Startseite - Zurück - Drucken
NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 16. April 2013 um 9:06 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/WL)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Anmerkung WL: Da wird also jemand Vorsitzender des Bankster-Vereins, dessen Bank in den USA in Verdacht steht Milliardenverluste verschleiert zu haben, die sich kürzlich in Deutschland einer Großrazzia wegen beim Emissionshandel unterschlagener Umsatzsteuer ausgesetzt sah und im Verdacht von Geldwäsche steht und Fitschen selbst griff zum Telefon um sich beim hessischen Ministerpräsidenten über die Razzia zu beschweren.
Ein Vorsitzender einer Bank, die offenbar im Zusammenhang mit dem Libor-Skandal Kasse gemacht hat. Der Co-Chef einer Bank die einem wegen mutmaßlicher Zinsmanipulationen entlassenen Händler noch einen Bonus von 80 Millionen bezahlte und die trotz Massenentlassungen und öffentlicher Bescheidenheits-Bekundungen haben die 35 größten Banken der Welt im Jahr 2012 so viel Geld wie noch nie an ihre Mitarbeiter ausgeschüttet: 275 Milliarden Euro.
Man könnte das Sündenregister, genauer das Skandalregister der Deutschen Bank beliebig fortsetzen. Und deren Chef soll nun gerade das Image der Banker wieder aufpolieren.
Klar, dass Fitschen, dessen Bank das große Geld mit dem Investmentbanking machte schon bei seinem Amtsantritt gegen die Trennung des risikoreichen Investmentbankings vom klassischen Kundengeschäft eintrat. Und als erste Amtshandlung warnte er natürlich vor „überzogener Regulierung der Kreditwirtschaft“. Prompt stimmte auch die Kanzlerin, die diesem Verein selbstverständlich ihre Aufwartung gemacht hat, in diese Melodie ein: Bei allen Regulierungsnotwendigkeiten müsse man eine Überforderung der Banken vermeiden, meinte Merkel.
Anmerkung WL: Jetzt wird immer deutlicher welchen politischen Stellenwert der Vermögensbericht der EZB hat. Siehe dazu: „Arme Deutsche? Wie eine Statistik zur Meinungsmache verbogen wird“ und „Die vermögenden Armen oder warum sich Immanuel Kant im Grabe umdreht“.
Siehe auch des Inhaltsverzeichnis des neuen Heftes der WSI Mitteilungen.
Anmerkung unseres Lesers H.G.: Dass die Tafeln in der Gesellschaft so positiv gesehen werden, ist höchstens eines der Glanzstücke gelungener PR-Arbeit, das wäre das einzig Anerkennungswürdige. Besonders zynisch ist bei den Tafeln nämlich die Tatsache, dass dieses Konzept eine Strategiearbeit aus der Feder von McKinsey ist und Mckinsey hat übrigens auch im Auftrag von SPD- Schröder an der AGENDA 2010 in der Hartz- Kommission mitgearbeitet. Und Hartz hat die Armut erst richtig herbeigeführt, die jetzt bei den Tafeln betteln müssen. Wie “edel” ist es doch, dass McKinsey sich auch noch um die verarmendenen Opfer seiner Strategiearbeit mit einem passendem Konzept engagiert hat und alle machen mit und finden es ganz prima….Wer es nicht fassen kann, oder nicht glauben kann, einfach mal googeln: Siehe etwa taz oder Schweizer Tafeln [PDF – 1.6 MB] oder kirchen site.
Siehe dazu auch:
Anmerkung JK: Absolut treffende Kritik am neoliberalen Tafelkonzept der privaten Armutsverwaltung, das in keiner Weise nach den gesellschaftlichen und ökonomischen Gründen der Armut fragt, sondern hilft, das durch die Agenda 2010 etablierte System von Hartz IV und prekärer Beschäftigung weiter zu verfestigen. Und das Sozialleistungen als willkürliche Almosen statt als gesicherter Rechtsanspruch verkauft. Und nicht von ungefähr steht die berüchtigte Berater- und Rationalisierungsfirma McKinsey dem Bundesverband der Tafeln seit vielen Jahren helfend zur Seite.
Anmerkung WL: Interessant ist ferner, dass die mittlere „Haltedauer von Wohnungsportfolios“ in den letzten zehn Jahren zwischen 27 und 58 Monaten (!) lag. Finanzinvestoren verfolgten nur eine zeitlich begrenzte Haltedauer.
Es sei darauf hinzuweisen, dass es ab einer gewissen Größenordnung bei Verkäufen von 100 Prozent der Anteile an einem Wohnungsunternehmen marktübliche Praxis (und rechtlich zulässig) ist, sogenannte RETT-Blocker Strukturen … einzusetzen, bei denen häufig zwei (ggf. zu einem Konzern gehörige Gesellschaften) 94,9 Prozent bzw. 5,1 Prozent der Anteile erwerben, um somit den Anfall von Grunderwerbsteuer zu vermeiden.
Bemerkenswert ist, dass es nach dem europäischen Beihilferecht untersagt ist, dass die öffentlichen Verkäufer außerhalb eines offenen Bieterverfahrens mit regionalen Wohnungsunternehmen oder Genossenschaften in gesonderte Verkaufsverhandlungen zu treten.
Die Antwort der Bundesregierung macht deutlich, dass die Privatisierung von öffentlichen Wohnungsbeständen dazu führt, dass diese Wohnungen zum reinen Renditeobjekt von Finanzinvestoren werden, die im Regelfall gehandelt werden etwa wie Aktien.
Anmerkung WL: Mit diesem „mehrfach gebogene Kompromiss“ (FAZ) ist einem weiteren Wahlkampfthema der SPD die Spitze genommen.
Hier noch der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts.
Und sogar Heribert Prantl reiht sich in die Riege der Verharmloser ein:
Anmerkung J.K: Kein Wort über die äußerst zweifelhafte Gründungsriege der AfD verloren. Kein Wort über die teils sozialdarwinistischen Ansichten ihrer wesentlichen Protagonisten. Offenbar macht sich kein Journalist mehr die Mühe, im Gegensatz zu Jens Berger, einmal etwas genauer hin zuschauen. Sollte die Springer-Presse auf den Zug aufspringen könnte es lustig werden.
Siehe: „Von der deutschen Tea Party zur Henkel-Partei (I) – Rechtspopulist Hans Olaf Henkel spielt mit den Ängsten der Bevölkerung“ oder „Von der deutschen Tea Party zur Henkel-Partei (II) – Der rechte Ritt auf der Welle der Empörung“ oder „Wahlalternative 2013 – aus den Freien Wählern sollen freie (Markt-)Radikale werden“ oder „Können Marktradikale und Nationalchauvinisten eine „Alternative für Deutschland“ sein?“.
Siehe dazu:
Axel Troost: Euro-Kritiker proklamieren eine bürgerliche Alternative
Genauso wie die Euro-Einführung, bei der dramatische politische Fehler gemacht wurden, so ist auch der Ausstieg aus einer Währung eben keine Lehrbuchoperation, sondern ein tiefer Eingriff in die gesellschaftliche Dynamik. Wenn man aus der falschen Konstruktion der Währungsunion eines lernen kann, dann dies: Eine Währung ist eine viel zu wichtige Sache, als dass man sie mal kurzerhand im kurzlebigen Medienspektakel einer Bundestagswahl wechselt.
Denn die eigentlichen Ursachen der Finanz- und Eurokrise wie soziale Unterschiede, politisch verantwortungslose Finanzmarkt- und Bankenderegulierung sowie unzureichende Rahmenbedingungen für gesellschaftliche Wertschöpfungsprozesse werden von der Protestpartei kaum oder überhaupt nicht angesprochen.
Viele BürgerInnen dürften der Kritik der europäischen Politik einiges abgewinnen können; aber nur gegen das Europa und den Euro von heute zu sein, ist noch lange kein Konzept für ein besseres Europa von morgen. Die Existenz der AfD erklärt sich wohl am Besten aus dem verbreiteten Unbehagen innerhalb der wirtschaftlichen und politischen Eliten mit dem europäischen Einigungsprozess.
Quelle: Axel Troost [PDF – 16 KB]
Anmerkung Orlando Pascheit: Wer vermag schon von Europa aus zu beurteilen, was an diesen Wahlen irregulär gewesen sein könnte. Echter Wahlbetrug sieht eigentlich anders aus. Da hätte man schon dafür gesorgt, dass der Wahlausgang deutlicher ausgefallen wäre. Allerdings wirft der äußerst knappe Sieg Maduros durchaus einige Fragen auf. Wie der Tagesspiegel einräumt, ist die Armutsquote in Venezuela während der 14-jährigen Regierungszeit Chávez von 50 auf 29 Prozent gedrückt werden. Warum aber der unglaubliche Anstieg der Gewaltkriminalität? Das Argument von Hugo Chávez, auf diese Frage angesprochen, dass halt immer noch eine große Armut im Lande herrsche, überzeugt angesichts der gesunkenen Armutsquote nicht. Einer venezolanischen Quelle ist zu entnehmen, dass die Mordrate in Venezuela seit 1999 von 19 Morden pro 100.000 Einwohner zu über 60 Morden pro 100.000 Einwohner in 2009 gestiegen ist [PDF – 4.4 MB].
Jürgen Vogt schreibt in der taz, dass die höchste Mordquote in Lateinamerika nicht mit Armut zu erklären sei, sondern mit der Straflosigkeit. Er zitiert den Leiter des Observatorio Venezolano de Violencia , der darauf hinweist, dass in 84 Prozent der Fälle das Mordopfer arm sei und “2010 wurde bei 91 von 100 Mordfällen niemand verhaftet.” Es hätte sich eine Mafia aus Polizei, Anwälten und Richtern gebildet, die weniger an der Verfolgung der Täter als am Geschäft mit ihnen interessiert sei.
Da unter dieser Gewaltkriminalität vor allem die sozial am stärksten benachteiligten Schichten zu leiden haben, dürfte es naheliegend sein, dass selbst die Stammwählerschaft von Chàvez die Herrschaft der Straflosigkeit und Korruption leid ist und dies, nachdem der Commandante tot ist, auch zeigt. Natürlich bleibt da die ursprüngliche Botschaft von Chávez, den Reichtum des Landes der ganzen Bevölkerung zu kommen zu lassen. Eine Botschaft, die sich gleich nach Regierungsantritt in der Einführung von kostenloser medizinischer Grundversorgung, der Rente ab 65, eines verbesserten Kündigungsschutz, der Begrenzung der Wochenarbeitszeit auf 42 Stunden usw. niederschlug. Wie nachhaltig diese Umverteilung des Reichtums des Landes wirkte, zeigt darin, dass Henrique Capriles sowohl im Wahlkampf 2012 wie auch 2013 ausdrücklich betonte, dass er die sozialen Projekte als dauerhalten Bestandteil Venezuelas verstehe. – Nur darf man nie vergessen, dass die Finanzierung der Sozialprogramme durch das Erdöl gesichert wurde. Erdöl bzw. sein Preis bestimmt bis heute das Schicksal Venezuelas. Auch der Sozialdemokrat Carlos Andrés Pérez versuchte in seiner ersten Amtszeit von (1974–1979) mit dem gestiegenen Erdölpreis mit sozialen Projekten das Land zu stabilisieren. Mit dem Verfall des Ölpreises brachen diese Einkünfte weg und derselbe Pérez ließ auf dem Höhepunkt der Krise 1989 den landesweiten Aufruhr und die Hungerrevolten vor allem in den Armenvierteln von Caracas zusammenschießen. In die darauffolgende Phase des Scheiterns der etablierten Parteien und der zunehmenden Machtverschiebung hin zum Militär machte Chávez mit seinem Putsch auf sich aufmerksam. An die Regierung kam er zum Tiefpunkt des Ölpreises (bei ca. 20 Dollar pro Barrel). Hätte sich Chávez bei diesem Erdölpreis halten können? Chávez hatte mit seiner politischen Botschaft das Glück, dass er seine Sozialprogrammen über den Anstieg des Erdölpreises bis auf mehr als 100 Dollar pro Barrel heute finanzieren konnte. Das Unglück bestand und besteht darin, dass Chávez von Ökonomie wenig verstand bzw. auch in seiner Umgebung kaum ökonomische Kompetenz zu finden war. So verständlich es ist, dass Chávez nach seinem Regierungsantritt die Erwartungen der Bevölkerung, nämlich die konkrete Verbesserung der desolaten Lebenssituation der Leute verwirklichen wollte, so kurzsichtig war es, es bei schlichten Umverteilung der Erdölprofite zu belassen: Fast ein Viertel der 23 Millionen Venezolaner erhält staatliche Unterstützung oder ist beim Staat angestellt. Die importierten Nahrungsmittel werden weit unter dem Einkaufspreis verkauft. Ein Liter Benzin kostet 0,02 Euro. Aber in die langfristige Entwicklung des Entwicklungslandes wurde kaum investiert. Die Infrastruktur ist marode, selbst die Fördertechnologie ist so marode, dass die Ölproduktion von 2,8 Millionen Barrel pro Tag (1999) auf 2,3 Millionen Barrel schrumpfte. Benzin muss eingeführt werden, da Wartung und Reinvestition in die Raffinerien vernachlässigt wurden. Die ganze Warenproduktion ist zurückgegangen. Kurzum, trotz seines Ölreichtums ist Venezuela in der Entwicklung zu einer modernen Industrienation weit unter seinen Möglichkeiten geblieben. Schauen wir auf die Exportstruktur Venezuelas, so hat es außer seiner endlichen Ressource Erdöl wenig zu bieten. Laut UN- Comtrade (2010) exportiert Venezuela zu 93,4 Prozent) Erdöl und Erdölprodukte und lediglich 2, 9 Prozent Fertigwaren (manufactured goods). Womit will Venezuela dereinst Maschinen und Fahrzeuge (38,4 Prozent), Chemikalien und verwandten Erzeugnisse (20,3 Prozent und Lebensmittel (13,7 Prozent) bezahlen? Auf den Nachfolger von Chávez kommen gewaltige Aufgaben zu: Die Sicherung seiner Position innerhalb seiner eigenen Partei; die Einbindung der 49 Prozent, die ihn nicht gewählt haben; die Eindämmung der Gewaltkriminalität und neben der Neuverhandlung von Krediten und der Bekämpfung der Inflation der Aufbau einer wettbewerbsfähigen Volkswirtschaft jenseits des Erdölsektors.
Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/
Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=16886