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Titel: So schlecht ging es unsere Wirtschaft mit den Konjunkturprogrammen in den 70er Jahren?
Datum: 6. September 2006 um 9:46 Uhr
Rubrik: Wichtige Wirtschaftsdaten, Wirtschaftspolitik und Konjunktur
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
Das Wirtschaftswachstum in Deutschland hat sich im Verlauf der letzten dreieinhalb Jahrzehnte immer weiter verlangsamt. So stieg nach Mitteilung des Statistischen Bundesamtes das Bruttoinlandsprodukt für das frühere Bundesgebiet in der Zeit von 1970 bis 1980 um durchschnittlich 2,9% pro Jahr und im Zeitraum 1980 bis 1991 um durchschnittlich 2,6% pro Jahr. Seit der Wiedervereinigung fiel das durchschnittliche Wachstum der deutschen Wirtschaft deutlich niedriger aus und lag im Schnitt der letzten zehn Jahre nur noch bei 1,3% pro Jahr. Dies sind Ergebnisse der Rückrechnung der deutschen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) für das frühere Bundesgebiet für die Jahre 1970 bis 1991, die am 5.9.06 vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht wurden.
„Es ist schon eigenartig: Kaum eine Betrachtung zur heutigen Wirtschafts- und Finanzpolitik kommt ohne einen Rückblick auf die siebziger Jahre aus. Immer wieder tauchen diese Siebziger wie der Leibhaftige auf, wenn es um ein Urteil über Konjunkturprogramme geht. Reihum setzen sich die Agitatoren des Neoliberalismus mit jener Konjunkturpolitik auseinander – Friedrich Merz und Gabor Steingart, Oswald Metzger und Hans-Werner Sinn. Und alle behaupten immer das Gleiche und in den gleichen Worten: Strohfeuer seien es gewesen.“ Das schrieb Albrecht Müller im Jahre 2004 in seinem Buch „Die Reformlüge“.
Jetzt möge jeder nochmals nachlesen was die Zahlen sagen, die das Statistische Bundesamt in seiner Rückrechnung der VGR für die letzten drei Dekaden gestern veröffentlicht hat.
Trotz der Ölpreisschocks 1973 und 1977/8 hatten wir in den 70er ein deutlich höheres Wachstumals in der Ära Kohl/Lambsdorff (1980-91) und ein trotz des Einigungsbooms Anfang der 90er mehr als doppelt so hohes Wachstum als in den letzten 10 Jahren, also in der Spätphase von Kohl und der Agenda-Ära Schröders.
Man mag das gerne weiter „Strohfeuer“ nennen, aber die Konjunkturprogramme mit Wachstumsraten von 5,3% im Jahre 1976, von 3,0% im Jahre 1970 oder von 4,2% im Jahre 1979 haben die Wirtschaft auf durchschnittlich immerhin 2,9% angekurbelt und die Arbeitslosenquote auf 3,8% gesenkt. Die „Strohfeuer“ heizten offenbar der Wirtschaft ein.
Von solchen Zahlen kann man heute nur träumen.
Aber weil nach der heute herrschenden Wirtschaftsdoktrin nicht sein darf, was einmal war, werden auch die Fakten des Statistischen Bundesamtes kaum etwas an der „Lebenslüge“ ändern, dass Konjunkturprogramme heutzutage ein Werk des Leibhaftigen oder bestenfalls die überholten Ideen von ewig Rückwärtsgewandten und Traditionalisten seien.
Herrschende Ideologien sind eben bekanntermaßen faktenresistent, jedenfalls solange sie von allen, ohne nachzudenken, nachgebetet werden.
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