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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 29. Mai 2013 um 9:00 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Uninformiertheit allenthalben
  2. Heiner Flassbeck – Den Euro nicht um jeden Preis erhalten
  3. Unternehmensgewinne laut BIP um 90 Milliarden Euro höher als in der Steuerstatistik
  4. Krise zwingt deutsche Exporteure zur Preissenkung
  5. Abenomics oder Beisenomics? Entscheiden Sie!
  6. Europa ist ein Sanierungsfall
  7. Jugendarbeitslosigkeit in Spanien: 19.000 Arbeitslose konkurrieren um elf Festanstellungen
  8. Studie „Europäisierung des Sozialstaatsabbaus – ein Vergleich von Agenda 2010 und Gallois-Bericht“
  9. Vollbeschäftigung in Freising: Was macht eigentlich eine Arbeitsagentur ohne Arbeitslose?
  10. Tarifeinigung: VW spendiert 100.000 Mitarbeitern Lohn-Bonus
  11. Ärzteschaft gegen Bürgerversicherung – Geschenk für Gesundheitsminister Bahr
  12. Staatsminister Klaeden: Merkel-Vertrauter wird Cheflobbyist bei Daimler
  13. Wirkungsloses Steinbrück-Gesetz – Offiziell kennt Deutschland keine Steueroasen
  14. “Die Logik der Waffen” – Interview mit TV-Journalist Ulrich Tilgner
  15. Tina – Königin der Krise
  16. Die grosse Leere hinter Angela Merkel
  17. Über Chancen des Internets und Voraussetzungen für eine demokratischere Medienkultur

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Uninformiertheit allenthalben
    Wie fair ist die deutsche Berichterstattung über Südeuropa?
    Michalis Pantelouris im Gespräch mit Brigitte Baetz
    Es ist nicht allein die “Bild”-Zeitung, die bei iher Finanzkrisen-Berichterstattung regelmäßig das Klischee vom faulen Griechen oder betrügerischen Zyprer bedient. Es werde per se fehlerhaft berichtet, klagt Michalis Pantelouris, deutscher Journalist mit griechischen Wurzeln.
    Quelle: Deutschlandfunk
  2. Heiner Flassbeck – Den Euro nicht um jeden Preis erhalten
    Die Chancen der Währungsunion wurden nicht genutzt. Ihre Auflösung darf kein Tabu sein.
    Die gemeinsame europäische Währung ist existenziell bedroht. Von Anfang an wurden die Grundbedingungen für eine funktionierende Währungsunion missachtet. Es war unangemessen, die Wirtschaftspolitik vor allem auf das Ziel fiskalische Solidität auszurichten. Auch bei dem Versuch, der Spaltung der Europäischen Währungsunion (EWU) Herr zu werden, hat die falsche Fokussierung auf fiskalische Fragen (“Staatsschuldenkrise”) eine umfassende und zielgerichtete Therapie verhindert. Zudem haben die einseitige und ungerechtfertigte Schuldzuweisung an die Schuldnerländer und die von ihnen verlangte Austeritätspolitik eine Wirtschaftskrise in Gang gesetzt, deren negative Folgen für die Lebensverhältnisse der Menschen das friedliche Zusammenleben der Bürger in Europa für Jahrzehnte belasten werden.
    Quelle: ZEIT
  3. Unternehmensgewinne laut BIP um 90 Milliarden Euro höher als in der Steuerstatistik
    In das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) fließen pro Jahr rund 90 Milliarden Euro mehr Unternehmensgewinne ein, als tatsächlich versteuert werden, hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) ausgerechnet. „Sollte die BIP-Schätzung stimmen, zahlen die deutschen Unternehmen im Durchschnitt nur etwa 21 Prozent Steuern auf ihre Gewinne und damit deutlich weniger, als vom Gesetzgeber vorgesehen“, erläutert DIW-Steuerexperte Stefan Bach seine im DIW-Wochenbericht vorgestellte Studie. „Wodurch dieser Unterschied zwischen den Unternehmensgewinnen in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung und der Steuerstatistik genau entsteht, lässt sich leider nicht klären, weil zu wenig Daten der Unternehmensbilanzen statistisch erfasst werden“, so der DIW-Wissenschaftler. Auffällig sei jedoch das hohe Niveau an steuerlichen Verlusten und Verlustvorträgen. „Dies deutet auf Steuerbefreiungen, Steuervergünstigungen oder Gestaltungsmöglichkeiten hin, die systematisch zu deutlich reduzierten Besteuerungsgrundlagen führen. Mit Schätzfehlern allein lässt sich eine so große Summe jedenfalls nicht erklären.“
    Im Jahr 2008 – für spätere Jahre sind noch keine Daten verfügbar – machten die Unternehmensteuern rund ein Fünftel des gesamten deutschen Steueraufkommens aus. Etwa 111 Milliarden Euro spülte die Besteuerung von Unternehmensgewinnen in die deutsche Staatskasse. Das entsprach etwa 4,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Zählt man auch die Einnahmen aus der Dividendenbesteuerung hinzu, so lag das Unternehmensteueraufkommen bei 122 Milliarden Euro oder 4,9 Prozent des BIP. „Laut volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung, aus der unter anderem die Schätzung des Bruttoinlandsprodukts abgeleitet wird, hätte das Steueraufkommen aber noch deutlich höher sein müssen, denn die dort ausgewiesenen Unternehmensgewinne lagen 2008 um rund 90 Milliarden Euro über den in der Steuerstatistik ausgewiesenen Gewinnen deutscher Unternehmen“, so der DIW-Steuerexperte Bach.
    Quelle: DIW
  4. Krise zwingt deutsche Exporteure zur Preissenkung
    Die Nachfrage nach deutschen Exportprodukten sinkt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts lagen die Exportpreise im April um 0,4 Prozent niedriger als ein Jahr zuvor. Es war der erste Rückgang seit Dezember 2009, als die deutsche Wirtschaft in einer tiefen Rezession steckte.
    Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) erklärt die Entwicklung mit der weltweiten Konjunkturflaute und der Krise im der Euro-Zone. “Der Konkurrenzdruck ist gerade in Europa sehr groß. Da macht man auch den einen oder anderen Abstrich, um im Geschäft zu bleiben”, sagte DIHK-Außenhandelsexperte Ilja Nothnagel. “Das tut zwar weh, aber es ist besser, als überhaupt kein Geschäft zu machen.”
    Nach einer Umfrage des Markit-Instituts hat die deutsche Industrie ihre Preise im Mai noch weiter gesenkt – auch wegen der schwachen Nachfrage. Mit Frankreich steckt der wichtigste deutsche Exportkunde in der Rezession, ebenso viele andere Euro-Länder. Der DIHK erwartet deshalb in diesem Jahr nur noch ein Exportwachstum von 2,0 Prozent. 2012 fiel das Plus mit 3,7 Prozent noch fast doppelt so stark aus, 2011 lag es sogar bei 7,8 Prozent.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung JK: Auch wenn Merkel und Schäuble dies in ihrer autistischen neoliberalen Weltsicht nicht wahr haben wollen, Deutschland existiert nicht in einem Paralleluniversum. So war es nur eine Frage der Zeit bis die, eben durch die Merkelregierung Europa aufokroyierte aberwitzige Austeritätspolitik ihre Auswirkung auch auf die deutsche Exportindustrie zeigt. Ob Merkel endlich aufwacht wenn nun auch Deutschland in eine Rezession stürzt?

  5. Abenomics oder Beisenomics? Entscheiden Sie!
    Abenomics ist die Bezeichnung, die sich für den neuen wirtschaftspolitischen Kurs des japanischen Premierministeres Shinzō Abe in kürzester Zeit eingebürgert hat. Abe setzt auf eine expansive Geld- und Fiskalpolitik, um Japan aus der Deflation zu führen. Ob die japanische Wirtschaft dieser noch eine expansive Lohnpolitik zur Seite stellt, ist noch offen. Wenn nicht, wäre dies Wasser auf die Mühlen der Beisenomics. Denn dann wird die expansive Politik mangels Nachfrage voraussichtlich scheitern.
    Beisenomics steht für die Politik, die die EU-Kommission, der IWF, vor allem aber Deutschland nun schon seit einigen Jahren der Eurozone aufzwingen: Sie sucht das ökonomische Heil vor allem in staatlichen Ausgabenkürzungen, niedrigen Löhnen, verharmlosend “Strukturreformen” genannt, und dem Versuch, hierüber alle Länder wettbewerbsfähiger zu machen. Ein besonders hartnäckiger Befürworter dieser Austeritätspolitik ist der Chef der Wirtschaftsredaktion der Süddeutschen Zeitung, Marc Beise.
    Gerade gestern hat er dies noch einmal unter Beweis gestellt. In seiner regelmäßigen Video-Botschaft war diesmal Abenomics das Thema. Und der Titel nahm das Ergebnis der Sendung bereits genauso sicher vorweg, wie es der Name des Chefredakteurs schon vermuten ließ: “Leichtes Geld – falscher Weg”.
    Quelle: Wirtschaft und Gesellschaft
  6. Europa ist ein Sanierungsfall
    Eine Menge Unmut muss EU-Kommissar Günther Oettinger in sich tragen. In einer Rede vor der Deutsch-Belgisch-Luxemburgischen Handelskammer bezeichnete er die EU als Sanierungsfall, der “Gutmenschentum zelebriert” und sich als “Erziehungsanstalt aufführt”. Dabei bekamen nicht nur einzelne Länder ihr Fett weg, auch mit Kritik an der Agenda seiner eigenen Partei sparte der CDU-Mann nicht.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung unseres Lesers H.H.: Oettinger wundert sich über EU-kritische Bewegungen. Ist es verwunderlich, wenn Länder, wie z.B. Italien als “kaum regierbar” bezeichnet werden? Welches Demokratieverständnis hat dieser Mann eigentlich? Dass Frankreich in schöner Regelmäßigkeit von den neoliberalen Dogmatikern abgewatscht wird, verwundert da schon nicht mehr. Und natürlich muss auch Deutschland wieder auf mehr Wettbewerbsfähigkeit getrimmt werden. Klar, dass da Mindestlöhne nur stören!

  7. Jugendarbeitslosigkeit in Spanien: 19.000 Arbeitslose konkurrieren um elf Festanstellungen
    Viele junge Spanier sind arbeitslos: Gerade sie stecken im Dickicht aus unzähligen Arbeitsvertragsformen und überbordender Bürokratie fest. Hier könnte die Regierung viel tun – ohne Geld von der EU zu brauchen.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: ..für Stellen als Museumswärter mit einem Festgehalt von 13.000 Euro pro Jahr, das gerade zum Überleben für eine Person genügt. Es fehlen also viele Millionen halbwegs vernünftig bezahlte Stellen; selbst wenn die Behauptung der FAZ (“überbordende Bürokratie”) richtig wäre, dann würde das kein Jota an der mangelhaften Nachfrage und dem weiteren Schrumpfen der spanischen Volkswirtschaft ändern, in der (fast) keine Stellen geschaffen werden. Was ist das für eine Denkwelt, in der “Bürokratieabbau” gesamtwirtschaftliche Nachfrage produziert?

  8. Studie „Europäisierung des Sozialstaatsabbaus – ein Vergleich von Agenda 2010 und Gallois-Bericht“
    Der vorliegende Text ist ein Kommentar zu dem Bericht, den der französische Generalkommissar für Investitionen, Louis Gallois, am 5. November 2012 seinem Premierminister vorgelegt hat1. Das Ziel der vorliegenden Ausarbeitung ist es zum einen, den Gallois-Bericht in einen gesellschafts- und EU-politischen Kontext zu stellen, und zum anderen sollen einige Anregungen für die Arbeit an linken und sozialistisch akzentuierten Alternativen gegeben werden.
    Quelle 1: RLS [PDF – 193 KB]
    Quelle 2: Kurfassung [PDF – 139 KB]
  9. Vollbeschäftigung in Freising: Was macht eigentlich eine Arbeitsagentur ohne Arbeitslose?
    Der Bezirk Freising hat mit 2,4 Prozent die niedrigste Arbeitslosenquote in Deutschland. Was macht eigentlich eine Arbeitsagentur, wenn die Arbeitslosen ausgehen? Ein Gespräch mit Michael Schmidt, Mitglied der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Freising. […]
    Gelten die tollen Berufsaussichten nur für Akademiker und Fachkräfte, oder profitieren auch Geringqualifizierte?
    Es profitieren ganz eindeutig auch die Geringqualifizierten. Es gilt aber, je besser die Qualifikation, desto besser auch die Aussichten. Denn insgesamt wird der Helferarbeitsmarkt für Geringqualifizierte immer kleiner, auch wenn gerade der Flughafen noch Möglichkeiten bietet.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Vollbeschäftigung nach Definition der FAZ sieht also nach Auskunft des Chefs der örtlichen Arbeitsagentur so aus, daß Arbeitnehmer weiterhin Angst vor Arbeitslosigkeit haben müssen, weil Arbeitslosigkeit “schnell existentiell” ist, und daß Arbeitgeber gelegentlich Bewerber einladen, die sie früher vielleicht nicht beachtet hätten. M. a. W., die Arbeitgeber können weiterhin bequem aussuchen trotz angeblicher Vollbeschäftigung.
    Im Übrigen wird in dem Artikel nicht erwähnt, daß der “Jobmotor Flughafen München” Jobmotor lediglich im Bereich Leiharbeit, Niedrig- und Niedrigstlöhne ist (teilweise unter 7-8 Euro pro Stunde bei Münchner Mietniveau). Die Stadt Freising wehrt sich deshalb auch gegen den Ausbau des Flughafens, weil der die Gewinne aus der Arbeitnehmerausbeutung dem Flughafen zufließen, die hohen Folgekosten (Ausbau der Infrastruktur, Wohngeld, Hartz-IV-Aufstockung) aber auf die Stadt abgewälzt werden.

  10. Tarifeinigung: VW spendiert 100.000 Mitarbeitern Lohn-Bonus
    Das Volkswagen-Management und die Gewerkschaft IG-Metall haben sich auf einen Tarifvertrag geeinigt. Die rund 100.000 VW-Mitarbeiter erhalten in zwei Stufen 5,6 Prozent mehr Gehalt – plus Rentenbonus. Der Abschluss liegt leicht über dem branchenüblichen Niveau.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Die VW-Mitarbeiter erhalten also die branchenübliche, viel zu niedrige Gehaltserhöhung, die vielleicht knapp die Inflationsrate plus den Produktivitätszuwachs abdeckt. Und obendrauf eine Einmalzahlung von 275 Euro extra bzw. 300 Euro im Jahr! Ganze 25 Euro im Monat! Daraus kann man als SPIEGEL Online gleich eine Jubelmeldung stricken über die überbordenden Löhne. Besonders schön die Formulierung, daß VW den Lohn-Bonus “spendiert” (und er nicht von der Gewerkschaft in Verhandlungen erreicht wurde) – wir sind also offiziell wieder in der Feudalherrschaft angekommen.

  11. Ärzteschaft gegen Bürgerversicherung – Geschenk für Gesundheitsminister Bahr
    So viel Einigkeit zwischen Politik und Ärzteschaft war selten: Das Horrorgemälde der Bürgerversicherung schweißt Ärzte und schwarz-gelbe Koalition zusammen. Das kann man den Medizinern nicht einmal übel nehmen. Doch hilft es nichts: Es wird in Deutschland über kurz oder lang nur noch ein Versicherungssystem geben.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung
  12. Staatsminister Klaeden: Merkel-Vertrauter wird Cheflobbyist bei Daimler
    Eckart von Klaeden gehört zum engen Führungszirkel von Angela Merkel. Doch jetzt kündigt der CDU-Mann seinen Wechsel in die Wirtschaft an: Der Staatsminister im Kanzleramt wird zum Jahresende Cheflobbyist bei Daimler.
    Seinen Job als Staatsminister im Kanzleramt verrichtet Eckart von Klaeden so, wie es seine Chefin Angela Merkel gewöhnlich schätzt – fleißig, diskret und erfolgreich. Ebenso leise bereitete Klaeden nun einen Wechsel vor, der für Aufmerksamkeit sorgen dürfte: Zum Jahresende wird Merkels Staatsminister Cheflobbyist des Daimler-Konzerns. Als Leiter des Bereichs “Gobal External Affairs und Public Policy” ist Klaeden dann so etwas wie der Außenminister der Daimler-AG.
    Quelle: SPIEGEL Online
  13. Wirkungsloses Steinbrück-Gesetz – Offiziell kennt Deutschland keine Steueroasen
    Durch prominente Steuersünder sind Steueroasen wieder im Visier der Politik, dabei gibt es sie eigentlich gar nicht. Zumindest nach Definition der Bundesregierung. Grund ist ein Gesetz, das einst Steinbrück ersonnen hat.
    Quelle: Handelsblatt
  14. “Die Logik der Waffen” – Interview mit TV-Journalist Ulrich Tilgner
    Der TV-Journalist Ulrich Tilgner berichtet seit mehr als 30 Jahren aus den Ländern Jordanien, Iran, Irak und Afghanistan. Der Experte, der zunächst viele Jahre als Korrespondent für das ZDF arbeitete, publiziert heute unter anderem für das Schweizer Fernsehen (SRF). Ende 2012 erschien im Orell Füssli Verlag sein neues Buch „Die Logik der Waffen“. Tilgner analysiert dort die Auswirkungen westlicher Politik in den Krisenherden im Nahen und Mittleren Osten. Seine Bilanz fällt düster aus.
    Quelle: Spreezeitung

    Anmerkung unseres Lesers G.K.: Im Jahre 2008 verließ der frühere ZDF-Auslandskorrespondet Urlrich Tilgner diesen Sender, weil er sich weigerte, eine von ihm geforderte Afghanistan-Berichterstattung im Sinne der Bundesregierung zu betreiben. Das Tilgner-Interview macht einmal mehr die doppelzüngige Politik zahlreicher westlicher Staaten gegenüber der islamischen Welt und den dort lebenden Menschen deutlich. Während v.a die USA versuchen, das iranische Mullah-Regime durch mit dem internationalen Recht nicht zu vereinbarende “Maßnahmen” (um es vorsichtig auszudrücken) zu stürzen, unterhalten die USA ebenso wie z.B. Deutschland (siehe etwa die hiesigen Waffenlieferungen) beste Beziehungen zu dem im Vergleich zum Iran repressiveren Salfafisten-Regime in Saudi-Arabien. Auch die von den westlichen Eliten betriebene Tarnung ökonomischer und “geostrategischer” Ziele mit unglaubwürdigen Etiketten (“Demokratisierung”, “Stabilisierung” etc.) ist häufig Kennzeichen der westlichen Politik. Diese doppelzüngige Politik zahlreicher westlicher Staaten dürfte den Bevölkerungen der islamischen Welt nicht verborgen geblieben sein und ist wohl eines der effektivsten “Nachwuchsförderungsprogramme” des islamistischen Terrorismus.

    passend dazu: Mit dem G36 gegen das G3
    Die Bundesregierung vermeldet einen neuen Rekord bei den Ausfuhr-Genehmigungen für sogenannte Kleinwaffen. Wie es in der Antwort auf eine Anfrage im Deutschen Bundestag heißt, hat Berlin letztes Jahr “Kleinwaffen”-Exporten im Wert von über 76 Millionen Euro zugestimmt – doppelt so viel wie im Vorjahr. Als “Kleinwaffen” werden nicht nur Pistolen, sondern etwa auch Maschinenpistolen und Sturmgewehre bezeichnet. Experten nennen sie, da sie besonders viele Todesopfer fordern, auch “Massenvernichtungswaffen des 21. Jahrhunderts”: Von 100 Opfern bewaffneter Konflikte kommen demnach rund 95 durch Kleinwaffen zu Tode. Ganz wie bei den Rüstungsexporten allgemein liefert Deutschland auch in ihrem Fall einen relevanten Teil an die Diktaturen auf der Arabischen Halbinsel: Beinahe zehn Prozent aller 2012 genehmigten Kleinwaffen-Ausfuhren gehen nach Saudi-Arabien. Das dortige Regime verfügt sogar über die Lizenz, deutsche Sturmgewehre des Typs G36 in Eigenregie zu bauen. Fachleute stellen die Behauptung, der deutsche Produzent Heckler und Koch könne unerwünschte G36-Weiterverkäufe des saudischen Lizenznehmers verhindern, in Frage. Wozu die Lizenzvergabe führen kann, zeigt das Beispiel des Iran, der einst ebenfalls die Erlaubnis zur eigenständigen Herstellung eines deutschen Sturmgewehrs erhielt – und es bis heute nutzen kann.
    Quelle: German Foreign Policy

  15. Tina – Königin der Krise
    Schon längst hat die Krise die Bundeskanzlerin dazu gebracht, das Zepter an Tina abzugeben. Dabei vergisst sie, dass Tina in Zeiten der Not keine gute Ratgeberin ist, wie uns ein Aktienhändler aus Singapur berichten kann oder uns dies ein japanischer Zugführer bescheinigen würde – wenn Letzterer noch am Leben wäre. Dass die Tina-Rhetorik auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos zwar noch Beifall erntet, den Fußsoldaten jedoch misstrauisch stimmen sollte, davon handelt der folgende Artikel.
    Quelle: Le Bohemien
  16. Die grosse Leere hinter Angela Merkel
    Sollte Bundeskanzlerin Angela Merkel aus irgendeinem Grund ihr Amt nicht mehr ausüben können, stünde in der CDU gegenwärtig weit und breit kein geeigneter Nachfolger bereit. Die Partei hat keine Personalreserve.
    Quelle: NZZ
  17. Über Chancen des Internets und Voraussetzungen für eine demokratischere Medienkultur
    Alle sind ganz heiß (ein bisschen BILD-Sprache ist jetzt ja wohl erlaubt in diesem Zusammenhang): BILDplus kommt! “Die größte deutsche Medienmarke” führt ”ein Bezahlmodell für journalistische Inhalte im Netz ein”, schreibt Deutschlands größte und mächtigste Boulevard-Zeitung über ihr neuestes Projekt. Nun kann man über “die journalistischen Inhalte” der BILD sicherlich trefflich streiten. Viele hielten BILDminus da wahrscheinlich für treffender. Aber darum soll es hier nicht gehen. […]
    Dass Leistung auch im Internet bezahlt werden sollte, ist das eine. Wie aber könnte dies darüber hinaus progressiv auf die Medien als “vierte Gewalt” wirken? Liegt darin auch eine Chance, die Monotonie in der Meinungsbildung durch die so genannten deutschen Leitmedien und die damit eng verbundene, hörige Verflechtung von Politik und Medien zu durchbrechen? Dafür müssten bestimmte Voraussetzungen gegeben sein, um die sich die Politik – noch nicht – kümmert. Dabei läge darin auch ein großes Potenzial, die Menschen auch wieder für die Politik zurückzugewinnen. Wie notwendig dies ist, hat nicht zuletzt die Kommunalwahl am vergangenen Sonntag in Schleswig-Holstein gezeigt.
    Quelle: Wirtschaft und Gesellschaft


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