nur von ihnen selbst ab.
Quelle: taz
Anmerkung Orlando Pascheit: Zugegeben, die Analyse ist schwierig und der Versuch schon viel wert, aber sie wirkt nicht ganz schlüssig. Letztlich läuft die Argumentation darauf hinaus, dass die Gegnerschaft zu den Muslimbrüdern so weit geht, dass die Gegner der Muslimbrüder für Saudi-Arabien zu Freunden avancieren. Vielleicht hoffen die Saudis auf eine autokratische Militärherrschaft, aber die Opposition, welche die Absetzung Mursis erzwang, besteht nicht nur aus Elementen der alten Herrschaft, sondern repräsentiert auch den urdemokratischen Kern der ersten Proteste gegen Mubarak. Der natürliche Verbündete der wahhabitischen Saudis sind, wie im Artikel vermerkt, die radikalen Salafisten. Deren Schwerpunkt liegt seit jeher auf einer noch stärkeren Islamisierung Ägyptens. Diese dürfte allerdings das ägyptische Militär ablehnen. Gegensätzlicher können die Reaktionen der arabischen Welt nicht seit. Während der saudische König Abdullah der ägyptischen Armee gratuliert, dass sie “Ägypten aus einem dunklen Tunnel zurückgeholt hat”, konstatiert Anwar Gargash, Außenminister der Emirate: “Dass sich die Ägypter einer islamistischen Regierung verweigert haben, stellt einen Wendepunkt in der Region dar.” Mag sein, dass die Emirate und Saudi Arabien Bewegungen gegen ihr monarchisches Prinzip gemeinsam verhindern wollen, aber während Saudi-Arabien sich ein islamistisches Ägypten wünscht, fürchten die Emirate den Islamismus. So bleibt die Reaktion der arabischen Welt zwiespältig.
- Nordkorea: Pjöngjang hatte einfach Angst
Was war die Aufregung im Frühjahr groß. Diktator Kim Jong Un erklärte den Kriegszustand, kappte die Telefonleitung mit der Regierung in Seoul, schloss den gemeinsam betriebenen Industriepark Kaesong und drohte gar mit atomaren Schlägen auf US-Einrichtungen. Zumindest für einige Wochen erweckte der letzte noch verbliebene Stalinistenstaat den Eindruck, Ostasien stehe kurz vorm Atomkrieg. Drei Monate später ist das Kriegsgeschrei aus Pjöngjang verstummt. Die Telefonleitung zwischen Nord- und Südkorea ist wieder intakt. Das Regime bemüht sich um Gespräche mit den USA. Was ist los mit Pjöngjang? Nordkorea war es ernst. So geisteskrank Pjöngjangs Reaktion erscheinen mag – auf der anderen Seite der Grenze hielten die USA gemeinsam mit Südkorea das bislang größte Militärmanöver seit dem Ende des Koreakriegs vor 60 Jahren ab. Der junge Kim hatte schlicht Angst. Sobald Südkorea und die USA ihre Soldaten in die Kasernen zurückbeorderten, beruhigte sich der Diktator wieder. Obama hat mit seinem unnützen Manöver um ein Haar tatsächlich einen Militärschlag provoziert. Das wiederum zeigt, letztlich entscheiden die USA über Krieg und Frieden, denn Kim Jong Un ist nicht so unberechenbar, wie der Westen gerne glauben macht.
Quelle: taz
Anmerkung Orlando Pascheit: Es ist verdienstvoll von Felix Lee in dieser schnelllebigen Zeit noch einmal auf die unruhigen Wochen zurückzukommen, die uns im Frühjahr Nordkorea bescherte – wirklich Nordkorea? Diese Tage, die in den westlichen Medien mehr oder weniger als der ‘irre Kim Jong Un’ subsumiert wurden, haben laut Lee die USA mit ihren Manövern zumindest mitzuverantworten. Schon einmal interpretierte ein Land, die Sowjetunion, ein Manöver als Vorbereitung zu einem Angriff. Sowjetische Militärs und KGB interpretierten das NATO-Manöver, Able Archer 83, als verdeckten Aufmarsch zum nuklearen Erstschlag, den es sofort zu vergelten galt. “Dieses aggressive Schachspiel zweier nahezu blinder Akteure gilt heute als gefährlichste Phase des Kalten Krieges.“
Ein wenig zeigen sich hier auch die Grenzen von Überwachungsprogrammen wie die der NSA. Es spricht nichts dafür, dass die NSA aus ihren Datenmengen herausgefiltert hat, wie bedroht sich Nordkorea fühlte. In der Krise um ‘Able Archer’ war es ein lebendiger Mensch, ein echter Spion, KGB-Oberst Oleg Antonowitsch Gordijewskider, der die USA davon in Kenntnis setzte, dass die Sowjetunion das Manöver als realen Angriff wertete. Ronald Reagan, der an dem Manöver teilnehmen sollte, brach die Teilnahme sofort ab und begab sich medienwirksam zu einem Kurzurlaub auf seine Ranch. – Zu “Able Archer 83” siehe die Sendung in ZDF History am 27. Februar 2011: 1983 – Die Welt am Abgrund.
- Polizeistaatliche Methoden sind zum Alltag für Nicht-EU-Drittstaater geworden
unser Leser D.H. schreibt uns:
Als mein Pass dem Ende seiner Gültigkeitsdauer näher rückte, habe ich einen Termin bei der zuständigen Ausländerbehörde in einer mittelgroßen deutschen Stadt bekommen.
Der neue Pass kam an, und ich ging zum vereinbarten Termin.
Zunächst verlief alles wie beim letzten Mal, vor fünf Jahren. Foto (biometrisch, versteht sich), Fotokopie der relevanten Passseiten, 60 Euro – halt, letztes Mal waren es 10 Euro!
Ja, jetzt gibt es keinen Eintrag mehr in den Pass selbst – in dem einzigen legal gültigen Ausweisdokument, das ich besitze. Nein, jetzt wird eine Karte herausgegeben. Ein elektronischer Aufenthaltstitel, nennt sich diese Karte. Sie wird von der Bundesdruckerei hergestellt, wie die inländischen Personalausweise.
So weit, so interessant. Es wurde gleich interessanter. Ich wurde gebeten, den rechten Zeigefinger auf einem Gerät zu legen. „Wir benötigen die Fingerabdrücke.“ So, so. Wie bei einem Kriminellen werden mir auch die Fingerabdrücke abgenommen – fein säuberlich, keine Schmierereien hier, alles Hi-Tech (wozu denn eigentlich die Fotokopie des Passes, fragt man sich da). […]
Quelle: Leserbrief von D.H. [PDF – 93.7 KB]