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Titel: Die Wachstumsschwäche hat eher etwas mit der steuerlichen Abschöpfung von Massenkaufkraft als mit den Unternehmenssteuern zu tun
Datum: 20. März 2005 um 16:30 Uhr
Rubrik: Steuern und Abgaben, Ungleichheit, Armut, Reichtum, Wirtschaftspolitik und Konjunktur
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
Die 30 Dax-Unternehmen verbuchten im Jahr 2004 einen Gewinn von insgesamt 60 Mrd. €. Nach Rechnung des Statistischen Bundesamtes wuchsen die Einkünfte aus Unternehmertätigkeit und Vermögen in 2004 so stark wie noch nie nach der Wiedervereinigung. Auch für das Jahr 2005 erwartet die Bundesregierung ein weiteres starkes Wachstum der Gewinne.
Dennoch fordern der Sachverständigenrat, die Union, selbstverständlich auch Superminister Clement und nun auch der Kanzler einmütig eine Senkung der Steuerlast der Unternehmen. Nur unter dieser Bedingung könne in Deutschland wieder investiert werden, nur so blieben den Unternehmen ausreichende Gewinne.
Die deutschen Kapitalgesellschaften haben in den zehn Jahren von 1991 bis 2000 im Jahresdurchschnitt umgerechnet 16,22 Mrd. € an Körperschaftsteuer gezahlt, in den Jahren 2001 bis 2003, bedingt durch eine große Reform dieser Steuer, nur noch 3,57 Mrd. €; ihre Steuerlast ist also um rd. 80 Prozent gemindert worden. Die veranlagte Einkommensteuer sank im Zeitraum 1991 bis 2003 von 21,23 Mrd. € auf 4,57 Mrd. €, also ebenfalls um fast 80 Prozent.
Der steuerpolitische Boden für ein starkes Wachstum des Bruttoinlandsproduktes war also bereitet, jedenfalls nach der Logik derer, die so vehement für eine Senkung der Unternehmenssteuern plädieren.
Das Inlandsprodukt wuchs aber in den vier Jahren 2001 bis 2004 im Jahresdurchschnitt nur um 0,62 Prozent.
Eine Kausalität zwischen der Steuerentlastung für Unternehmen und Vermögen und dem Wachstum in Deutschland ist also statistisch nicht nachweisbar. Denn die Unternehmen investieren ihre hinzugewonnene Liquidität nicht in Deutschland, sondern in dem neu eröffneten osteuropäischen Wirtschaftsraum oder in China. Oder sie kaufen Beteiligungen an anderen Unternehmen, die nichts zum Wachstum in Deutschland beitragen. Oder sie zahlen Schulden zurück, oder sie schütten ihre eingesparten Steuern an die Aktionäre aus.
Dagegen ist die Lohnsteuer von 109,50 Mrd. € im Jahr 1991 um 21,5 Prozent gestiegen auf 133,09 Mrd. € im Jahr 2003, die Mehrwertsteuer hat sich in diesem Zeitraum von 50,51 Mrd. € auf 103,16 Mrd. € mehr als verdoppelt. Die deutsche Wachstumsschwäche ist sicherlich auch ein Problem der kontinuierlich steigenden Abschöpfung von Massenkaufkraft durch Steuern und Abgaben.
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