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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 10. Januar 2013 um 8:37 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Albrecht Müller
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Siehe dazu: Health at a Glance: Gesundheitsausgaben sinken, Ausnahme Deutschland
Wie die gemeinsame Studie der OECD und der Europäischen Kommission zeigt, schrumpften die Pro-Kopf-Gesundheitsausgaben im Schnitt der Europäischen Union 2010 um 0,6 Prozent. Zwischen 2000 und 2009 waren sie jährlich um 4,6 Prozent gewachsen. Eine ähnliche Bewegung verzeichnen jene europäischen Länder, die nicht Mitglied der EU sind. Am stärksten war der Einbruch in Irland (-7,9%), Estland (-7,3%), Island (-7,1%) und Griechenland (-6,7%).
Quelle: OECD
Anmerkung WL: Da Wirtschaft angeblich zu 50% Psychologie ist, ist gegen dieses Pfeifen im Walde des Hauptverbandes der Bauindustrie nichts zu sagen. Wenn man von den Tatsachen ausgeht, dann stagniert die Bauwirtschaft, wenn man die Inflation abrechnet.
Dazu: Deutsche Wirtschaft kann der Krise trotzen
Das deutsche Baugewerbe, die Bauindustrie, der Groß- und Außenhandel wie auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) blicken optimistisch ins neue Jahr. Sie rechnen 2013 mit einer positiven konjunkturellen Entwicklung – trotz Eurokrise. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung prognostiziert für dieses Jahr eine positive konjunkturelle Entwicklung, so Ferdinand Fichtner, Konjunkturchef des DIW:
“Wir wachsen zwar, gemessen an der Wachstumsrate in Deutschland nur mit 0,9 Prozent, das verschleiert aber so ein bisschen, dass wir im Jahresverlauf eine relativ kräftige Beschleunigung sehen werden.”
Im kommenden Jahr sei dann sogar ein Wachstum von mehr als zwei Prozent möglich.
Quelle: dlf
Anmerkung unseres Lesers G.K.: Die Deutschlandfunk-Überschrift “Deutsche Wirtschaft kann der Krise trotzen” gehört in die Kategorie jener dümmlich-selbstgerechten Medien- und Politiksprüche, die eine ökonomische Überlegenheit Deutschlands gegenüber dem Rest der Welt suggerieren, häufig angereichert um die ebenso dümmliche Forderung, Europa (wenn nicht gar der Rest der Welt) müsse so werden wie Deutschland (was in der Konsequenz bedeuten würde, dass dann die mittels weltweitem Dumping produzierten Waren an die Marsbewohner und an sonstige Außerirdische exportiert werden müssten).
Die vom DIW verbreitete eitle Selbstzufriedenheit und Selbstgerechtigkeit vernebelt die Tatsache, dass die über viele Jahre von Deutschland betriebene Dumpingpolitik ebenso wie die maßgeblich unter deutscher Anleitung den europäischen Krisenstaaten diktierte Kaputtsparpolitik die eigentliche Ursache dafür ist, dass die deutsche Wirtschaft hinsichtlich Wirtschaftswachstum und Beschäftigung momentan (und wohl auch in der näheren Zukunft) in Europa der Einäugige unter den Blinden ist. Der deutsche Leistungsbilanzüberschuss soll sich im Jahre 2013 lt. DIW-Prognose auf enorme 6,2 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt belaufen, mit der Konsequenz, dass die Auslandsverschuldung (indirekt wegen der BIP-Wachstumsverluste auch die Staatverschuldung) jener Staaten weiter anwachsen wird, die unter Außenhandelsdefiziten leiden. Die deutsche Exportwirtschaft ist auch hinsichtlich des für sie sehr vorteilhaften Euro-Umtauschkurses zu den Währungen der Nicht-Eurozonenstaaten der eindeutige Profiteur der Eurokrise.
Zur Lage auf dem Arbeitsmarkt zitiert der DLF den DIW-Konjunkturexperten Ferdinand Fichtner wie folgt: “Der deutsche Arbeitsmarkt ist eigentlich schon seit einigen Jahren in einer sehr, sehr guten Verfassung.” Das ist eine unglaubliche Schönfärberei des deutschen Arbeitsmarktes: die Lage dort ist nicht nur “gut” oder “sehr gut”, sondern sogar “sehr, sehr gut”. Obwohl auch dem DIW-Aufschwungspropagandisten Fichtner die massiven Manipulationen und Schönfärbereien der deutschen Arbeitslosen- und Beschäftigungsdaten bekannt sein dürften, schämt er sich allem Anschein nach nicht im geringsten, diesen neoliberalen Unsinn zu stützen. Doch nicht nur die Realität auf dem deutschen Arbeitsmarkt wird vom DIW-Konjunkturchef geschönt, sondern auch die Lohnentwicklung: “Sodass die insgesamte Situation am Arbeitsmarkt was die Beschäftigung, aber auch was die Lohnentwicklung sehr, sehr ordentlich ist.” Auch die Lohnentwicklung ist nicht nur “ordentlich” oder “sehr ordentlich”, sondern “sehr, sehr ordentlich”. Bei diesen Superlativen denkt man an Reallohnsteigerungen von 3 Prozent und mehr, nicht jedoch an solche von weniger als 1 Prozent.
Auch der private Verbrauch wird einmal mehr in bunten Farben gezeichnet. Dieser soll im gerade begonnenen Jahr lt. DIW real um 1,1 Prozent ansteigen (nach 0,7 Prozent in 2012). Nachdem der private Verbrauch von den hiesigen Wirtschaftsforschungsinstituten in den vergangenen Jahren gegenüber der tatsächlichen Entwicklung häufig zu positiv prognostiziert wurde, bleibt abzuwarten, wie dieser sich in 2013 tatsächlich entwickeln wird. Der Blick in die deutschen Medien zeigt jedenfalls, dass diese durch die Nutzung der Vokabel “kräftig” den vom DIW prognostizierten Anstieg um 1,1 Prozent verbal eine Nummer zu hoch hängen.
Was die DIW-Prognose für das Jahr 2014 anbelangt – das Bruttoinlandsprodukt soll lt. DIW-Prognose um 2,2 Prozent ansteigen – so muss man diesbezüglich feststellen: Unsere Wirtschaftsforschungsinstitute scheitern regelmäßig daran, halbwegs zutreffende Prognosen für einen Zwölfmonatszeitraum abzugeben. Man kann es nur als vermessen bezeichnen, wenn DIW-Konjunkturchef Fichtner Anfang Januar 2013 trotz Weltfinanzkrise und Eurokrise nach tiefem Blick in die DIW-Glaskugel in geradezu kesser Manier mit einer Wachstumsprognose von 2,2 Prozent für Deutschland aufwartet. Fichtner kann sich jedoch gewiss sein: Die schwarz-gelbe Bundesregierung ebenso wie die hiesigen neoliberalen Medien und Wirtschafts-“Experten” werden diese DIW-Steilvorlage ebenso wie die gänzlich fehlende DIW-Kritik an der zerstörerischen, auf dem Rücken der Durchschnitts- und Geringverdiener innerhalb der europäischen Krisenstaaten ausgetragenen Europapolitik der schwarz-gelben Bundesregierung für Zwecke des Wahlkampfs und der politischen Einlullung der deutschen Bevölkerung willig aufgreifen.
Anmerkung unseres Lesers G.G: Schade, dass nur noch wenige Journalisten wirklich investigativen Journalismus wie hier betreiben.
Anmerkung Jürgen Karl: Sehr gut dargestellt, dass Adam Smith mit den heutigen marktradikalen Dogmatikern soviel gemeinsam hat wie Karl Marx mit dem Massenmörder Stalin. An der Rezeptionsgeschichte Adam Smith’ “Wohlstand der Nationen” lässt sich erkennen, dass man auch in früheren Zeiten vor Meinungsmanipulation nicht sicher war. Es wird also Zeit Adam Smith aus der Geiselhaft der Neoliberalen zu befreien.
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Klar: die Bahn wird ihre Schienen demnächst ins billigere China verlegen (und die Lokführer dort rekrutieren), und die Klempner kommen dann aus dem nahen Polen angeflogen… Im Ernst: wenn es einen Mangel an z. B. Lokführern gibt, warum mußte dann wegen einer Lohnerhöhung, die nur die Inflation ausgleicht, fast ein Jahr lang gestreikt werden? Warum wird den angeblich so gesuchten Alten- und Krankenpflegern nicht einmal ein Lohn zugestanden, von dem sie ohne Hartz-IV-Aufstockung oder Zweitjob leben können? Und wie kann es bei den Ärzten einen ernsthaften Fachkräftemangel geben, wenn die Arbeitgeberseite mit der den Mangel verschärfenden *Entlassung* der angeblich so begehrten Fachkräfte drohen kann, wie am selben heutigen Tag die FAZ berichtet???
Tarifverhandlungen: Ärzte fordern mehr Geld für Nachtdienste
Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund verlangt 6 Prozent mehr Gehalt für Ärzte an kommunalen Krankenhäusern. Außerdem sollen Bereitschaftsdienste besser bezahlt werden. Die Arbeitgeber sagen: „Das wäre nur mit Personalabbau denkbar“.
Quelle: FAZ
Anmerkung WL: Bei solchen Lohnabständen ist es kein Wunder, dass die deutsche Wirtschaft auf eine Reservearmee von Arbeitnehmern aus dem Ausland drängt und dass die deutsche Politik nun um Arbeitnehmer aus den EU-Krisenstaaten wirbt.
Anmerkung Orlando Pascheit: Man braucht nur zu realisieren, welche Parteien und Politiker sich in dieser Frage hinter Steinbrück stellen.
Anmerkung J.B.: Damit wäre die FDP endlich dort angekommen, wo sie hingehört.
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