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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 22. Februar 2006 um 16:30 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. Weltbank: „Armut hemmt Wachstum“
    In einer Studie über Lateinamerika stellen Experten der Weltbank fest, dass sich Armut und soziale Ausgrenzung zunehmend als Hemmschuhe für die Wirtschaftsentwicklung erweisen: “Die größte Herausforderung für Lateinamerika auf dem Weg zu einer effizienteren Politik, die Wachstum fördert und gleichzeitig Armut und Ungleichheit abbaut, besteht darin, den Staat zu einem Akteur zu machen, der Chancengleichheit fördert und effiziente Umverteilung umsetzt.”
    Quelle: Weltbank
    Quelle: Frankfurter Rundschau

    Kommentar: Bei genauerem Hinsehen benennt die Studie Symptome, wagt sich an eine tiefergehende Analyse der Ursachen aber nicht heran:
    „The report notes that targeted poverty reduction strategies are particularly important to complement pro-growth policies like trade liberalization, which although essential for long-term growth and poverty reduction, can also have short-term negative effects on poverty and inequality.”
    Die Deregulierungspolitik wird damit nicht grundsätzlich in Frage gestellt; sie soll bloß mit sozialen Maßnahmen begleitet werden, um angeblich nur kurzfristige Folgen zu kompensieren.
    Insgesamt dennoch ein Fortschritt im Vergleich zu früheren Veröffentlichungen der Weltbank.

  2. Bolkestein-Richtlinie
    Die unklaren Regelungen der Dienstleistungsrichtlinie werden nach und nach vor dem Europäischen Gerichtshof landen. Der ist in seinen Entscheidungen jedoch konsequent marktliberal. Das Herkunftslandprinzip, von der Politik verbannt, käme so durch die juristische Hintertür machtvoll zurück. Denn anders als Parlamentsentscheidungen sind die Urteile des Gerichtshofs nicht re­vidierbar.
    Quelle: Jungle World
  3. Freundesfreunde und Helfershelfer
    Im Jahr der Fußballweltmeisterschaft boomen die privaten Sicherheitsdienste. Sie nehmen der Polizei Aufgaben ab und erledigen, was sie nicht darf.
    Quelle: Jungle World
  4. Datenschützer kritisiert die in Schleswig-Holstein geplante Änderung des Informationsfreiheitsgesetzes Ein Gespräch mit Thilo Weichert, Leiter des schleswig-holsteinischen Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz: „Dort, wo die Akteneinsicht der Bürger am wichtigsten ist, um Korruption zu verhindern und um wirtschaftlichen Umgang mit öffentlichen Geldern zu gewährleisten, wäre diese nicht mehr möglich.“
    Quelle: Junge Welt
  5. UN-Sonderberichterstatter Muñoz hat die wunden Punkte unseres Schulsystems benannt
    In Zukunft soll der Bund auch die letzten Zuständigkeit für die Bildung verlieren. Doch wenn es stimmt, dass Bildung das wichtigste Thema ist, warum widmet man sich ihm nicht mit vereinten Kräften?
    Quelle: ZEIT
  6. Einige Länder gäben 3.800 Euro pro Jahr für jeden Schüler aus, andere 6.300, das führe zu Unterschieden.
    Quelle: FAZ

    Deutschland müsse die Bildung von Schülern aus armen Familien und auch von Ausländerkindern erheblich verbessern. Wenn diese Kinder nicht bessere Bildungschancen erhielten, würden Armut und soziale Ungleichheit weiter verschärft.
    Quelle: WELT

    In Deutschland gebe es viele Fronten, zum Beispiel über die verschiedenen Schulformen. Deren Vielzahl habe Auswirkungen auf die Mobilität.
    Quelle: TAZ

    Deutschlands Schulen seien nicht allen Menschenrechtsstandards gewachsen.
    Quelle: TAZ

    Richard Meng: UN-Inspektor beklagt “negative Konsequenzen des frühen Aussortierens” an deutschen Schulen
    Quelle: FR

    Muñoz bemängelt die frühe und soziale Auslese in Deutschlands Schulen sowie die Diskriminierung von Migrantenkindern. Die Bildungsministerin gibt sich jedoch beratungsresistent.
    Quelle: Junge Welt

  7. Kommentar zu einem Fall von Agitation in der FAZ
    Zur Zeit dürfen Angestellte, deren Monatsverdienst über der Versicherungspflichtgrenze von rund 3900 Euro liegt, sich aus der solidarischen Gesetzlichen Krankenversicherung verabschieden und zu wesentlich niedrigeren Tarifen privat versichern. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt plant daher, die privaten Krankenkassen in einen Solidarausgleich mit den gesetzlichen Kassen einzubeziehen.
    Lesen Sie, wie dieses Vorhaben den FAZ-Redakteur Carsten Germis in Rage geraten lässt.
    Quelle: FAZ

    “Jagd auf die Privatkasse”, lautet die Überschrift.

    Agrarminister Horst Seehofer … agiert längst als Kämpfer für die Einheitskasse. Mit Unschuldsmiene spricht er davon, er könne sich einen “fairen Wettbewerb” vorstellen.

    Von einer Unschuldsmiene spricht nur, wer andeuten will, dass jemand Schuld auf sich geladen habe.

    Die Gesundheitsministerin hat ihre Jagd auf die Privaten in den vergangenen Wochen systematisch ausgeweitet.
    Das Verfahren kommt einer subversiven Entmachtung gleich.
    Der dritte Schlag der Ministerin gegen die Privaten kam in der vergangenen Woche. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, ein alter Spezi der Ministerin, rechnete vor, daß die Privatversicherten sich aus dem Solidarausgleich verabschieden, mit dem gutverdienende gesetzlich Versicherte die Armen, die Kinder und die Rentner in den gesetzlichen Kassen unterstützen.

    Lauterbach, ein alter Spezi der Ministerin. Die Ausdrucksweise läßt vermuten, dass Carsten Germis nur noch Ganoven am Werke sieht.

    “Ziehen Sie sich warm an”, hat ein Beamter des Gesundheitsministeriums kürzlich einem Privatversicherer gesagt. “Bei uns beschäftigt sich fast die Hälfte der Beamten im Moment nur noch mit Ihnen.“

    Die privaten Krankversicherer unterminieren permanent das Solidarprinzip der GKV, wonach die gesunden und zahlungskräftigen Mitglieder für die Kranken einstehen. Carsten Germis präsentiert sie hingegen als Opfer eines Komplotts und macht sich selbst zum Sprachrohr der privaten Krankenversicherer.


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