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- EU-Sozialbericht zeichnet Europa in düsteren Farben
Der Europäischen Union droht eine soziale Spaltung zwischen Nord- und Südländern. Während Staaten wie Deutschland in der anhaltenden Krise vergleichsweise gut dastehen, wachsen die wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede zu Sorgenkindern wie Spanien und Griechenland, wie die EU-Kommission am Dienstag in Brüssel mitteilte. Die Spaltung spiegelt sich in der neuen Rekordarbeitslosenquote in der Eurozone von 11,8 Prozent wider.
Die EU-Kommission stellt in einem Bericht über Beschäftigung und die soziale Lage in Europa im Jahr 2012 einen „besorgniserregenden Trend“ und ein „neues Muster“ der Auseinanderentwicklung zwischen Ländern aus dem Norden und dem Süden fest: Der Unterschied bei der Arbeitslosenquote zwischen diesen beiden Regionen lag im Jahr 2000 bei 3,5 Prozentpunkten und verschwand bis 2007 sogar. Seit dem Beginn der Finanz- und Schuldenkrise ist die Spaltung aber wieder auf 7,5 Prozent gewachsen…
In Spanien lag die Quote im November bei 26,6 Prozent, die letzte Statistik für Griechenland aus dem September weist eine Arbeitslosenquote von 26,0 Prozent aus.
Auch bei der Jugendarbeitslosigkeit sind Spanien und Griechenland mit Quoten von 56,5 Prozent beziehungsweise 57,6 Prozent besonders betroffen. Insgesamt stieg die Arbeitslosigkeit in der Eurozone mit einer Quote von 11,8 Prozent und 18,82 Millionen Menschen ohne Job auf ein neues Rekordhoch. In allen 27 EU-Ländern zusammen wuchs die Zahl der Arbeitslosen aufgrund der schlechten Entwicklung in der Eurozone auf mehr als 26 Millionen an.
Quelle 1: Tagesspiegel
Quelle 2: Zusammenfassung des über 470 Seiten starken EU Sozialberichts: Employment and Social Developments: growing divergence and higher risks of long-term exclusion
Quelle 3: Download der Langfassung
Anmerkung WL: Was man in deutschen Medien nur ganz selten lesen konnte:
Die Analyse der Mindestlöhne zeigt, dass Länder mit höheren Mindestlöhnen haben weniger Qualifizierte nicht aus ihrem Job gedrängt, sondern sie tendieren im Gegenteil zu höheren Beschäftigungsraten für diese. Mindestlöhne haben auch das Potential die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern zu verringern. (S. 321 ff.)
Der Bericht zeigt auch, dass die reale Steigerung der Nettolöhne von 2001 bis 2011 mit 6,1% in kaum einem anderen so niedrig war wie in Deutschland (und Österreich). (S. 311)
Ansonsten ist der Sozialbericht eine Bankroterklärung der Euro-Rettungspolitik. Allen Krisengipfeln zum Trotz geht die Spirale im Süden ständig nur abwärts.
Dazu die Einschätzung aus den USA:
EU Austerians Rely on U.S. Stimulus to Bail Them Out of Recession
The New York Times’ web version ran a story this morning (January 8, 2013) entitled “Unemployment Continues to Climb in Euro Zone.”…
Here are the most prominent forms of madness discussed in the article. First, “Economists surveyed by Reuters expect the E.C.B. to leave policy unchanged Thursday, as the central bank waits for a clearer picture of the economic situation to emerge.” How many millions must be must lose their jobs and how many kids have to emigrate before the ECB can see “a clearer picture?” How many Eurozone nations have to be forced into Great Depressions? We need a new Marshall Plan to send Windex to the ECB.
Second, the article concedes that:
Attacking joblessness may require governments to ease back on austerity measures that many economists, including some at the International Monetary Fund, say might have gone too far.
“Might” – “may” – “too far” – “ease back” – each of these terms is misleading. The worst possible response to the Great Recession was austerity — which is what Berlin, using the leverage of its de facto control over the ECB, inflicted on the Eurozone. Austerity is a pro-cyclical policy that makes a recession or depression worse by causing already inadequate demand to become even more inadequate. Austerity in response to the Great Recession is an act of economic malpractice equivalent to the medical practice of bleeding patients. The proper response, which economists overwhelmingly support, is counter-cyclical policies (“automatic stabilizers”) that respond to a recession by increasing private and public sector demand through a combination of tax decreases and government spending increases.
There is no “may” or “might” about austerity causing recessions to worsen — we have run a “natural experiment” and it has produced the results predicted by economic theory and repeatedly demonstrated by history. The Eurozone tried austerity and the U.S. used (a very limited stimulus). The Eurozone was promptly forced back into a gratuitous recession — with much of the periphery forced into depression. The U.S.’s policy of (modest) stimulus (relative to the size of the demand shortfall) produced a modest but persistent recovery.
Quelle: Huffington Post
- Kluft zwischen Arm und Reich gefährdet Weltwirtschaft
Klimawandel, Staatspleiten, Wassermangel: Weltweit wächst die Krisengefahr, zeigt eine Studie des Weltwirtschaftsforums. Die insgesamt tausend befragten Experten warnen vor allem vor extremen Unterschieden beim Einkommen – weil sie der Ökonomie schaden.
Als größtes Risiko wird eine stark zunehmende Einkommensungleichheit genannt. Von allen Szenarien werde dieses am wahrscheinlichsten in den kommenden zehn Jahren eintreten. Das Thema Ungleichheit sorgt seit einiger Zeit für verstärkte Diskussionen – auch weil die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich als ein wesentlicher Auslöser von möglichen Krisen gilt.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung J.K.: Es ist eines der Rätsel des aktuellen Zeitgeschehens, obwohl inzwischen fundiert belegt ist, dass die neoliberale Ideologie eigentlich nur soziale und ökonomische Katastrophen produziert, wird gerade von den politischen Verantwortlichen in Deutschland eisern an dieser absurden Ideologie festgehalten.
Das gerade aus der Ecke des World Economic Forum eine stark zunehmende Einkommensungleichheit als großes Risiko eingestuft wird, erstaunt. Galt doch bisher das World Economic Forum als Hochburg der neoliberalen Ideologie.
- Der IWF wusste es die ganze Zeit besser
Ein großes Rauschen geht durch den Blätterwald: Nach drei Jahren Dauersparen in den europäischen Krisenländern hat der Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds (IWF), Olivier Blanchard, eingestanden, dass der Fonds die negativen Effekte der Sparpolitik auf die Wirtschaftsleistung deutlich unterschätzt und damit – ups – die Krise noch weiter verschärft hat…
Im Mittelpunkt von Blanchards Analyse steht der sogenannte “fiskalische Multiplikator”, der den Effekt staatlicher Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen auf das Wirtschaftswachstum misst. In der Vergangenheit hat der IWF diese Größe immer wieder unterschätzt – jetzt gibt Blanchard zu, dass dies auch im Fall von Griechenland und anderen Krisenstaaten geschehen ist. Grundsätzlich gilt: Je höher der Multiplikator ist, desto stärker fällt das Wachstum, wenn der Staat spart – und desto stärker steigen auch die staatlichen Schulden. Denn wenn die Wirtschaftsleistung fällt, sinken auch die Steuereinnahmen und die Staatsausgaben steigen, was am Ende die Schulden nach oben treibt: Firmen gehen pleite, Menschen verlieren ihren Job und müssen Arbeitslosen- und Sozialhilfe in Anspruch nehmen.
Quelle: Zeit Herdentrieb
- Die Bundesregierung muss einräumen: Sparen ist teuer
Weitergespart werden soll trotzdem – gewerkschaftsnahe Ökonomen warnen.
Der Austeritätskurs der Bundeskanzlerin für Europa ist zwar nicht alternativlos, aber er führt unweigerlich in die Krise. Das belegen Zahlen, die die Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag und das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie (IMK) jetzt vorgelegt haben. Doch nach wie vor ist die Bundesregierung von ihrem Kurs überzeugt. Mit einer anderen Politik wäre alles viel schlimmer gekommen, und obendrein würde Griechenland sein Anpassungsprogramm nicht ordentlich umsetzen…
Auch die Bundesregierung kommt nicht mehr umhin festzustellen, dass Sparprogramme eine teure Angelegenheit sein können. In ihrer Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion gesteht sie ein, dass Investitionen und Konsum “durch die hohe wirtschaftliche Unsicherheit und die angespannte Finanzierungssituation eingeschränkt” werden. In den Jahren 2012 und 2013 würde der private Konsum voraussichtlich um 7,7 und 6, 9 Prozent zurückgehen, die Einfuhren gar um 10 und 6 Prozent. Was davon direkt auf die aufoktroyierten “Anpassungsmaßnahmen” zurückzuführen sei, könne jedoch nicht unmittelbar abgeleitet werden, so die Regierung…
Quelle: Telepolis
- Hartz IV-Quoten unter Jugendlichen
Im September 2012 lebten in der Bundesrepublik Deutschland 8,6 Prozent (778.000) der insgesamt etwa 9,0 Millionen jungen Menschen im Alter von 15 bis unter 25 Jahren in SGB II-Bedarfsgemeinschaften (Hartz IV). Die vom Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) berechneten SGB II-Quoten (15 bis unter 25 Jahre) reichen in den Ländern von 19,9 Prozent in Berlin bis 3,2 Prozent in Bayern und in den 402 Kreisen von 21,8 Prozent in Gelsenkirchen, 19,9 Prozent in Bremerhaven und Berlin, 18,7 Prozent im Landkreis Uckermark und Salzlandkreis und 18,5 Prozent in Essen und Delmenhorst bis 0,9 Prozent in den Landkreisen Unterallgäu und Freising und 0,8 Prozent im Landkreis Eichstätt. Duisburg belegt in diesem Negativ-Ranking Rang 15 (17,2 Prozent), Dortmund Rang 25 (15,9 Prozent).
31.000 (4,0%) der 778.000 Leistungsberechtigten im Alter von 15 bis unter 25 Jahren gelten rechnerisch als „nicht erwerbsfähig“, 747.000 als „erwerbsfähig“. Im September 2012 waren 156.000 Jugendliche im Alter von 15 bis unter 25 Jahren als Arbeitslose im Rechtskreis SGB II registriert. Gemessen an den 747.000 erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in dieser
Altersgruppe entsprach dies einer Quote von 20,9 Prozent.
Quelle: Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) [PDF – 195 KB]
- Spaniens großes Rentenplündern
Spanien hat in seiner Finanznot klammheimlich das noch prallste Sparschwein des Landes geplündert, den Reservefonds der Sozialversicherung. Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit hat die Regierung damit die eigenen, zunehmend riskanten Staatsschuldenpapiere gekauft und einen Teil des Geldes für dringende Sofortzahlungen verwendet.
Das große Plündern aber wird kaum länger so weitergehen können, denn inzwischen ist der Topf fast leer. Mindestens 90 Prozent des ursprünglich
65 Milliarden Euro schweren Fondsvermögens sind zweckentfremdet worden.
Und obwohl es bisher keine öffentliche Kontroverse über die Geldentnahme gab, kommen nun Zweifel auf, ob der Reservefonds seine Aufgabe als Garant künftiger Rentenzahlungen überhaupt noch erfüllen kann…“
Quelle: Wall Street Journal
- Die Armut der Politik
Das Menschenrecht auf Nahrung – und der Irrweg der Tafelbewegung
„Wir werden Leistungen des Staates kürzen, Eigenverantwortung fördern und mehr Eigenleistung von jedem Einzelnen abfordern müssen“. Mit diesen markigen Worten brachte der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder vor nun bald zehn Jahren, nämlich am 14. März 2003, seine Agenda-2010- und Hartz-IV-Politik im Bundestag auf den Punkt. Seither wurde die deutsche Exportrate in erstaunlichem Maße gesteigert – immer zu Lasten auch der europäischen Konkurrenten; gleichzeitig wurden Löhne und Gehälter dramatisch gesenkt – mit erheblichen Folgen für den „gesellschaftlichen Zusammenhalt“, wie es die jüngste Vorlage des Armuts- und Reichtumsberichts aus dem Hause von der Leyen treffend zum Ausdruck brachte (allerdings nur vor ihrer „Glättung“ durch das Bundeswirtschaftsministerium Philipp Röslers).
Die Bundesrepublik verfügt zwar über einen ausgebauten Sozialstaat und eine lange Tradition der sozialen Sicherung, die für nicht wenige Staaten vorbildlich ist. Dennoch hat die Armut in diesem reichen Land in den letzten Jahren erheblich zugenommen.
Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik
- Arbeitgeber müssen Millionen nachzahlen
Arbeitgeber sparen jährlich Millionen, weil sie keine oder zu geringe Sozialabgaben für ihre Beschäftigten bezahlen. Vergangenes Jahr trieb die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRVB) bei den Unternehmen erneut eine Rekordsumme an Nachforderungen für nicht gezahlte Beiträge ein. Die Nachforderungen hätten sich auf 432 Millionen Euro belaufen, erklärte ein DRVB-Sprecher.
Quelle: Tagesschau
- Irland legt bei Steueroasen-Werbung noch einen drauf
Sofort hat die Irische Ratspräsidentschaft sich noch gegen meine Vorwürfe (hier) ihre EU Rats-Präsidentschaft für aggressiven Steuerwettbewerb zu missbrauchen, verteidigt. Die Steuergesetze entsprächen allen internationalen Standards.
Jetzt aber wurde die Unterseite auf der Homepage, die eigentlich über die Präsidentschaft informieren soll, noch aufpoliert. Mit dieser anschaulichen Grafik (s.u.) soll noch einmal verdeutlicht werden, dass ausländische Investitionen nirgendwo besser aufgehoben wären als in Irland. Respekt vor den europäischen Partnern und eine Form der Kommunikation, die einer EU-Präsidentschaft angemessen integrativ ist:
Fehlanzeige.
Irland legt es sich zurecht, wie es gerade passt. Hier im Werbemodus wird stark betont, wie groß der Unterschied zwischen den 12,5% Unternehmenssteuer in Irland und zum Beispiel 33,33% in Frankreich ist: http://bit.ly/VPYI65 (Irland: erster Kreis in Grün, Frankreich: vierter
Kreis)
Wenn es in unangenehmer Lage aber darum geht den irischen Dumpingsatz zu verteidigen, wird schnell Bezug auf eine Studie vom Beratungsunternehmen PWC genommen (http://bit.ly/UxTXh5), die ausgerechnet hat, dass der effektive Satz in Frankreich nur 8,2% sein.
So zum Beispiel hier: http://bit.ly/11bbbbm (Minister for Enterprise Richard Bruton has defended Irelands corporation tax system).
Hier gibt es die Werbegraphik in voller Schönheit
Quelle: Sven Giegold
- Exporte: Rezession in Euro-Zone bremst Rekordjagd
Die Rezession im Euroraum hat die deutsche Exportwirtschaft auf ihrem Weg zu neuen Rekorden gebremst, aber nicht gestoppt. Im November 2012 gaben die Ausfuhren im Vergleich zum Vormonat um 3,4 Prozent auf 94,1 Milliarden Euro nach, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mitteilte.
Dennoch bleiben Deutschlands Exporteure auf Rekordkurs: Schon in den ersten elf Monaten lieferten sie Waren im Wert von mehr als einer Billion Euro in alle Welt. 2011 hatten sie diese magische Schallmauer erstmals übersprungen – allerdings erst am Nikolaustag.
Quelle 1: Zeit.de
Quelle 2: Statistisches Bundesamt
- Germany is not profiting from the eurozone
The export boom may benefit German industry, but wages and living standards have stagnated and poverty is rising
Between 1998 and 2011, German exports grew by over 115%. Export growth, however, did not translate into economic growth. According to Eurostat, during 1998-2011 Germany grew at an average annual rate of close to 1.4%, compared to around 1.5% for France, 1.8% for the Netherlands, 2.7% for Sweden, 2% for Britain, and average growth of 1.7 % for the EU as whole. Germany also lagged significantly behind the United States which achieved over 2%. Only Japan, Italy, Portugal and, according to some calculations, Denmark performed worse than Germany.
While German industry has enjoyed record export and profit growth, ordinary Germans have not had much economic joy over the past 13 years. As Charles Dumas of Lombard Street Research has demonstrated, real personal disposable income per capita rose by just over 7% from 1998 to 2011, compared to growth of 13% for Spain and around or over 18% for Britain, France and the US. German income growth lagged behind almost all OECD countries; only Italy and Japan performed worse. Germany today is a poorer country compared to many EU members than it was in 1998.
Quelle: Guardian
Anmerkung WL: In seiner Analyse wandelt der Guardian-Autor allerdings auf Hans-Werner Sinns Spuren mit der Behauptung die Bundesbank finanziere über Target 2-Krediten den Export. Siehe dazu: Die SPD, Hans Werner Sinn und die Billionenfrage
- Billige Pläne kosten viel Zeit und Geld
Zum vierten Mal muss der Eröffnungstermin für den neuen Hauptstadtflughafen wohl verschoben werden: Aus dem 30. Oktober 2011 wurde frühestens 2014. Auf die ursprünglich geplanten Kosten von 2,8 Milliarden Euro müssen 1,5 Milliarden Euro draufgeschlagen werden. Wie kann so etwas passieren? Fragen und Antworten.
Die entscheidenden Fehler passieren bereits vor dem ersten Spatenstich, die Planung ist das Problem. Und hier liege die Verantwortung vor allem beim Bauherren. Er müsse vor der Ausschreibung des Auftrags an die Baufirmen festlegen, welche Leistungen diese erbringen müssten und das vertraglich vereinbaren. Spätere Änderungen werden teuer, wie das Beispiel Berlin zeigt…
Quelle: SZ
- Steinbrücks Nähe zur Stahlindustrie sorgt für Unmut
Dass SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück in seiner Zeit als Thyssen-Krupp-Aufsichtsrat dem Stahlkonzern seine politische Hilfe für günstigere Strompreise angeboten hat, stößt auf breite Kritik. Vor allem den Grünen reißt der Geduldsfaden mit dem Spitzen-Genossen. Sie SPD reagiert gereizt und spricht von einer Kampagne gegen ihren Kandidaten. Und auch Thyssen-Krupp geht in die Offensive.
Hintergrund ist ein Bericht des Handelsblatts vom Dienstag. Steinbrücks Angebot an ThyssenKrupp geht demnach aus einem Protokoll des Aufsichtsrats vom 31. Januar 2012 hervor. Während der Sitzung hat danach ein Vertreter der Arbeitnehmerseite die hohen Stromkosten für deutsche Industriekunden kritisiert.
Steinbrück hat laut Protokoll geäußert, “wenn aus dem Kreis des Aufsichtsrats eine Initiative (…) ergriffen werde, sei er gerne zur politischen Unterstützung bereit”. Als energieintensives Unternehmen würde ThyssenKrupp von einer Senkung der Strompreise erheblich profitieren. Aufsichtsratschef Gerhard Cromme nahm laut Sitzungsprotokoll Steinbrücks “Anregung gerne auf”.
Quelle: Handelsblatt
Anmerkung WL: Jedermann weiß doch, warum Politiker in Aufsichtsräte berufen werden. Es geht doch immer darum, dass die Interessen des jeweiligen Unternehmens auf der politischen Ebene eingebracht und vertreten werden. Insofern ist die Empörung von CDU und vor allem der Klientelpartei FDP reine Heuchelei. Wenn etwa der Vize-Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Volker Wissing, Steinbrück vorwirft, „immer offensichtlicher Politik für Banken und die Großindustrie“ zu machen, so ist das aus dem Munde eines FDP-Politikers nur noch lächerlich. Der Vorgang zeigt, wie wichtig eine Karenzzeit für Politiker bei der Übernahme von Funktionen in Unternehmen wäre und das Verbot für Politiker Aufsichtsratsmandate annehmen zu dürfen.
Dazu: Stephan Hebel: Mehr Politik, weniger Steinbrück
Beim Nominierungsparteitag im Dezember hat Peer Steinbrück einen schönen Satz gesagt: „Deutschland braucht wieder mehr Wir und weniger Ich.“ Damals ging es um soziale Gerechtigkeit. Heute muss der Satz ein wenig abgewandelt werden: „Steinbrück braucht mehr Wir und weniger Ich.“ Mehr Politik und weniger Steinbrück – dann wäre er wirklich eine starke Figur.
Quelle: FR
- Profis pumpen Milliarden in deutsche Immobilien
Mehr als 25 Milliarden Euro steckten Großanleger im vergangenen Jahr in deutsche Gewerbeimmobilien. Der Wert liegt je nach Art der Messung um 8 bis 11 Prozent über dem des Vorjahres.
Ausschlaggebend war nach Angaben der Experten vor allem ein fulminantes Schlussquartal mit Portfoliodeals im Milliardenbereich. Beispiele sind die Verkäufe der TLG Immobilien und des Karstadt-Pakets inklusive KaDeWe für jeweils rund 1,1 Milliarden Euro. Zudem hätten große Einzeltransaktionen wie der Verkauf des Bürohauses “Frankfurter Welle” für gut 400 Millionen Euro sowie des “Kranzler Ecks” in Berlin für rund 375 Millionen Euro eine wichtige Rolle gespielt. Laut CBRE wurde allein in den letzten drei Monaten 2012 mehr investiert als im gesamten Investmentjahr 2009…
Bemerkenswert: Insbesondere Investoren aus dem Ausland haben offenbar wieder zunehmendes Interesse am Kauf hiesiger Gewerbeobjekte. Laut CBRE gehen alleine acht der zehn größten Portfoliotransaktionen auf das Konto ausländischer Investoren. Dementsprechend habe sich deren Anteil am gesamten Transaktionsvolumen von 32 Prozent im Vorjahr auf 42 Prozent erhöht.
Aber nicht nur Gewerbeimmobilien sind gefragt wie lange nicht. Auch am deutschen Wohnimmobilienmarkt herrscht große Nachfrage. Vor allem umfangreiche Paketdeals haben es den institutionellen Investoren dort offenbar angetan. Je nach Messmethode lag das Umsatzplus bei den Wohnungsportfolios gegenüber dem Vorjahr bei knapp 50 bis 84 Prozent, letzteres ermittelt von CBRE. Das Handelsvolumen beziffern die Experten unisono auf zehn bis elf Milliarden Euro, den höchsten Wert seit fünf Jahren, wie unter anderem Helge Scheunemann, Leiter Research JLL Deutschland, feststellt.
Quelle: manager magazin
Anmerkung WL: Kein Wunder, dass die Preise für Immobilien explodieren.
- Lucas Zeise: Der vermiedene Sturz in den Abgrund
Der Absturz vom »fiscal cliff«, wie die Medien den Vorgang in den USA nennen, war Ergebnis eines politischen Kompromisses, ganz so wie das Vermeiden des Absturzes ein solcher war. Der geplante Crash ist das, was bei uns in ähnlich verdrehter Namensgebung »Schuldenbremse« genannt wird. So wie hier die staatstragenden Parteien mit satter, das Grundgesetz ändernder Mehrheit einen Beschluss gefasst hatten, der die Entscheidungen künftiger Parlamente vorfestlegen soll, so hatten auch die US-Parlamentarier mit satter, parteiübergreifender Mehrheit einen Automatismus in die Budgetentscheidung von Regierung und Parlament eingebaut. Das war damals eine reife politische Leistung. In der Neujahrsnacht bestand die reife Leistung der politischen Elite des Landes darin, den Automatismus zu umgehen. Kräftige Steuererhöhungen und zügige Ausgabenkürzung (also genau die Politik, die Angela Merkel dem europäischen Süden vorschreibt) sind nun vermieden. Sie hätten, folgt man der US-amerikanisch geprägten Meinungsbildung, zum Absturz der Wirtschaft geführt. Die Bürger, reich und arm gleichermaßen, hätten noch weniger Geld zum Ausgeben zur Verfügung gehabt, zudem hätte der Staat auch weniger ausgegeben und verteilt. Kurz, die effektive Nachfrage wäre um einige zehn oder auch hundert Milliarden eingebrochen. Noch immer sind – trotz ihrer Wirtschaftskrise – die USA der bei weitem größte Absatzmarkt des Globus. Ganz wie 2007/08 hätte ein solcher Einbruch der Nachfrage zum Absturz der meisten Volkswirtschaften geführt. – Harmlos war und ist das Ganze dennoch nicht. Es ist auch kein Trost, dass in Europa die Lage noch schlimmer ist. Was das Wandeln am Abgrund, den Umgang mit Schuldenbremse und Fiskalpakt und die befohlene Kürzung von Ausgaben betrifft, ist die herrschende Truppe im deutsch dominierten Europa so schlimm wie der rechte Flügel der Republikaner.
Quelle: junge Welt
Anmerkung WL: Wenigstens in einem Punkt muss sich Lucas Zeise vertan haben: Mir wäre nicht aufgefallen, dass die Kanzlerin in Deutschland oder in Europa für kräftige Steuererhöhungen eingetreten wäre – schon gar nicht bei den Vermögenden.
- Bernd Riexinger: Lackmustest Umverteilung
In getrennten Interviews plädierten vor wenigen Wochen der DGB-Vorsitzende Michael Sommer und der IG-Metall-Vorsitzende Berthold Huber mehr oder weniger direkt für eine Wiederauflage der großen Koalition. Zwei wichtige Gewerkschaftsführer zeigen der Öffentlichkeit, daß sie keinesfalls gewillt sind, ihre Organisationen für einen Politikwechsel im Bundestagswahljahr 2013 zu mobilisieren, sondern daß sie mit Angela Merkel als Bundeskanzlerin und der SPD als Juniorpartnerin durchaus leben können. (…) In Wirklichkeit sind Millionen Menschen nicht gut durch die Krise gekommen. Über acht Millionen Menschen müssen im Niedriglohnbereich arbeiten, davon 1,5 Millionen unter fünf Euro die Stunde. Prekäre Arbeitsverhältnisse wie Leiharbeit, Befristungen, Minijobs, unfreiwillige Teilzeitarbeit bzw. Werkverträge dehnen sich krebsartig aus. Die Tarifbindung der ostdeutschen Beschäftigten ist unter 40 Prozent und der westdeutschen unter 60 Prozent gefallen. (…) Unter gewerkschaftlichen und gewerkschaftsnahen Ökonomen gibt es keinen Zweifel, daß die wirtschaftlichen Ungleichgewichte zwischen den Ländern und Regionen eine Ursache für die »Schuldenkrise« sind. Deutschland trägt mit seinen immer noch wachsenden Exportüberschüssen, gestützt auf eine geringe, wenn nicht gar stagnierende Lohnstückkostenentwicklung erheblich zu diesen Ungleichgewichten bei. Sinkende Reallöhne in einem politisch gewollten, extrem gespaltenen, auseinanderdifferierenden und deregulierten Arbeitsmarkt sind neben einer hochproduktiven und weltmarktorientierten Industrie eine wesentliche Basis für diese Entwicklung.
Quelle: junge Welt
Anmerkung unseres Lesers G.K.: Auch jenen Ökonomen, die den Unternehmerverbänden nahestehen, dürfte entgegen ihrer in der Öffentlichkeit abgegebenen Stellungnahmen ganz unmissverständlich klar sein, dass die seit der Fixierung der Euro-Umtauschkurse der einstmals eigenständigen europäischen Währungen im Jahre 1999 massiv angestiegenen deutschen Exporte und Außenhandelsüberschüsse ganz maßgeblich die Folge des hiesigen Lohn- und Sozialdumping sind. Nicht umsonst fürchten sich auch diese Ökonomen vor einem Auseinanderbrechen der Eurozone und einer Wiedereinführung der DM.
Bernd Riexinger schreibt in seinem obigen Beitrag: “Relativ gut durch die Krise sind also, wenn überhaupt, die »Kernbeschäftigten« der gut verdienenden Industrie und der noch besser verdienenden Exportindustrie gekommen.”
Die vergleichsweise – gemessen an den auch im europäischen Maßstab miserabel entlohnten Beschäftigten des deutschen Dienstleistungssektors – “gut” verdienenden Arbeitnehmer der hiesigen (Export-)Industrie werden von den deutschen Neoliberalen immer für deren abwegige Behauptung ins Feld geführt, hierzulande gäbe es kein Lohndumping. Denn die dem Arbeitgeberlager nahestehenden Ökonomen unterschlagen zwei wesentliche Aspekte:
- Der IMK-Report “Zu schwache deutsche Arbeitskostenentwicklung belastet Europäische Währungsunion und soziale Sicherung” [PDF – 1.9 MB] zeigt, dass die Entwicklung der industriellen Lohnstückkosten des ökonomisch dominierenden EU-Staates Deutschland seit dem Jahre 2000 lediglich von Irland unterboten wird (siehe Seite 10, Abbildung 8). Die deutschen Industrieunternehmen haben den Produktivitätsfortschritt nicht im gebotenen Maße an ihre Beschäftigten weitergegeben. Die industriellen Lohnstückkosten in Deutschland liegen heute sogar knapp unterhalb des Niveaus vom Jahre 2000. Die Arbeitskosten je Stunde (d.h. ohne Berücksichtigung der vergleichsweise hohen deutschen Produktivität) liegen im europäischen Vergleich für die in der deutschen Industrie beschäftigten Arbeitnehmer unter Einbeziehung des nicht zur EU gehörenden Norwegen lediglich an sechster Position.
- Die behauptete “gute Bezahlung” trifft allenfalls – darauf weist Bernd Riexinger in seinem obigen Beitrag hin – auf die Kernbelegschaften zu. Und: Die vom miserabel entlohnten Dienstleistungssektor bezogenen Vorleistungen werden in den Gewinn- und Verlustrechnungen der Industrieunternehmen nicht als Personalkosten, sondern als Betriebs-, Verwaltungs- oder Vertriebskosten ausgewiesen. Erinnert sei hier beispielsweise an die Zeitarbeitsfirmen (die vom Statistischen Bundesamt unter der Rubrik “Unternehmensnahe Dienstleistungen” innerhalb des Dienstleistungssektors abgebildet werden) oder an Bewachungs- und Reinigungsdienste sowie Callcenter. Das seit Jahren von der Industrie betriebene “Outsourcing” von Dienstleistungen (z.B. Betriebskantinen) hat diese Entwicklung weiter beschleunigt. Die von der deutschen Exportindustrie betriebene Dumpingpolitik wird somit vom miserablen Lohnniveau innerhalb des deutschen Dienstleistungssektors mit angefeuert. Für den gesamten deutschen Dienstleistungssektor liegen die Arbeitskosten je Stunde im europäischen Vergleich (einschließlich Norwegens) lediglich an neunter Position.
In diesem Zusammenhang ist ein Disput innerhalb des Arbeitgeberlagers von Interesse, über den das Handelsblatt im Januar 2012 unter der Überschrift “Mittelstand macht gegen Dax-Chef Reitzle mobil” berichtete:
“Linde-Chef Wolfgang Reitzle hatte einen Austritt Deutschlands aus dem Euro ins Spiel gebracht – und erntet dafür reichlich Kritik. Vertreter aus Wirtschaft und Wissenschaft warnen vor dramatischen Folgen einer Abkehr. (…) „Die übergroße Mehrheit der mittelständischen Unternehmer in Deutschland will den Euro“, sagte Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbands der mittelständischen Wirtschaft, Handelsblatt Online. 87 Prozent der mittelständischen Unternehmen hätten sich in einer Umfrage klar zum Euro bekannt, fügte Ohoven hinzu. Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, warnte vor den dramatischen Folgen, die ein Austritt Deutschlands aus der Euro-Zone hätte. „Die Aufwertung würde stärker als alle in früheren Zeiten erlebten, so dass erhebliche Minderungen des Exports und der daran hängenden Beschäftigung drohten“, sagte Hüther Handelsblatt Online.”
Für den Fall der Wiedereinführung der DM warnen also auch der Präsident des Bundesverbands der mittelständischen Wirtschaft und der Chef des arbeitgebereigenen Instituts der deutschen Wirtschaft wegen der dann im Vergleich zum Euro und zu den übrigen Weltwährungen erfolgenden Aufwertung der wieder eingeführten DM vor einer Abschaffung des Euro und “erheblichen Minderungen des Exports und der daran hängenden Beschäftigung” (Hüther). Auch die genannten Herren scheinen von der immer wieder vorgeschobenen Behauptung nicht sonderlich überzeugt zu sein, der seit 1999 eingetretene massive Anstieg der deutschen Exporte und des deutschen Außenhandelsüberschusses sei v.a. das Resultat innovativer Produkte und einer stärkeren Kundenorientierung der deutschen Exportwirtschaft.
- US-Banken zahlen Milliarden für Hauspfändungen
Im Streit um kritische Hypotheken hat sich die Bank of America mit dem Hausfinanzierer Fannie Mae geeinigt. Das kostet Milliarden. Und wegen fehlerhafter Hauspfändungen zahlen gleich mehrere US-Banken Entschädigung…
Die US-Banken stehen seit Jahren wegen fragwürdiger Methoden bei Zwangsvollstreckungen in der Kritik. Vor allem das sogenannte Robo-Signing hatte für Empörung gesorgt. Übersetzt bedeutet dies „roboterhaftes Unterschreiben“. Gemeint ist damit, dass überlastete Sachbearbeiter sich angesichts der schieren Masse der Fälle kaum Zeit für eine eingehende Prüfung der Unterlagen genommen haben, sondern stattdessen im Minutentakt die Pfändungsbescheide erstellten…
Viele Schuldner landeten dabei zu Unrecht auf der Straße, wie die Bankenregulierer sagen. Bereits im Februar 2012 gab es deshalb einen 25 Milliarden Dollar schweren Vergleich zwischen den Generalstaatsanwälten der US-Bundesstaaten sowie Großbanken. Weitere Vergleiche sollen nach Auskunft der Notenbank Fed folgen.
Quelle: Handelsblatt
- Die Talk-Republik“ – Köpfe, Konzepte Kritiker
Studierende der Universität Koblenz – Landau nehmen die Talk-Landschaft im deutschen Fernsehen unter die Lupe – Das Politikvermittlungs-Potential von Polit-Talks wird meist nicht ausgeschöpft – Analyse von 22 Talk-Formaten
Es wird ununterbrochen geredet auf Deutschlands TV-Kanälen, oder besser: getalked. Kein Abend, an dem nicht auf irgendeinem Programm eine Runde von Politikern, Wirtschafts-Vertretern, Experten oder Betroffenen, garniert mit TV-prominenten Journalisten zusammenkommt, um die aktuelle Lage Deutschlands und der Welt zu verhandeln. Die hohe Schlagzahl der Gesprächsrunden, eine gefühlte Talk-Inflation, scheint die Zuschauer schier zu überrollen, inszenierte Unterhaltung im Rahmen zugewiesener Meinungs-Rollen verdrängt meist die argumentativ unterlegte Analyse. Studierende der Universität Landau haben sich im Sommersemester 2012 intensiv mit dem Genre der Talkshow unter dem Aspekt der Politikvermittlung beschäftigt. Entstanden ist eine Dokumentation mit genauen Beobachtungen und detaillierte Analysen von 22 sehr unterschiedlichen Talk-Formaten. Die Studierenden kommen in ihren Analysen, die sich auf das gesamte Talk-Angebot beziehen, zu ähnlichen Ergebnissen wie der ARD-Programmbeirat in seiner internen Untersuchung von Mitte 2012: zuviel Gleichförmigkeit bei Köpfen und Konzepten, zuwenig Tiefe bei der Präsentation der Argumente, kurz: zuviel Show und zuwenig Substanz.
Quelle: talk-republik
- Anwalt zeigt Richter und Klinikleiter wegen Freiheitsberaubung an
Gustl Mollaths Anwalt hält die Zwangseinweisung seines Mandanten in die Psychiatrie für verfassungswidrig. Von “verbotenen Vernehmungsmethoden” und “Aussageerzwingungshaft” spricht Gerhard Strate. Dadurch sollte Mollath mürbe gemacht werden. Einen Amtsrichter und einen Klinikarzt hat Strate jetzt angezeigt.
Quelle: SZ
- Endgültig Redaktionsschluss? So schnell nicht
„Das hier ist nur der Auftakt. Wo immer die SPD ihren Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück im Wahlkampf präsentieren wird, werden wir auf der Matte stehen.“ Marcel Bathis, Betriebsratsvorsitzender der insolventen Frankfurter Rundschau, und die Beschäftigten der überregionalen Tageszeitung geben nicht auf. Eine Woche vor Weihnachten sind sie nach Köln gereist, um dem Hauptgesellschafter ihrer Zeitung, der Verlagsgruppe M. DuMont Schauberg (50 Prozent plus eine Aktie), einen Besuch abzustatten. Endgültig Redaktionsschluss? So schnell nicht.
Dennoch ist die Zukunft für viele Beschäftigte in der Branche zum Jahresende 2012 unsicher: Neben der Frankfurter Rundschau hat auch die Nachrichtenagentur dapd Insolvenz angemeldet, die Financial Times Deutschland wurde eingestellt und weitere Medienhäuser wollen Stellen streichen oder haben Kündigungen ausgesprochen. Betroffen sind zusätzlich zu den Festangestellten auch eine große Zahl von freien Journalistinnen und Journalisten. Die Ursachen sind vielfältig, Schuld sind nicht nur sinkende Anzeigenaufkommen und einbrechende Auflagen, teilweise wurden auch eklatante Managementfehler begangen.
Quelle: ver.di
- Kirche stoppt Aufklärung des Missbrauchsskandals
Der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche wird vorerst nicht umfassend aufgeklärt. Das groß angelegte Forschungsprojekt, das Fälle sexueller Übergriffe durch Priester und weitere Kirchenangehörige seit dem Jahr 1945 untersuchen sollte, ist gescheitert.
Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung will die Kirche den Vertrag über die Aufarbeitung kündigen. Ein entsprechendes Schreiben des Verbandes der Diözesen Deutschlands (VDD) als Vertreter der Bischöfe soll in diesen Tagen an das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) gehen, welches das Vorhaben im Auftrag der Kirche umsetzen sollte.
Dessen Direktor Christian Pfeiffer erhob schwere Vorwürfe gegen die katholische Kirche. Das Projekt sei “an den Zensur- und Kontrollwünschen der Kirche gescheitert”, sagte er der SZ. Entgegen der ursprünglichen Vereinbarung habe die Kirche darauf beharrt, über die Veröffentlichung der Forschungsergebnisse sowie über die Auswahl der beteiligten Wissenschaftler bestimmen zu dürfen. Die Kirche wies die Vorwürfe zurück und machte ihrerseits das KFN für das Scheitern verantwortlich.
Quelle: SZ
- Bild – Gebührend falsch
Seit Wochen versucht “Bild”, einen Volksaufstand gegen den neuen Rundfunkbeitrag herbeizuschreiben. Fast jeden Tag wartet das Blatt mit einem neuen Artikel auf, der einen Skandal im neuen System anprangert. Die vermeintlichen Enthüllungen werden von anderen Medien begeistert ungeprüft übernommen.
Wie macht die “Bild” das?…
Ihre Kampagne gegen ARD und ZDF basiert zum großen Teil auf zwei einfachen Taschenspielertricks: Bekannte und öffentlich zugängliche Dokumente werden wie neue und geheime Fundsachen behandelt. Und jede potentielle Mehreinnahme für ARD und ZDF durch das neue System wird erwähnt; jede potentielle Mindereinnahme wird verschwiegen…
Die Ministerpräsidenten wollten die Reform des Finanzierungssystems so gestalten, dass sie “aufkommensneutral” ausfällt. Und selbst wenn mehr Geld als geplant hereinkäme, dürften ARD und ZDF es nicht behalten. Es würde mit zukünftigen Gebühren verrechnet.
Das sind Informationen, die so wesentlich für das Verständnis des ganzen Verfahrens ist, dass “Bild” sie lieber nicht erwähnt.
Quelle: Bildblog
- USA reduzieren Truppen in Afghanistan
Die Regierung Obama möchte nach dem Nato-Abzug 2014 deutlich weniger US-Truppen in Afghanistan stationieren als bisher bekannt. Das Verteidigungsministerium plane jetzt in drei Varianten mit 3000, 6000 oder 9000 US-Soldaten, schreiben US-Zeitungen unter Berufung auf Quellen im Pentagon. Im Herbst hatte der Oberbefehlshaber in Afghanistan, General John Allen, noch von bis zu 15 000 US-Soldaten gesprochen. Die reduzierten Kontingente haben weitreichende Folgen sowohl für die militärischen Aufgaben der US-Streitkräfte in der neuen Phase nach 2014 als auch für die diplomatische Präsenz der USA in dem Land. Sie beeinflussen zudem die Debatte um die Rolle der Nato-Verbündeten, darunter Deutschlands. Nach Darstellung amerikanischer Experten gibt es eine Absprache, derzufolge die USA zwei Drittel der reduzierten Schutzmacht stellen, die nach dem Abzug der Nato weiter afghanische Truppen ausbilden und sie im Extremfall bei Angriffen der Taliban unterstützen soll. Wenn die Zahl der US-Soldaten sinkt, verringern sich auch die Erwartungen an die Verbündeten. Die neuen Planungen spiegeln ein generelles Umdenken wider. 2010 hatte noch die Sicherheitslage in Afghanistan Priorität. Damals plante das Pentagon mit 40 000 US-Soldaten nach dem Nato-Abzug. Nun gewinnen die Haushaltsprobleme und Sparzwänge an Gewicht. Zum Ausgleich möchte die amerikanische Regierung der afghanischen Armee Ausrüstung im Wert von 700 Millionen Dollar liefern, darunter russische MI-17-Helikopter, mit denen ältere Offiziere dort vertraut sind.
Quelle: Tagesspiegel
Anmerkung Orlando Pascheit: Bei 3000 US-Soldaten wären das etwas 600 deutsche Soldaten, die im Lande verblieben. Man kann nur hoffen, dass wir es im Gegensatz zu Saigon damals schaffen, die afghanischen Mitarbeiter der Deutschen zu evakuieren, bevor wir ganz rausfliegen. – Die Taliban werden sich über die neuen Waffen freuen.
Dazu: Machtpolitik per Joystick
Isolation statt Invasion, Cyberangriffe statt Soldateneinsätze: Obamas Politik des Rückzugs ist ein Produkt der Kriegsskepsis, aber auch der finanziellen Erschöpfung. Nun sinken zwar die Kosten, doch die Kriegsführung des Präsidenten ist nicht weniger grausam als die seines Vorgängers…
Es wäre naiv, Amerikas Machtpolitik mit der Fernbedienung nicht für interessengeleitet – und oft auch grausam – zu halten. Das Kalkül hinter Brennans Drohnenkrieg ist eben ein Kalkül mit positivem Ergebnis aus US-Sicht, weil Feinde sterben, ohne dass Amerikaner sterben.
Quelle: SZ
- Das Letzte: „Samaras ist für Merkel derzeit der verlässlichste Partner in Europa.”
“Er ist kein Reichenhasser wie François Hollande, kein Narzist wie Silvio Berlusconi und die bürokratischen Ideen der Brüsseler EU-Kommission sind ihm ebenfalls fremd“, schreibt Gabor Steingart im Handelsblatt Morning Briefing von gestern.