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Titel: Hinweise des Tages II

Datum: 8. Februar 2013 um 16:40 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Jens Berger – Warum Merkel Europa totspart
  2. Unctad-Chefökonom Flassbeck im Interview: Finanzanlagen machen nicht schnell reich
  3. Reallöhne niedriger als im Jahr 2000
  4. Zoff ums EU-Budget
  5. Deutsche Ausfuhren im Jahr 2012: + 3,4 % zum Jahr 2011
  6. U.K. Lesson: Austerity leads to more debt
  7. Dani Rodrik – The Tyranny of Political Economy
  8. Bernhard Sander: Radikalisierungen in Frankreich. EU-Wachstumsblockade kann die Rechten stärken
  9. Jetzt wird es eng für Rajoy: PP-Politiker bestätigt illegale Parteifinanzierung
  10. Sparen für den Chef
  11. Mehr als soziale Gerechtigkeit: Umverteilung kann wirtschaftliches Wachstum fördern
  12. Aufseher im Tiefschlaf
  13. Ermittlung nach Demo in Frankfurt: Bundesweite Razzia bei Fotografen
  14. Nicht einmal wahlkampffähig
  15. Grüne suchen einen Mitarbeiter für vier Euro die Stunde
  16. peerblog.de – US-Wahlkampftaktiken in Deutschland?
  17. Schavan wird Ehrendoktor
  18. Rezension: “Stresstest Deutschland – wie gut sind wir wirklich?”

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Jens Berger – Warum Merkel Europa totspart
    Haushaltskonsolidierung ist das Gebot der Kanzlerin. Nun soll auch die EU ihren Haushalt drastisch zusammenstreichen und ihre Fördermittel kürzen. Das ist Angela Merkels Forderung, der sie auch am Donnerstag auf dem EU-Gipfel erneut Nachdruck verlieh.
    Für die Kanzlerin gehen Kürzungen und Wachstum schließlich Hand in Hand. Hier muss die Frage gestattet sein, ob Merkel diese schon fast orwellsche Verdrehung wirklich ernst meint. Wer der deutschen Kanzlerin keine geistige Verwirrung unterstellen will, muss das wohl klar verneinen. Es scheint vielmehr so, als habe Merkel gar kein Interesse daran, dass die Eurokrise mittelfristig beendet wird.
    Angela Merkel hat ihre eigene Agenda. Diese Agenda ist zutiefst neoliberal und in letzter Konsequenz auch undemokratisch; oder wie die Kanzlerin es selbst formulieren würde: marktkonform. Doch was steckt hinter dieser Agenda?
    Quelle: taz
  2. Unctad-Chefökonom Flassbeck im Interview: Finanzanlagen machen nicht schnell reich
    Er war Oskar Lafontaines Berater und wurde als Bundesbankchef gehandelt. Nun tritt der Chefökonom der Unctad ab und zieht Bilanz: Er rechnet fest mit einem großen Crash und bereut nicht, dass er sich im Establishment unmöglich gemacht hat.
    Quelle: Capital
  3. Reallöhne niedriger als im Jahr 2000
    Die Löhne sind zuletzt stärker gestiegen. Trotzdem liegen sie real immer noch unter dem Niveau der Jahrtausendwende. Und deutlich zurück hinter den Gewinn- und Vermögenseinkommen.
    Real, also nach Abzug der Preissteigerung, sind die durchschnittlichen Bruttolöhne je Beschäftigtem in Deutschland zwischen 2000 und 2012 um rund 1,8 Prozent gesunken. Das zeigen neue Berechnungen des WSI-Tarifarchivs. Die vergangenen drei Jahre, in denen die Löhne real um 1,2, um 1 und 0,6 Prozent zulegten, haben die erheblichen Verluste noch nicht ausgeglichen, die zuvor aufgelaufen waren. Schwierige wirtschaftliche Rahmenbedingungen und die Deregulierung am Arbeitsmarkt hatten dazu beigetragen, dass sich die Arbeitseinkommen in den Nullerjahren schwach entwickelten. So verstärkten die Hartz-Reformen den Druck auf die Verdienste. Der Niedriglohnsektor wuchs. Immerhin wird der Rückstand kleiner: 2009 hatten die realen Bruttolöhne sogar um 4,6 Prozent niedriger gelegen als 2000.
    Stärker haben sich die Tariflöhne und -gehälter entwickelt. Sie waren 2012 real um 6,9 Prozent höher als 2000. In den meisten Jahren dieses Zeitraums beobachteten die WSI-Experten eine negative Lohndrift. Das heißt: Die Bruttoeinkommen, in die unter anderem auch die Löhne der nicht nach Tarif bezahlten Arbeitnehmer einfließen, blieben hinter den Tarifeinkommen zurück. “Das zeigt, dass das Tarifsystem in der vergangenen Dekade mehr denn je das Rückgrat der Lohnentwicklung in Deutschland war”, sagt Tarifexperte Reinhard Bispinck. Jedoch nahm die Prägekraft im gleichen Zeitraum ab, vor allem, weil die Tarifbindung sank und Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten tarifliche Öffnungsklauseln nutzten. Daher schlugen Steigerungen bei den Tariflöhnen nur zum Teil auf die Bruttoverdienste durch.

    Schere Arm Reich

    Quelle: Böckler Impuls

  4. Zoff ums EU-Budget
    Wer knackt die Billion? Und wie kann trotz des Sparzwangs das Wachstum in Europa gefördert werden? Das sind die Fragen, mit denen sich die 27 EU-Chefs ab Donnerstag in Brüssel befassen müssen. Bei ihrem zweiten Sondergipfel innerhalb von nur drei Monaten wollen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre Kollegen versuchen, das EU-Budget für die Jahre 2014 bis 2020 festzuzurren – und die Gräben der letzten Wochen zuzuschütten. […]
    Doch Merkel und Cameron ist das immer noch zu viel. Sie fordern weitere Einschnitte – zum Beispiel bei den Beamtengehältern. „Mehrere tausend“ EU-Beamte würden mehr verdienen als Merkel, hieß es am Wochenende in Berlin. Die EU-Kommission dementierte zwar und erinnerte daran, dass man versuche, „die Besten“ für Europa zu begeistern – doch es half nichts: Merkel fordert Opfer.
    Dabei begibt sie sich in merkwürdige Gesellschaft. Zum Club der Geld-zurück-Politiker gehört nämlich nicht nur Cameron, der gleichzeitig eisern am Britenrabatt festhält und mit einem EU-Austrittsreferendum droht. Dazu zählen auch Schweden und Dänen, die nicht einmal dem Euro angehören. Mit von der Partie sind sogar die Niederlande, die ins Lager der EU- und Euroskeptiker gewechselt sind.
    Quelle: taz
  5. Deutsche Ausfuhren im Jahr 2012: + 3,4 % zum Jahr 2011
    Im Jahr 2012 wurden von Deutschland Waren im Wert von 1 097,4 Milliarden Euro ausgeführt und Waren im Wert von 909,2 Milliarden Euro eingeführt. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anhand vorläufiger Ergebnisse weiter mitteilt, waren die deutschen Ausfuhren damit im Jahr 2012 um 3,4 % und die Einfuhren um 0,7 % höher als im bisherigen Rekordjahr 2011.
    Die Außenhandelsbilanz schloss im Jahr 2012 mit dem zweithöchsten Überschuss seit Einführung der Außenhandelsstatistik im Jahr 1950 in Höhe von 188,1 Milliarden Euro ab. Im Jahr 2011 hatte der Saldo in der Außenhandelsbilanz 158,7 Milliarden Euro betragen. Der bisher höchste Ausfuhrüberschuss von 195,3 Milliarden Euro wurde im Jahr 2007 nachgewiesen.
    In die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) wurden im Jahr 2012 Waren im Wert von 625,7 Milliarden Euro versandt und Waren im Wert von 577,1 Milliarden Euro von dort bezogen. Gegenüber dem Jahr 2011 sanken die Versendungen in die EU-Länder um 0,3 %, während die Eingänge aus diesen Ländern um 0,9 % stiegen. In die Länder der Eurozone wurden im Jahr 2012 Waren im Wert von 411,9 Milliarden Euro (– 2,1 %) geliefert und Waren im Wert von 404,2 Milliarden Euro (+ 0,7 %) aus diesen Ländern bezogen. In die EU-Länder, die nicht der Eurozone angehören, wurden im Jahr 2012 Waren im Wert von 213,8 Milliarden Euro (+ 3,3 %) ausgeführt und Waren im Wert von 172,9 Milliarden Euro (+ 1,4 %) von dort eingeführt.
    In die Länder außerhalb der Europäischen Union (Drittländer) wurden im Jahr 2012 Waren im Wert von 471,7 Milliarden Euro exportiert und Waren im Wert von 332,1 Milliarden Euro aus diesen Ländern importiert. Gegenüber dem Jahr 2011 nahmen die Exporte in die Drittländer um 8,8 % und die Importe von dort um 0,4 % zu.
    Quelle: Statistisches Bundesamt

    Anmerkung WL: In manchen Medien konnte man hören, dass die Tatsache, dass die Importe aus den EU-Ländern um 0,9 Prozent stiegen, ein Beleg für die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit dieser Länder sei, ja dass Deutschland doch eine Konjunktur-Lokomotive in der EU sei. Wer so argumentiert, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass er die Grundrechenarten von Addition und Subtraktion nicht beherrscht. Der Exportüberschuss Deutschlands in die EU-Länder betrug knapp 50 Milliarden.

  6. U.K. LESSON: AUSTERITY LEADS TO MORE DEBT
    Yesterday, I argued that U.S. fiscal policy is heading in the wrong direction, toward the economics of austerity. If you want to know where this path can lead, look across the Atlantic to poor old Blighty. For almost three years now, since the election of a Conservative-Liberal coalition, the British government has been slashing government programs and raising taxes, supposedly to reduce a big budget deficit. As I’ve written previously, the results have been pretty disastrous—both for ordinary Britons and for the public finances.
    Just how disastrous was made clear yesterday by a new report from the Institute of Fiscal Studies, a London-based think tank that is widely regarded as independent and nonpartisan. In the “Green Budget,” its lengthy and detailed annual review of the U.K.’s finances, the I.F.S. pointed out that the budget deficit, far from being eliminated, was still so large that next year the Chancellor, George Osborne, will have to borrow about sixty-five billion pounds more than he had anticipated. (That’s about four per cent of the U.K.’s G.D.P.) Indeed, the hole in the public finances is so big, the I.F.S. said, that the government might well be forced to introduce a series of tax hikes following the next general election, which is expected to take place in 2015.
    Quelle: The New Yorker
  7. Dani Rodrik – The Tyranny of Political Economy
    There was a time when we economists steered clear of politics. We viewed our job as describing how market economies work, when they fail, and how well-designed policies can enhance efficiency. We analyzed trade-offs between competing objectives (say, equity versus efficiency), and prescribed policies to meet desired economic outcomes, including redistribution. It was up to politicians to take our advice (or not), and to bureaucrats to implement it.
    Then some of us became more ambitious. Frustrated by the reality that much of our advice went unheeded (so many free-market solutions still waiting to be taken up!), we turned our analytical toolkit on the behavior of politicians and bureaucrats themselves. We began to examine political behavior using the same conceptual framework that we use for consumer and producer decisions in a market economy. Politicians became income-maximizing suppliers of policy favors; citizens became rent-seeking lobbies and special interests; and political systems became marketplaces in which votes and political influence are traded for economic benefits.
    Quelle: Project Syndicate
  8. Bernhard Sander: Radikalisierungen in Frankreich. EU-Wachstumsblockade kann die Rechten stärken
    Im Streit über den EU-Haushalt geht es nämlich nicht um die Höhe der Beamtengehälter oder den aufgeblähten Apparat in Brüssel, sondern wesentlich um die Frage, wie viele Mittel für eine solche Wachstumspolitik (Forschungsmittel, Sozialfond, Infrastrukturförderung) zur Verfügung stehen werden.
    Hollandes Vorschlag, die alte französische Praxis der Abwertung auf den Euro zu übertragen, um die nationalen Ökonomien vor internen Abwertungszwängen zu schützen, findet bisher bei seinen europäischen Kollegen wenig Zustimmung, obwohl der von ihm geforderte Weg der Reform des internationalen Währungssystems notwendig ist. Nur noch wenige Industriezweige Frankreichs sind heute international konkurrenzfähig (Luftfahrt, Luxuskonsum).
    Die deutsche Bundeskanzlerin will eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, also die Verschärfung der nationalen Standortkonkurrenz um komparative Vorteile bei Lohn, Sozialabgaben, Steuern usw. durchsetzen. Allerdings scheint im deutschen Finanzministerium noch ein Rest Sachverstand überleben zu können, da man auf den Vorstoß Hollandes zwar die internationale Einigkeit betont, »dass Wechselkurse die ökonomischen Fundamentaldaten wiederspiegeln sollen«, aber auch, dass »ein Abwertungswettlauf der Währungen unterbleiben sollte«, wie er jetzt durch die japanische Notenbankpolitik zur Exportsubventionierung forciert wird.
    Die Nationale Front (FN) der Marine Le Pen profitiert davon, dass Hollandes Position noch zu wenig Konsistenz und Konkretion aufweist, um aus der Defensive herauszukommen. Die Programmatik der FN findet in den einzelnen Aussagen wachsende Zustimmung in der französischen Bevölkerung mit der interessanten Ausnahme, dass nur eine (sinkende) Minderheit von aktuell etwa 29% die Rückkehr zum Franc fordert. Unter den Anhängern der FN unterstützen allerdings zwei Drittel diese Position. Im gleichen Zeitraum seit 2010 steigt umgekehrt aber wieder die Zahl der Franzosen, die die Bevorzugung eines Franzosen gegenüber einem Zuwanderer bei der Jobvergabe verlangen (17 auf 24%). Denn dass es zu viele MigrantInnen im Lande gibt, steht für eine wachsende Mehrheit der Franzosen fest (bei 78% der bürgerlichen Rechten von der UMP).
    Quelle: Sozialismus
  9. Jetzt wird es eng für Rajoy: PP-Politiker bestätigt illegale Parteifinanzierung
    Gerade noch hatte Mariano Rajoy der deutschen Kanzlerin versichert, alles sei unwahr “abgesehen von ein paar Dingen”, da kommt der nächste Tiefschlag: Jorge Trías (Foto), Ex-Abgeordneter der PP, Anwalt und Schriftsteller, bestätigte soeben vor dem Ermittlungsrichter der Anti-Korruptionskammer, dass die von der Zeitung “El País” veröffentlichten Dokumente zur illegalen Parteifinanzierung mit dem Heft der Originalbuchhaltung übereinstimmen, das ihm der ehemalige Schatzmeister der Partei, Luis Bárcenas vor Jahren gezeigt habe. Damit wird es jetzt eng für den Madrider Regierungschef!
    Den Journalisten hatte Trías am Ausgang des Gerichts nicht mehr mitgeteilt als “Ich habe meine Pflicht getan”, doch auch das sagte bereits eine Menge. Jorge Trías stand nämlich als Zeuge vor Gericht und ist verpflichtet, die Wahrheit zu sagen, will er sich nicht strafbar machen, während Ex-Schatzmeister Bárcenas, der alle Papiere als “falsch” erkannte, als Angeklagter nicht nur die Aussage verweigern sondern sogar straffrei lügen darf, um sich nicht selbst zu belasten.
    Quelle: uhupardo
  10. Sparen für den Chef
    Die Rente ist nicht sicher. Das hat inzwischen sogar Arbeitsministerin Ursula von der Leyen erkannt. Eine bisher wenig beachtete Mogelpackung ist die sogenannte Betriebsrente, die vor allem eins ist: ein Skandal.
    Quelle: Kontext-Wochenzeitung

    Anmerkung: Zu den Risiken und Nebenwirkungen der Betrieblichen Altersvorsorge lesen Sie auch die Nachdenkseiten, z.B. hier und hier – übrigens schon 2007! Besuchen Sie auch unsere Rubrik “Riester-Rürup-Täuschung!”.

  11. Mehr als soziale Gerechtigkeit: Umverteilung kann wirtschaftliches Wachstum fördern
    In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Universität Bremen und der ETH Zürich untersuchte Jan Lorenz den Effekt von Umverteilung gesellschaftlicher Vermögenswerte auf das gesamtwirtschaftliche Wachstum. Foto: Ebba Schröder / Jacobs University Die staatliche Umverteilung von Reich zu Arm kann das wirtschaftliche Wachstum einer Gesellschaft nachhaltig fördern. Das hat eine theoretische Modellberechnung der Jacobs University in Zusammenarbeit mit der Universität Bremen und der ETH Zürich ergeben. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass eine Vermögensumverteilung nicht allein aus sozialen oder sicherheitspolitischen Erwägungen sinnvoll ist, sondern auch klare ökonomische Vorteile mit sich bringen kann. Die Ergebnisse wurden jetzt von „PLOS ONE“ veröffentlicht (DOI: 10.1371/journal.pone.0054904).
    Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
  12. Aufseher im Tiefschlaf
    Vertrauen ist gut, Kontrolle nicht besser. Nach diesem Motto ließ der Bahn-Aufsichtsrat dem Vorstand des Schienenkonzerns freie Hand bei Stuttgart 21. Nun sind die Kontrolleure aus dem Tiefschlaf aufgeschreckt – weil Schadenersatzansprüche drohen.
    Quelle: Kontext-Wochenzeitung
  13. Ermittlung nach Demo in Frankfurt: Bundesweite Razzia bei Fotografen
    In mehreren Bundesländern haben Polizisten am frühen Morgen die Wohnungen von Fotografen durchsucht. Nach Tagesspiegel-Informationen sicherten die Beamten dabei Tausende Daten von den Rechnern der Betroffenen. Hunderte Beamte haben am Mittwochmorgen in Hessen, Baden-Württemberg, Berlin und Brandenburg die Wohnungen von bislang acht Fotografen durchsucht. Die Männer gelten nicht als Beschuldigte, ihre Fotos sollen auf Wunsch der Behörden in Frankfurt am Main allerdings bei der Suche nach Verdächtigen helfen. Einer der Betroffenen war bei der Razzia nicht mal anwesend, er befindet sich auf einer Dienstreise – seine Wohnung wurde trotzdem aufgebrochen.
    Zwei der freiberuflich arbeitenden Fotografen sind auch für den Tagesspiegel tätig. Zusammen mit den anderen sollen sie vergangenes Jahr bei den Protesten gegen die Finanzpolitik von Bundesregierung und Europäischer Union in der Bankenstadt dabei gewesen sein. Die hessische Polizei geht davon aus, dass bei ihnen Fotos gefunden werden könnten, die eine Auseinandersetzung zwischen Demonstranten und Einsatzkräften zeigen…”
    Quelle: Tagesspiegel

    Siehe dazu ein Dossier auf LabourNet

    passend dazu: Polizei entdeckt Punk-Klassiker
    Lange und akribisch muss das sächsische Landeskriminalamt Beweise gesammelt haben, bevor es die Staatsanwaltschaft Stuttgart um Amtshilfe bat. Die plante ihre konzertierte Aktion mit hohem logistischem Aufwand. 16 Polizisten waren im Einsatz, als am 31. Januar 2013 der Zugriff erfolgte. Mit jeweils vier Beamten durchsuchte die Polizei, verteilt über das nördliche Baden-Württemberg, gleichzeitig Wohnungen in Heidenheim, Winnenden, Sulzbach und Plüderhausen. Im Morgengrauen, um sechs Uhr, wurden die Beschuldigten – Mitglieder von Normahl, Deutschlands dienstältester Punkband – und ihre Familien teilweise noch im Schlaf überrascht. – Die Beamten hatten es auf den Song “Bullenschweine” abgesehen, der unter anderem auf der LP “Ein Volk steht hinter uns” erschien. Vor 31 Jahren. Ursprünglich hatten die sächsischen Staatsschützer auch wegen des Liedes “1, 2, 3” ermittelt, in dem Besa singt: “1, 2, 3, wo bleibt die Polizei? / Fürs Kapital in Wackersdorf wart ihr immer voll präsent / Doch wo seid ihr, wenn in Rostock ein Asylantenheim abbrennt? / 1, 2, 3, so fehlt die Polizei, 1, 2, 3, so stinkt der braune Brei.” Geschrieben wurde dieser Text 1992 als Reaktion auf die Pogrome von Rostock-Lichtenhagen, er findet sich auf der unter anderem von der Polizei unterstützten Benefiz-CD “Bunt statt braun” zugunsten der Winnender “Stiftung gegen Gewalt an Schulen”. Die hätte auch beschlagnahmt werden müssen, wäre der Vorwurf gegen “1, 2, 3” nicht fallen gelassen worden. – Bei der Aufdeckung der NSU-Morde mögen die Behörden mit schlafwandlerischer Sicherheit aneinander vorbei ermittelt haben. Im Fall der Linksterroristen von Normahl funktionierte die länderübergreifende Zusammenarbeit dagegen reibungslos.
    Quelle: taz

    Anmerkung Orlando Pascheit: Wikipedia schreibt zum Hornberger Schießen: “In Hornberg hatte sich anno 1564 der Herzog Christoph von Württemberg angesagt. Dieser sollte mit Salut und allen Ehren empfangen werden. Als alles bereit war, näherte sich aus der Ferne eine große Staubwolke. Alle jubelten und die Kanonen donnerten, was das Zeug hielt. Doch die Staubwolke entpuppte sich nur als eine Postkutsche. Selbiges geschah dann, als ein Krämerkarren und noch einiges später eine Rinderherde auf die Stadt zukam. Der Ausguck hatte jedes Mal falschen Alarm gegeben, und alles Pulver war verschossen, als der Herzog endlich kam.”

  14. Nicht einmal wahlkampffähig
    Die SPD will nach der Bundestagswahl die nächste Regierung führen. Ihr Kandidat Steinbrück soll Kanzler werden. Seit dies Ende September 2012 bekannt wurde, unterlief ihm eine Panne nach der anderen. Die Summe seiner Pleiten vermittelt den Eindruck, die SPD sei nicht regierungsfähig. Nun zeigt sich, dass es um sie noch schlimmer steht. Sie ist nicht einmal wahlkampffähig.
    Mit Steinbrücks Zustimmung und Rückendeckung und unter seinem Vornamen startete die Düsseldorfer Agentur Steinkühler, die zu Steinbrück private geschäftliche Beziehungen unterhielt, kürzlich ein Blog, das von anonymen Geldgebern finanziert wurde. Die Agentur wollte mit dem Peerblog für Steinbrück Wahlkampf machen. Das Portal wurde am Donnerstag nach nicht einmal einwöchigem Betrieb am Donnerstag eingestellt.
    Quelle: Post von Horn
  15. Grüne suchen einen Mitarbeiter für vier Euro die Stunde
    Bärbel Höhn sucht für die nächste Bundestagswahl einen Mitarbeiter für den Oberhausener Wahlkreis. Diese Praktikantenstelle wird mit nur vier Euro die Stunde entlohnt, obwohl sich die Grünen in ihrem Parteiprogramm für “einen Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro die Stunde” einsetzen. Die Grünen bezeichnen die auf sechs Monate befristete Tätigkeit als „Praktikum“. Doch die Anforderungen sind hoch: Erwartet werden selbstständiges Arbeiten, Eigeninitiative, strategisches Denkvermögen und die Fähigkeit, Konzepte zu erarbeiten. Vorausgesetzt wird auch die Bereitschaft, in den Abendstunden und an den Wochenenden zu arbeiten. Da die Partei bundesweit in ihrem Wahlkampf stark auf die digitalen Medien setzen will, werden Top-Kenntnisse in Sachen Online-Kommunikation, Typo 3, HTML, Soziale Netzwerke sowie MS Office-Anwendungen von den Bewerbern erwartet. „Multimedialität wird ein großes Thema sein“, sagt Blanke. Zu den Aufgaben gehöre zum Beispiel, Videos zu drehen, Interviews zu führen, sie vor- und nachzubearbeiten sowie ins Internet zu stellen. Kurz: „Es geht darum, zeitnah Infos zu vermitteln.“ Und da man dafür Zeit und Personal benötige, sei entschieden worden, erstmals so ein Praktikum anzubieten. Da in der heißen Phase des Wahlkampfs, die Anfang September beginnen dürfte, eine höhere Belastung auf den Praktikanten zukommt, wird ein Arbeitszeitkonto angelegt. Bis August werden es also weniger als 25 Wochenarbeitszeitstunden sein, danach mehr. Nicht umsonst ist der Infotext auf der Internetseite der Grünen mit „Lust auf viel Arbeit und viel Anerkennung?“ überschrieben.
    Quelle: WAZ

    Anmerkung Orlando Pascheit: Natürlich will die WAZ den Grünen eins reinwürgen, aber manchmal ist der Feind recht hellsichtig. Dabei entlarvt sich Andreas Blanke, Vorstandssprecher der Oberhausener Grünen, auch ohne die WAZ, wenn er ausführt: “Man muss aber auch sagen, dass es Praktikantenstellen gibt, für die gar keine Vergütung bezahlt wird.”

  16. peerblog.de – US-Wahlkampftaktiken in Deutschland?
    Seit peerblog.de Anfang dieser Woche startete, löste das von unbekannten Geldgebern finanzierte Blog eine kontroverse Debatte über diese Form der intransparenten Wahlkampfhilfe aus. Gestern gaben die Betreiber an, das Projekt auf Grund von Hackerangriffen nicht weiter verfolgen zu wollen. Anonyme Hacker legen das Projekt anonymer Steinbrück-Unterstützer lahm – besonders demokratisch ist der Vorgang nicht. Auch wenn das Blog nun Geschichte sein sollte, ist die Diskussion über anonyme, finanzielle Beteiligung an Wahlkämpfen wichtig. LobbyControl hatte Steinbrück aufgefordert, seine Unterstützung für das Projekt zurückzuziehen. Steinbrück selbst sagte gegenüber Spiegel Online, er “könne daran nichts Anrüchiges erkennen“. Zwar hat die Bundestagsverwaltung eine Untersuchung angekündigt. Man möchte der Frage nachgehen, ob es sich bei dem Projekt um eine verdeckte Form der Parteienfinanzierung handelt. Die Macher des Blogs gaben jedoch an, nur den Kandidaten und nicht die Partei unterstützen zu wollen. Kommunikative Unterstützung des Wahlkampfes ist in Deutschland nicht im Parteiengesetz geregelt. Das Parteienrecht bietet keinen Hebel, um etwa die Geldgeber des Projekts zu Transparenz zu verpflichten.
    Quelle: LobbyControl
  17. Schavan wird Ehrendoktor
    Den Doktortitel ist Annette Schavan los, die Ehrendoktorwürde wird ihr jedoch nicht genommen. Die Uni Lübeck will Schavan die Auszeichnung demnächst in einem Festakt überreichen …
    Die Auszeichnung werde nicht aufgrund einer wissenschaftlichen Arbeit, sondern in Anerkennung besonderer Verdienste um die Wissenschaft verliehen, teilte das Präsidium der Hochschule am Donnerstag mit.
    Schavan hatte sich 2010 vehement für den Erhalt der Medizinerausbildung in Lübeck eingesetzt. Dafür hatte die Hochschule ihr bereits im Januar 2012 die Ehrendoktorwürde zuerkannt.
    Quelle: FR

    Anmerkung WL: An dieser Verleihung eines Ehrendoktors, lässt sich das Ganze Dilemma solcher akademischen Ehrenbezeugungen ablesen. Man spendet einer Hochschule ein erkleckliches Sümmchen oder eine Stiftungsprofessur oder – wie im Fall der Uni Lübeck – man schiebt als Politiker/in einer Hochschule einige Million zu und als „Dankeschön“ verleiht dann die begünstigte Uni eine Ehrendoktorwürde. Mit Geld oder sonstigen Vergünstigungen kann man dann seinen Familiennahmen schmücken. Das Gleiche geschieht in zunehmender Zahl mit den Honorar-Professuren. Die Uni schmückt sich mit einem prominenten Namen oder dankt für eine Gunstbezeugung und verleiht dafür „Orden“. Das hat ganz selten etwas mit einer wissenschaftlichen Leistung oder mit wissenschaftlicher Lehre etwas zu tun.
    Schavan hatte 2010 mit einem Finanzierungstrick den Studiengang Medizin an der Uni Lübeck gerettet. Dem Land wurden aus dem Bundestopf 12 Millionen Euro zugeschoben, mit der Auflage damit das Medizinstudium zu erhalten. Dazu mag man stehen wie man will, aber daran wird deutlich, dass kein politischer Verantwortlicher einen Ehrendoktor-Titel erhalten dürfte, weil bei jeder Förderleistung der Verdacht aufkommen muss, dass diese durch eine vorherige oder nachträgliche akademische „Ehrung“ erkauft wurde.
    Auf der offiziellen Website des BMBF heißt es zur Ministerin:
    Seit dem Wintersemester 2009/2010 lehrt Annette Schavan als Honorarprofessorin für Katholische Theologie an der Freien Universität Berlin. Im Jahr zuvor erhielt sie die Ehrendoktorwürde der Philosophischen Fakultät der Universität in Kairo und wurde zum ordentlichen Mitglied der Klasse I – Philosophie und Kulturhistorische Wissenschaften der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste gewählt. Im Jahr 2010 verlieh ihr die Tongji-Universität, Shanghai, die Ehrendoktorwürde; 2011 kamen jeweils die Ehrendoktorwürde der Meiji Universität, Japan, sowie der Hebräischen Universität Jerusalem hinzu.
    Die Freie Universität schweigt zur Honorarprofessur Schavans.

  18. Rezension: “Stresstest Deutschland – wie gut sind wir wirklich?”
    Stresstest Deutschland – wie gut sind wir wirklich? Hört man auf die Massenmedien, so wird einem der Eindruck vermittelt, dass Deutschland gut durch die Krise gekommen ist, im Stande ist die Massenarbeitslosigkeit abzubauen und die Armut stets bekämpft wird. Jens Berger, bekannt durch seinen Blog “Spiegelfechter” und seinen Publikationen auf den “Nachdenkseiten”, kritisiert in seinem Buch unter anderem die unterwanderten Medien, den Lobbyismus und die Sozialpolitik in Deutschland.
    Das vom Westend-Verlag verlegte Buch gewährt dem Leser einen näheren Einblick in die oben genannten Themen – betrachtet aus einer linken Sichtweise. Vor allen Dingen im Lobbyismus-Kapitel bekommen Politiker ihr Fett weg. Die Namen Friedrich Merz und Wolfgang Clement fallen in diesem Kapitel häufiger als Füllwörter bei Stoiber-Reden. Der hierzulande aufgekeimte Lobbyismus betrügt hinterrücks die Demokratie – Fragen wie “warum wird der Lobbyismus vom Volk einfach hingenommen” tun sich auf. Nicht immer hat der Autor Jens Berger Antworten auf alle Fragen, doch seine fundierten Recherchen dokumentieren ein klares Bild der düsteren Entwicklungen in punkto “Lobbyismus”.
    Jens Berger hat das heutige Deutschland einer Prüfung unterzogen, und sein wenig schmeichelhaftes Ergebnis sachkundig und ausführlich in seinem Erstlingswerk niedergelegt. Berger verfolgt in diesem Buch, wie auch im Blog, spürbar den Anspruch, seinen Lesern komplexe politische und ökonomische Inhalte und Vorgänge auf verständliche Weise nahezubringen, was ihm – absolut betrachtet – gut gelingt. Das Buch prahlt mit einer Fülle von Informationen, die Texte sind sprachlich dicht, der Autor argumentiert sauber und klar, meist sachlich und ruhig, gelegentlich an passender Stelle auch ironisch bis sarkastisch – an einigen kann es passieren, dass man kräftig drauflos lachen muss.
    Quelle: Die Freiheitsliebe


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