Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JB/WL)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Zypern
- Deutscher Schuldenberg wächst deutlich
- Reallöhne im 4. Quartal 2012 zum Vorjahresquartal um 0,7 % gestiegen
- Energiegipfel im Kanzleramt: Strompreisbremse blockiert
- Keine Mehrheit im Bundesrat gegen das Leistungsschutzrecht
- Zweifelhafte Untersuchung attestiert Deutschen mangelndes wirtschaftliches Grundwissen
- Eine neue Atlasseite zur deutschen Tagespresse: Die Vielfalt schrumpft weiter
- Bertelsmann agitiert mit falschen Zahlen für Rente ab 69
- Banken trennen, Kasinos schließen
- Deutsche Bank räumt mehr Geld für Rechtsstreite ein
- Arm und Reich – Wie geteilt ist Deutschland?
- Enthemmte Gewalt gegen Wohnungslose
- „Geplanter Verschleiß ist ein Massenphänomen“
- Detlef Hensche : Das Tabu des politischen Streiks in Deutschland
- Palästina: Der Druck auf Israel wird größer
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Zypern
- Zypern mit Hilfe der EZB kurz vor dem Kommunismus
Bekanntlich geht der Druck auf eine Lösung zur Zeit von der EZB aus. Sie hat unter Hinweis auf ihre Regeln angekündigt, Zypern ab kommender Woche in den geldlosen Zustand zu versetzen. Damit würde offiziell, was jetzt schon zu bemerken ist: Die Transformation Zyperns in eine Volkswirtschaft ohne funktionierenden Zahlungsverkehr. Das wäre nun eine echte Innovation: Eine Zentralbank sieht ihre Aufgabe darin, das Geld als Zahlungsmittel de facto abzuschaffen.
Mark Schieritz ist im Herdentrieb zuzustimmen, wenn er sagt: Rentner sollen reiche Russen retten. Nur warum sollen eigentlich die Zyprioten den Euro retten? In der europäischen Politik der deutschen Variante gibt es die eigentümliche Vorstellung, dass der Euro eine Art Geschenk Deutschlands an die anderen Europäer sei.
Quelle: Wiesaussieht
- Cyprus: a lesson for life
[…] I was lucky enough to see the event unfolding with Germany’s Finance Minister Wolfgang Schauble sitting next to me and the Cyprus minister right opposite us at the same end of the hall. It reminded me of an unavoidable cross- Atlantic flight where you are not allowed to move from your seat though you are wined and dined several times during the endless voyage. […]
All this was “agreed” to by the Cypriot government representative who, with a pistol to the head, was naturally unusually co- operative. But it took nearly 10 long hours before the Cypriot minister’s body and soul became exhausted enough for him to assent to this accord. As soon as that happened Schauble demanded that all wire transfers to and from the Cypriot banks would cease forthwith.
The feeling one got on exiting the meeting in the early hours of the day was that never in one’s life would one like to dream the experience let alone live it. That is indeed salutary to any finance minister who needs to be reminded that any fiscal slippage in the country’s public finances is done at a great risk to the country’s economic welfare.
Prof Scicluna is Minister of Finance.
Quelle: Times of Malta
- Rückkehr der eisernen Kanzlerin
Zwischen Wut und Ohnmacht: Kanzlerin Merkel ist massiv verärgert über das Verhalten der zyprischen Regierung. Den Rettungsplan aus Nikosia lehnt die Bundesregierung ab. Aber wie geht es weiter? Selbst eine Pleite des Inselstaats wird in Berlin nicht ausgeschlossen.
Was Merkel besonders nervt: Seit Tagen haben sich die Verantwortlichen in Nikosia trotz der dramatischen Lage eingeigelt, mancher in der Union spricht gar von Autismus. “Was wir noch nicht hatten – dass es über Tage keinen Kontakt zur EU gibt und zur Troika”, so Merkel intern. Das ursprünglich ausgehandelte Hilfspaket hat das Parlament abgelehnt, seither bastelt die Regierung in Nikosia an einem neuen Konzept. Doch belastbare Informationen für jene, die das Land am Ende retten sollen, gibt es bislang kaum.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung J.K.: Die Propaganda wird jetzt langsam unerträglich. Was soll eigentlich der Terminus “eiserne Kanzlerin” implizieren? Natürlich ist das eine klare Anspielung auf Bismarck. Soll Deutschland jetzt Krieg gegen Zypern führen? Man darf gespannt sein wie es weitergeht? Offenbar will die Troika ein Exempel statuieren, damit auch ja keiner auf die Idee kommt gegen die neoliberale Austeritätspolitik auf zustehen.
- Deutscher Schuldenberg wächst deutlich
Der deutsche Schuldenberg ist kräftig gewachsen. Bund, Länder und Kommunen einschliesslich aller Extrahaushalte standen am 31. Dezember mit 2,0718 Billionen Euro in der Kreide. Damit erhöhte sich der Schuldenstand binnen eines Jahres um 2,1 Prozent oder 41,8 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Trotz des deutlichen Anstiegs ist das kein Rekord: Mitte des vergangenen Jahres lagen die Verbindlichkeiten sogar bei 2,082 Billionen Euro.
Ein Grund für diese Entwicklung sind die Bad Banks: Der Bund trägt als Eigentümer das Risiko für Verluste der verstaatlichten Immobilienbank HRE, deren toxische Wertpapiere und Kredite in die FMS Wertmanagement ausgelagert wurden. Für Verluste der WestLB steht Nordrhein-Westfalen gerade.
Quelle 1: NZZ
Quelle 2: Statistisches Bundesamt
Quelle: Google Public Data
- Reallöhne im 4. Quartal 2012 zum Vorjahresquartal um 0,7 % gestiegen
Die Reallöhne in Deutschland stiegen vom vierten Quartal 2011 bis zum vierten Quartal 2012 um durchschnittlich 0,7 %. Die Nominallöhne erhöhten sich in diesem Zeitraum um 2,8 %, die Verbraucherpreise legten um 2,0 % zu, teilt das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mit.
Für das Jahr 2012 ergibt sich im Vergleich zum Vorjahr ein Reallohnanstieg von 0,5 %. Das vorläufige Ergebnis für 2012 vom 7. Februar 2013 wurde somit um 0,1 Prozentpunkte nach unten korrigiert. Die Nominallöhne stiegen im Jahr 2012 um 2,5 %, die Verbraucherpreise um 2,0 %. Im Gegensatz zum Vorjahr hatten Sonderzahlungen und Arbeitszeiteffekte im Jahr 2012 keinen bedeutenden Einfluss auf die Verdienstentwicklung.
Im Jahr 2012 verdienten Voll- und Teilzeitbeschäftigte (ohne geringfügig Beschäftigte) in Deutschland pro Stunde 19,33 Euro brutto. Sonderzahlungen wurden in diesem Durchschnittswert nicht berücksichtigt. Auf Ebene der Bundesländer führt Hamburg (21,83 Euro) das Ranking vor Hessen (21,26 Euro) und Baden-Württemberg (20,93 Euro) an. Schlusslicht der Länder im früheren Bundesgebiet ist Schleswig-Holstein mit 17,99 Euro. Die geringsten Bruttostundenverdienste werden in Mecklenburg-Vorpommern (14,78 Euro), Thüringen (14,78 Euro) und Sachsen-Anhalt (14,80 Euro) gezahlt
Quelle: Statistisches Bundesamt
- Energiegipfel im Kanzleramt: Strompreisbremse blockiert
Große Worte, kleines Ergebnis: Beim Energiegipfel mit Kanzlerin Merkel sprechen sich alle Beteiligten dafür aus, den Strompreisanstieg zu bremsen – nur wie, darüber ist man sich weiter nicht einig. Konsens gibt es nur beim Bestandsschutz für Ökostrom-Anlagen und beim Trassen-Ausbau.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung unseres Lesers P.S.: Wenn man das Theater ueber die Energiewende seit knapp einem Jahr noch einmal Revue passieren laesst, und dann den gestrigen Tag (soweit ich davon weiss), muss man sich fragen, was für ein Stück da aufgeführt wurde, und ob das jetzt typisch fuer die deutsche Regierungspolitik unter Frau Merkel ist. Ein paar Scheinprotagonisten dürfen sich über Monate mit Vorschlaegen in Scene setzen, bis die Chefin sich die Sache einmal (mit den wirtschaftlichen Stakeholdern) und ein zweites Mal (mit den Ländern) anschaut, und dann alle wieder auf die Plätze verweist und verkündet, dass erst mal nichts passiert.
Wie es aussieht, ist Herr Altmaier, der aktivste Scheinriese der letzten Monate, dabei nur noch Zaungast. Er steht ganz schlecht da, was man in Fernsehbildern auch an seiner Koerpersprache sehen konnte, ist aber selbst schuld. Er ist waehrend der vorigen Monate von seinem eigenen Konzept vom Sommer 2012 abgewichen und hat sich wohl in der Hoffnung auf ein gemeinsames tragfaehiges Konzept von Herrn Roesler zu Vorschlägen hinreissen lassen, die zur Loesung des kurzfristigen Lastenverteilungsproblem nicht nötig sind und grossen Aufruhr stiften, da sie Grenzen beim Bestandschutz ueberschreiten. Unter Beschuss ist er dann publizistisch mit einem Schreckensszenario (1 Milliarde) in die Offensive gegangen, das sachlich nicht gut belegt war. Jetzt soll Herr Pofalla die Abstimmung mit Laendern (und auch zwischen Rösler und Altmaier?) uebernehmen. Rösler hat sich zumindest gestern nicht weiter beschädigen lassen.
Diese Personalien sind interessant, und die Art der Regierungsfuehrung von Frau Merkel ist mal wieder vor Augen geführt. Was ist aber in der Sache passiert?
Energiewirtschaftlich, wirtschafts- und sozialpolitisch finde ich das Ergebnis der beiden Treffen bei der Chefin ziemlich dünn. Die Industrie wird kleine Zugeständnisse machen und der Umfang der Befreiungen wird verringert. Die Umweltverbände haben Zugeständnisse bei den Planungsverfahren angeboten, unfd dire Länder wollen nicht ganz so eigensinnig sein.
- Keine Mehrheit im Bundesrat gegen das Leistungsschutzrecht
[…] Der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück verkündet jetzt offiziell, dass es keine Mehrheit für ein Vermittlungsverfahren geben wird. Er verspricht aber ein Leistungsschutzrecht 2.0, sollte er unerwarteterweise Kanzler werden. […]
Zu den Chancen eines Vermittlungsausschusses gibt es übrigens unterschiedliche Interpretationen als was die SPD als einzige Lesart jetzt verkünden will. Und auch Peer Steinbrück klang auf der Cebit noch ganz anders: “Ich denke, die SPD ist gut beraten, dieses Leistungsschutzgesetz im Bundesrat zu kippen.”. Das ist noch nicht lange her.
Nochmal zum Mitschreiben: Peer Steinbrück verkündet offiziell, dass SPD gegen Leistungsschutzrecht ist, aber im Bundesrat nicht dagegen stimmt. Dafür könne man ihn zum Kanzler wählen. Findet den Fehler! Tolle Arbeit, SPD!
Quelle: Netzpolitik
- Zweifelhafte Untersuchung attestiert Deutschen mangelndes wirtschaftliches Grundwissen
Erneut warnt eine Studie: Vielen Deutschen mangelt es an ökonomischem Grundwissen. Die Untersuchung des Berliner Wissenschaftlers Gerd Gigerenzer hat ergeben, dass 1000 Befragte von 25 Fragen des „Indikators minimalen Wirtschaftswissens“ weniger als 14 richtig beantworten konnten. Doch die Studie hat erhebliche Mängel.
Schon ein Blick auf den Fragebogen der Studie zeigt: Hier geht es nicht um das Verstehen ökonomischer Zusammenhänge. Hier werden vielmehr im Stil eines Quizspiels Fragen im Multiple-Choice-Verfahren gestellt. Die Auswahl der Fragen wird nicht begründet und es wird auch nicht erwähnt, wem das Wissen nutzen soll. Den Schülerinnen und Schüler der allgemeinbildenden Schule in ihrer Lebenswelt? Den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei der Bewältigung ihrer alltäglichen Aufgaben?
Das Handelsblatt jedenfalls betreibt mit den Ergebnissen sogleich eine bildungspolitische Skandalisierung. Es verrät zwar, wer die Untersuchung durchgeführt, nicht aber, wer sie finanziert hat. Die Lösung für das Dilemma wird jedoch gleich mitgeliefert: Mehr ökonomische Bildung muss her! „Entscheidend ist aus meiner Sicht, dass es in der Summe rund 200 Stunden Unterricht werden“, meint Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes (DL) in Handelsblatt Online. Hier wird nicht über den umfassenden Bildungsauftrag von allgemeinbildenden Schulen diskutiert und auch nicht über fächerübergreifendes Lernen. Es gibt nach Auffassung des Deutschen Lehrerverbandes offenbar nur eine Lösung: Mehr Stunden für Wirtschaft! Welche Fächer und welches Wissen dafür gekürzt werden sollen, wird nicht beantwortet.
Quelle: DGB, Gewerkschaften in der Schule
- Eine neue Atlasseite zur deutschen Tagespresse: Die Vielfalt schrumpft weiter
Die Zahl der deutschen Abonnementzeitungen und die verkauften Auflagen sind seit Jahren rückläufig. Viele Verlage versuchen mit redaktionellen Kooperationen, Kosten zu senken, um am Markt zu bestehen…
Die Abwärtsentwicklung der deutschen Tagespresse hält an: Von 1989 bis 2012 ist die Zahl der Abonnementzeitungen von 387 auf 322 gesunken. Viele von ihnen verfügen über keine eigene Vollredaktion, sondern übernehmen den überregionalen Teil von einer der insgesamt 120 Zeitungen mit einer sogenannten Mantelredaktion. Die Verkaufsauflage des Mantelteils weist ebenfalls großflächige Verluste von bis zu 50 Prozent aus…
Die größten Auflagenverluste sind in Ostdeutschland zu verzeichnen.
Quelle: Leipziger Internetzeitung
- Bertelsmann agitiert mit falschen Zahlen für Rente ab 69
Eine Pressemitteilung der Bertelsmann-Stiftung vom 11. März 2013 mit dem Titel: “Der Renteneintritt der Babyboomer setzt die Rentenversicherung schon bald unter Druck.” Darin fand sich die absurde Behauptung, 2060 sei damit zu rechnen, dass 63 % der deutschen Bevölkerung 65 Jahre alt oder älter sein werde. In Wirklichkeit sind aber auch nach der von Bertelsmann ausgewählten Prognose nur knapp 33 % „Ältere“ zu erwarten. Die Bertelsmann-“Experten” hatten Altenquotient und Bevölkerungsanteil verwechselt, und die Deutsche Presse-Agentur dpa hatte den Fehler gehorsam weiterverbreitet.
Nicht 30, sondern nur 20,6 Prozent sind 65 und älter.
Die Bertelsmänner haben ihren Fehler auf der Zahlenebene inzwischen korrigiert. Sie schreiben: “In einer früheren Version dieser Pressemitteilung ist uns ein Fehler unterlaufen. Unsere Formulierung ließ den Schluss zu, dass derzeit ein Drittel und im Jahr 2060 63 Prozent der Bevölkerung älter als 65 Jahre sind. Unsere Studie … weist auf Seite 16 ff jedoch aus, dass es sich hierbei um den Altenquotienten handelt, also das Verhältnis der über 65-Jährigen zum Erwerbspersonenpotenzial.” Doch auf der Kopfebene halten sie an ihrer alten Sichtweise fest: “An unserer Einschätzung zur Zukunft des Rentensystems in Deutschland ergeben sich dadurch keine Änderungen.”
Quelle: NGO Internet-Zeitung
- Banken trennen, Kasinos schließen
Die bisher gemachten Vorschläge zur Regulierung der Spekulationsgeschäfte sind mehr oder weniger unbrauchbar. Das folgende Video erklärt stark vereinfacht warum.
Quelle: WEED auf Tautenhahn Blog
- Deutsche Bank räumt mehr Geld für Rechtsstreite ein
Die Deutsche Bank hat mit vielen Affären zu tun. Für Prozesse in Amerika räumt sie jetzt 600 Millionen Euro zusätzlich als Sicherheit ein….
Dabei geht es um Prozesse im Zusammenhang mit Hypothekenkrediten, wie die Bank mitteilte. Hypothekenkredite standen im Zentrum der amerikanischen Finanzkrise. Die Bank wird nach eigenen Angaben zudem durch Untersuchungen der Regulierer belastet, die mit denen Rechtsstreits über Hypothekenkredite nichts zu tun hätten…
So blieben 2012 unter dem Strich nur magere 291 Millionen Euro Gewinn übrig und damit 93 Prozent weniger als 2011…
Quelle: FAZ
- Arm und Reich – Wie geteilt ist Deutschland?
„Wer nicht auftaucht, über den wird nicht geredet. Und wenn nicht geredet wird, bleibt alles wie es ist.“ So erklärt Elitenforscher Michael Hartmann von der TU Darmstadt die Zurückhaltung der Reichen in Deutschland. Und davon gibt es hierzulande mit am meisten in der Welt: gemessen an der Zahl der Millionäre ist Deutschland Spitze.
Quelle: ZDF
- Enthemmte Gewalt gegen Wohnungslose
“Allein im vergangenen Jahr sind mindestens fünf wohnungslose Männer und eine Frau von Tätern außerhalb der Wohnungslosenszene getötet worden.” Werena Rosenke nennt erschreckende Zahlen. Jahr für Jahr werden Menschen ohne Wohnung Opfer willkürlicher, brutaler Attacken. Mehr als 40 Wohnungslose seien 2012 zum Teil schwer verletzt worden, sagt die stellvertretende Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) aus Bielefeld in ihrem Vortrag zu Diskriminierung und Gewalt gegen die Randgruppe ohne Lobby. In der Öffentlichkeit werden die Gewalttaten jedoch nur wahrgenommen, wenn die Täter besonders brutal vorgehen, indem sie zum Beispiel ihre Opfer anzünden. Und auch Rosenkes Zahlen – 195 Tote seit 1989 und 478 Verletzte – sind lediglich die untere Grenze. Denn eine offizielle Statistik gibt es nicht, und auch die BAGW kann sich bei ihrer Dokumentation lediglich auf Presseberichte stützen. Das wahre Ausmaß der Gewalt liegt aber im Dunkeln. Wohl nur die Spitze des Eisbergs kommt durch Pressemitteilungen der Polizei an die Öffentlichkeit. “Sie fallen ihren Peinigern auf Parkbänken, Bushaltestellen und Picknickplätzen in die Hände”, führt Rosenke die Schutzlosigkeit der – häufig im Schlaf angegriffenen – Opfer vor Augen. Aber sie werden auch in Fallen gelockt, “in eine Wohnung mitgenommen oder eingeladen und dort getötet”. Doch was sind das für Menschen, die so etwas tun, Mitmenschen demütigen, quälen, brutal schlagen und manchmal sogar verbrennen? “Die Täter außerhalb der Wohnungslosenszene sind männlich und jung”, sagt Rosenke. Seit 2006 habe sich dieser Trend sogar noch verstärkt. Die größte Gruppe der ermittelten Täter seit 2000 sind 19- bis 29-Jährige (196), gefolgt von unter 19-Jährigen (159). 34 Täter waren 30 bis 39 Jahre alt, 15 40 bis 49 und drei älter als 50. Auch Polizisten und Wachleute von Sicherheitsdiensten, “Schwarze Sheriffs”, lassen sich Übergriffe zuschulden kommen – bis hin zum Aussetzen eines betrunkenen Wohnungslosen im Winter, der im Dezember 2002 in Stralsund erfriert. – Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) fordert in den Städten und Gemeinden ein Klima der Toleranz und der Zivilcourage – gegen das Klima der Gewalt und der Ausgrenzung. Das bedeutet: Erhalt der Freizügigkeit auf Straßen; diskriminierende und rechtswidrige Straßensatzungen müssen außer Kraft gesetzt werden; Schluss mit der Vertreibung Wohnungsloser aus den Innenstädten.
Quelle: Mindener Tageblatt
Anmerkung Orlando Pascheit: Manchmal wird eingewandt, dass viele Obdachlose diesen Lebensstil freiwillig wählten. Das ist angesichts von ca. 250000 Obdachlosen absoluter Unsinn und zynisch. Die Wohnungslosenhilfe rechnet mit einem Anstieg der Obdachlosigkeit um circa zehn Prozent. Grund für die erwartete Entwicklung seien Langzeitarbeitslosigkeit, zunehmende Armut, stark steigende Mietpreise und zuwenig Sozialwohnungen. In diesen Zahle ist die sogenannte verdeckte Obdachlosigkeit nicht enthalten. Sie betrifft Menschen, die bei Freunden unterkommen, aber nirgendwo gemeldet sind und praktisch mit einem Bein auf der Straße stehen. Besonders besorgniserregend ist die Zunahme der Obdachlosigkeit bei jungen Menschen und bei Frauen.
- „Geplanter Verschleiß ist ein Massenphänomen“
Weiche Gummisohlen, nicht austauschbare Akkus, billiges Plastik: Zahlreiche Geräte sind so gebaut, dass sie just dann kaputt gehen, wenn die Garantie abläuft. Zufall? Eine Studie sagt: Nein. Und spricht von „geplanter Obsoleszenz“ zur Renditemaximierung.
Quelle: Süddeutsche Zeitung
- Detlef Hensche : Das Tabu des politischen Streiks in Deutschland
Archiv Detlef Hensche hat den folgenden Vortrag vor fast einem Jahr auf der Konferenz der Rosa-Luxemburg-Stiftung zum politischen Streik gehalten. Er ist inzwischen noch aktueller als im Mai 2012. Hensche war zwischen 1992 und 2001 Vorsitzender der IG Medien und ist Mitherausgeber der Monatsschrift „Blätter für deut- sche und internationale Politik“. Da Franz Kersjes, ehemaliger NRW-Landesvor-sitzender der IG Medien, diesen Vortrag in der aktuellen Ausgabe seiner Website „Welt der Arbeit“ übernommen hat, wollen wir ihn auch unseren LeserInnen nicht vorenthalten.
Quelle: Neue Rheinische Zeitung
Anmerkung C.R.: Mehr Informationen zum Thema liefert die Homepage Politischer Streik.
- Palästina: Der Druck auf Israel wird größer
Israel hat endlich eine neue, eine andere und wahrscheinlich auch eine bessere Regierung. Benjamin Netanjahu bleibt zwar Regierungschef. Doch statt der nationalistischsten Regierung aller Zeiten steht er nun einer Koalition vor, in der auch gemäßigtere Kräfte mitreden. Das wichtigste Problem allerdings, dasjenige der Beziehungen und der Verhandlungen mit den Palästinensern, wurde nicht nur im Koalitionsabkommen offengelassen. Netanjahu überlässt formell die eventuelle Verhandlungsführung der neuen Justizministerin Zippi Livni. Um die laut ausgesprochenen Befürchtungen der Siedler über eine „Kapitulation“ Livnis in den Verhandlungen und damit über eine Gefahr für die Siedlungen zu besänftigen, wurde einer der stursten Siedleranführer zum Wohnungsbauminister ernannt, um so die Erfolgschancen jeglicher Verhandlungen zu verbauen. Lieberman erklärte am Montag zudem noch präventiv, dass ein erneutes Einfrieren der Siedlungsaktivitäten nicht infrage komme. – Trotzdem besteht zumindest die theoretische Chance, dass es unter der neuen Regierung doch noch vorwärts geht in Sachen Konfliktlösung. Langsam zwar und sehr vorsichtig. Aber immerhin und möglicherweise schon sehr bald. Erstens hat sich Netanjahu in der letzten Zeit erneut auf die Lösungsformel „Zwei Staaten für zwei Völker“, einschließlich der Gründung eines arabischen Palästinas, verpflichtet. Zweitens steigt spürbar der Druck aus dem Ausland. Es drohen gar Sanktionen in nicht allzu ferner Zeit. Drittens steigt die Gewaltbereitschaft auf der palästinensischen Seite. Es gibt nicht wenige Experten, die sogar mit einer dritten Intifada rechnen. Viertens stehen in dieser Woche der „historische“ Besuch Barack Obamas (ab Mittwoch) und seines Außenministers John Kerry (ab Dienstag) an. Obama bringt keinen Plan zur Lösung des Nahostkonfliktes in seinem Gepäck mit. Doch Kerry wird sich intensiv um eine solche bemühen. Und wenn alles nicht helfen sollte, dann ist damit zu rechnen, dass Washington innerhalb eines halben Jahres dazu übergehen wird, Israel zu Verhandlungen zu zwingen. Spätestens dann muss Netanjahu Farbe bekennen. Sonst drohen seiner Regierung Richtungskämpfe, die zu ihrem Ende führen könnten.
Quelle: Tagesspiegel
Anmerkung Orlando Pascheit: Der Versuch von Charles A. Landsmann aufzuzeigen, dass die Chance für Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern größer geworden sei, wirkt etwas verzweifelt. Die Besetzung des neuen Kabinetts spricht dafür, dass es bei einer sehr “theoretischen Chance” bleibt. Besonders einflussreiche Ministerien sind in den Händen von Fürsprechern der Siedlerbewegung. Naftali Bennett von der rechten Siedlerpartei Jüdisches Heim (Habait Jehudi) wird Minister für Wirtschaft und Handel. Bennett hat in der Vergangenheit mehrfach verkündet, er würde am liebsten den größten Teil der Palästinensergebiete annektieren. Seine Partei stellt mit dem früheren Siedlerführer Uri Ariel auch den Wohnungsbauminister. Das Amt des Außenministers bleibt für Avigdor Lieberman reserviert – bis zur Klärung der Korruptionsvorwürfe gegen den Politiker. Mosche Jaalon, ein Hardliner des Likud und ehemaliger Generalstabschef, wird Verteidigungsminister. Sein Stellvertreter Danny Danon sagte am Montag im israelischen Rundfunk: “Die neue Regierung wird die Besiedlung in Judäa und Samaria, in Galiläa und im Negev verstärken”. Tzipi Livni (Justizministerium) von der von ihr gegründeten Partei Bewegung (Hatnuah) wirkt vor diesem Hintergrund eher wie ein Feigenblatt für die Friedensbemühungen der Regierung, als dass sie substanziell die Verhandlungen mit den Palästinensern gestalten könnte. Livni hatte unter Ministerpräsident Olmert aussichtsreiche Verhandlungen mit den Palästinensern geführt, die nach den Neuwahlen 2009 und dem Sieg von Benjamin Netanjahu nicht fortgesetzt wurden. Heute dürfte ihr Einfluss mit nur insgesamt sechs Abgeordneten von vornherein recht gering sein. Dass Zippi Livni und ihre liberale Partei Bewegung die Ersten waren, die ein Koalitionsabkommen mit Benjamin Netanjahu geschlossen haben, überrascht doch sehr. Hatte sie doch einen sehr persönlichen Wahlkampf gegen Benjamin Netanjahu geführt. Die machtbewusste Frau dürfte damit nicht gerade an Glaubwürdigkeit gewonnen haben. Der frühere Botschafter Israels in Deutschland, Shimon Stein, kommentierte die Wahlen in Israel recht skeptisch: “Was zum Beispiel die Wiederaufnahme von Gesprächen mit den Palästinensern betrifft, so muss man konstatieren, dass dieses Thema derzeit für Israelis allenfalls eine untergeordnete Rolle spielt. Demzufolge gibt es auch für Netanjahu keine Dringlichkeit, sich für eine Zwei-Staaten-Lösung einzusetzen.” – Was nun die Wirkungsmöglichkeiten der USA betrifft, hat Barack Obama bei seinem Besuch durch nichts erkennen lassen, dass er die israelische Regierung zu irgendetwas zwingen wolle. Im Gegenteil, als er in seiner Rede zu ausgewählten Studenten in Jerusalem erklärte, der Weg zum Frieden berge viele Risiken, verortete er die Verantwortung für diesen Weg beim israelischen Bürger: “Politiker werden niemals Risiken eingehen, wenn die Wähler sie nicht dazu drängen”. Sicher, seine Rede war unerwartet kritisch und von einem Realismus geprägt, zu dem offensichtlich nur israelische Geheimdienstchefs, nicht aber die Regierungen des Landes fähig waren und sind. Es ist bemerkenswert, wenn der Oberbefehlshaber der stärksten Streitmacht dieser Erde ausführt, dass auf die Dauer keine Mauer und kein Raketenabwehrsystem perfekt genug seien, um alle Feinde fernzuhalten. Sein moralischer Apell, dass es nicht gerecht sei, palästinensische Familien aus ihren Häusern zu vertreiben; dass Besatzung und Vertreibung keine Lösung seien, offenbarte nur die ideologische Verbohrtheit wichtiger Repräsentanten des offiziellen Israel. Wirtschaftsminister Naftali Bennett erklärte schlicht: “Keine Nation ist Besatzer seines eigenen Landes.”