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Titel: „Es reicht“, meinen „Die Seeheimer in der SPD“ – Reicht es auch der SPD mit den „Seeheimern“?
Datum: 11. Januar 2013 um 8:02 Uhr
Rubrik: Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Medienkritik, SPD
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
In einer Mitteilung an die Presse beklagen sich die Sprecher der „Seeheimer in der SPD“ über die Berichterstattung über den Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück „in Teilen der Medien“ [PDF – 140 KB].
Aus ihrem Plädoyer wird zum einen deutlich, dass die SPD-Rechte genauso wenig wie ihr Lieblingskandidat verstanden hat, wie mögliche Anhänger der Sozialdemokratie das Verhalten und die Äußerungen Steinbrücks empfinden müssen. Zum anderen verurteilen sie einen „Kampagnenjournalismus“, dessen sich die „Seeheimer“ selbst zur Ausschaltung ihrer innerparteilichen Gegner in der SPD skrupellos seit Jahren bedient haben – ein „Kampagnenjournalismus“ der Steinbrück erst zum Kanzlerkandidaten gemacht hat. Die „Seeheimer“ haben die SPD zu einem fremdbestimmten Spielball der Medien und mächtiger Interessengruppen gemacht und merken jetzt allmählich, dass sie selbst nur Spielmaterial waren. Wann endlich merken das auch die Mitglieder der SPD? Von Wolfgang Lieb
Die „Seeheimer in der SPD“, das muss man wissen, das ist die herrschende konservative Fraktion in der SPD. Sie hat mit allen Mitteln dafür gesorgt, dass der linke Flügel der Partei weggebrochen ist, dass die SPD von einer „Volkspartei der linken Mitte“ zu einer opportunistischen Allerweltpartei umgekrempelt wurde. Die „Seeheimer“ sind dem Agenda-Kurs Schröders geradezu als Kanzler-„Ultras“ bedingungs- und besinnungslos gefolgt. Dieser rechten Kampfgruppe ist es gelungen, die SPD mit dem Neoliberalismus „mental zu kolonialisieren“ (Max Reinhardt).
In ihrer nahezu ausschließlich auf Postengeschacher und Machtteilhabe ausgerichteten Politik verstanden sich die „Seeheimer“ bisher immer besonders gut mit den Medien. Ja, sie haben die Medien zur Durchsetzung ihrer Machtpositionen in der SPD systematisch genutzt. Sie haben z.B. Andrea Ypsilanti in Hessen über die Medien rücklings abgeschossen. Die „Seeheimer“ haben Journalisten gegen ihre innerparteilichen Gegner munitioniert und weite Teile der Medien haben die „Seeheimer“ gerne unterstützt, weil sie in dieser Gruppierung einen sicheren Garanten dafür sahen, dass es auf absehbare Zeit keine politische Kraft jenseits des Agenda-Kurses und schon gar keine linke Mehrheit in Deutschland mehr geben würde.
Diese mit allen Mitteln zur schieren Machterhaltung arbeitende Truppe, die über ihre Anbiederung an die Medien (Schröder: „BILD, BamS und Glotze“) entscheidend dazu beigetragen hat, dass Peer Steinbrück vom Politpensionär und Vortragsmillionär wieder in die politische Arena zurückgeholt und schließlich sogar zum Kanzlerkandidaten auserkoren wurde, beschwert sich nun über einen „an Kampagnenjournalismus grenzende Berichterstattung“. Gerade dieser – vor allem die Bundestagsfraktion der SPD dominierende – Parteiklüngel, der jeden, aber auch wirklich jeden medialen Aufzug zu nutzen verstand, um damit nach oben zu fahren, der die SPD insgesamt zu einer medial fremdbestimmten Partei verkommen ließen, beschwert sich nun, dass die Medien mit ihrem Wunschkandidaten Peer Steinbrück im Aufzug „nach unten fahren“.
Der „Kampagnenjournalismus“ von dem die „Seeheimer“ jahrelang politisch profitiert haben, trifft sie nun selbst. Das Positive, das man daraus entnehmen kann, ist, dass die „Seeheimer“ das falsche Spiel, das sie ständig mitgespielt haben, nun, da es für sie schlecht läuft, endlich öffentlich machen.
„Es sind dieselben Medien, zum Teil sogar dieselben Personen, die ihm noch vor wenigen Monaten wegen seiner offenen und ehrlichen Sprache Szenenapplaus spendeten“, beklagen sie sich darüber, dass Steinbrück in den vergangenen Wochen viel Wind ins Gesicht geweht sei.
Daran kann man die ganze Borniertheit dieser Truppe erkennen: Es war doch klar, dass der konservative Medienmainstream am liebsten Steinbrück als Kandidaten in der SPD durchdrücken wollte, war er doch neben Steinmeier der aggressivste Garant in der „Troika“ für die Beibehaltung des Agenda-Kurses in der Sozialdemokratie. Es war doch für jeden – einigermaßen mit den Machtspielchen Vertrauten – vorhersehbar, dass, wenn Steinbrück erst einmal zum Kandidaten gekürt worden ist, er mit dem medialen Fahrstuhl wieder nach unten gefahren wird. Damit wird nämlich die Macht der ach so beliebten Kanzlerin gesichert und die SPD bleibt in der Opposition oder wird allenfalls Kellner der Köchin Merkel.
Der „Kampagnenjournalismus“ war also wieder einmal erfolgreich.
Die Unterzeichner der Pressemitteilung, Carsten Schneider oder Johannes Kahrs, der schon mal innerparteiliche Gegner durch nächtliche Stalkingattacken ausschaltet, hatten sich mit Sicherheit schon Posten als Staatssekretäre oder gar als Minister im Finanz- oder im Verteidigungsressort ausgerechnet. Und jetzt müssen sie nicht nur den Absturz ihres Wunschkandidaten hinnehmen sondern womöglich auch noch die Hoffnung auf eine Regierungsbeteiligung der SPD (Siehe ARD-Deutschlandtrend) und damit ihren eigenen Karrieresprung aufgeben.
Kein Wunder, dass es Ihnen jetzt „reicht“. Die Frage bleibt, ob es der SPD endlich auch mit den „Seeheimern“ reicht.
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